Malerische Wanderungen durch Kurland/Stroken und dessen Beyhof Charlottenberg, Fischröden und dasiger Park

Brinckenhoff, Weg nach Ambothen, dasiges Schloß Malerische Wanderungen durch Kurland
von Ulrich von Schlippenbach
Der Flecken Durben
{{{ANMERKUNG}}}
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Stroken und dessen Beyhof Charlottenberg, Fischröden und dasiger Park.

Der Leser muß es mir überlassen, wohin ich ihn führe, und wird es nicht erwarten, daß ich gerade die gebahntesten Wege einschlage. Ich wähle diejenigen, die mir die lieblichsten scheinen. Ambothen ist von Liebau nur 5 Meilen entfernt. Doch ich führe den Leser nicht den gewöhnlichen Weg dahin, wo, wann ihn zulezt noch der Anblick der Berge Ambothens und des Schlosses auf einer erreichten Höhe erfreut, er größtentheils nur Flächen und eine von Krügen besetzte Landstraße erblickt – sondern bey dem Privatgute Paddern vorbey, wo [46] ehmals ein Schloß gestanden, dessen Ruine nicht einmal sichtbar ist, gelangen wir über bald größere bald kleinere Waldpfade, auf dem Wege nach dem zum Privatgut Stroken gehörigen Beyhofe Charlottenberg. Hier liegt ein Teich, der dadurch, daß der von der Natur geschlagene Damm noch mehr erhöht worden, zu einem See umgeschaffen ist. Und wie die Kultur den Umfang der natürlichen Anlagen allenthalben erweitert, so hat sie es auch hier mit dem kristallenen Hause der Najade gemacht, und es in einen Pallast verwandelt. Schöner habe ich keine Wasserparthie gesehen. Rings um den Teich — der in der Mitte durch die Ufer bis zur Breite eines mäßigen Flusses eingeengt wird, und dann sich wieder in ein weites Oval ausbreitet — bilden hohe Gestade ein prächtiges Amphitheater, wo alle in hiesiger Gegend gedeihenden Baumarten mit dem verschiedensten Laube prangen, und sich in lieblichen Gruppen über einander schichten. In dem See selbst liegen eine Menge kleiner und größerer Inseln zerstreut umher, deren einige flach, andere dagegen ansehnliche [47] Hügel mit Laub bewachsen, noch andere so klein sind, daß nur ein einziger Baum auf ihnen Wurzel fassen konnte, der sein grünendes Haupt aus der Tiefe empor zu heben scheint, und wie die Tugend, auch einsam und von feindlichen Gewalten umgeben, in eigener Kraft gedeiht. Das Merkwürdigste aber ist hier eine kleine schwimmende Insel, von mehreren Tannen und Birken bewachsen, auf welcher man, wie auf einem großen Kahne, herumschwimmen, und die Wasservögel — deren es hier eine Menge giebt — schießen kann. Die schöne Dichtung der Alten, deren Phantasie und Glaube, so lieblich verschwistert, jeden Baum und jede Quelle mit göttlichen Naturen bevölkerte, stand hell vor meiner Seele. Hier muß — so dacht’ ich — der Najade Lieblingsplätzchen seyn, wann sie sich über die Wogen ihres Sees erhebt, und auf dieser schwimmenden Insel unter den Blättern einer Hangebirke ruht, die mit ihren fallenden Zweigen, dem emporragenden Stamm, und tief verschlossener Wurzel, alle Elemente dankbar zu erfassen strebt, denen sie ihre [48] Erhaltung dankt. Ein durchdringendes Geschrey am Ufer des Sees störte mich in meinen Betrachtungen. Ich hätte mir freylich einbilden können, daß irgend ein Waldgott eine schlummernde Seenymphe überrascht habe, und diese sich nicht mit stumpfen Nägeln wehrte. Indessen traten, nur zu sichtbar, ein paar alte Bauerweiber hervor, die einander — Gott weiß warum — die bittersten Vorwürfe machten, und mit vieler Deklamationsfertigkeit und mimischem Pathos die Fehler aufzählten, die einer jeden von der andern bekannt war. Da mußte denn wohl in dieser schreyenden Wirklichkeit der herrliche Traum schwinden. Zu rechter Zeit erinnerte ich mich jedoch, daß selbst Homer — ob gerade im Schlummer, der ihn, nach Horaz, beschlichen haben soll? — weiß ich nicht — im Streite der Juno und Diana, jene zu dieser sagen läßt:

