22) Fannia war die Tochter des P. Clodius Thrasea Paetus (o. Bd. IV S. 99 Nr. 58 = Prosop. imp. Rom. I 423 nr. 938), des bekannten Hauptes der stoisch-republikanischen Opposition gegen Nero (Plin. ep. VII 19, 3), und der Arria minor (Plin. ep. IX 13, 3; vgl. den Stammbaum o. Bd. II S. 1259); sie wurde die zweite Frau des Helvidius Priscus (Prosop. imp. Rom. II 129 nr. 37. Plin. ep. VII 19, 3); die Heirat erfolgte nach der Quaestur des Helvidius (Tac. hist. IV 5) und vor der Bekleidung des Volkstribunats im J. 56 n. Chr. (Tac. ann. XIII 28). Wie ihre Mutter (Plin. VII 18, 9) war sie der Stoa ergeben und durch ihre Gattentreue ausgezeichnet. Sie begleitete Helvidius, als dieser im J. 66 n. Chr. (Tac. ann. XVI 28. 33. 35; hist. IV 6) wegen seiner Parteinahme für Thrasea Paetus verbannt wurde und nach Apollonia (Schol. Iuven. V 36) ging. Unter Galba kehrte sie mit ihrem Gatten nach Rom zurück. Als dieser unter Vespasian neuerdings verbannt wurde, war sie wieder seine Begleiterin (Suet. Vesp. 15. Plin. ep. VII 19, 4). Sie veranlaßte ferner den Herennius Senecio (Prosop. imp. Rom. II 138 nr. 92), eine Biographie ihres unter Vespasian (Suet. a. a. O.) getöteten Gatten abzufassen (Tac. Agr. 2. Plin. ep. VII 19, 5. Dio LXVII 13). Deshalb wurde sie im J. 93 n. Chr. relegiert (Plin. ep. III 11, 3. VII 19, 5. 6), ihre Güter konfisziert. Nach Domitians Tod kehrte sie nach Rom zurück (Plin. ep. IX 13, 5). Im J. 107 (?, vgl. die Chronologie der Pliniusbriefe bei Schanz Röm. Lit.-Gesch. II2 273) verfiel sie durch die Pflege einer vestalischen Jungfrau in eine schwere Krankheit (Plin. ep. VII 19, 1. 2 angit me Fanniae valetudo .... Insident febres, tussis increscit, summa macies, summa defectio). Plinius der Jüngere, der mit ihr und ihrer Familie verkehrte, ist ein begeisterter Bewunderer ihrer Tugenden (vgl. besonders ep. VII 19). Vgl. außer der zitierten Literatur und der über Thrasea Paetus und Helvidius Priscus Prosop. imp. Rom. II 55 nr. 88.