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Weil keine Herrschaft solche vertriebene Leute von der andern aufzunehmen begehret, und mancher, der noch ein ganz nützliches Mitglied der Gesellschaft abgeben würde, künftig nicht mehr als Hausgenoß oder Taglöhner in die Dorfschaften wird aufgenommen werden, aus Furcht, ihm hierdurch die Anwartschaft auf das künftige Allmosen ertheilen zu müssen, so sind dergleichen Leute mit Gewalt zu einem herumstreifenden Leben gezwungen, wo sie endlich in Gesellschaften sich vereinigen, und wenn sie nicht verhungern wollen, auch ganz wider ihren Willen sich dem Betteln und Stehlen ergeben müssen.

Man machet manchen, und meistens kleinern Herrschaften den Vorwurf, daß sie solchen herumziehenden Leuten Schutz, und dadurch zur Vermehrung solcher gefährlichen Leute Anlaß gäben.

Ich will nicht sagen, daß dieser Vorwurf ganz ungegründet sey, aber daß er ganz gerecht sey, daran zweifle ich. Wie kann sich ein geringer Kreisstand gegen die andringende Menge brodloser Leute schützen, die ihm aus größern und mächtigern Staaten zu relegirt werden?

Es ist daher nicht immer Gewinnsucht, sondern, um seine Unterthanen nicht auffressen

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Anonym: Über Landesverweisungen in: Journal von und für Franken, Band 4. Raw, Nürnberg 1792, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_Landesverweisungen.pdf/5&oldid=- (Version vom 20.8.2021)