„dreiste Hündin, du unterstehst dich,
„mir so zu begegnen?“[1]

und wahrlich, gerade dasselbe — nur nicht [49] in griechischer Sprache — rief hier der streitenden Lettinnen eine der andern zu. Und da leugne nur noch Jemand, daß es eine göttliche Grobheit gebe! Wie leicht ist er durch die Autorität des Homers und eine Erfahrung, wie die meinige, in dem Munde von ein paar Wesen, die doch auch zum schönen Geschlechte gehören, widerlegt! Ungeachtet dieser Göttlichkeit fand ich’s doch gerathener, mich auf das gegenüberstehende Ufer zu retten, wie man einem Platzregen auszuweichen sucht und den Donner lieber in weiter Ferne verhallen hört. Hier beobachtete ich lange eine Taucherente, die mit freyer weißer Brust dem Ufer entgegen schwamm, als ob sie den Jäger zum Schuß einladen wollte. Und doch, so bald das Feuer aufblitzt, rettet sie sich in ihr kaltes Element, bis sie bald darauf wieder zum Vorschein kommt. Das wahre Bild einer Kokette, die ihren weißen schwellenden Busen eben so den Pfeilen Amors darzubieten scheint. Es giebt ein paar Arten Taucher, wovon die eine die weiße Nonne (mergus albellus), und die andere der Haubentaucher [50] (mergus cristatus) heißt. Schwer ist es, solche Taucher zu erlegen, doch gelingt es zuweilen durch einen Schuß unter dem Wasser, oder dadurch, daß man das Feuer auf der Pfanne im Gebüsch verdeckt. —

Das Gut Stroken ist, ungefähr eine halbe Meile von Charlottenberg, überaus angenehm gelegen. Auf dem Gipfel eines hohen Berges ruht die Hoflage, von wo aus man ungehindert ins Thal hinabschaut, das von einem Bache durchschlängelt wird — und darüber hinweg auf eine belebte Landschaft blickt.

Hier war ein schöner Garten, im alten Geschmack. Noch erinnere ich mich, ihn als Kind in seinem ganzen Flor erblickt zu haben. Jezt gleicht er einer alternden Matrone; einige interessante Züge ehemaliger Schönheit sind noch da, aber die Reize, durch die sie entzückte, sind unwiederbringlich dahin, und die Reste derselben verhüllt ein altmodisches Gewand. Ich entsinne mich noch, hier den Garten am Abhange des Berges in symmetrischen Terrassen, [51] mit einer Menge von geschorenen Hecken, aus denen einzelne, in allerhand Formen gezwängte, Bäume hervorragten, gesehen zu haben. Von diesen sind noch manche vorhanden, die als Wendeltreppen, Pyramiden, Kugeln, Pfauenschwänze, Säulen etc. prangen. Auch gab es hier Wasserkünste, die einen schönen Effekt machten. Eine wasserströmende Fortuna drehte sich um sich selbst herum — was eigentlich jede Glücksgöttin thut. Das Wasser, welches sie indessen ausströmte, sammelte sich, und wenn man in eine tiefer liegende Grotte trat, so bedurfte es nur des Druckes an einer verborgenen Feder — und von allen Seiten ward man von Wassergüssen empfangen, die zwischen der Muschelbekleidung der Grotte hervordrangen. So geht es auch im gewöhnlichen Menschenleben, daß, indem die wasserströmende Fortuna sich oben auf der Höhe dreht und mit dem Elemente spielt, dies tiefer unten den Leuten zur Plage wird. — Sonst gab es in diesem Garten auch Lauben, in Form kleiner Häuser, deren Fußboden ein eiserner Rost war, auf welchem man über [52] kleine Teiche wandelte, worin die mannigfaltigsten Fische aufbewahrt wurden. Auch eines Springbrunnens erinnere ich mich, der einen starken Wasserstrahl von zehn Fuß Höhe von sich warf. — Jezt ist von alle dem nichts mehr vorhanden. Die Wände, an welchen sich Pfirsiche und Weinreben rankten, stehen jezt unbekleidet da; nur die vielen vortreflichen Obstbäume haben sich erhalten, und einige Teiche, die sich von der Höhe des Gartens sehr gut ausnehmen. Es ist ein erhabener Anblick, Ruinen, die von menschlicher Größe und Würde zeugen, zu sehen; doch rührender sind solche, die als Gräber menschlicher Freuden erscheinen. Und sie erblickte ich hier in den Trümmern dieses ehemals so schönen und berühmten Gartens, der dem Besitzer, von dem sich die erste Anlage herschreibt, mehrere Tausende gekostet hat. Wie mag er sich gefreut haben, als sich die Fortuna zum erstenmal drehte, die Kaskade sprang und eine vergoldete Kugel hoch in die Luft warf und wieder auffing. Unser Herz spielt in seinen schwellenden Strömen eben so mit [53] dem Glanz der Freude und des Lebens; aber wenn die Quelle versiegt, sinkt die glänzende Kugel nieder in den Staub, der sie verhüllt. Der jetzige Besitzer von Stroken, der aber seinen Aufenthalt anderswo hat, wird diesen Garten, der schon seiner schönen Lage wegen erhalten zu werden verdient, im neuen Styl wieder herstellen, wozu auch schon der Anfang gemacht ist. Von dem Geschmack und den Kenntnissen desselben läßt sich gewiß etwas sehr Liebliches erwarten.

