Fünf Festreden der Gesellschaft für innere Mission/Über die Wirksamkeit der Gesellschaft durch Aussendung von Predigern und Lehrern

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Gesang.
Mel.: HErr JEsu Christ, dich zu uns wend etc.

Herr öffne mir die Herzensthür,
Zeuch mein Herz durch Dein Wort zu Dir,
Laß mich Dein Wort bewahren rein,
Laß mich Dein Kind und Erbe sein.




Zweiter Vortrag
über die
Wirksamkeit der Gesellschaft
durch
Aussendung von Predigern und Lehrern,
gehalten von
Pfarrer Stirner
in Fürth.


 Geliebte Brüder und Freunde!

 Der erste Arbeitskreis, über den ich zu berichten habe, ist nicht bloß der Zahl nach der erste, sondern auch der wichtigste, da er die Wahrung und Verwaltung der reinen Lehre als Grundlage aller Seelsorge zur Aufgabe hat. Ohne Gottes Wort wird nichts. Ohne Predigt kein Glaube, ohne Glaube keine Liebe. Ohne rechten Glauben keine rechte Liebe. Denn so sagt uns St. Paulus Röm. 10, 13–15.: Wer den Namen des HErrn wird anrufen, der wird selig werden. Wie sollen sie aber anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören, ohne Prediger? Wie sollen sie aber predigen, wo sie| nicht gesandt werden? – Wollen wir also Menschen selig machen helfen, müßen wir predigen, und Prediger senden. Wie wirs mit der Aussendung der Prediger machen und bisher gemacht haben, ist nun mitzutheilen. Vorher aber ist ein Rückblick nöthig, da die Anfänge dieser Thätigkeit weit über der im vorigen Jahr geschehenen Gründung der Gesellschaft zurückliegen. Wie das ganze nach 4 Arbeitskreisen abgetheilte Gebiet der innern Mission, so ist auch dieser Arbeitskreis schon längst von einzelnen unserer Brüder bebaut worden, ehe soviel von innerer Mission geredet wurde.
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 Die Noth der deutschen Lutheraner in Nordamerika, welche 1842 Pastor Wyneken mit scharfen Zügen und liebender Seele uns vor Augen führte, war in unsrer Gegend zuerst den lieben Brüdern Löhe und Wucherer zu Herzen gegangen und hatte sie zu Versuchen geeigneter Abhilfe im stillen Kreise und nach dem Maße der Gabe, die der HErr darreichte, veranlaßt. Das stand sogleich fest, daß hier nicht durch Geld allein, ja am wenigsten, sondern durch geeignete Leute geholfen werden müße, die als die Boten der rechten reinen Lehre mit derselben wieder Samen neuen Lebens auf die erstorbenen und verwilderten Gefilde ausstreuen und die geängstigten, irrenden, aber für das Licht empfänglichen Seelen um den Leuchter des lautern Gotteswortes sammeln könnten. – Die Noth war ja groß; von Tausenden war die Rede, die ohne das Wort, ohne das Brot des Lebens sammt Weibern und Kindern im Leben, Leiden und Sterben dahinschmachten mußten. Hier mußte schnell geholfen werden, wenn nicht ganze Massen, die ursprünglich lutherisch, von Gott zur rechten Lehre berufen, in die Hände der Römischen, Methodisten fallen oder in unierten Gemeinden zuerst in Gleichgiltigkeit gegen die Wahrheit und allmählig auch gegen christliches Leben und Sitte gerathen sollten. Ach wenn damals aus den lutherischen Universitäten Schaaren von Evangelisten ausgegangen wären, um in den langen Jahren ihrer Wartezeit der lutherischen Kirche im Westen zu dienen; welche Freude wäre das gewesen für ein von jener| grenzenlosen Noth bewegtes Herz; wer hätte da noch nach andern Helfern aussehen, wer hätte da nicht unsere Universitäten als die rechten Pflanzschulen der allgemeinen lutherischen Kirche mit neuer Liebe segnen wollen! Aber sie waren nicht da. – Sollten Boten abgehen, so mußten es Freiwillige aus ungelehrtem Stande sein, die von der Liebe ihrer Kirche getrieben, ihre Gaben und Fähigkeiten und alles, was sie hatten, ihr zu Dienst stellten. Diesen mußte man aber auch entgegenkommen, um sie auf dem schnellsten und kürzesten Wege zu dem anzuleiten und zu unterweisen, was ihnen zur Predigt des Evangeliums und zur rechten Verwaltung der Sacramente nicht fehlen durfte. Zu solchem Liebesdienste erbot sich zuerst Bruder Löhe, der vom Jahr 1842 an bis 1846, in den lezten Jahren unter Beihilfe des Pfarrers Brock in Auernheim u. a., eine nicht geringe Anzahl junger Männer, meist aus dem Handwerksstande (theils mit gelehrter Vorbildung), den nothleidenden Brüdern zur Hilfe schickte, und bei dieser stillen Thätigkeit sichtlich vom Segen des HErrn begleitet war. Die Lutheraner in Amerika (die Sachsen) hatten wohl ein Seminar in Altenburg, bei St. Louis, aber theils fehlten die Leute, theils war der Bildungsgang zu langsam. Darum mußte ihnen geholfen werden; doch mislich war es, daß der Unterricht und die Ausbildung der diesseitigen Zöglinge nicht unter der Anschauung der dortigen Verhältnisse geschehen konnte, und es wurde deshalb von allen Freunden der deutsch-lutherischen Kirche in Nordamerika mit Freude und Dank gegen Gott begrüßt, als in Fort-Wayne am 10. October 1846 unter Leitung und Aufsicht des ehrwürdigen Pastors Dr. Sihler ein Seminar für Nothhelfer der lutherischen Kirche in Amerika eröffnet werden konnte (und zwar mit 11 Zöglingen, meist Franken, die von diesseits im Sommer 1846 abgiengen). Es konnte dem Seminar zu gleicher Zeit ein zweiter tüchtiger Lehrer in der Person des Candidaten, späterhin Pastor Wolter mit übers Meer gesendet und beigegeben werden, dessen erst vor nicht gar langer Zeit erfolgter Tod annoch schwer empfunden wird.
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|  Was über die Geschichte dieses Seminars, sowie überhaupt über die Angelegenheiten der lutherischen Kirche in Nordamerika zu berichten war, um in weiteren Kreisen Theilnahme für diese Sache zu erwecken, das wurde in den „kirchlichen Mittheilungen aus und über Nordamerika“ berichtet, zu deren Herausgabe sich seit dem Jahre 1843 Pfarrer Löhe mit Pfarrer Wucherer verbunden hatte.

