Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Mittel gegen den Hunger bei Philosophen
Band I,2 (1894) S. 1483 (IA)–1484 (IA)
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Ἄλιμα[WS 1] (sc. φάρμακα) oder ἄλιμος (sc. τροφή) war ein von Pythagoras, Epimenides und anderen Philosophen angewendetes Mittel ‚gegen den Hunger‘; vgl. Plut. VII sap. conv. 14. Hungervertreibende Mittel (z. B. hippace, butyrum, glycyrriza) werden von den Alten mehrfach erwähnt (z. B. Plin. n. h. XXV 82ff. XI 284. XXII 26), doch scheint die Bezeichnung . als t. t. vorzugsweise für ein Gemenge gebraucht worden zu sein, dessen Zusammensetzung am ausführlichsten Porphyrios mitteilt (vita Pythag. 34). Er erzählt, Pythagoras habe, so oft er sich für längere Zeit in das Allerheiligste eines Göttertempels zurückzuziehen willens gewesen sei, kurz vor Ausführung seines Vorhabens sich die ἄλιμος τροφή bereitet und von ihr genossen, um die Bedürfnisse des Magens auf Tage hinaus zum Schweigen zu bringen. Sie bestand aus Mohnsamen, Sesam, der Schale der Meerzwiebel (σκίλλα), ferner aus Asphodelosstengeln, Malvenblättern, Kichererbsen und Gerstenmehl, also anscheinend eine Art von κυκεών (Mischbrei); vgl. Roscher Jahrb. f. Philol. 1888, 524. Diese Bestandteile – von jedem dem Gewichte nach gleich viel – wurden im Mörser klein gestossen, umgerührt und alsdann mit hymettischem Honig (vgl. Roscher Nektar u. Ambrosia 46ff.) angefeuchtet. Vgl. auch Tzetzes zu Hes. ἔργα 41. Wenn Proklos (zu letzterer Stelle) mitteilt, Epimenides habe ἀσφόδελες (s. d.) und μαλάχη (Malve) zur Herstellung verwandt, so nennt er uns damit sicherlich die Hauptbestandteile (vgl. Hermippos b. Athen. II 58f. = FHG III 40. Plut. VII sap. conv. 14), deren Nutzen auch sonst oft betont wird; vgl. Hes. ἔργα 41. Doch scheint auch eine essbare Scilla-Sorte von Epimenides zu seinem φάρμακον benutzt worden zu sein; die betreffende Art erhielt sogar nach ihm dauernd ihren Namen (σκίλλα Ἐπιμενίδου); vgl. Plin. n. h. XIX 93. Theophr. h. pl. VII 12, 1 und Schneider z. d. St. Billerbeck Flora class. 92. Ebenso brauchte und empfahl Pythagoras als durststillendes Mittel (ἄδιψος τροφή, oft mit ἄλιμος τροφή zusammen genannt) ein Getränk aus Melonensamen, kernlosen Rosinen, Koriander, Malven- und Portulaksamen, geschabtem Käse, Weizenmehl, Milch und Honig. Porphyr. a. O. 35; de abstin. IV 20 a. E. Eustath. de em. vit. mon. 120 (Opusc. p. 243, 4). Plut. a. O. Von Unkundigen vielfach vermengt (daher die vielen unsicheren Lesarten, z. B. bei Suid. u. Hesych. Plin. n. h. XXII 73. Antiphan. b. Athen. IV 161 a. Galen. XI 821) mit obiger ἄλιμος τροφή, die keine einzelne Pflanze ausschliesslich bezeichnet, sondern eine Mischung mehrerer Pflanzen und Pflanzenteile, wurde das ganz ähnliche, nur durch die Aspiration unterschiedene Wort ἅλιμος oder ἅλιμον – abgeleitet [1484] von ἅλς – (Theophr. h. pl. IV 16, 5 = Plin. n. h. XVII 239. Theophr. de caus. pl. V 15, 4. VI 10, 5), dessen genaue Begriffsbestimmung schon dem Plinius (n. h. XXII 73[= Diosc. I 120]–75) schwierig erschien; vgl. Schneider annot. ad Theophr. h. pl. p. 412. Meist wird ἅλιμον als Atriplex L. oder Halimus L. gedeutet, Melde, Keilmelde, Salzmelde, Meerstrandsmelde (neugr. ἁλμυριά, ital. alismo, porcellana marina), eine teils zur Ruderalflora gehörige, teils auf Salzboden und namentlich an der Meeresküste ungemein häufig (vgl. v. Heldreich Pflanzen d. att. Ebene = A. Mommsens griech. Jahresz. V 526) wachsende Pflanze mit (gekocht) essbaren Blättern aus der Familie der Chenopodiaceen (Gänsefussgewächse). Vgl. Fraas Synops. pl. fl. cl. 233. Billerbeck Flora class. 246. Lenz Bot. d. a. Gr. u. R. 445. Leunis Synops. 2. Teil³ II § 509, 11 u. 12. Bei den Ägyptern scheint sie dem Osiris geheiligt gewesen zu sein; Murr Die Pflanzenw. i. d. gr. Myth. 182. Auch führte nach dieser Pflanze (nicht nach der See) ein Demos an der Westküste Attikas den Namen Ἁλιμοῦς. Vgl. Murr Die geogr. u. mythol. Namen der altgr. Welt in ihrer Verwertung für antike Pflanzengeogr. II 27.

[Wagler. ]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. transkribiert: Alima.