Kurze Geschichte gräßlicher Mordthaten, welche im Dorfe Beuel, Bonn gegenüber, den 3. Juli und 10. September durch den Schuster Adolph Moll verübt worden sind

Textdaten
Autor: Anonymus
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Titel: Kurze Geschichte gräßlicher Mordthaten, welche im Dorfe Beuel, Bonn gegenüber, den 3. Juli und 10. September durch den Schuster Adolph Moll verübt worden sind
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Entstehungsdatum: [1824]
Erscheinungsdatum: [ca. 1824]
Verlag: [o. V.]
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Erscheinungsort: [o. O.]
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Quelle: Commons = SB Berlin
Kurzbeschreibung: Gedicht und Sachbericht über die Morde des Adolph Moll um 1822 in Beuel (heute Teil von Bonn)
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[1]
Kurze Geschichte
gräßlicher Mordthaten,

welche
im Dorfe Beuel, Bonn gegenüber,
den
3. Juli und 10. September
durch den Schuster
Adolph Moll
verübt worden sind.


Wer sich der Sünde Netz vertraut,
Und ihrem Reize fröhnet,
Der freyet eine Höllenbraut,
Und wird mit Tod gelöhnet;
Zu Schand’ und Lastern eilt er fort,
Und schließt den Lebenslauf mit Mord.

So ward unlängst bey Bonn am Rhein
Ein Mensch des Teufels Beute:
Geblendet von dem falschen Schein
Der Wollust, die ihn freute,
Erwuchs ihm aus dem Mutterschooß
Der Saame auf zum schwarzen Loos.

[2]

Er kann’s nicht tragen, – sterben muß
Die Mutter mit den Söhnen;
Des Bösen glüh’nder Weibekuß
Verscheucht ihm Angst und Thränen.
Und als der Frevel abgethan,
Fängt er von vorne wieder an.

Der Waffenbruder wohl versehn
Mit Geld, kommt hergezogen;
Den läßt er nicht von dannen gehn,
Und zeigt sich ihm gewogen, –
Beherbergt ihn die ganze Nacht
So treu, daß – niemals er erwacht.

Doch bald erspäht des Wandrers Freund,
Vom Weibe angetrieben,
Die bange nach dem Gatten weint,
Den Ort, wo er geblieben.
Denn was der Mensch im Dunkel flicht,
Muß einst hervor ans Sonnenlicht.

Und in der Tiefe findet man
Die Mutter mit den Kindern,
Und Grausen packt die Späher an;
Doch kann sie dies nicht hindern.
Rastlos zu scharren bis zum Ort,
Wo sich ergab der andere Mord.

[3]

Nun ist’s am Tage: gleich gesteht
Der Mörder seine Greuel,
Vom Rächerschwerdt wird bald gemäht
Der Adolph Moll von Beuel;
Dann wartet sein das Hochgericht,
Wo Gottes Mund das Urtheil spricht.

Die Fleischeslust hat ihn bethört
Und eingeweiht zur Hölle.
Wer einmal zu dem Bösen schwört,
Der wird sein Spießgeselle;
Ergreift er euch bei einem Haar,
Seyd ihr sein eigen ganz und gar.

Drum, Brüder, traut der Sünde nicht,
Verschmäht die süßen Früchte!
Wer den verbotenen Apfel bricht,
Reift schnell zum Strafgerichte;
Zu Schand’ und Lastern eilt er fort,
Und schließt den Lebenslauf mit Mord.

[4]
Geschichte.

Schon seit mehreren Monaten vermißte man zu Beuel (ein auf der andern Rheinseite Bonn gegenüberliegendes Dorf) die Stiefmutter und den Bruder des Schuhmacher Moll. Man hielt den Moll in Verdacht einer Ermordung – stellte Nachsuchungen und Nachgrabungen im Hause und Garten an – aber vergeblich – es fand sich nichts, das den Verdacht begründete.

In den Tagen des Pützches-Marktes kam ein Freund des Moll, ein Kleidermacher aus Köln, Namens Ochsler, nach Beuel, um jenen gelegentlich zu besuchen. Sie hatten früher bei der 1sten Kompagnie im 28. Königl. Preußischen Infanterie-Regiment gestanden, auf einem Zimmer gelegen, sich nach der Zeit ihrer Entlassung mehrere Male gesehen, und beide Theile legten ihre Freude an den Tag, mit einander einige Stunden verbringen zu können. „Du mußt heute bei mir schlafen“, sagte Moll, „ich mache Dir eine Streu.“ – Sein Freund nahm dieses freundschaftliche Anerbieten an – es wurde noch ein Glas Branntwein getrunken – und man legte sich zu Bette.

Der Geselle des Moll, der mit ihm in dem nämlichen Häuschen schlief, fand am andern Morgen seinen Meister schon aufgestanden, und die Streu leer. Der Freund – hieß es – sey schon [5] weiter gegangen. Niemand dachte etwas Arges – als an den Bürgermeister die Anzeige kam, der Kleidermacher Ochsler aus Köln sey auf einer Reise nach den Pützches-Markt vermißt, und ihm zugleich angedeutet, daß er bey dem Moll geschlafen habe. Das Signalement, so wie die Bekleidung, Uhr und Pfeife wurden genau angegeben, und noch hinzugefügt, daß derselbe 60 Thaler Preuß. Courant bei sich gehabt habe, um Leinwand zu kaufen.

