Instruktion über die Zusammensetzung und den Geschäftsbetrieb der Sachverständigen-Vereine

Gesetzestext
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Titel: Instruktion über die Zusammensetzung und den Geschäftsbetrieb der Sachverständigen-Vereine.
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Geltungsbereich:
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes Band 1870, Nr. 50, Seite 621 - 624
Fassung vom: 12. Dezember 1870
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 16. Dezember 1870
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(Nr. 592.) Instruktion über die Zusammensetzung und den Geschäftsbetrieb der Sachverständigen-Vereine. Vom 12. Dezember 1870.

In Gemäßheit der §§. 31. und 49. des Gesetzes vom 11. Juni 1870., betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken u. s. w. (Bundesgesetzbl. S. 389.), welche lauten:

§. 31. Bearbeiten

„In allen Staaten des Norddeutschen Bundes sollen aus Gelehrten, Schriftstellern und anderen geeigneten Personen Sachverständigen-Vereine gebildet werden, welche auf Erfordern des Richters Gutachten über die an sie gerichteten Fragen abzugeben verpflichtet sind. Es bleibt den einzelnen Staaten überlassen, sich zu diesem Behufe an andere Staaten des Norddeutschen Bundes anzuschließen oder auch mit denselben sich zur Bildung gemeinschaftlicher Sachverständigen-Vereine zu verbinden.
Die Sachverständigen-Vereine sind befugt, auf Anrufen der Betheiligten über streitige Entschädigungsansprüche und die Einziehung nach Maaßgabe der §§. 18. bis 21. als Schiedsrichter zu verhandeln und zu entscheiden.
Das Bundeskanzler-Amt erläßt die Instruktion über die Zusammensetzung und den Geschäftsbetrieb der Sachverständigen-Vereine.“

§. 49. Bearbeiten

„Die Sachverständigen-Vereine, welche nach Maaßgabe des §. 31. Gutachten über den Nachdruck musikalischer Kompositionen abzugeben haben, sollen aus Komponisten, Musitverständigen und Musikalienhändlern bestehen.“ [622]

wird über die Zusammensetzung und den Geschäftsbetrieb der Sachverständigen-Vereine Folgendes bestimmt:

§. 1. Bearbeiten

Die Sachverständigen-Vereine sind entweder
a) literarische
oder
b) musikalische
Sachverständigen-Vereine. In keinem Staate des Norddeutschen Bundes darf mehr als ein literarischer und ein musikalischer Sachverständigen-Verein bestehen.

§. 2. Bearbeiten

Jeder Verein besteht aus sieben Mitgliedern, einschließlich des Vorsitzenden. Für den Fall der Verhinderung einzelner Mitglieder wird eine Anzahl Stellvertreter ernannt.

§. 3. Bearbeiten

Die Ernennung der Mitglieder und Stellvertreter erfolgt durch die zuständige Centralbehörde, welche auch den Vorsitzenden und dessen Stellvertreter aus der Zahl der Vereinsmitglieder bestimmt. Die Mitglieder und Stellvertreter werden als Sachverständige ein für alle Mal gerichtlich vereidet.

§. 4. Bearbeiten

Der literarische Sachverständigen-Verein ist berufen, auf Erfordern der Gerichte Gutachten über technische Fragen abzugeben, von welchen
a) der Thatbestand des Nachdrucks von Schriftwerken oder Abbildungen (§§. 1. ff., §§. 43. und 44. des Gesetzes vom 11. Juni 1870.)
oder
b) der Thatbestand der unerlaubten Aufführung eines dramatischen Werkes (§§. 50. ff. a. a. O.)
oder
c) der Betrag des durch den Nachdruck oder die unerlaubte Aufführung entstandenen Schadens, beziehungsweise der Bereicherung
abhängt.
Ein Mitglied des Vereins muß als Zeichner, Kupferstecher etc. mit der Anfertigung der im §. 43. des Gesetzes vom 11. Juni 1870. erwähnten Zeichnungen und Abbildungen vertraut sein.

