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von Waitz nicht angeführter Stelle des Wiener Neustädter Stadtrechtes[1] zu finden:

Sed si ipsum de canibus aut iumentis vituperaverit, iudici in 5 tal. teneatur et offenso pro honore de sue artis utensili usque ad metas terre nostre erecto deportet brachio aliquod instrumentum; – –

Et hec pena harmschar dicitur vulgariter.

Hat er in aver von den hunden oder von dem vich gescholten, so beleibt er dem richter 5 pfunt pfenning und dem übelhandelten zu einen ern sol er etleich zaichen seinez gezeugez oder seinez hantwerchez swaz daz ist mit aufgerakten arm offenwar tragen an das zil und an das gemerk unserz landez. – – Die selben puezz haist man die harmschar.

Diese Bestimmung ist eine Analogie zur Strafe der Feiertagsentheiligung, wie sie uns in einer von Du Cange[2] gebrachten Urkunde überliefert ist: Si aliquem in aliquo praedictorum festorum vel die Sabbati post vesperas viderint vel sciverint relatu fide dignorum opera ruralia facere; si divites sint solvant quinque solidos ad luminare suae Ecclesiae; si pauper quinque dies Dominicos sequatur processionem in camisia et femoralibus, habens super collem instrumentum cum quo operabatur[3].

Hier ist die Harmschar typisch für eine spiegelnde[4] Strafe. Man könnte darin überhaupt den Ursprung der symbolischen Prozession suchen. Dann wäre die Harmschar in der Anwendung als Strafe für Ehrenkränkung bereits eine Weiterbildung.

Ein anderer Weg, die hier auftauchenden Fragen zu lösen, ist der, daß man in den bei der Harmschar getragenen Gegenständen


  1. cap. 34 f. Archiv f. österr. Gesch. 60, 215 f. Vgl. dazu die Kritik von Winter ebda S. 150 f.
  2. Glossarium 4, 70 harmiscara am Ende. Statuta eccl. Trecor. apud Marten. tom. 4. col. 1109.
  3. Von einer Sonntagsentheiligung durch Mahlen auf der Handmühle erzählt uns die Vita St. Bertini, die im 11. Jahrh. entstanden ist. [Acta Sanctorum. Sept. II, 624 c. 2.] Zur Strafe für die Sonntagsarbeit und für ihre Lästerrede: „Quot sunt, quotque numerantur anni soles, tot nostri presbyteri codex inscriptas habet festivitates“ blieb der sündigen Frau die Hand an der Mühle hängen, und sie wurde erst in der Kirche davon befreit. Sie trug also den Mühlstein bis zur Kirche.
  4. Brunner RG. 2, 589.
Empfohlene Zitierweise:
Eberhard von Künßberg: Über die Strafe des Steintragens. Marcus, Breslau 1907, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_die_Strafe_des_Steintragens.pdf/45&oldid=- (Version vom 1.8.2018)