Nassauische Verfassung von 1814 und Edikte zur Wahl und Zusammensetzung der Kammern von 1814 und 1815

Textdaten
Autor: Friedrich August Herzog zu Nassau, Friedrich Wilhelm Fürst zu Nassau
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Nassauische Verfassung von 1814 und Edikte zur Wahl und Zusammensetzung der Kammern von 1814 und 1815
Untertitel:
aus: Vorlage:none
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1817
Verlag: Herzoglich Nassauische Hofdruckerei
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Wiesbaden
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[1]
Sammlung

der

landesherrlichen Edicte und anderer Verordnungen,

welchen

vom 1. Julius 1816 an, im ganzen Umfange des Herzogthums

Nassau Gesetzeskraft beigelegt worden ist.


Erster Band

enthaltend die bis zum Ende des Jahres 1815 erschienenen Edicte und

Verordnungen.




Wiesbaden,

gedruckt in der Herzoglich Nassauischen Hofbuchdruckerei

1817.

[2] 0

I.0 Constitution.
Errichtung der Landstände.
Bearbeiten


Wir Friedrich August, von Gottes Gnaden, souveräner Herzog zu Nassau etc. etc., und
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, souveräner Fürst zu Nassau etc. etc.

sind während der vorüber gegangenen unglücklichen Zeit fremder Oberherrschaft in teutschen Landen, bei fortdauernden Bedrückungen der Gewalt in auswärtigen Staatsverhältnissen, wodurch Wir mit Unsern Unterthanen und Angehörigen in gleichem Maaße wie alle teutsche Staaten gelitten haben, stets und immer bedacht gewesen, die nach dem Rathschluß der göttlichen Vorsehung Uns anvertraute unbeschränkte Regierungs-Wirksamkeit sammt dem Recht der Gesetzgebung dahin zu verwalten, daß in dieser schwierigen Lage, so weit es die Umstände erlaubten, nicht allein die bürgerliche Freiheit Unserer Unterthanen möglichst gesichert und die politische Gleichheit derselben vor dem Gesetz aufrecht gehalten, sondern auch der Grund zu einer künftigen auf diesen beiden Stützpuncten ruhenden Verfassung gelegt wurde, deren volle Ausbildung Wir im zuversichtlichen Vorgefühl einer nahen glücklichen Veränderung in den gespannten europäischen Staatenverhältnissen mit dem Eintritte derselben erwarteten.

Von dieser Absicht ausgehend, und von solchen Beweggründen geleitet, haben Wir bis hierher die vollkommenste Duldung religiöser Meinungen und freie Uebung jedes Gottesdienstes in Unsern Landen gehandhabt[1], eben so die freie Aeußerung politischer Meinungen, soweit auswärtige Staatsrücksichten nicht eine Beschränkung verlangten. Wir haben in landesherrlichen Edicten Unsern Unterthanen und Staatsangehörigen den freien Abzug mit ihrem Vermögen, nach erfüllter Militärpflicht, in alle diejenigen Staaten zugestanden, wo gleiche Abzugsfreiheit in Unser Staatsgebiet gestattet wird[2]; Wir haben die Leibeigenschaft von Grund aus in Unserm Herzogthum getilgt[3]; den Frohnd- und Dienstzwang unter Schadloshaltung der Dienstherren gelöst[4], körperliche Züchtigungen als Strafmittel abgestellt[5], erbliche Vorrechte auf höhere Staatsämter nicht anerkannt, vielmehr aus allen Ständen zu den obersten Civil- und Militärstellen berufen, wer Uns dazu tüchtig erschien. Die Justizpflege wurde, unabhängig von Uns, durch die angeordneten [3] Justizbehörden verwaltet; Wir haben Unsern landesherrlichen Fiscus den Gerichtshöfen untergeordnet[6] und Uns des Rechts, angestellte Staatsdiener nach Willkühr zu entlassen, begeben[7].

Wir haben die freie Benutzung des Grundeigenthums unter den Schutz schirmender Gesetze gestellt, das Recht der Wildbahn[8] und alle den Anbau des Bodens störende Weidgerechtsame[9] bis zur Unschädlichkeit beschränkt, die Ablösung der Zehnten, Grundbelastungen und Servituten vorbereitet, so wie die Vertheilung gemeinheitlicher Allmenden im voraus erleichtert, endlich für die Einführung einer völligen Gewerbefreiheit vorbereitende Maaßregeln getroffen[10].