§. 5. Bearbeiten

Der musikalische Sachverständigen-Verein ist berufen, auf Erfordern der Gerichte Gutachten über technische Fragen abzugeben, von welchen
a) der Thatbestand des Nachdrucks von musikalischen Kompositionen (§§. 45. ff. a. a. O.) [623]
b) der Thatbestand der unerlaubten Aufführung eines musikalischen oder dramatisch-musikalischen Werkes (§§. 50. ff. a. a. O.)
oder
c) der Betrag des durch den Nachdruck oder die unerlaubte Aufführung entstandenen Schadens, beziehungsweise der Bereicherung
abhängt.

§. 6. Bearbeiten

Das verlangte Gutachten hat der Verein nur dann abzugeben, wenn ihm zuvor von dem requirirenden Gerichte übersendet sind:
1) die gerichtlichen Akten,
2) eine aktenmäßige Darstellung des Sach- und Streitverhältnisses, in welcher zugleich die zu begutachtenden Fragen einzeln aufgeführt sind, unter Beifügung der Angabe, ob und eventuell welche Erklärung von den Parteien über jene Darstellung abgegeben oder aus welchen Gründen die Abgabe solcher Erklärung unterblieben ist,
3) die zu vergleichenden Gegenstände, deren Identität durch Anhängung des Gerichtssiegels oder auf andere Art außer Zweifel gestellt und gegen Verwechselung gesichert ist.
Die Darstellung zu 2. verbleibt bei den Akten des Vereins.

§. 7. Bearbeiten

Sobald der Antrag auf Erstattung eines Gutachtens von Seiten des Vereins an den Vorsitzenden desselben gelangt ist, ernennt der letztere zwei Mitglieder zu Referenten, welche unabhängig von einander ihre Meinung schriftlich abzugeben und in einer demnächst anzuberaumenden Sitzung des Vereins vorzutragen haben. Nach stattgehabter Berathung erfolgt durch Stimmenmehrheit der Beschluß. Bei Stimmengleichheit giebt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
Handelt es sich um den Nachdruck einer Zeichnung oder Abbildung (§. 43. des Gesetzes vom 11. Juni 1870.), so muß einer der beiden Referenten als Zeichner, Kupferstecher etc. mit der Anfertigung der betreffenden Zeichnungen oder Abbildungen vertraut sein.

§. 8. Bearbeiten

Zur Fassung eines gültigen Beschlusses ist die Anwesenheit von wenigstens fünf Mitgliedern, einschließlich des Vorsitzenden und der etwa zugezogenen Stellvertreter, erforderlich. Mehr als sieben Mitglieder dürfen an dem Beschlusse nicht Theil nehmen.

§. 9. Bearbeiten

Nach Maaßgabe des gefaßten Beschlusses wird das Gutachten ausgefertigt, von den bei der Beschlußfassung anwesend gewesenen Mitgliedern des Vereins unterschrieben und mit dem dem Vereine zu überweisenden Siegel untersiegelt. Die etwaige Verwendung von Stempeln zu dem Gutachten richtet sich nach den Gesetzen der einzelnen Bundesstaaten. [624]

§. 10. Bearbeiten

Der Verein ist befugt, an Gebühren für das Gutachten zehn bis Einhundert Thaler zu liquidiren, welche vom requirirenden Gerichte sofort nach Eingang des Gutachtens dem Vorsitzenden des Vereins kostenfrei übersandt werden.

§. 11. Bearbeiten

Wenn die betheiligten Parteien in Gemäßheit des §. 31. Absatz 2. des Gesetzes vom 11. Juni 1870. einen Sachverständigen-Verein als Schiedsrichter anzurufen beabsichtigen, so haben sie ihre desfallsigen Anträge in beglaubigter Form an den Verein gelangen zu lassen.
Die in den §§. 6. bis 10. enthaltenen Bestimmungen kommen auch in diesem Falle analog in Anwendung.
Berlin, den 12. Dezember 1870.
Das Bundeskanzler-Amt.

In Vertretung:
Delbrück.