Textdaten
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Autor: Rudolph Löwenstein
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Titel: Nach dem Maskenballe
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 1, S. 4
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1868
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Nach dem Maskenballe.

Die Töne wirbeln in wilder Hast,
Wild wirbeln die bunten Paare,
Sie halten im Fluge sich fest umfaßt,
Es flattern die Bänder und Haare.
„Zum Tanz, mein Liebchen, was zittert Ihr?
Was athmet Ihr so beklommen?“ –
„Mir war, als hätt’ ich zu Seiten hier
Der Mutter Stimme vernommen!“ –

„Das Mütterlein schlief in sichrer Nacht,
Als Ihr von dannen hüpftet,
Und mit mir hinaus in die stille Nacht
Zum Feste der Freude schlüpftet.“ –
„Und seht Ihr nicht dort das bleiche Gesicht?
Es blicket mich an mit Grimme!
Fort, fort! Ihr haltet mich fürder nicht –
Mich rufet der Mutter Stimme!“

Und sie stürmet hinaus, die Straßen entlang,
Von Ahnung fortgerissen.
Es folget ihr nach in hastigem Gang
Der Geist – das böse Gewissen.
Es klingt, wie ein dumpfer Grabeschor,
Im Sausen des eisigen Windes
Der Ruf, der schreckliche, an ihr Ohr:
„Weh, weh, des verlorenen Kindes!“

Und sie tritt in’s Haus in behendem Lauf
Und die Glieder beben und wanken,
Doch eilt sie die dunklen Treppen hinauf
In’s Gemach der geliebten Kranken.
Wie matt die Lampe, wie still das Gemach!
„Schläft Mütterchen?“ fragt sie mit Bangen.
Die Nachbarin spricht: „schaut selber nach!
Sie ist – zur Ruh gegangen.“

Da stürzt sie in jäher Seelenqual
Am Bette der Mutter nieder:
„O hebe nur noch ein einzig Mal
Die lieben Augenlider!
Nur einmal strecke noch aus die Hand,
Sie auf mein Haupt zu legen!
Ich kann nicht leben in Schimpf und Schand’
Und ohne der Mutter Segen!

Noch einmal rege den bleichen Mund –
O Mutter, habe Erbarmen,
Mit einem Wörtlein thu mir kund,
Daß Du verzieh’n mir Armen!
Dein reuig Kind kehr’ ich zurück –
Willst Du mich nicht erheben?
Verlorener Segen, verlorenes Glück –
Zwiefach verlorenes Leben!“

Der Morgen dämmert durch’s Fenster lind,
Vergoldend der Kammer Wände.
Die Nachbarin blickt auf das büßende Kind
Und hebt zum Himmel die Hände:
„O geh’ mit ihr nicht in’s Gericht!
Weß Herz ist frei von Fehle?
Erbarm’ Dich in Deiner Gnade Licht,
Herr, der – verlorenen Seele!“

Rud. Löwenstein.