Wir haben keine Abgaben von Unsern Unterthanen erhoben, außer für Bedürfnisse des Staats; Wir haben verordnet, daß ein Jeder dazu beitrage nach dem Maasstab seines reinen Einkommens[11], daß einzelnen Ständen oder Personen keine Befreiungen davon forthin belassen werden[12]; Wir haben in dringenden Finanzverlegenheiten Domänen Unseres Hauses zum Vortheil der Staats-Casse veräußert, indem Uns nicht als eine Aufopferung erschien, was von Unserm Familiengut zur Wohlfahrt des Landes verwendet wurde.

Wir waren belohnt durch das Bewußtseyn, zum öffentlichen Wohl Unsere Regierungsrechte so zu verwalten, durch die oft und in unzweifelhaften Aeußerungen zu Unserer Kenntniß gekommene treue Anhänglichkeit Unserer Unterthanen, weniger nicht durch den glücklichen Erfolg Unserer Bemühungen, worin die Uns Angehörigen unter mancherlei schwierigen Verhältnissen Schutz und wesentliche Vortheile, mit Auszeichnung sogar, nicht selten gefunden haben.

Der schönste Lohn aber wurde Uns zu Theil, als Wir Uns durch die Wirkungen dieser Verwaltungsweise in den Stand gesetzt sahen, dem großen Bund gegen die von unbegränztem Ehrgeize versuchte Aufrichtung einer Alleinherrschaft in Europa mit der ganzen Kraft des Unserer Regierung untergebenen teutschen Staatsgebiets beizutreten[13], und als Wir in dem ruhmwürdigen Eifer Unserer Unterthanen für des gemeinsamen teutschen Vaterlandes Wiederherstellung zur Freiheit und Unabhängigkeit Mittel fanden, ein mehreres sogar für diesen großen Zweck aufzubieten, als Uns nach den abgeschlossenen Verträgen zu leisten oblag[14]. Wir haben Unsern Unterthanen bei andern Veranlassungen öffentlich dafür gedankt, und erneuern auch jetzt gern diesen Ausdruck Unsers Gefühles. Sie haben ihr Recht auf eine selbstständige und ehrenhafte Stellung unter den verwandten Stämmen des teutschen Volkes im künftigen teutschen Staatenverein sich befestigt, und Wir finden Uns bewogen, die Anerkennung dieses Rechts durch die dauerhafte Begründung einer eigenthümlichen Verfassung noch mehr ihnen allenthalben zu versichern.

Wir haben den Augenblick erlangter Befreiung von dem Uebergewicht fremden Einflusses dazu benutzt, die im Gefolge des aufgedrungenen Continentalsystems bei Uns nothwendig gewordenen Beschränkungen des Handels und einiger Gewerbe wieder aufzuheben[15], die Anstalt allgemeiner Bewaffnung, mit Unterdrückung der bei dem früheren Militär-System bestandenen Militär-Dispensationstaxen, auf eine fest bestimmte und bleibende Weise in Unserm Herzogthum [4] einzuführen[16], auch die vormalige Freiheit des Buchhandels und der Druckerpressen, mit Beschränkung des Nachdrucks zum Vortheil teutscher Schriftsteller und Verleger jedoch, Unsern Unterthanen zurückzugeben[17].

Die fortdauernde Wirkung dieser Gesetze und constitutionellen Einrichtungen steht unter dem erhabenen Schutze der verbündeten Mächte, nach deren weisen, das Wohl der Nationen befestigenden Beschlüssen ihnen von außen die beruhigende Gewährleistung der mit Gerechtigkeit vereinten Stärke auch forthin verbleiben wird. Es ist also nur übrig, Allem, was für die Einführung einer liberalen, den Bedürfnissen Unserer Zeit und Unseres Staates entsprechenden Verfassung in Unserem Herzogthum entweder schon geschehen ist, oder noch erforderlich seyn wird, auch eine gleichkräftige Gewährleistung im Innern zu geben, welche Wir in der unverweilten Errichtung von Landständen gefunden zu haben glauben dürfen.

