Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Tier
Band I,1 (1893) S. 706 (IA)–708 (IA)
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Affe (πίθηκος, κῆβος [κῆπος]; simia [simius], daneben clura und cluria [auch ‚Meerkatze‘] vulgär in Gloss., clurinum pecus Plaut. Truc. 269. Arnob. III 16), hatte in der alten Welt im grossen und ganzen dasselbe Verbreitungsgebiet (Africa, Asien) wie heute. Ob man aus dem Namen der Insel Pithekusa (Ischia) oder mehrerer Inseln dieses Namens an der campanischen Küste bei Cumae schliessen darf, dass dort früher Affen hausten, ist zweifelhaft. Plinius (n. h. III 82) stellt die Thatsache in Abrede; Xenagoras (fr. 13, FHG IV 528) und Ovid (metam. XIV 90) verlegen dorthin den Wohnsitz der in Affen verwandelten Kerkopen (s. d.).

Eine vortreffliche Beschreibung des A. giebt Aristoteles (h. a. II 8). Von den drei Arten, die er unterscheidet, ist der schlechthin πίθηκος genannte A. vermutlich der gemeine Hundsaffe (Inuus ecaudatus Geoff.), der κυνοκέφαλος der Pavian (Cynocephalus hamadryas Desm.) und der κῆβος die Meerkatze, welche bei lateinischen Schriftstellern gewöhnlich κερκοπίθηκος heisst. Der heute auf Arabien und Abessynien beschränkte Pavian kam im Altertum auch in Ägypten vor (Diod. I 33), wo er dem Mondgott geheiligt war. Strab. XVII 812. Lucian Toxar. 28. Artemid. II 12 p. 104 H. Horapollo I 14–16. So wurde er früh in Griechenland bekannt (Aristoph. equ. 416. Plato Theaet. 161C. 166C). Iuvenal (15,4) erzählt von goldenen Statuen der cercopitheci (Paviane?) in Ägypten. Auch kannten die Alten wahrscheinlich noch (vgl. Keller Tiere d. klass. Altertums 8–19) den Babuin (aethiopische κῆβοι, Strab. XVII 812), den Gelada-Pavian (Artemid. bei Strab. XVI 775; vgl. Diod. III 34. Timotheus de an. 51), den abessynischen Guereza (Plin. n. h. VIII 216. Solin. 27, 60 callithrix) und den heiligen indischen Affen Hulman, Semnopithecus entellus (Aelian. n. a. XVI 10, wahrscheinlich aus Megasthenes; vgl. auch Strab. XV 699. 703. Arrian. Ind. 15, 9). Die Alten hatten für die genannten Affen keine bestimmten Benennungen mit Ausnahme vielleicht des Guereza. Sicher kannten sie mehrere Arten von anthropoiden Affen. Den Gorilla erwähnt bereits Hanno Peripl. 17 (Geogr. Graeci min. I 13), der ihn für einen wilden Menschen hielt; vgl. Plin. n. h. VI 200. Gorillas waren wohl auch die nur einmal in Rom gesehenen aethiopischen cephi, welche bei den Spielen des Pompeius in der Tierhetze auftraten, Plin. n. h. VIII 70. Der Schimpanse ist vielleicht zu verstehen nach der Schilderung des Philostorgios (hist. eccles. III 11 p. 497 M.) unter der oft erwähnten σφίγξ (Pseudo-Kallisth. III 18. Agatharchides mar. erythr. 73 p. 159 M. Artemid. bei Strab. XVI 775. Diod. III 34. Plin. n. h. VI 185. VIII 72. X 199. Geogr. lat. min. p. 9 Riese); Keller a. a. O. 14 neigt sich jedoch der Ansicht zu, dass im allgemeinen unter [707] σφίγξ die rote Meerkatze gemeint ist. Menschenähnliche Affen sind auch die Hylophagen des Agatharchides (Phot. bibl. p. 452. Diod. III 23) in Ostafrica, die satyri des Pausanias (I 23, 6) und des Plinius (n. h. VIII 216. Solin. 