MKL1888:Ostrowskij
[553] Ostrowskij, Alexander Nikolajewitsch, der namhafteste russ. dramatische Dichter der Neuzeit, geb. 30. März (a. St.) 1823 zu Moskau, besuchte die Moskauer Universität und erhielt dann eine Anstellung beim Moskauer Kammergericht. Dort fand er Gelegenheit, die Moskauer kaufmännische Welt, namentlich die national-russischen Kaufleute, die mit ihren Sitten, Traditionen und Anschauungen eine fast mittelalterliche Welt repräsentierten, genau kennen zu lernen. Die meisten seiner zahlreichen Stücke behandeln denn auch Konflikte mit dieser eigenartigen, von Kultur und Bildung noch wenig berührten engen Welt der russischen Kaufmannschaft. O. ist in einem [554] gewissen Grad auf dem Gebiet des russischen Lustspiel der Nachfolger Gogols, insofern auch er in vielen seiner Stücke die Unwissenheit und Roheit, ein Erbe der vorpetrinischen Zeit, vom Standpunkt einer höhern Weltanschauung geißelt. Sonst ist er aber ein Dichter von origineller Kraft, von reicher Phantasie, von achtungsvoller Gestaltungsgabe, der das russische Lustspiel um viele vollendete und lebenswahre Typen bereichert hat. Seine besten Stücke sind: „Gleich und gleich verträgt sich“ (1850), „Die arme Braut“ (1852), „Armut schändet nicht“ (1853), „Das Gewitter“ (Drama, 1859), „Die Mitgiftlose“ (1878) etc. Mit weniger Glück hat sich O. auf dem Gebiet der historischen Tragödie versucht; seine Stücke: „Dmitrij Ssamoswanetz i Wassilij Schuiskij“, „Wassilissa Melentjewa“ u. a. sind weiter nichts als dramatisierte Geschichte und haben nichts von dem großen Stil der echten historischen Tragödie. Er starb 2. Juni (a. St.) 1886 auf dem Gut Stschelykow im Gouvernement Kostroma. Seine gesammelten Werke erschienen in 10 Bänden (Petersb. 1887).