Indem Wir Unsern Landständen die Bewahrung jener angeführten Grundlagen sowohl, wie die weitere Ausbildung einer solchen eigenthümlichen Landesverfassung übertragen, überlassen Wir Uns der Hoffnung, dieselben gegen den Wechsel aller Dinge, welchem gesetzliche Einrichtungen in rein monarchischen Staatsformen mehr, wie anderwärts, unterworfen sind, nach Möglichkeit auf dieser Seite sicher gestellt zu haben. Außerdem werden Wir von der Absicht geleitet, den Standes- und Grundherren Unseres Herzogthums, deren vormalige unmittelbare Reichsgebiete im Laufe der Ereignisse Unserer Oberherrlichkeit und Regierung untergeben worden sind, einen verhältnißmäßigen Einfluß auf die eigenthümliche Gesetzgebung und Verwaltung Unseres Staats als erbliches Vorrecht zuzusichern, und auf diese Art ihnen einen verfassungsmäßigen Wirkungskreis zu eröffnen, in welchem sie für des Landes und ihrer vormaligen Unterthanen Wohlfahrt thätig seyn können, und wodurch billige Ansprüche befriedigt werden, ohne die zum Flor Unsers vereinigten Herzogthums erforderliche, und Unsern sämmtlichen Unterthanen in gleichem Maaße wohlthätige Einheit in der Landesgesetzgebung und Vereinfachung der Verwaltung und Verwaltungsformen zu stören, deren glücklichen Folgen sich alle, wie Wir sehnlichst wünschen und hoffen, in den kommenden ruhigeren Zeiten noch mehr erfreuen werden, als bisher unter minder günstigen äußern Verhältnissen geschehen konnte.

Hiernach haben Wir beschlossen und verordnen, wie nachfolgt:

§. 1. Die Landstände Unseres Herzogthums sind zusammengesetzt aus Mitgliedern der Herren-Bank und Landes-Deputirten, welche in abgesonderten Sitzungen sich versammeln.

Die Mitglieder der Herren-Bank werden von Uns auf Lebenszeit oder erblich ernannt, die Landes-Deputirten aber von den Vorstehern der Geistlichkeit und der höheren Lehranstalten, von den begütertesten Landeigenthümern und von den Inhabern größerer Gewerbe in dem weiter unten bestimmten Verhältniß und in Gemäßheit der darüber ertheilten Vorschriften erwählt.

§. 2. Die politische Stellung Unserer Landstände im Allgemeinen und im Besondern, so wie auch die vollständige Bezeichnung desjenigen Antheils, den Wir ihnen an allen Zweigen der Gesetzgebung einräumen können und werden, hängt mit von den zu erwartenden näheren Bestimmungen Unserer und Unseres Herzogthums Verhältnisse zu dem künftigen Gesamtverein der teutschen Staaten ab. Vorläufig also, und bis zu hiernächst erfolgenden nachträglichen Verordnung [5] erklären Wir hiermit und versprechen für Uns und Unsere Regierungs-Nachfolger unabänderlich und für alle Zukunft verbindlich, daß Wir die Sicherheit des Eigenthums und der persönlichen Freiheit unter die mitwirkende Gewährleistung Unserer Landstände stellen. Sie sollen darüber wachen und darauf zu halten befugt seyn, daß die freie Wirksamkeit der obersten Justizbehörden niemals beschränkt werde, daß willkührliche Verhaftungen, ohne rechtliches Verfahren nach den bestehenden Gesetzen nie und auf keine Weise Statt finden, auch daß keiner Unserer Unterthanen jemals seinem gewöhnlichen Gerichtsstand und durch die Gesetze vorher bestimmten ordentlichen Richter durch außerordentliche Maaßregeln entzogen werde. Zu dem Ende legen Wir sofort Unseren Landständen nachfolgende Rechte bei:

