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Der Stein wurde allgemein sichtbar aufbewahrt. Er hing am Pranger[1] oder an einem öffentlichen Gebäude. Als solche Verwahrungsstätten sind überliefert: das Gerichtshaus[2], das Rathaus[3], die Schranne[4], die Arbeitermietstätte[5], das Wohnhaus des Richters[6], das Wirtshaus[7], der Weinkeller[8], die Mühle[9]; schließlich auch Kirche[10] und Kloster[11].

So konnte schon der tägliche Anblick[12] des gefürchteten Strafwerkzeugs einen bessernden Einfluß auf zanksüchtige Frauen


Neuerburger an die Freiheit erinnern, die ihnen 1332 gegeben wurde“. Später dienten dieselben Steine als Gewichte der Kirchenuhr. Heydinger S. 252 Anmerkung 20, der sie richtig als Strafsteine erkannte.
  1. Daher der Name kakstein. S. unten S. 11, an der seule: Herzogenburg (Anhang 9), an der schraiseule: Reichenau ÖW. 6, 69, am pranger: Dornburg a. S. (Neue Mitteil. a. d. Gebiet histor. Forsch. h. v. thür. sächs. Ver. 21, 137 Anmerkg); Osnabrück (Strodtmann, Idiotikon Osnabr. 197); Sieding ÖW. 7, 250. am stock: Geißlingen. (Kerler, Gesch. d. Grf. v. Helfenstein Urk. Anh., S. 16.)
  2. Saubersdorf ÖW. 7, 124 (Anhang 15).
  3. Mühlhausen (Stöber), Schaffhausen (Rochholz i. d. Argovia 1862, S. 94), Ofen (Stadtrecht) u. s. w. – Unter den Rathausfenstern: Eichstädt (Rieder 1, 65).
  4. Senftenberg (Anhang 18).
  5. Nufsdorf ÖW. 7, 919.
  6. Kalksburg ÖW. 7, 623.
  7. Diepolts ÖW. 7, 230. Die Stelle läßt keinen sicheren Schluß zu. Wohl aber folgende: dass sie die knecht zu der schnider trinkstube füren und ir den grössten lasterstein uf ir hopt heben söllen – – Schaffhausen 1481, Zschw. StrR. 5 (1902) 332.
  8. Gera (Schott, Samml. z. deutsch. St. u. LR. 1, 169); im Weinhause: Bautzen (Döpler, Theatrum poenarum, 1, 745).
  9. S. Döpler a. a. O.
  10. an der Kirchtüre: s. Heydinger, S. 252 Anm. 20; im Torhaus der Kirche: Burgebrach (Haas, Slavenland 2, 49); im Kapitol d. Stiftskirche: Köln (Pick, Monatsschr. f. rhein. westf. Gesch. 3, 355); ante summum altare, Ottobeuern (Anz. f. K. d. d. Vorzeit 1858, 88. 1867, 277). Vgl. Grimm, RA4. 2, 316. – Bremisch-nieders. Wörterb. 4, 1026 f., karksteene. Vgl. unten S. 11.
  11. Zwettl (Anhang 25). Ensdorf (Mon. Boica 24, 239).
  12. Vgl. die Notiz aus Marienberg i. Sachs. (1532) in der Saxonia 5: „Es muß aber in dieser Stadt keine bösen Weiber gegeben haben und der Hinblick auf diese Schandsteine mächtig gewirkt haben, da die Strafe nie in Marienberg exekutiert wurde.“ Diesen Beleg verdanke ich gleich einer Reihe anderer dem Entgegenkommen von Dr. Heerwagen in Nürnberg.
Empfohlene Zitierweise:
Eberhard von Künßberg: Über die Strafe des Steintragens. Marcus, Breslau 1907, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_die_Strafe_des_Steintragens.pdf/12&oldid=- (Version vom 1.8.2018)