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der Bauer ein Pflugrad[1]; auch Kerzen[2], Ruten[3], Besen[4], Stäbe[5], bloße Schwerter[6], abgebrochene Schwerter[7], Stricke um den Hals[8], Ketten um den Leib[9] werden bei solchen Buß- und Strafumzügen getragen. Das Tragen von Ruten, Schwertern, Stricken u. dgl. soll die eigentlich verwirkte und bloß gnadenweise erlassene Strafe des Auspeitschens, Köpfens und Hängens, andeuten; dies ist in einigen Fällen ausdrücklich ausgesprochen[10]. Grimm[11] vermutet, daß es sich auch beim Hunde-, Sattel- und Pflugradtragen in ähnlicher Weise um eine symbolische Andeutung des Hängens, „Bereitens“[12] und Räderns gehandelt habe. Waitz[13] erblickt in den aufgezählten Gegenständen Zeichen des Berufes der von einer solchen Ehrenstrafe Getroffenen und weist auf den Fall hin, daß ein Bischof, „der mindestens schriftkundig sein sollte,“ eine Handschrift trägt[14]; den Hund erklärt er als Jagdhund. Die Waitz’sche Ansicht scheint mir zutreffend zu sein und ihren quellenmäßigen Beweis (abgesehen von allgemeinen Wendungen in den Urkunden[15] namentlich in folgender,


  1. Grimm RA.4 2, 315. Waitz a. a. O.
  2. Grimm RA.4 2, 306. 1, 237. Hinschius KR. 5, 115 Anmerkung. Zeitschr. d. Aachener GeschV. 6, 32, 44, 58. 26, 384.
  3. Grimm RA.4 2, 308. Hinschius KR. 5, 114 Anm. 1 u. 3.
  4. Grimm RA.4 2, 308.
  5. Grimm RA.4 1, 185.
  6. Grimm RA.4 2, 306 f.
  7. Grimm RA.4 2, 304. Osenbrüggen Alam.StrR. 107.
  8. Grimm RA.4 2, 307.
  9. namentlich bei Bußwallfahrten. Grimm RA.4 2, 300. Hinschius KR. 5, 105.
  10. S. die bei Grimm RA. zitierten Fälle.
  11. a. a. O. S. 314 f.
  12. Er meint Erniedrigung zum Reittier.
  13. VG. 62, 606.
  14. episcopus codicem. Arn. Gest. Mediol. I 19, S. 811 bei Waitz. VG. 6.2 605, 5. Vgl. Stöber S. 82: Im Bistum St. Dié mußte ein Priester, welcher Gott gelästert, ein Kirchenbuch eine Strecke weit zur Kirche hinaustragen.
  15. secundum dignitatem vel conditionem, secundum convenientiam, prout sui sanguinis nobilitas seu generis conditio … requirit. Grimm RA.4 2, 310 f. Wer die Grimm’sche Deutung vorzieht, wird diese Ausdrücke auf die Strafart beziehen.
Empfohlene Zitierweise:
Eberhard von Künßberg: Über die Strafe des Steintragens. Marcus, Breslau 1907, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_die_Strafe_des_Steintragens.pdf/44&oldid=- (Version vom 1.8.2018)