 Mit der Gründung des Seminars in Fort-Wayne war nun die Handreichung, die von hier aus den Brüdern in Amerika zu leisten war, eine andere geworden. Von nun an bedurften sie keine völlig ausgerüsteten und zur Uebernahme des h. Amtes zugerichteten Leute; aber doch Leute mußten sie immer noch haben, freudige, muthige, lehr- und lernfähige Leute, gleichviel aus welchem Stande.

 Die Aufgabe der diesseitigen Freunde, die bisher für völlige Ausbildung der angemeldeten Leute gesorgt hatten, bestand nun hauptsächlich in Auswahl unter denen, die sich zum Missionsdienst der lutherischen Kirche Nordamerikas meldeten; bei vielen, sonst fähigen und tüchtigen Leuten, war es nöthig, in den Schulkenntnissen nachzuhelfen und Lücken auszufüllen. Zu diesem Dienst der Vorbereitung erboten sich nun in demselben Jahre 1846 mehrere Candidaten in Nürnberg, die theils nur eine Zeit lang ihre Kräfte der Sache widmen konnten, theils der festeren Stellung wegen, die sie einnahmen, wie die Candidaten Bauer, M. Gürsching, Schmidt noch jetzt an diesem Werke arbeiten, die beiden ersteren als Vorstände der aus diesen Anfängen sich bildenden eigentlichen Vorbereitungsanstalt. Am 18. Februar 1846 nemlich (am 300jährigen Gedächtnistage von Luther’s Tod) machte ein Freund unter ihnen, Candidat, nunmehr Pfarrer Schmerl, den Vorschlag, zu bleibendem Gedächtnis eine Vereinigung von Candidaten des lutherischen Predigtamts zu stiften, die sich anheischig machten, ihre freie Zeit und Kräfte zur Vorbereitung und Prüfung solcher nordamerikanischen Freiwilligen für das Seminar von Fort-Wayne zu verwenden; und| durch regelmäßige Conferenzen in der Liebe zur Kirche und im Eifer für dieselbe sich zu stärken. Sogleich wurde unter Beirath des Bruders Löhe Hand ans Werk gelegt, 3 Zöglinge wurden auf ihre Anmeldung angenommen, man trat mit Pastor Dr. Sihler in briefliche Verbindung, man ordnete den Lehrplan so, daß er mit dem jenseitigen Lehrplan des Seminars zusammengriff, und die deutschlutherische Kirche Nordamerikas dadurch wirklich berathen würde. Seitdem wurde ganz im Stillen und von wenigen beachtet, dieses aus Liebe zur lutherischen Kirche unternommene Werk fortgesezt. Bis zum Ende des Jahres 1849 hatten sich 46 Zöglinge angemeldet; ein Theil derselben ist wieder zurückgetreten; 23 junge Männer sind bis jetzt ausgesendet, die zum Theil schon in gesegneter Wirksamkeit stehen, zum Theil gegründete Hoffnung geben, daß sie einst ihrer Kirche mit Segen werden dienen können. Mit dem nun laufenden Jahre ist eine neue Wendung und, wie wir dafür halten, durch Gottes Gnade ein Fortschritt der Sache geschehen. Bisher war ein nicht zu beseitigender Uebelstand, daß viele Lehrkräfte sich in den Unterricht theilen mußten, und darüber leicht die Einheit des Unterrichts, jedenfalls aber die Gemeinsamkeit des Zusammenlebens verloren gieng. Da die Zöglinge nicht bloß den Mittagstisch, der von vielen christlichen Freunden mit großer Bereitwilligkeit gereicht wird, sondern auch Frühstück und Abendessen außerhalb ihrer sehr beschränkten Wohnung suchen mußten, wurde viel Zeit verloren und die Anstalt war nicht der eigentliche Mittelpunkt ihres gemeinsamen Lebens. Da war nun eine gesegnete Veränderung, daß Bruder Bauer, der seine bisherige Stellung als Lehrer an der Kreisgewerbschule aufgegeben hatte, sich nun auf Glauben gegen eine geringe Remuneration mit allen Kräften der Anstalt sich zu widmen entschloß. Er ist selbst in die Anstalt gezogen, lebt mit den Zöglingen unter einer gewissen Hausordnung zusammen und hat die Hauptfächer des Unterrichts allein übernommen. – Was die Lehrgegenstände, die nun geschehene Umgestaltung, die Bedürfnisse der Anstalt betrifft, verweise ich auf den in Nr. 2 und| 3 der kirchlichen Mittheilungen aus und über Nordamerika – enthaltenen zweiten Jahresbericht.

