Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Manzōni“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 212213
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Manzōni. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 212–213. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Manz%C5%8Dni (Version vom 12.12.2023)

[212] Manzōni, 1) Alessandro, einer der größten neuern ital. Dichter, geb. 7. März 1785 zu Mailand aus einer gräflichen Familie, erhielt nach dem frühen Tod seines Vaters die erste Erziehung von seiner geistreichen Mutter, einer Tochter des berühmten Rechtsgelehrten Beccaria. Nachdem er seine Studien zu Mailand und Pavia vollendet, folgte er 1805 seiner Mutter nach Paris, wo dieselbe schon seit mehreren Jahren lebte, und erhielt dort Zutritt zu den Kreisen, in welchen sich die letzten Vertreter der Philosophie des 18. Jahrh. bewegten. Sein erster poetischer Versuch waren seine „Versi sciolti“ (Par. 1806) auf den Tod seines väterlichen Freundes Carlo Imbonati, die sich jedoch weniger durch die Form als durch jenen Adel der Gesinnung auszeichneten, der einen Grundzug in Manzonis Charakter bildete. Zu derselben Zeit entwarf er auch einen Plan zu einem epischen Gedicht, welches die Gründung Venedigs zum Gegenstand haben sollte, aber nicht zur Ausführung gekommen ist. Sein nächstes poetisches Erzeugnis: „Urania“ (1807), war von geringer Bedeutung und fand wenig Beachtung. Bis dahin ein Anhänger Voltairescher Grundsätze in der Religion, wandelte er nach seiner Verheiratung mit Luise Blondel, der Tochter eines Genfer Bankiers, allmählich seine religiösen Ansichten um und bekannte sich schließlich (etwa seit 1810) zu jenem gläubigen Katholizismus, dem er sein ganzes Leben lang treu blieb. Eine Frucht dieses Umschwungs waren seine „Inni sacri“ (1810), mit welchen er einen ganz neuen Ton in der italienischen religiösen Lyrik anschlug, und die zu den schönsten Produkten derselben gehören, zu der damals in Italien herrschenden Richtung aber im Gegensatz standen und daher auch mancherlei Angriffe erfuhren. Seinen Eifer für den katholischen Glauben bethätigte er auch durch seine gegen Sismondis Angriffe auf die katholische Moral gerichteten „Osservazioni sulla morale cattolica“ (Mail. 1819, Flor. 1835; deutsch von Anspach, Köln 1835). Wie in der Lyrik, so betrat M. auch im Drama einen neuen Weg. In seinen Trauerspielen: „Il conte di Carmagnola“ (1819) und „Adelchi“ (1822; deutsch von Schlosser, Heidelb. 1856) durchbrach er zuerst die starren Formen der französischen Schule und stellte die ersten Muster eines nationalen Dramas auf. Beide Stücke zeichnen sich durch ihre edle, gedankenreiche und harmonische Sprache aus; besonders sind die eingelegten, ganz lyrisch gehaltenen Chöre von großer Schönheit. Allgemeine Bewunderung erregte Manzonis Ode auf Napoleons I. Tod: „Il cinque Maggio“ (1823), das schönste Erzeugnis seiner lyrischen Muse, welches alle ähnlichen der Franzosen weit übertraf und ihn zum Lieblingsdichter seiner Nation machte. Den ausgebreitetsten Ruhm aber verschaffte ihm sein Roman „I promessi sposi, storia milanese del secolo XVII“ (Mail. 1825–26, 3 Bde.; Livorno 1827, 3 Bde., und an verschiedenen Orten nachgedruckt), überhaupt der erste italienische Roman im modernen Sinn des Wortes und gleich ausgezeichnet durch spannendes Interesse der Handlung wie durch die unvergleichliche Schilderung des italienischen Volkslebens im 17. Jahrh. und die Mannigfaltigkeit und Naturwahrheit der Charakterzeichnung. Das Buch wurde bald in alle gebildeten Sprachen übersetzt (ins Deutsche von Bülow, Leßmann, Clarus, Kaden; recht gelungen von E. Schröder, Hildburgh. 1867) und überall mit dem lebhaftesten Beifall aufgenommen. In der 3. Auflage erschien das Werk (Mail. 1842, 3 Bde.) in der Sprache mehrfach verändert und mit einem Anhang: „Storia della colonna infame“, versehen, einer strengen Prüfung und Verurteilung des gegen die angeblichen Urheber der Pest zu Mailand im 17. Jahrh. angestellten Kriminalverfahrens. Seit dieser Zeit lebte M., seit 1837 zum zweitenmal verheiratet, in stiller Zurückgezogenheit im Schoße seiner Familie. Trotz seines strengen Katholizismus von warmer Begeisterung für ein einiges Italien erfüllt, folgte er der politischen Bewegung mit lebhaftem Interesse und begrüßte die Ereignisse von 1859 mit aufrichtiger Freude. Er nahm daher auch 1860 die Ernennung zum Senator des Königreichs an, wogegen er früher der österreichischen Regierung das Dekret, welches ihn zum Mitglied der lombardisch-venezianischen Regierung ernannte, zurückgesandt hatte. In dem letzten Jahrzehnt beschäftigte ihn vorzugsweise die Frage der sprachlichen Einheit Italiens, und er [213] trat in einer Reihe von Aufsätzen mit Entschiedenheit für die Vorherrschaft des toscanischen Dialekts ein. Von ganz Italien tief betrauert, starb M. 22. Mai 1873. Eine Sammlung seiner „Opere“ gab Tommaseo mit kritischen Anmerkungen heraus (Flor. 1828–29, 5 Bde.; nachgedruckt, Par. 1843). Neuerlich erschien noch: „Del trionfo della libertà. Poema inedito“ (Ver. 1877). „Opere inedite o rare“ gab Bonghi (mit Biographie, Mail. 1883 ff., 9 Bde.), seinen Briefwechsel G. Sforza (das. 1882 ff., 3 Bde.) heraus. Vgl. Sauer, A. M. (Prag 1872); Fenini, M. und Guerrazzi (Mail. 1875); De Gubernatis, Alessandro M. (Flor. 1879); Graf Stampa, Aless. M., la sua famiglia, i suoi amici (Mail. 1885); Vismara, Bibliografia Manzoniana (das. 1875).

2) Renzo, ital. Reisender, ein Enkel des vorigen, versuchte 1877 und 1878 vergeblich, von Sana (Jemen) nach dem Innern oder nach Hadramaut vorzudringen, machte dann einen ebenfalls mißlungenen Versuch, von Berbera aus das Innere der Somalhalbinsel zu erforschen, und kehrte 1880 über Aden, Sana und Hodeida nach Europa zurück. Seine Reiseberichte erschienen gesammelt unter dem Titel: „El Yemen ; tre anni nell’ Arabia felice“ (Rom 1885).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 551
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[551] Manzoni, Alessandro, ital. Dichter. Aus seinem Nachlaß gab Bonghi heraus „La rivoluzione francese del 1789 e la rivoluzione italiana del 1859“ (Mail. 1889).