Dieser Moll, der schon durch die frühern Ereignisse verdächtig war, wurde hierauf verhaftet, wußte aber zu entlaufen, und würde glücklich dem ihm Nachsetzenden entwischt seyn, wenn nicht gerade ein Knecht auf dem Felde sein Pferd bestiegen und ihn eingeholt hätte. Er wurde hierauf gestern, den 18. September, in das Stadt-Bönnische Gefängniß gebracht.

Bei der Haussuchung fand man sogleich die Kleider und die Pfeife des Ermordeten; in beiden hatte sich Moll auf dem Tanzsaal in Beuel gezeigt; auch die Uhr kam zum Vorschein, sie war von Moll einem Schiffer auf die Probe gegeben worden.

Als man den Moll fragte, wie er zu diesen Sachen gekommen sey, erwiederte er: daß er sie von einer Frau gekauft habe, und weiter nichts davon wisse. Es wurde jetzt im Hause und Garten nachgegraben, da fanden sie dann im letztern [6] die Ueberreste der vermißten Mutter und des Bruders, und zugleich der Verdacht gegründet, daß die Mutter schwanger – und wahrscheinlich von ihrem Stiefsohne – gewesen sey; das Daseyn des ungebornen Kindes ging unläugbar hervor. In der Arbeitsstube des Moll wurden die Bretter des Fußbodens aufgenommen, und der Leichnam des Ochslers kam, ohne viele Mühe, zum Vorschein.

Diesen Morgen, den 19. September, wurde der Arrestant gebunden unter sicherer Bedeckung von hier an Ort und Stelle gebracht, wo die Leichname lagen. Eine zahllose Menge Menschen war versammelt, um den Verbrecher zu sehen, der ziemlich trotzig einherschritt, und sich keineswegs scheute, die Umstehenden anzublicken. Seine Phisiognomie kann nicht zu den offenen gezählt werden, doch liegt nichts darin, was das schreckliche Ungeheuer bezeichnete. Er ist 25 Jahre alt, gut gewachsen und hat militärischen Anstand. Angekommen in der Wohnung, wurde er gefragt, ob er den todten Leichnam kenne? Er erwiederte[:] „das sey der Schneider Ochsler aus Kölln“ und fügte hinzu: „Er habe mit ihm Streit bekommen und einen Schlag mit einem Leisten gegeben, worauf er sogleich todt zu Boden gefallen sey. Die gefundenen Halswunden, so wie de[r] furchtbare Schlag auf dem Kopfe, der die ganz[e] Hirnschale zersprengt hatte, niederlegten sein Geständniß. Als man ihn zu den Cadavern seine[r] Mutter, Bruder und Kindes führte, wollte e[r] [7] von diesen nichts wissen. Seine Roheit ging so weit, daß er Pflaumen und Brod bei diesem Auftritt aß. So war der Vormittag vergangen. Nachmittags schien sich in die Tigerseele ein lichter Strahl zu sinken; er fühlte sich durch das Zureden, die Ermahnungen und den furchtbaren Anblick gerührt – bethete ein Vater Unser – und gestand sowohl seinen Freund, als Mutter, Bruder und Kind ermordet zu haben. Dies Geständniß ist, obgleich durch Thatsachen erwiesen, um so erwünschter, da daraus hervorgeht, daß niemand anders an dem Morde Theil genommen hat.

Kann der Mensch tiefer sinken? – Der verruchte Bösewicht sah täglich das Grab seiner nächsten Verwandten, die er erschlagen, vor Augen, und wurde nicht gerührt! – Er zog die Kleider des ermordeten Freundes an, und machte im Tanzsaale sich lustig! Er arbeitete und schlief in der nämlichen Stube, wo der erschlagene Freund verscharret lag.

Wäre es dieser mordsüchtigen Hyäne geglückt, zu entwischen, was würde er noch begangen haben, um seine Flucht zu decken und sein Leben zu sichern! Allein die alwaltende Vorsicht, langmüthig, aber gerecht, setzte seiner Bosheit ein Ziel, und überlieferte ihn der Gerechtigkeit, von welcher er, kurz oder lang, seine schon längst verdiente Strafe erhalten wird!

Das Haus wurde niedergerissen und an dessen [8] Stelle ein Kreuz zur steten Erinnerung hingesetzt.

Der Mörder äußerte sich noch im letzten Augenblicke vor seiner Hinrichtung, daß ihm noch etwas auf dem Herzen liege, was er noch nicht entdeckt hätte; nämlich: daß er bei der ersten Mordthat seinen alten Vater erwürgt habe, wo ihm das Blut auf das Entsetzlichste aus dem Mund und Nase geflossen sey; mit der Bemerkung: daß ihm ein schneller Blutsturz überfallen habe. Er wurde hierauf durchs Schwerdt hingerichtet und dessen Kopf aufs Rad gesetzt.




Gedruckt in diesem Jahr.