Historisch-Politisch-Geographischer Atlas der gantzen Welt:Gemünd, Gemünt, oder Gmünd, Gminda und Gemünde

Historisch-Politisch-Geographischer Atlas der gantzen Welt
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[Gemünd oder Gemünt]

Band: 5 (1746), Spalte: 266–268 (Quelle).

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[266] Gemünd, Gemünt, oder Gmünd, Gminda, und Gemünde, eine Reichs-Stadt in Schwaben, am Ende des Rheimser-Thales, nicht weit von dem berühmten Kloster Lorch, und dem alten Schlosse Hohenstauffen gelegen. Den Nahmen mag sie wohl von dem deutschen Worte Gmund haben, welches ehemahls so viel geheissen, als Ostium Fluminis, ein Ausfluß oder die Mündung eines Flusses; wie denn Gemünd eben in der Gegend liegt, wo sich viel Bäche in die Rheims ergiessen. Crusius (a) will den Nahmen aus dem Lateinischen herführen, und saget, Gemund oder Gamunda sey so viel, als Gaudium Mundi, eine Freude der Welt; da er auch eine andere Erzehlung anführet, als habe des Kaysers Friderici Gemahlin einsmahls ihren Trau-Ring verlohren, da denn der Kayser gelobet, allda, wo der Ring gefunden würde, eine Stadt zu bauen, welches an diesem Orte geschehen, worauf er diese Stadt erbauet, und sie Gamunda genennet, welches so viel seyn soll, als Gaude Munde, freue dich, Welt. Zuvor hat Gemünde, welches zum Unterschied derer andern gleiches Nahmens Schwäbisch-Gemünd genennet wird, Kayserreuth, oder Kayser Gereut geheissen, vielleicht daher, daß die Kayser daselbst die Wildnisse ausreuten, und eine Stadt anlegen lassen. Wegen der Menge des Wildes ist sie ehedessen der Thier-Garten genennet worden, wovon der über den Marckt fliessende Bach noch immer Thierreich heisset. Crusius (b) hat in einem Mst. gefunden, daß Lindach, ein nicht weit von Gemünd gelegenes Schloß, im Jahre 15. erbauet worden, woraus er schliesset, daß um selbige Zeit Gemünd schon wenigstens ein Flecken müsse gewesen seyn; da hingegen nach Reusnero (c) der Ort um das Jahr 894. aufgekommen seyn soll. Er ist aber nicht, als um das Jahr 1090, oder 1110, zu denen Zeiten Friedrichs des Aeltern, und Friedrichs des Einäugigen, Hertzogs von Schwaben, aus dem Hohenstauffischem Geschlechte, recht bekannt worden. Dieser Letztere soll sie mit einer Mauer umgeben haben, wie sie denn eine Municipal-Stadt derer Hertzoge von Schwaben damahls gewesen, welche sie auch mit vielen Privilegiis und dem Stadt-Rechte begnadiget. Nachdem aber die Hohenstauffische Familie mit Conradino zu Ende gieng; und deren Stadt Gemünd bey dem Interregno ihren Vortheil abgesehen, und sich in die Reichs-Freyheit gesetzet, worinnen sie sich auch bis hieher erhalten. Ihre Einwohner haben zu denen Zeiten derer Fehden in Deutschland in ziemlichem Ansehen gestanden; so, daß die Marggrafen von Baden, Hertzoge von Bayern, und Grafen von Würtemberg, sie zum öfftern in ihre Bündnisse mit aufgemommen. So haben sie auch, nebst andern Schwäbischen Reichs-Städten, gemeiniglich in dem Land-Frieden und Schwäbischen Bunde gestanden. Besonders aber ist von dieser Stadt zu mercken, daß im Jahre 1175. Heinrich der Löwe vom Kayser Friderico I. allhier in die Acht erkläret worden. In alten Zeiten sollen hier viel Turniere gehalten worden seyn, wovon der Schüß-Graben, [267-268] oder der Turnier-Graben, unter dem Augustiner-Kloster noch den Nahmen hat. Das Regiment daselbst bestehet in dem Rathe, welches das Volck aus seinem Mittel erwehlet, nachdem sie die Patritios vom Regimente vertrieben. Es geschahe solches sogleich, als die Stadt im Jahre 1248. nach dem zerfallenen Schwäbischen Hertzogthume ihre Freyheit ergriff. Denn da mochten wohl unter den vorigen Hertzogen die vom Adel und die Patritii das Regiment der Stadt an sich gebracht, und das Volck etwas über die Gebühr gedrückt haben. Woraus endlich eine Aufruhr entstund; in welchem die um diese Gegend herum gelegenen Adelichen Schlösser Brageberg, Riederbach, Enzelsberg, Wolffsthal, zerstöhret, und deren Besitzer, so damahls die Regierung noch in Händen hatten, ihres angemaßten Rechts zum Regiment beraubet wurden. Zu ihren Austrag-Richtern sind von Friderico IV. im Jahre 1475, nebst ihrem Reichs-Schultheissen, vier oder sechs Rathsherren aus Ulm, Eßlingen, Holde, Dünckelspiel, Nördlingen und Bopfingen gesetzt worden, welches Privilegium im Jahre 1609. bey der Kammer zu Speyer insinuret, und von derselben angenommen worden. Im Jahre 