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bereits an einer andern Stelle[1] ausführlich geschildert hat, und will hier bloß die wichtigsten Resultate derselben, sowie von den vielen der Lösung noch harrenden Fragen bezüglich des interessanten Landes und seiner Bewohner nur diejenigen hervorheben, deren Inangriffnahme ganz besonders zu wünschen ist.

Das nach zwei Seiten an das Meer stoßende, im Osten und Süden aber mit unsicheren Grenzen versehene Sultanat Marokko umfaßt nach neueren Berechnungen ein Areal von rund 12 000 Quadratmeilen mit etwa 6 Mill. Bewohnern (Araber, Berber, Mauren, Neger und Juden). Es zerfällt naturgemäß in folgende vier Gebiete:

1. Das ehemalige Sultanat Fâz oder Fez zwischen Mittelmeer, Atlantischem Ocean, dem Um-er-Rebbia und Muluya mit sehr fruchtbaren Ebenen und einem noch unerforschten Gebirgsland im Nordosten.

2. Das frühere Sultanat Marokko, südlich des vorigen und bis zu dem Kamm des hohen Atlas. Steppenartige Strecken und cretaceische Steinwüsten wechseln in ihm mit äußerst fruchtbaren Partien, wo der Weizen trotz vernachlässigtem Ackerbau vortrefflich gedeiht und reiche Ernten liefert.

3. Das weite Gebiet östlich der beiden vorigen bis zur algerischen Grenze, noch wenig erforscht, aber ohne Zweifel größtenteils plateauartige Steppe.

4. Das Übergangsgebiet südlich vom Atlas und Antiatlas zur großen Wüste mit dem Uëd Draa als Grenze. Dasselbe wird wohl insgesamt Sus genannt, wiewohl man diesen Namen richtiger auf jene äußerst fruchtbare subtropische Landschaft zwischen Atlas und Antiatlas beschränkt, welche der Uëd Sus bewässert und deren Hauptstadt Tarudant ist.

Der hohe Atlas durchzieht als mächtiges Kettengebirge 700 km lang Marokko vom Kap Ghir im Westen bis zur französischen Grenze im Osten. Er ist ohne Zweifel das imposanteste und lehrreichste Objekt für mancherlei Forschung. Durch Hookers und unsere Reise wurde in wissenschaftlicher Hinsicht über dieses Gebirge zum ersten Mal etwas mehr Licht verbreitet; doch sind noch weite Strecken von keines Europäers Fuß berührt worden und somit völlig unbekannt. Es hat sich aus jenen Reisen und der Lenz’schen Überschreitung des niedrigeren westlichen Atlas Folgendes ergeben:

1. Aus der cretaceischen Ebene, in welcher die Stadt Marokko 483 m hoch gelegen ist[2], steigt das Atlasgebirge steil empor. Hier


  1. Mitteilungen des Vereins für Erdkunde zu Halle a. S. 1877–79.
  2. Von K. v. Fritsch nach unsern fünftägigen Beobachtungen in Marokko und [14] gleichzeitigen des franz. Konsuls Beaumier in Mogador berechnet, während Hooker die Lage von Marokko zu 512 m bestimmt hat.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Justus Rein: Über Marokko. Dietrich Reimer, Berlin 1887, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_Marokko.pdf/17&oldid=- (Version vom 1.8.2018)