In dem gedachten Garten befindet sich noch eine Mineralquelle, die ziemlich eisenhaltig ist; dieß verräth auch schon der Ocker, den sie häufig absetzt. In dem nicht weit von hier entfernten Gute Lahnen befindet sich eine ähnliche Quelle.

Noch muß ich die auffallende Ordnung, ich möchte sagen Reinheit, bemerken, mit der hier die Landwirthschaft betrieben wird. Die Wirthschaftsgebäude sind alle so zweckmäßig eingerichtet, die Felder so regelmäßig bestellt, und eben daher so blühend, daß selbst derjenige, dem das Gefühl [54] für die Reize der Landwirthschaft fehlt, ihnen doch die Huldigung hier nicht versagen kann, wo man gerne in der blühenden Erde die Mutter und Amme aller Lebendigen, wie sie Stollberg nennet, wieder erkennt.

Von Stroken aus gelangt man, dicht bey dem adelichen Gute Groß-Ilmagen, auf die Poststraße, und indem man diese verfolgt, nach dem Gute Tadaiken. Hier befindet sich eine Poststation. Der Weg von Schrunden aus, den der Leser aus einem andern Theile dieser Beschreibung kennen lernen wird — bis hieher, enthält wenig Bemerkenswerthes; die anmuthige Lage des Gutes Rudbahren ausgenommen, wohin man durch tiefen Wald auf einem geschlagenen Damme gelangt.

Die Poststation[WS 1] bey Drogen und die Straße bis Tadaiken, führt durch eine reizende Gegend mehreren Landgütern vorbey. Doch ich eile, den Leser nach Tadaiken zurück, und von dort aus nach dem nur zwey Werste davon entfernten adelichen Gute Fischröden zu führen, das an der [55] Poststraße auf einer Anhöhe liegt. Von dieser erblickt man die, tiefer unten im grünen Laub versteckte, Hoflage mit allen Nebengebäuden. Hat man die äußerste Höhe erreicht, so steht man vor einem Gottesacker, dessen antikes Thor die Inschrift trägt — „Numen adest;“ — und diese Überschrift trügt nicht.

In dem Schatten des Parks, zu dem man hier bey dem Thore gelangt, weilt gern und willig, in dem durch die Reize der Natur bewegten Herzen, das Gefühl des Daseyns eines höhern Wesens, und die ganze Tendenz des Parks scheint jene Worte nachzusprechen, und im gerührten Anschauen der Natur auf eine höhere Welt hinzuweisen. Doch der Leser — um mit mir den lieblichen Park zu durchwandeln — muß es mir schon gestatten, ihn bis zum Fuße des Berges zurück zu führen, um von dort aus den Spaziergang anzutreten. Gleich am Eingange auf einem zwischen hohen Birkenbäumen sich hinaufschlingenden Pfad erblickt man zur Linken einen Teich, der aus mehrern Klüften, in die er seine Arme hineinstreckt, [56] hinlänglich Wasser erhält, und das Überflüssige in einem Wasserfalle bey seinem Damm fortströmen läßt. Ein mit Flaggen und Segel dekorirtes Fahrzeug, mehrere Ruheplätze um den Teich, verrathen es schon, daß eine sinnige Kunst hier die Natur auf ihren stillen Pfaden begleitet. Besonders lieblich aber ist die Ansicht des Teiches, wo er mit einer Biegung in eine von Laub umschattete dunkle Schlucht hineindringt, und unter einem Dache überhangender Zweige, tief in die Berge hineinzustreben scheint. Indessen vorn noch einige Lichtstrahlen durch die Blätter fallen, und wie glänzende Blumen sich auf den Wellen wiegen, erscheint tiefer das Wasser immer dunler, bis es sich ganz in Schatten und unter übergebogenen Zweigen und Büschen verliert.

