Salzdebit in der Provinz Rheinhessen (Großh Hess (1821)

Gesetzestext
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Titel: Verordnung, den Salzdebit in der Provinz Rheinhessen betr.
Abkürzung:
Art:
Geltungsbereich: Rheinhessen
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1821 S. 255-260.
Fassung vom: 19. Juni 1821
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 27. Juni 1821
Inkrafttreten:
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Verordnung, den Salzdebit in der Provinz Rheinhessen betr.

In Bezug auf den Art. 13. der unterm 18. dieses erlassenen allerhöchsten Verordnung wegen der künftigen Einrichtung des Salzdebits in den Provinzen Starkenburg und Rheinhessen, werden nachstehende zur Ausführung derselben in letzterer Provinz erforderlichen weiteren Bestimmungen, hierdurch zur Nachachtung bekannt gemacht.

§. 1.

Vom 1. Juli d. J. an darf der Handel mit Salz im Kleinen nur von den dazu bestimmten Debitanten, deren Verzeichniß demnächst im Regierungsblatt bekannt gemacht werden soll, getrieben werden.
Diese sollen für das ihnen übertragene Geschäft von Lösung eines Patents befreit seyn, so wie überhaupt von besagtem Tage an alle Patente für den Salzhandel cessiren.

[256]

§. 2.

Die seither bestandene Erlaubniß, Salz, welches nicht von der Saline Theodorshalle herrührt, gegen eine Abgabe von fünfzehn Franken einbringen zu dürfen, hört vom 1. kommenden Monats an, eben so wie das seither gestattete Hausiren mit Salz gänzlich auf.

§. 3.

Der Transport des Salzes ist in dem ganzen Umfange der Provinz Rheinhessen untersagt, und es darf künftig nur das für Rechnung der Saline Theodorshalle verschickt werdende, so wie das in die herrschaftlichen Magazine und für die Auswieger bestimmte Salz, verfahren werden.
Jenes wird durch Passirscheine von dem Großherzogl. Salzamte zu Theodorshalle oder von den Salzmagazins-Verwaltern, und dieses durch das dem Transport immer beizugebende, und nach beigehendem Anlage 1Formular eingerichtete Büchelchen des Auswiegers, in das die abgeholte Quantität eingetragen seyn muß, constatirt.

§. 4.

Die Verbindlichkeit der Salzmagazins-Verwalter und der Auswieger, sowohl gegen das Publicum, als gegen den Staat, sind nebst den ihnen zur Sicherung des Salzverkaufs zugestandenen Befugnissen, in den ihnen besonders ertheilten, und im Regierungsblatt bekannt zu machenden Instructionen enthalten.

§. 5.

Von den eingehenden Strafen und dem Erlös aus den confiscirten Transportmitteln soll der Entdecker der Defraudation 2/3, und der Salzmagazins-Verwalter 1/3 als Remuneration für die zu führende Aufsicht erhalten.

§. 6.

Im Fall die Strafe wegen Mangel an Vermögen nicht ganz beizutreiben ist, so wird von dem eingehenden Betrag zuerst der Entdecker der Defraudation, sodann der Magazins-Verwalter befriedigt.

§. 7.

Ist der Defraudant so unvermögend, daß von der gesetzlichen Geldstrafe gar nichts beigetrieben werden kann; so soll nach beendigter Untersuchung dem Entdecker der Defraudation, im Falle die Quantität des weggenommenen Salzes über 100 Pfund beträgt, ein Kreuzer, bei geringeren Quantitäten aber ein und ein halber Kreuzer für jedes Pfund, aus der Salzmonopols-Casse vergütet, das Salz selbst aber jedenfalls in das Magazin genommen, und nach dem festgesetzten Preise verkauft werden.

§. 8.

Dem Direktor des Salzdebitwesens ist von Seiten der Magazins-Verwalter von allen vorfallenden Bestrafungen und Confiscationen unverzüglich Meldung zu thun, welcher hierauf sogleich das Erforderliche zu verfügen hat.

