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Beobachtungen[1] Charakter und Verwertung dieses Baumes vollständig klar gelegt. Kultiviert bildet er lichte Haine an den Abhängen und Hügeln der Plateaus und sendet seine nahrungsuchenden Wurzeln oft weit über die tertiären und cretaceischen Kalkfelsen und tief in die Spalten derselben. Wir sahen die Arganbäume bedeckt mit Blüten und zugleich mit reifenden vorjährigen Früchten; wir ruhten im Schatten ihres dunkelgrünen Laubdaches während der Mittagshitze und tunkten abends mit unsern arabischen Wirten die Brotbissen in das aus den Kernen ihrer pflaumenartigen Steinfrüchte bereitete heiße Öl.

Die Eigenart der canarischen Flora mit ihren vielen Sukkulenten gegenüber der an solchen Fettpflanzen so armen Mittelmeerregion ist wohlbekannt, aber ihre Deutung noch nicht recht gelungen. Da hat denn das Vorkommen verwandter sukkulenter Gewächse im benachbarten südwestlichen Marokko, wie der Kleinia pteroneura D C. und der Apteranthes Gussoniana Miek. in der Umgebung von Mogador, sowie kaktusartiger Euphorbien (E. cactoides Maroccanis Coss., E. resinifera Berg., E. Beaumierana Hook., E. echinus Coss.) mehr südlich im Sus auf mesozoischen Sand- und Kalksteinen erhöhte Bedeutung, weil man hoffen darf, daß hierdurch und nach einer genaueren Erforschung der Flora des Sus jenes Rätsel am ehesten in befriedigender Weise gelöst werden kann.

Die Fauna des Sus, wie von Marokko überhaupt, ist noch viel weniger erforscht. Unter 54 von uns gesammelten Arten Landconchylien fand Prof. Mousson in Zürich 17 neue[2]. Aus marokkanischen Bächen brachten wir drei neue Arten Barben mit, obwohl unsere Reise nur von kurzer Dauer war[3]. Nach einer Mitteilung Dr. Günthers in British Museum, des ersten der lebenden Ichthyologen, hat aber Niemand seitdem den marokkanischen Fischen seine Aufmerksamkeit geschenkt. Das Gleiche gilt von den meisten andern Klassen des Tierreichs, so daß auch in dieser Beziehung für die marokkanische Landeskunde das meiste noch zu thun bleibt und so auf mehreren andern Gebieten.

Der gegenwärtige verwahrloste Zustand Marokkos, sein Marasmus und schwaches Zucken in den alten Banden, aus denen es sich selbst wohl nie befreien kann, werden von den am meisten interessierten Mächten, den Franzosen, Engländern und Spaniern, aufmerksam und


  1. Über einige bemerkenswerte Gewächse aus der Umgebung von Mogador von Dr. J. Rein. Jahresbericht der Senckenb. naturf. Gesellschaft zu Frankfurt a. M. 1873. S. 119 ff.
  2. A. Mousson, Bericht über Conchylien aus Westmarokko im Jahrb. d. deutsch. Malakozoologischen Gesellschaft 1874.
  3. Notice on some new species of fiches from Marocco by Dr. A. Günther. Annals & Magazine. March 1874.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Justus Rein: Über Marokko. Dietrich Reimer, Berlin 1887, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_Marokko.pdf/22&oldid=- (Version vom 1.8.2018)