1) Ohne ihre Einwilligung soll an den, in dem Eingange des gegenwärtigen Edicts erwähnten, die Aufrechterhaltung der bürgerlichen und Gewerbe-Freiheit, so wie die Gleichheit der Abgaben bezweckenden Gesetzen und Einrichtungen weder von Uns, noch Unsern Regierungs-Nachfolgern zur Beschränkung der darin bestimmten Rechte jemals einige Abänderung verfügt werden. Ueberdies sollen wichtige, das Eigenthum, die persönliche Freiheit und die Verfassung betreffende neue Landesgesetze nicht ohne den Rath und die Zustimmung der Landstände eingeführt werden.
2) Sie können Uns Vorschläge zu Abänderung bestehender und Einführung neuer Gesetze überreichen, allgemeine und besondere Beschwerden einzelner Landestheile oder Unterthanenklassen Uns vortragen, und fordern, daß gegen Unsern Staats-Minister, so wie auch gegen Landescollegien, wegen bestimmter Beschuldigungen eine Untersuchungs-Comission angeordnet werde, wenn diese Beschuldigungen auf bescheinigten Angaben beruhen, daß von ihnen Verletzungen der hier oben unter Nro. 1. angeführten und sogleich hier nachfolgend über die Abgaben-Erhebung und Verwendung festgesetzten Verfassungsbestimmungen verfügt oder zugelassen worden, oder auch, daß sie sich Concussionen oder verbotene Annahme von Geschenken erlaubt oder bei ihren Untergebenen zugelassen haben.
      Dergleichen Vorschläge und Beschwerden können von jedem einzelnen Mitgliede der Herrenbank und Landesdeputirten während den Sitzungen ihrer Versammlung in Antrag gebracht werden. Die Anträge werden in jeder Abtheilung besonders erörtert und darüber abgestimmt. Sie können Uns aber nur alsdann vorgelegt werden, wenn sie die Zustimmung der Mehrheit in jeder Abtheilung erhalten haben. Auf gleiche Art werden die von Uns den Landständen zum Gutachten und Beistimmung mitzutheilenden Gesetzes-Vorschläge in jeder Abtheilung besonders discutirt und darüber abgestimmt, so daß nur die für sich zählende Stimmen-Mehrheit in jeder einzelnen Abtheilung die Zustimmung der Landstände beurkundet. Herrschen getheilte Meinungen in beiden Abtheilungen, so wird die Vereinigung derselben durch eine von jeder Abtheilung in gleicher Anzahl zu erwählende Deputation versucht, welche unter den beiden Präsidenten zusammentritt. Bei nicht Statt findender Vereinbarung behalten Wir Uns die landesherrliche Entscheidung bevor.
3) Alle von den Unterthanen zu erhebende directe und indirecte Abgaben sollen von der Mehrheit Unserer Landstände, wobei die einzelnen Stimmen nach geschehener besondern Umfrage in beiden Abtheilungen zusammen zu zählen sind, im Voraus bewilligt werden, alle directe Abgaben für den Zeitraum eines Jahres, die indirecten nach Gutfinden auf sechs Jahre hinaus. Zu dem Ende ist das Bedürfniß des kommenden Jahres sammt dem wahrscheinlichen

[6]

Ertrag der zu erhebenden Abgaben in genauen und vollständigen Uebersichten ihnen vorzulegen, auf gleiche Art auch die geschehene Verwendung der früher von den Landständen zu angegebenen Staatsbedürfnissen bewilligten Abgaben ihnen unter gestatteter Einsicht der geführten Rechnungen mit den Belegen derselben nachzuweisen.
4) Die Landstände können während ihrer jeweiligen Sitzungszeit Vorstellungen und Bittschriften von einzelnen Unterthanen sowohl, wie auch von Gemeinden annehmen. Solche müssen schriftlich an die Präsidenten beider Abtheilungen eingeschickt werden.

§. 3. Wir werden die Landstände alljährlich zwischen dem 1. Januar und 1. April und sonst im Laufe des Jahres, so oft es Uns erforderlich scheint, ausserordentlich versammeln, behalten Uns aber das Recht vor, ihre Sitzungen nach Gutfinden zu unterbrechen, auch die Versammlung der Landesdeputirten gänzlich aufzulösen und eine anderweite Wahl derselben anzuordnen.

Eine jede eigenmächtige Zusammenkunft der Versammlung der Landstände oder einer von ihren Abtheilungen ohne Unsere vorgängige Einladung ist unerlaubt, und was darin verhandelt oder beschlossen werden sollte, für null und nichtig zu achten.

Bei den ordentlichen und außerordentlichen Versammlungen der Landstände werden Wir zu den Sitzungen jeder Abtheilung Commissarien abordnen, welche an allen Verhandlungen Antheil nehmen, ohne jedoch bei den Abstimmungen zugegen zu seyn. Die Handhabung der innern Polizei der Versammlungen bleibt ihnen selbst überlassen, nach Maasgabe einer Ordnung jedoch, die im Laufe der ersten Sitzung zu entwerfen und Uns zur Genehmigung vorzulegen ist.

Während der Versammlung der Landstände kann kein Mitglied ohne Zustimmung der Abtheilung, wozu es gehört, aus irgend einem Grunde oder Veranlassung zu gefänglicher Haft gebracht werden.

§. 4. Geborne Landstände und Mitglieder der Herrenbank sind alle Prinzen Unsers Hauses nach zurückgelegtem Einundzwanzigsten Jahre ihres Lebensalters.