[257]

§. 9.

Wenn an einzelnen Orten wegen häufiger und nicht zu verhütender Defraudationen, der Betrag von wenigstens 12 Pfund Salz auf den Kopf nicht sollte abgesetzt werden können; so soll an diesen Orten, unter noch zu erlassenden Bestimmungen, das Kopfsalz eingeführt werden.

§. 10.

Die Entlassung der Auswieger kann von dem Director zu jeder Zeit geschehen, und das Auswieg-Geschäft Andern übertragen werden; jedoch ist der oberen Steuerbehörde, mit dem vierteljährigen Bericht über den Gang des ganzen Geschäfts, ein Verzeichniß der entlassenen und wieder angenommenen Auswieger, mit Anführung der Gründe zur Entlassung, vorzulegen.

§. 11.

Die Abnahme des Auswieg-Geschäfts soll außer bei Verdacht von Unterschleifen vorzüglich dann geschehen, wenn ein anderes taugliches Individuum sich zu einer billigeren Transportvergütung als der angenommene Auswieger versteht. In diesem Fall soll aber das sich meldende Individuum seine hinlängliche Qualifikation durch ein Attest des Friedensgerichts oder der Bürgermeisterei darthun; insofern aber der bereits angestellte Auswieger erklärt, daß er für die angebotene geringere Fracht den Transport ebenfalls besorgen wolle, soll ihm der Vorzug gegeben werden.

§. 12.

Zur Bequemlichkeit der Unterthanen soll in jedem Orte ein Auswieger angenommen, und nur solche Orte, in welchen sich niemand zur Uebernahme des Auswiegegeschäfts verstehen will, zu dem nächstwohnenden Auswieger gewiesen werden.

§. 13.

Zur Sicherheit des Salztransports sollen die Unterthanen in solchen Orten sich nach Vorschrift des §. 23. der den Auswiegern ertheilten Instruction Büchelchen halten, in welchen die erkaufte Salzquantität eingeschrieben werden muß, und welche ihnen wie Passirscheine zur Sicherheit des Transports dienen.

§. 14.

Das Auswieg-Geschäft kann von dem Auswieger mit Zustimmung des Directors auf ein anderes taugliches Subject übertragen, auch alle Vierteljahre abgegeben werden, wenn die Meldung ein Vierteljahr im Voraus geschehen ist.

§. 15.

Man behält sich vor, in Städten die Zahl der Auswieger nach Befund der Umstände zu vermehren, ohne daß deßhalb eine Reklamation von Seiten der bereits angenommenen Auswieger Statt finden darf.

§. 16.

Die Friedensgerichte in der Provinz Rheinhessen haben die Verpflichtung der Auswieger [258] und Magazins-Verwalter dahin vorzunehmen, daß sie innerhalb des Bezirks ihres Wohnorts zur Beschlagnahme von allem verführt werdenden Salz, welches nicht aus ihren Niederlagen geholt worden ist, und innerhalb der Provinz Rheinhessen von allem nicht von der Regie herrührenden Salz, ohne die gesetzlichen Zeugen, endlich auch mit Zuziehung der Bürgermeister oder Adjuncten, zu Hausvisitationen bei obwaltendem Verdacht, ermächtigt sind.
Die Expeditionskosten und das Stempelpapier des Verpflichtungsactes sollen die Auswieger bezahlen, dagegen von Entrichtung der Einregistrirungsgebühren befreit seyn.
Den Landdragonern und Landschützen, so wie überhaupt den §. 33. benannten Personen, stehen auf eidlich zu bestärkende Verbalprocesse dieselben Befugnisse zu. Sie sind jedoch verbunden, bei der Saisie den Defraudanten zu bedeuten, daß sie sich zu der zu bestimmenden Stunde, längstens vor Ablauf von 24 Stunden, zu dem Friedensrichter des Cantons, wo die Saisie statt gefunden hat, begeben, und ihren Verbalproceß eidlich bekräftigen würden.
Einem solchen Verbalproceß ist bis zur Falschheitsbeschuldigung, volle Beweiskraft beizumessen; Verbalprocesse aber, welche erst nach Ablauf von 24 Stunden bei dem Friedensgericht producirt werden, sollen nur als Anzeige betrachtet, und müssen daher durch andere Beweismittel unterstützt werden.

