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mit dem sie (die Frauen) das Korn mahlten“[1] und will im Steintragen wohl mit Recht ein Gegenstück zum Hunde- und Satteltragen erblicken. Die Wartung der Jagdhunde[2], die Sorge um das Sattelzeug[2] war ebenso knechtische Arbeit wie das Mahlen Magdarbeit[3]. Die Mühlmägde galten als die niedersten Mägde, ihre Arbeit als die schwerste, es war daher eine sehr empfindliche Strafe, in solche Knechtschaft versetzt zu werden[4][5]. Umsomehr gewinnt die Waitz’sche Ansicht an Stichhaltigkeit.

Wenn auch in späterer Zeit – wohl mit der zunehmenden Verbreitung der Wassermühlen und besonders in den Städten – der Ursprung der Steinstrafe vergessen wurde, so weisen doch einige Erinnerungen darauf zurück. Hieher rechne ich die Ablösung der Strafe durch Liefern eines Sackes Getreide[6], oder durch Neubespannen der Windmühlflügel mit Leinwand[7]. Nach Doepler’s[7] Bericht sollen Lastersteine in Mühlen aufbewahrt


  1. Es kann nur eine Handmühle gemeint sein. (vgl. Heyne Deutsche Hausaltertümer 1, 44). Getragen wurde der obere Stein, der ja auch einen Ring und ein Holz dazu hatte. S. auch oben S. 37 Anmerkung 3.
  2. a b Grimm RA.4 1, 486. Vgl. H. Schrader Bilderschmuck d. deutschen Sprache 161.
  3. Grimm RA.4 1, 485. Weinhold Deutsche Frauen3 2, 50 ff. O. Schrader Reallexikon d. indog. Altert. 512. Koehne D. Recht d. Mühlen (Gierke Untersuchungen Heft 71) S. 20. – Steine fanden auch bei andern weiblichen Beschäftigungen Verwendung: als Gewichte am Webstuhl; zum Glätten des Tons u. s. f.
  4. Derartige Fälle sind verzeichnet bei Grimm a. a. O. S. a. Lexer Mhd. WB. 1, 2221 an mülen ziehen.Koehne a. a. O. 15 Anmerkung 41. Vgl. Grimm DWB. 6, 2643 „als Bild für etwas schwer drückendes: den mühlstein der schweren dienstbarkeit am halse. (Wieland)“. Beispiele andrer Mühlenfronden Grimm RA.4 1, 615. Koehne a. a. O. 40.
  5. Schiller Lübben Mnd. WB. 3, 404 bringt aus Falck’s Staatsbürgerl. Magazin 9, 696 folgende Stelle: a. 1103 do was ein man, mechtich van vrunden de hadde eine dochter, de vorspeelde ere eere mit einem knechte, des wart er vader war unde bant er einen quernsteen tho deine halse. Da mir Falck unzugänglich war, so konnte ich nicht nachprüfen, ob es sich hier um Verknechten, Ersäufen oder Steintragen handelt.
  6. Grimm RA.4 2, 238 f. Die Leinwandbuße ist auch eine Art Strafarbeit, denn die Leinwand wurde im Hause gewebt. Ein schönes Beispiel für Scheltbuße: Vrawen geschelt ein sag von dren ellen, und eyn kazce von dren manden, und eyn spiln und eyn rocken. Groß-Bursla 14. Jh. Grimm Weist. 3, 825.
  7. a b Doepler Theatrum poenarum 1, 747.
Empfohlene Zitierweise:
Eberhard von Künßberg: Über die Strafe des Steintragens. Marcus, Breslau 1907, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_die_Strafe_des_Steintragens.pdf/48&oldid=- (Version vom 1.8.2018)