Sodann ertheilen Wir die Landstandschaft zur Herrenbank als ein erbliches mit dem Besitz der in Unserm Herzogthum bestehenden Standesherrschaft verbundenes Vorrecht den Fürstlichen Häusern von Anhalt-Bernburg-Schaumburg, von Solms-Braunfels, von Wied-Neuwied, von Wied-Runkel und Solms-Lich, sodann den gräflichen Familien von Waldbott-Bassenheim und von Walderdorf, endlich dem Herrn Fürsten von der Leyen wegen der Grundherrlichkeit zu Fachbach und Nievern, dem Herrn Fürsten von Hatzfeld wegen der Grundherrschaft Schönstein und dem Freiherrn vom Stein wegen der Herrschaften Frücht und Schweighausen sammt übrigen von Unserm Gesammthause zu Lehen tragenden Stammgütern.

Die jeweiligen Häupter dieser Fürstlichen, Gräflichen und Freiherrlichen Familien und Inhaber der bemeldeten Standesgebiete und Grundherrschaften sind erbliche Landstände in Unserm Herzogthum und geborne Mitglieder der Herrenbank. Sie haben das Recht, den Versammlungen der Landstände vom Eintritt in das fünf und zwanzigste Lebensjahr an persönlich beizuwohnen, und können sich nach Gutfinden auch durch besonders dazu abgeordnete Bevollmächtigte darin vertreten lassen. Gleiches Vertretungsrecht steht den Vormündern unmündiger Familienhäupter zu. Doch müssen ihre stellvertretende Bevollmächtigte in Unsern Landen angesessen seyn und mindestens dem Freiherrnstande angehören, auch das fünf und zwanzigste Lebensjahr zurückgelegt haben. Außer diesen vorgenannten werden Wir noch andere Mitglieder der Herrenbank auf Lebenszeit oder mit dem Rechte der Vererbung nach Unserm Gutfinden und vorher eingeholtem Gutachten der schon bestehenden Mitglieder ernennen, mit der Einschränkung jedoch, daß dieselben zum teutschen [7] Fürsten-, Grafen- oder Freiherrenstand gehören und wenigstens zweihundert Gulden zu jedem Grundsteuer-Simplum in Unserm Herzogthum beitragen.

Kein Mitglied der Herrenbank kann sich durch ein anderes Mitglied in der Versammlung vertreten lassen oder ihm die Führung seiner Stimme übertragen.

§. 5. Die Versammlung der Landstände von der Herrenbank findet gleichzeitig Statt mit der Versammlung der Landesdeputirten und an dem nämlichen Ort. Die Einladungsschreiben werden Wir den Mitgliedern unmittelbar zufertigen, den Präsidenten aber für die Dauer jeder Sitzungs-Zeit aus ihrer Mitte ernennen. Die allgemeinen Sitzungskosten sind aus Unserer Staats-Casse zu bestreiten.

§. 6. Die Versammlung der Landesdeputirten besteht aus zwei und zwanzig Mitgliedern, bei deren Wahl die hier nachfolgenden Vorschriften zu beobachten sind. Die Inspectoren der evangelisch-lutherischen und reformirten Geistlichkeit, sodann die Landdechanten der katholischen versammeln sich an einem bestimmten Tage unter dem Vorsitze eines von Uns hierzu abzuordnenden Commissarius, auf dessen vorgängige ihnen zuzufertigende Einladung. Eine jede dieser Wahlversammlungen erwählt Einen Landesdeputirten, auf völlig gleiche Art die Vorsteher der höhern Lehranstalten Einen, und alle in der 12. bis 16. Gewerbsteuer-Classe catastrirte Gewerbebesitzer drei Landesdeputirte aus ihrer Mitte. Die Kosten der Reise zu Wahlversammlungen sind den geistlichen Inspectoren, Landdechanten und Rectoren der Lehranstalten zu vergüten. Die Landeigenthümer, welche zu jedem Grundsteuer-Simplum wenigstens Sieben Gulden und darüber beitragen, erwählen fünfzehn Landesdeputirte aus ihrer Mitte und unter denjenigen Gutseigenthümrn, die zu jedem Grundsteuer-Simplum wenigstens Ein und Zwanzig Gulden und darüber beitragen, auch das Fünf und Zwanzigste Lebensjahr zurückgelegt haben.