Wenn man den Bergpfad — der in mehreren Absätzen terrassirte, sanft gebogene Plätze hat — weiter hinauf verfolgt, so wird man auf der Höhe durch eine der schönsten Aussichten überrascht. Auf einem runden geebneten Platze — in dessen Mitte ein [57] Postament von hohen säulenähnlichen Birken umkreist wird — sieht man in ein fruchtbares weites Wiesenthal herab, das auf der einen Seite von angebauten Hügeln umgeben, und von der andern Seite durch die Hoflage und einige Theile des Parks begränzt wird, — besonders aber auch in eine so romantisch wilde Kluft, als ich sie je gesehen, wo Eichenbäume in den kühnsten Haltungen über Abgründen schweben, und unter dem frischen Laube von Haselsträuchen eine Quelle rieselt, deren Fall man auf dem Hügel wie ein leises Gebet der Natur vernimmt.

An einem der, um die Höhe herumstehenden, Birkenbäume windet sich die Inschrift:

„Aussicht in Gottes lachende weite Gefilde,
„Wie erweiterst, wie erhebst du das Herz.“

Dergleichen Inschriften, als Wegweiser der Gefühle, gefallen mir, im Ganzen genommen, nicht. Die Natur bedarf für den, der sie zu empfinden weiß, keines auf ihre deutlichen Worte hinweisenden Griffels, und für den, der sie nicht ohne diesen kennt, [58] ist ihre Sprache ohnehin ewig unverständlich. Indessen da, wo eine Inschrift sich gleichsam zufällig, z. B. an einem Altar, Grabmal, Tempel etc. in passender Beziehung findet, ist sie schon durch die Individualität, in der sie sich darstellt, interessant. Es schließen sich des Wanderers Empfindungen an diese fremden Gefühle an, weil er in ihnen die ganze Freyheit der seinigen nicht verliert. In einem Park besonders, der in allen seinen Theilen nichts Schöneres als die Natur und das Leben umfassen kann, die sich beyde nicht in Sentenzen, sondern in freyer Thätigkeit darstellen, wo dann in Bild oder Worten ein Mensch zum andern redet: „das fühlt’ ich, das dacht’ ich hier“ — da ist eine Inschrift gleichsam ein trauliches Gespräch mit einem vorübergegangenen Freunde, dessen Stimme noch, wie die der Syrinx, aus jedem leise erbebenden Rohre spricht. Nur bey solchen lauten Vorschriften, wie man sehr oft dergleichen antrift, wodurch der Wanderer die Anweisung, dieß oder jenes zu denken oder zu empfinden, erhält, da fühlt er sogleich die Censurfreyheit [59] seines Innern, und es läßt ein solches Staviator! ihn kalt und empfindungslos. —

Von der schönen Anhöhe führt ein Pfad durch einige Laubengänge in die Kluft hinunter, und theilt sich dann in mehrere kleinere Pfade, die nach verschiedenen Seiten hin zu einem rieselnden Bach, und über zierliche Brücken, nach allen Richtungen zu der gegenüberliegenden Anhöhe führen. In dem dunkelsten Gebüsch, zwischen hohen Eichenbäumen, leitet ein schmaler Gang zu einer Rasenbank, die von einer alten Eiche beschattet wird — die sich mit ihrem Stamme herüberbrüstet , als hätte dieser die mächtigen Arme über das Ruheplätzchen gebreitet, um den, der sich seinem Schatten anvertrauete, kräftig zu schützen.