1546. ward die Stadt von denen Protestirenden belagert und erobert, und das Kloster Goltes-Cell abgebrannt. In dem 30 jährigen Kriege haben sie die Schweden unterschiedene mahl im Besitz gehabt, und im Spanischen Successions-Kriege muste sie im Jahre 1703, nachdem ein Theil Kreiß-Truppen unter dem General Janus im Rheimser-Thal geschlagen worden, denen Frantzosen die Schlüssel entgegen bringen. Im Jahr 1630. wurde von dem Kayser der Stadt befohlen, daß sie wegen derer Güter Borgen, Weiler in Bergen, und den Trendelhoff zu der Ritterschafft steuern sollte. Das Faßzieher- und Schultheissen-Amt allda, wie auch der Bann über das Blut zu richten, sind Reichs-Lehen, welche von Fällen zu Fällen erneuert werden. Im Jahre 1701. erregte die Bürgerschafft allda einen Tumult, und wollte den Burgermeister Storren umbringen, dahero der Kayser ihnen bey Leib- und Lebens-Straffe alle Thätlichkeiten untersagte. Es gab auch hernach immer Händel zwischen dem Magistrat und der Bürgerschafft, und wurde eine Commission nach der andern erkannt, auch den 14. Octobr. im Jahre 1726. dem Magistrat zu Schwäbisch-Gemünd rescribiret, denen damahls auf das neue bey dem Reichs-Hofrathe klagbar eingekommenen Supplicanten der an Ihro Kayserl. Majest. genommenen Recours in keinerley Wege noch Weise in Unguten entgelten zu lassen, weniger gegen dieselbe etwas thätliches oder sonst beschwerliches bey Vermeidung Kayserlicher Ungnade zu verhängen. Ubrigens hat die Stadt nicht viel Nahrung, weil sie ausser dem Wege gelegen, und keine rechte Strasse dahin gehet, ihr Ackerbau taugt über dieses auch nicht viel. Dahero die Einwohner ihr Brodt mit Baumwollenen Strümpfen und kleiner Silber-Arbeit erwerben. Wie denn wohl über etliche hundert Gold-Schmiede darinnen wohnen, welche solche Arbeit um wenigen Verdienst verfertigen, aber auch Silber von einem gar geringen Halt darzu gebrauchen. Vor diesem haben sie mit Pater Nostern und beinernen Corallen, welche sie weit verführet, gehandelt, welches sie in denen damahligen Zeiten wohl genähret. Zuletzt ist noch zu mercken, daß sie von Ulm und Halle jährlich etwas unter dem Nahmen einer Reichs-Steuer zu fordern haben, davon den Ursprung Knipschild (d) also erzehlet. Im Jahre 1415. hat Kayser Sigismundus Conrado von Weinsperg mit Bewilligung derer Churfürsten die Reichs-Steuer zu Halle und Ulm versetzt. Als aber derselbe im Jahre 1430. in des Kaysers Ungnade verfiel, und zu Nürnberg um 30000. F. gestrafft worden, haben einige Städte sich seiner angenommen, und das Geld vor ihn bezahlet, wovor er ihnen die Steuer von Ulm und Halles versetzet, welche sie auch [268] noch heben. Endlich von der Stadt an sich selbst noch etwas zu gedencken; so hat sie doppelte Mauern und Gräben, und ist nach alter Art in ziemlich gutem Stande. Die Gebäude aber sind schlecht, jedoch ist das Münster oder die Kirche zum Heil. Creutz desto kostbarer und massiver, davon der erste Stiffter Henrich von Schöneck, der 44. Bischoff zu Augspurg, der im Jahre 1368. allda gestorben, gewesen. Im Jahre 1497. sind an derselben die 2. Thürme eingefallen; doch ist das andere noch in gutem Stande. Ausser dieser Haupt-Kirche sind noch die Kirche zu Unsrer lieben Frauen, St. Johann, St. Veit, St. Sebald, St. Michael, die Capelle S. Nicolai,, die Capelle St. Georgens, eine Spital-Kirche, und ein Augustiner ein Dominicaner- und ein Barfüsser-Kloster, ingleichen ein Nonnen-Convent, so derer Krancken pflegen, und ausserhalb der Stadt ein verschlossenes Nonnen-Kloster, von mehr als hundert Nonnen. Die gantze Stadt ist Catholisch. Ihr Gebiete stößt an das Hertzogthum Würtemberg; und es gehören mehr nicht, als zwölff Dörffer, darzu. Mit dem Hertzoge zu Würtemberg hat sie öffters zu streiten, der auch einmahl zwey Bürger, so ihm ins Gehege gegangen, todt schiessen lassen. Vor diesem stund diese Stadt unter dem Abt zu Lorch. Ihr Wappen ist ein springendes silbernes Einhorn im rothen Felde. Der Reichs-Anschlag ist monathlich 3. zu Roß, und 5. zu Fuß, oder am Gelde 176. in 60. Monathen 10560. zur Unterhaltung des Kammer-Gerichtes 75. und 125. Fl. Univ. Lex. Vollst. Geogr. Lex. Hübn. Geogr. III. Th. Allgem. Hist. Lex.

(a) Schwäb. Chron. II. Th. IX. B. c. 4. pag. 521.
(b) l. c. III. B. 3. c.
(c)[1] de Urb. Imp. P. II, 15.
(d) de Jur. Civit. III. 17.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. (b) Vorlage

Siehe auch Schwäbisch Gmünd