Zu dem Ende sind die Wahlmänner durch Einladung des von Uns zu ernennenden vorsitzenden und dirigirenden Comissarius nach der vorgewesenen Abtheilung Unseres Herzogthums in Steuer- Revisions-Districte, in den fünf Hauptorten derselben, nämlich in Wiesbaden, Limburg, Usingen, Ehrenbreitstein und Hachenburg zu versammeln, und von ihnen die Wahl dergestalt zu vollziehen, daß die Wahlversammlung zu Wiesbaden vier, eine jede der Wahlversammlungen zu Usingen, Limburg und Ehrenbreitstein drei und jene zu Hachenburg zwei Landesdeputirte zu ernennen hat. In allen Wahlversammlungen ohne Unterschied entscheidet die absolute Stimmen-Mehrheit der anwesenden Mitglieder. Abwesende können ihr Stimmrecht an einen Andern nicht übertragen. Die Abstimmung über geeigenschaftete Candidaten zu Landesdeputirten wird so oft in der Versammlung wiederholt, bis die absolute Stimmen-Mehrheit für einen jeden Einzelnen entschieden ist.

Die Wahl der Landesdeputirten geschieht für die Dauer von sieben Jahren. Nach Ablauf derselben wird zur neuen Wahl geschritten, wenn nicht etwa früher eine außerordentliche Auflösung der Landesdeputirtenversammlung von Uns verfügt worden ist. Die abtretende Landesdeputirten sind in jedem Falle wieder wahlfähig.

§. 7. Die Reisekosten nebst Taggebühren für die Dauer der Sitzungszeit und für die Tage ihrer Gegenwart am Ort der Versammlung sollen den Landesdeputirten ohne Unterschied aus Unserer Staats-Casse vergütet und der Betrag der letztern, nach angehörtem Gutachten der Landstände im Laufe der ersten Sitzungszeit von Uns bestimmt werden.

Gleichermaßen sind die allgemeinen Sitzungskosten der Landesdeputirten-Versammlung aus Unserer Staats-Casse zu bestreiten.

[8] §. 8. Die Landesdeputirten versammeln sich auf die ihnen von Unserm dirigirenden Staats- Ministerium zukommende Einladung am bestimmten Ort und Tag.

Den Präsidenten ihrer Versammlung werden Wir für eine Sitzungszeit aus drei von ihnen Uns vorzuschlagendne Mitgliedern ernennen.

Nur die Stimmen der in einer Sitzung anwesenden Landesdeputirten werden gezählt; Abwesende können sich durch Andere nicht vertreten lassen.

§. 9. Die Sitzungen der Landstände sind nicht öffentlich; doch können dieselben durch Stimmenmehrheit die öffentliche Bekanntmachung ihrer Verhandlungen im Ganzen und Einzelnen mittelst Abdruck und Vertheilung von fünf und zwanzig Exemplarien an jedes ihrer Mitglieder verordnen. Auch sind nach dem Ermessen der Stimmenmehrheit in den Versammlungen sachgemäße Auszüge aus ihren Sitzungsprotocollen durch das allgemeine Intelligenzblatt zur öffentlichen Kenntniß zu befördern.

§. 10. Die gegenwärtige Edictal-Verordnung soll von Unserem nachgesetzten Staastministerium dergestalt in Vollziehung gebracht werden, daß die erste Versammlung der Landstände im nächstkommenden Jahre Statt finden kann.

Mögen Unsere Unterthanen aller Stände und Classen darin einen neuen Beweis Unseres unbegränzten Zutrauens zu ihrer treuen Anhänglichkeit und vaterländischen Gesinnung wahrnehmen, und Unser unwandelbares reines Bestreben erkennen, Bürgerglück und Wohlstand in Unserem Staatsgebiet auf sicheren Grundlagen und dauherhaft zu befestigen! –

Gegeben zu Biebrich am 1. und zu Schloß Engers am 2. September 1814.

(L. S.)0 Friedrich August,   (L. S.) 0Friedrich Wilhelm,

Herzog zu Nassau.   Fürst zu Nassau.

vt. Freiher von Marschall.


*  *  *


(Die Wahl der Landstände betreffend) Bearbeiten

Wir Friedrich August, von Gottes Gnaden, souveräner Herzog zu Nassau etc. etc., und
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, souveräner Fürst zu Nassau etc. etc.

