Textdaten
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Autor: Friedrich Hofmann
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Titel: Naturrechtliche Jagd
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aus: Die Gartenlaube, Heft 9, S. 133–135
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1865
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[133]

Unerlaubte Jagd.
Nach einem Originalgemälde von Otto Eberlein.

[134]
Naturrechtliche Jagd.
(Mit Abbildung.)

Sollen wir unserm Bilde noch eine besondere Erklärung beifügen?

„Halt auf! Brrrr! Ach Gott, meine Milch!“ – So hören wir den Jungen von seinem Karren herunter schreien. Aber – hurre hurre hopp hopp hopp – geht’s fort in sausendem Galopp! Der gewaltige Zug der Natur erringt einen fröhlichen Sieg über das eingepeitschte Gefühl der Pflicht.

Die Tücke ist groß, mit der hier von der gepriesenen Waidmannslust das Milchgeschäft heimgesucht wird. Sie verließen so harmlos und so zufrieden mit dem Morgenfutter die heimische Hundehütte; sie gingen in’s Joch mit einer deutschen Geduld, die einen Clavierlehrer entzückt hätte; sie zogen ihre Tageslast unverdrossen jenseits den Berg hinauf und wedelten auf der Hochebene mit den Schwänzen beglückwünschend einander an, weil in ihnen [135] hier tagtäglich die erquickende Betrachtung aufstieg, daß es bald bergab gehe, wo der Milchjunge sich lustig aufsetze und der Wagen für sich laufe und sie sich einmal nach Herzenslust aufspringen könnten. Und wie freuen sie sich immer auf das wohlbekannke Ziel! Denn dort kommt dann die alte gute Frau, welche die Wursthaut für sie sammelt, und warten gewiß schon des Nachbars Kinder, die sie streicheln und ihr Butterbrod mit ihnen theilen. In so friedlichen Gedanken waren sie ihre Straße dahin getrollt, die beiden braven Karrenhunde. Und Altes war gekommen genau nach ihrer Betrachtung: der Weg bergab, der Milchjunge auf dem Wagen – da rannte das Schicksal in Gestalt eines gejagten Hasen quer über ihren Lebenspfad!

Welcher ehrliche Hund kann einen gejagten Hasen sehen, ohne ihm nachzuspringen? Diese Frage legen wir der ganzen Menschheit vor, und sie wird antworten: Keiner, es müßte denn ein fetttriefender Schoosmops sein – und der ist kein Hund mehr, sondern ein Damenmöbel, das den ganzen Tag getragen wird und die Füße nur zum Flohjucken hat. Wer nicht ein richtiges Flinkbein ist, soll sich keinen Hund nennen. Die Berechtigung der beiden Karrenzieher zu ihrem ursprünglichen Beruf ist somit dargethan; nur ungerechtes Pochen auf menschliche Satzungen ist es, welche diese Jagd mit so bedeutenden Hindernissen eine „unbefugte“ nennt.

Wer hat aber den Vorfall so eifrig belauscht und so getreu wiedergegeben? Unsere Leser werden einen so sinnigen Künstler kennen lernen wollen, und so gestatte er denn, ihn hiermit vorzustellen.

Otto Eberlein ist ein geborener Göttinger, der vor nunmehr achtunddreißig Jahren das Licht der Welt erblickte. Sein Vater war ein geschickter Landschafts- und Figurenzeichner, der besonders durch seine Illustrationen zu den naturwissenschaftlichen Werken von Blumenbach und Langenbeck bekannt geworden ist; er war auch der erste Lehrer des Sohnes, der wiederum im Jahre 1845 als Zeichenlehrer am Göttinger Gymnasium sein Nachfolger wurde. – Was des Vaters Hand an Otto Eberlein glücklich begonnen, bildete Professor Oesterley weiter aus; namentlich in der Oelmalerei.

Die Hauptschule für die Ausbildung seiner eigenthümlichen humoristischen Begabung fand er in Düsseldorf, wohin ihm, mit Unterstützung des königl. hannöverschen Ministeriums, zweimal, in den Jahren 1851 und 1853, zu längerem Aufenthalt zu reisen gestattet ward. „Die Zeit,“ – schreibt er uns – „die ich in Düsseldorf verlebte, war mir sehr kurz zugemessen, weshalb ich sie nach Kräften zu benutzen suchen mußte, da mich außerdem der an meine Fersen geheftete Schulmeister oft genug daran erinnerte.“ Er verbrachte sie mit eifrigen Studien, bald auf der Akademie, bald im Atelier, aber auch vernünftigenveise im Malkasten, wo bekanntlich der Thron des Düsseldorfer Künstlerhumors steht. – Hier fand er einen Kreis kunstfördernder und das Leben erfrischender Freunde; vor Allem aber erhielt sein Studium unter Hildebrandt’s Leitung die wahre Weihe, die seitdem aus allen seinen Werken hervorschimmerte, wobei er jedoch nichts weniger, als purer Nachahmer ist, sondern seine Originalität allezeit zur Geltung bringt.

Noch in Düsseldorf hatte er den „Lotterie-Juden“ vollendet; diesem folgte nun eine Reihe größerer Compositionen, wie „Großvaters Leibgericht“, „der kleine Kanonier“, „Er ist nicht so bös, wie er aussieht“, „Großvaters neue Brille“, „die Wiedergefundenen“ etc. Die „Sonntagsjäger“ wurden durch die Kunstausstellungen, auf denen sie allgemeine Heiterkeit verbreiteten, zuerst in weiteren Kreisen bekannt. Somit ist diese tüchtige, gesunde, frische Kraft noch in ihrer vollsten Blüthe und läßt uns noch manches Herzerfreuende auf dem jetzt so sterilen Felde des Humors hoffen.

Fr. Hfm.