§. 17.

Die Salzmagazins-Verwalter können zwar eben so wie die Auswieger entlassen, und das ihnen übertragene Geschäft einem andern Subject anvertraut werden; indessen soll doch eine solche Abnahme nicht ohne erhebliche Ursache oder nur dann geschehen, wenn eine bedeutende Ersparniß für die Staats-Casse, solche räthlich macht.

§. 18.

Der mit der Leitung des ganzen Geschäfts beauftragte Director soll unmittelbar unter der Oberaufsicht der obern Steuerbehörde für die genaue Erfüllung der Eingangs erwähnten Verordnung und der gegenwärtigen Stimmung Sorge tragen, und darin sowohl von der Provinzial- als Local-Behörde thätigst unterstützt werden, wozu diese andurch besonders angewiesen sind.

§. 19.

Der Director hat insbesondere sein Augenmerk darauf zu richten, daß die angestellten Salzmagazins-Verwalter und Auswieger sowohl ihre Verpflichtungen gegen das Publicum, als auch gegen den Staat in allen Stücken erfüllen, und die Anstalt die berechnete Einnahme für die Staats-Casse abwirft, damit nicht der etwa entstehende Ausfall auf anderem, für die Unterthanen lästigeren Wege gedeckt werden muß.

§. 20.

Zu dem Ende soll er vorzüglich darauf sehen, daß die Fracht sowohl in die Salzmagazine als auch in die Wohnorte der Auswieger, und die Verpackung des Salzes, so wohlfeil als möglich bewerkstelligt wird.

[259]

§. 21.

Die Lieferung des benöthigten Sacktuchs oder der Säcke, und der Transport des Salzes, soll in der Regel und vorzüglich wenn kein billiger Fuhrlohn erzielt werden kann, entweder im Wege der Soumission, oder der öffentlichen Ueberlassung an den Wenigstnehmenden geschehen.

§. 22.

Die betreffenden Bürgermeister sind angewiesen, dergleichen Aufgebote auf schriftliche Aufforderung des Directors und in dessen Gegenwart, ohne vorherige besondere Autorisation, vorzunehmen.

§. 23.

Von den eingehenden Salzgeldern sollen von den Salzmagazins-Verwaltern für jeden Centner Salz vier Gulden an die Salinen-Casse zu Theodorshalle bezahlt, der Mehrbetrag aber entweder auf Anweisung des Direktors zur Bezahlung von Regiekosten verwendet, oder der Großherzogl. Central-Casse zu Mainz abgeliefert werden.

§. 24.

In der zweiten Woche jeden Quartals wird der Director eine Umreise in allen Salzmagazinen der Provinz vornehmen, und hier:
a) die von den Salzmagazins-Verwaltern zu führenden Register abschließen, um daraus zu ersehen, ob jeder Auswieger die vorschriftsmäßig abzunehmende Quantität Salz wirklich abgesetzt hat;
b) mit diesen nach dem anliegenden FormularAnlage 2. förmliche Abrechnung halten, ihren Verkauf und Vorrath mit den erhaltenen Sendungen vergleichen, ihre Schuldigkeit ausmitteln, und die hierauf geschehenen Zahlungen gut schreiben; endlich
c) aus diesen Abrechnungen einen General-RapportAnlage 3. nach dem anliegenden Schema vor Ablauf der nächsten vierzehn Tage an die obere Steuerbehörde einsenden.