Weiter herauf — im Anblick einer wild romantischen Partie, wo ein tiefes dunkles Thal sich an die, sich nebenan vorbeyziehende, Kluft schließt — stößt man auf einen Steinaltar mit der Inschrift: „Dem Unerforschten, Jehova, Zeus, Allvater.“ — Wahrlich! diese Gegend des Parks ist von der Natur zu einem Tempel des Unerforschlichen [60] bestimmt. Man sieht selbst rohe Leute, wenn sie in eine Kirche treten, wie unwillkürlich, den Huth ziehen. Auch hier, in diesem Heiligthume der Natur, möchte man den Huth ziehen. Unwillkührlich durchbebt die Ahnung eines höhern Wesens mit ergreifendem Schauer jeden, der es betritt. Am Altar, von hartem Stein, wird das menschliche Herz erweicht. Das emporgehobene Auge dringt, durch Schatten, zum Himmel und senkt sich wieder in den tiefsten Abgrund der Kluft — und klar tritt dem Wanderer die Deutung all' seines Wissens — wo auch die Höhe und Tiefe nur Schatten verschleiern, die kein Menschenauge durchdringt — vor die Seele.

Eine Eremitenhütte unter hohen, stark belaubten Bäumen, in einem einsamen Theile des Wäldchens, gewährt weiterhin eine neue Überraschung. Die ganze innere Verzierung derselben besteht in einem Ölgemälde, das eine büßende Magdalena vorstellt. Eine Bank nebst einem Tische, über welchem ein Krucifix hängt, macht das ganze Ameublement aus. Eine sehr zarte und feingefühlte [61] Idee fand ich hier dadurch ausgedrückt, daß auf dem Tische, neben einem Todtenkopfe, eine zerbrochene Antinous- Büste lehnte.

Wenn Kraft und Schönheit im höchsten Ideal in ihren Formen zerbrochen sind, dann bleiben die schreckenden Reste des Lebens im nackten Schädel nur noch übrig. Des reizendsten Daseyns gräßliche Unterlage ist immer der Tod, und die Wellenlinien der Schönheit selbst verbergen nur schwach die öden Klippen unter sich, die fürchterlich hervortreten, wenn die leichten Fluthen zerrinnen. Das ungefähr mag das schwermuthsvolle Gefühl desjenigen ausgesprochen haben, der hier die Trümmer des Daseyns mit den Trümmern seines Schmuckes paarte.

Ein Grabmal unweit der Einsiedeley, mit einem einfachen schwarzen Kreuz, und der Inschrift: „Nicht unbeweint von Edlen sey mein Grab“ — erhält die wehmuthsvolle Stimmung auf den dunkeln, einsamen Pfaden bis dahin, wo diese endlich lichter werden und in eine lachende Wiese auslaufen. [62] Hier war ein großes Zelt aufgeschlagen, dessen weiße Wände mit den grünen Umgebungen angenehm kontrastirten. Mehrere Sitze, die auf das sinnigste hier zwischen getheilten Eichenstämmen, dort im Gebüsch als Rasenbänke, angebracht sind, berühre ich nicht weiter, da sie nur, wenn man sie auf ihrem Platze sieht, durch ihre Lage interessiren. Ich führe den Leser lieber zu einem Blumenplatz, der in einer Umzäunung von grünem Laube liegt, in dessen Mitte sich ein antiker Altar erhebt.

Dieses Plätzchen ist bey der Anwesenheit der Frau Herzogin Dorothea von Kurland geschaffen worden, und wird daher der Dorotheenplatz genannt. Blumen, die Zierden der leblosen Natur, reden als stumme Buchstaben zum Herzen. Hier stehen sie, als wollten sie mit ihren frischen Blüthen die Stelle weihn, welche der Fuß der bewunderten Frau betrat, in der man die Fürstin in dem Weibe ehrt, und das Weib in der Fürstin bewundert.

Der Park hat außerdem noch manche liebliche Partie, die ich indeß, um nicht zu [63] weit von der Heerstraße abzukommen, mit Stillschweigen übergehe. Ich kehre zu jener zurück, bis zu dem antiken Thore, dessen ich vorhin erwähnte. Es führt, inwendig nach dem Gottesacker zu, die lettische Inschrift: „Hier ist der Schlummer süß.“ Mitten unter den Landbewohnern dieses Gutes — im Kreise ihrer Unterthanen, die sie zu beglücken strebte — schlummert auch die Frau Landräthin von Fircks, deren Andenken in den Herzen ihrer Familie und Freunde lange fortleben wird, dem Tage der Belohnung stiller häuslicher Tugenden entgegen. —



  1. Nach der Stolbergschen Übersetzung.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Possstation