Erwägend, daß nach Unserm über Errichtung der Landstände in Unserm Herzogthum erlassenen Edict vom 1./2. September v. J. die Wahlfähigkeit der Landes-Deputirten und das Recht, Mitglieder der Wahlversammlung aus der Classe der Landeigenthümer und Gewerbebesitzer zu werden, mit einem nach dem Maas der Grund- und Gewerbe-Cataster bestimmten Besitz von Liegenschaften und Gewerben verbunden worden ist, haben darüber nähere Anordnungen zu erlassen für nöthig erachtet, wie diese Vorschriften Unseres angeführten Edicts auf die mit Unserm Herzogthum neu vereinigten vormals Oranien-Nassauischen Fürstenthümer Dillenburg und Hadamer, sodann in der ehemaligen Grafschaft Westerburg und Herrschaft Schadeck angewendet werden sollen, in welchen die bestehende Steuer-Einrichtung nach Maasgabe der Edicte vom 10/14. Februar 1809, und 14/16. December 1812 noch nicht vollständig eingeführt worden ist.

Wir wollen demnach, und verordnen hierüber, was nachfolgt:

§. 1. Alle Landeigenthümer in den hier oben bezeichneten Landestheilen sind zu Wahlmännern und Wahl-Candidaten nach Unserer Absicht und nach dem Sinn Unseres Constitutions-Edicts [9] geeigenschaftet, wenn sie, der dort noch provisorisch beibehaltenen Grundsteuer-Einrichtung gemäß, von ihrem Grundeigenthum im Lauf des gegenwärtigen Jahres so viel an Grundsteuer entrichtet haben, als nach den Bestimmungen jenes Edicts die Wahlmänner und Wahlcandidaten in vier Grundsteuer-Simpeln zu bezahlen haben.

§. 2. Alle Gewerbebesitzer, welche bei der für das künftige Jahr gegen Aufhebung der Mobiliar-, Patent- und Personal-Steuer dort einzuführenden Gewerbsteuer in die zwölfte bis sechszehnte Gewerbsteuer-Classe catastrirt werden, sind zur Wahl der Landesdeputirten aus ihrer Mitte berechtigt.

§. 3. Da die Stuer-Revisions-Districte und die hiernach für die Bildung der Wahlversammlungen bezeichneten Landesbezirke durch die Statt gefundenen Territorialabtretungen wesentlich einwirkende Abänderungen erlitten haben; so sollen zur Wahl der Landesdeputirten aus den Gutseigenthümern nunmehro drei Wahlversammlungen gebildet werden, zu Wiesbaden, zu Weilburg und zu Dillenburg.

Zu Wiesbaden versammeln sich die Wahlmänner aus den Aemtern: Höchst, Königstein, Wallau, Wiesbaden, Eltville, Rüdesheim, Caub, Braubach, Nassau, Catzenellnbogen, Kirberg, Wehen und Idstein. Sie erwählen sechs Landesdeputirte. Zu Weilburg werden fünf Deputirte erwählt von den Wahlmännern der Aemter Reichelsheim, Atzbach. Weilburg, Usingen, Runkel, Limburg, Dietz, Meudt, Montabaur, Herschbach, Selters und Hachenburg.

Zu Dillenburg treten die Wahlmänner aus den Fürstenthümern Dillenburg und Hadamar, und aus der Grafschaft Westerburg zusammen, um vier Landesdeputirte zu erwählen.

§. 4. Im Uebrigen ist allenthalben nach den Vorschriften des mehr angezogenen Edicts zu verfahren; insonderheit werden die Listen der Wahlmänner und Wahl-Candidaten hiernach durch die General-Direction der directen Steuern aufgestellt.

Gegeben Biebrich, den 3. und Weilburg den 4. November 1815.

(L. S.)0 Friedrich August,   (L. S.)0 Friedrich Wilhelm,

Herzog zu Nassau.   Fürst zu Nassau.

vt. Freiher von Marschall.


*  *  *


(Die Bildung der Herrenbank der Landstände betreffend). Bearbeiten

Wir Friedrich August, von Gottes Gnaden, souveräner Herzog zu Nassau etc. etc., und
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, souveräner Fürst zu Nassau etc. etc.

Haben die durch eingetretene Territoialveränderungen und durch die öffentlich bekannt gemachte Entsagung der Mitglieder herbeigeführte Nothwendigkeit über die Bildung der Herrenbank Unserer Landstände neue Bestimmungen zu erlassen, erwogen:

Wir bestätigen zuvörderst alle in dem Constitutionsedict vom 1/2ten September vorigen Jahrs enthaltene allgemeine Vorschriften, in Beziehung auf die Anordnung der Herrenbank der Stände Unseres Herzogthums und auf die Formen, wornach die Mitglieder ihre landständischen Rechte ausüben werden.