§. 25.

Die über das Salzmonopol zu führende Rechnung soll aus folgenden Rubriken bestehen:

I. Einnahme.
a) Rückstände aus voriger Rechnung;
b) Einnahme aus verkauftem Salz;
c) verschiedene Einnahme.

II. Ausgabe.
a) Ankauf für Salz;
b) Verwaltungskosten;
c) Verpackungskosten;
d) Transportkosten;
e) Remuneration der Salzverwalter und Auswieger;
f) verschiedene Ausgaben.

[260]

§. 26.

Diese Rechnung wird jährlich dreifach aufgestellt, und im ersten Quartal jeden Jahrs an die obere Steuerbehörde eingeschickt werden.

§. 27.

Rücksichtlich des Freihafens zu Mainz soll die Ministerial-Verordnung vom 17. September 1819 auch künftig in Wirksamkeit bleiben, und es sollen die zur Verhütung des Schleichhandels zu Wasser noch weiter erforderlichen Maaßregeln demnächst noch getroffen, und besonders bekannt gemacht werden.

§. 28.

Die Friedensrichter haben in ihrer Eigenschaft als einfache Polizeirichter, die zu ihrer Kenntniß gekommenen Contraventionsfälle ohne Verzug zu untersuchen, und nach den Bestimmungen der Art. 3., 6., 8., 9., 10. und 11. der Allerhöchsten Verordnung vom 18. dieses in erster Instanz zu entscheiden.

§. 29.

Gegen dieses Erkenntniß findet die Berufung an das Kreisgericht statt, welches als Zuchtpolizeigericht, und zwar nach der Befugniß des Art. 180. des Criminal-Gesetzbuchs, aus drei Richtern bestehend, in letzter Instanz zu urtheilen hat; die Berufung muß jedoch in einem peremtorischen Termine von zehen Tagen, vom Tage des eröffneten friedensrichterlichen Erkenntnisses an geschehen.

§. 30.

Den Parthieen ist übrigens das Recht vorbehalten, auf dem gewöhnlichen Wege die Cassation gegen das Urtheil des Kreisgerichts nachzusuchen.

§. 31.

Der Staatsprokurator hat darauf zu sehen, daß auf die vor die Friedensgerichte und das Kreisgericht gebrachten Contraventionsfälle schleunige, und den Verordnungen streng gemäße, Entscheidungen von Seiten dieser Gerichte erfolgen, auch daß die Verpflichtung der Magazins-Verwalter und Auswieger, nach schriftlicher Anforderung von Seiten des mit der Leitung des Salzdebitwesens beauftragten Directors, nach der Bestimmung des §. 20. und 13. der ihnen ertheilten Instructionen, von den Friedensrichtern vorgenommen werden.

§. 32.

Das Großherzogliche Ministerium der Finanzen erwartet um so mehr die gewissenhafte Erfüllung dieser Verordnung von Seiten der Bewohner der Provinz Rheinhessen, da sie nicht nur den sichern Verkauf des auf der Saline Theodorshalle gewonnen werdenden Salzes, sondern auch die Deckung eines Theils des von der Provinz aufzubringenden Staatsbedarfs bezwecken, und eine seither in das Ausland geflossene bedeutende Summe zurückhalten soll.

§. 33.

Die Großherzogliche Provinzial- und Local-Behörden, insbesondere die Friedensgerichte, Burgermeister, Adjuncten, Gemeinderäthe, das Landdragoner- und Landschützen-Corps, sodann die Feldschützen, werden aufgefordert, auf die Handhabung dieser Verordnung zu wachen, und die Burgermeister noch angewiesen, sowohl diese, als auch die Allerhöchste Verordnung vom 18. dieses, bei versammelter Gemeinde öffentlich bekannt zu machen.
Darmstadt am 19. Juni 1821.
Großherzoglich Hessisches Ministerium der Finanzen.
du Thiel.
Rothe.