27, 60 ‚Schimpanse‘?) und die hundsköpfigen Menschen Aelians (n. a. IV 46 ‚Orang Utang‘? = Plin. n. h. VII 24 satyri?). Man hielt den Affen (d. h. besonders den Hundsaffen und die Meerkatze) gern als Haustier (Eubulos bei Athen. XII 519. Plut. Pericl. 1. Cic. de divin. I 84. Laberius fr. 40 Ribb. Martial. VII 87) und erfreute sich an seiner Dressur und seinem possierlichen Wesen (Lucian piscat. 36. Aelian. n. a. V 26. VI 10. Galen. III 80. Fab. Aesop. 365 H. Cic. ad Att. IV 1, 25. Plin. n. h. VIII 215. Martial. XIV 202. Iuvenal. V 154. Apuleius metam. XI 8. Luxor. Anthol. Lat. 330 Riese). Daher die mannigfache, oft karikierende Ausstaffierung der Tiere (vgl. Schol. Iuv. V 143, ferner das pompeianische Wandbild 1380 Helbig. Claudian in Eutrop. I 304. Apuleius a. a. O. Wissowa Röm. Mitt. V 3ff.) und die mannigfachen Sagen über ihn (Diod. XVII 90. Strab. XV 699. Philostr. vita Apollon. I 4. Fab. Aesop. 366 H. Babr. 35. Plin. n. h. VIII 216). In der Medicin wurden menschenähnliche Affen bei der Schwierigkeit, Leichen zu erhalten, zu Sectionen benutzt (Galen. II 222. 533 u. ö.). Sein Fleisch und Fett sollten Heilkraft als Medicament besitzen (Aelian. n. a. V 39. XV 17; v. h. I 9. Philostrat. vit. Ap. bei Phot. bibl. p. 325b. Horapollo II 76. Plin. n. h. VIII 52); πίθηκος νοσῶν τὸ ἴδιον οὖρον πίνει sagt der sogenannte Nepualios im Sympathie-Tractat 10 (herausgegeben von Fabricius bibl. Graec. ed. pr. IV 295 und Gemoll Progr. Striegau 1884). Sein Auge galt gleich dem eines Erschlagenen als Zaubermittel, um sich unsichtbar zu machen (Parthey Zauberpapyrus I v. 248 in d. Abh. d. Berl. Akad. 1865). Er diente Dichtern und Rhetoren als Sinnbild der Hässlichkeit und der Bosheit (Archiloch. frg. 91. Semon. fr. 7, 71. Aristoph. Acharn. 906. Alciphr. I 33, 5. Plaut. Trucul. 269 clurinum pecus u. ö. Ennius sat. 45. Horat. sat. I 10, 18 mit den Belegst. d. Erkl. u. a.). Die Lex Pompeia de parricidis (Digest. XLVIII 9, 9) bestimmte, dass der Vatermörder mit dem Affen in einem Sack eingenäht und ersäuft werden sollte. Sein Erscheinen hatte im Wachen wie im Traum eine üble Vorbedeutung (Lucian pseudol. 17; nach Artemid. II 12 p. 104 H. bedeutet er einen Schelm und Betrüger. Cic. de div. I 34. Suet. Nero 46). Über seine Verwendung in den Hieroglyphen s. Horapollon II 66. 67. 76 und (κερκοπίθηκος) I 14–16, wozu vgl. Lauth S.-Ber. Akad. München 1876, 34f. In der Malerei und Plastik ist er in den mannigfachsten Lagen dargestellt (die älteste Abbildung von ihm auf der Arkesilasvase); vgl. hierüber wie über alles andere die grundlegende Schrift Kellers Tiere d. klass. Altert. 1–19. Abbildungen des Pavian auch bei Imhoof-Blumer und O. Keller Tier- und Pflanzenbilder auf Münzen und Gemmen d. klass. Alt. (Leipzig 1889) Taf. I 1. XIV 1–3. In zoologischer Hinsicht immer noch wichtig ist die Abhandlung von Α. H. Lichtenstein de simiarum quotquot veteribus innotuerunt formis, Hamburg 1791.

[708] Über den ‚Affenfisch‘ s. u. Πίθηκος.

[Oder. ]