[10]       Erbliche Mitglieder der Herrenbank bleiben sodann
1) von den im angeführten Constitutionsedict §. 4. aufgeführten Landständen, außer den Prinzen Unseres Hauses: die Frau Erzherzogin Hermine von Oesterreich, als Gräfin zu Holzappel und Herrin zu Schaumburg; der Herr Fürst von der Leyen; die Herren Grafen von Waldhott-Bassenheim und Walderdorf, und der Freiherr vom Stein.

      Hiernächst bewilligen Wir
2) die mit dem Besitze der Grafschaft Westerburg verbundene erbliche Landstandschaft zur Herrenbank der gräflichen Familie von Leiningen Westerburg. Endlich

3) ertheilen Wir den gesammten adelichen Gutseigenthümern in Unserem Herzogthum Sechs Virilstimmen bei der Herrenbank, welche sie durch eben so viele aus ihrer Mitte erwählte Deputirte des Adels vertreten lassen.

      Die Wahl dieser Sechs Deputirten geschieht in einer, ganz nach Art der übrigen Wahlversammlungen, unter dem Vorsitz eines von Uns zu ernennenden dirigirenden Commissarius, zu bildenden Wahlversammlung, wozu alle Gutseigenthümer vom Adel berufen werden, die zu einem Grundsteuersimplum wenigstens Ein und Zwanzig Gulden und darüber entrichten, oder die in den Fürstenthümern Dillenburg und Hadamar, so wie in der Grafschaft Westerburg und dem jenseits der Lahn gelegenen Theile des Amts Runkel, im gegenwärtig laufenden Jahre zur Grundsteuer Einen Beitrag von zusammen Vier und Achtzig Gulden und darüber geleistet haben.

Adeliche Gutseigenthümer weiblichen Geschlechts, und Minorenne können in dieser Wahlversammlung durch Bevollmächtigte ihr Stimmrecht ausüben lassen.

Adelichen Gutseigenthümern, welche den hier bestimmten Grundsteuer-Betrag von ihren Besitzungen nicht entrichten, bleibt das Recht vorbehalten, in den Wahlversammlungen der übrigen Landeigenthümer oder Gewerbebesitzer zu erscheinen. Sie üben darin ihr Stimmrecht, in so weit Ihnen ein solches nach der gesetzlichen Bestimmung zusteht, zu der Landesdeputirtenwahl.

Die gegenwärtige Edictalverordnung ist zugleich mit der unterm heutige Datum über die nunmehrige Bildung dieser Wahlversammlungen erlassenen Edictalverordnung durch Abdruck im Verordnungsblatt öffentlich zu verkünden, und durch Unser Staatsministerium, nach Maasgabe des Constitutionsedicts vom 1/2ten September vorigen Jahres zu vollziehen.

Gegeben zu Biebrich am 3ten und zu Weilburg am 4ten November 1815.

(L. S.)0 Friedrich August,   (L. S.) 0Friedrich Wilhelm,

Herzog zu Nassau.   Fürst zu Nassau.

vt. Freiher von Marschall.




  1. Nach dem Geist des Edicts vom 14. September 1803.
  2. Edict vom 9/12. October 1810.
  3. Edicte vom 1. Jan. 1808 und vom 1/3. Septbr. 1812.
  4. Edict vom 1/3. September 1812.
  5. Edict vom 26/28. December 1809.
  6. Edict vom 11. November 1806.
  7. Edict vom 3/6. December 1811.
  8. Edict vom 17/21. May 1811.
  9. Edict vom 7/9. November 1812.
  10. Edicte vom 10/14. Febr. 1809 und vom 1/3. Sept. 1812. Mehrere hierauf sich beziehende Vollziehungsgesetze.
  11. Edict vom 10/14. Februar 1809 und mehrerer Nachträge, namentlich vom 14/16. Decbr. 1812.
  12. Edicte vom 10/14. Februar 1809 und vom 6/9. October 1809.
  13. Edict vom 16. November 1813.
  14. Edict vom 4/5. December 1813.
  15. Edict vom 18/21. März 1814 und mehrere Ministerial-Bekanntmachungen.
  16. Edicte vom 20/21. Januar 1814.
  17. Edict vom 4/5. May 1814.