 Aus dem Mitgetheilten geht hervor, daß die Anstalt fast 4 Jahre bestand, ehe die Gesellschaft für innere Mission im Sinn der lutherischen Kirche durch Gottes Gnade sich bildete. Als das geschah, mußte sich durch die Gleichheit der kirchlichen Grundsätze alsbald ein freundliches Verhältnis zwischen der Anstalt und der Gesellschaft gestalten. Diese wie jene war auf die entschiedenste Zustimmung zur Concordia von 1580 gegründet, beide verwarfen die Conföderation und Union zu gemeinsamen Werken; beide wollten der lutherischen Kirche und ihr allein dienen. Das Verhältnis beider wurde daher einestheils ein völlig freies, aber doch zugleich ein innerlich nothwendiges; in gegenseitiger Liebe dient eine der andern – ein äußerlicher Zusammenhang ist dadurch hergestellt, daß die Gesellschaft durch die Obmänner Einsicht hat in die Hausordnung, dem Examen der Sendlinge beiwohnt und ihre Aussendung begutachtet. Die Anstalt bildet so den Kern des 1. Arbeitskreises, und insofern dieser der wichtigste ist, den Kern der ganzen Gesellschaft. Wir können es nicht zurückweisen, wenn man nach den Grundsätzen der Gesellschaft die Grundsätze der Anstalt beurtheilt, und umgekehrt, wenn man die Bedenken gegen diese auch gegen jene geltend macht. Wir sind darum auch veranlaßt, einige Bedenken, welche gegen die Anstalt uns zu Ohren gekommen sind, als Bedenken gegen die Praxis des 1. Arbeitskreises vor den versammelten Freunden etwas näher zu beleuchten. Man fragt häufig: „Warum Nothhelfer? warum so ausschließlich lutherisch? warum nur für Nordamerika?

 ad 1) Warum Nothhelfer? Hierauf antworten wir: Um gelehrte Theologen auszubilden, dazu sind unsere Universitäten, namentlich Erlangen, da. Wo junge Männer mit gelehrter Bildung sich die Liebe zu ihrer Kirche bewahrt haben und Verlangen tragen, ihr mit demüthiger Hingebung zu dienen, danken wir jedesmal Gott, daß er solche Arbeiter in seine Ernte sendet. Von den circa 80 lutherischen Pastoren, die die uns befreundete| Missourisynode ausmachen, sind 26 auf deutschen Universitäten gebildet, und aus unserm Franken sind neben 23 Nothhelfern auch drei Candidaten, die nunmehrigen Pastoren Schaller, Crämer, Clöter (aber eine weit größere Anzahl von tüchtigen Candidaten von Hannover) ihren Brüdern in Amerika zu Hilfe gezogen. Dennoch bleibt wahr und die Erfahrung lehrt es, daß tüchtige Charaktere, fähige Köpfe, mit Muth und feuriger Liebe zu ihrer Kirche erfüllt, graden Weges zum Ziel geführt, in kurzem soweit ausgebildet werden können, um das h. Amt mit Segen zu übernehmen und in Gemeinschaft mit gelehrten Brüdern der Kirche ersprießliche Dienste zu leisten. Die Gelehrsamkeit thuts nicht allemal, sondern die Treue und die Liebe und Festigkeit des kirchlichen Charakters. –
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 ad 2) Man wird uns das noch zugeben, weil man es im Angesicht der offenbaren Thatsachen und Erfahrungen nicht leugnen kann; aber das tadelt man, daß diese jungen Leute so streng lutherisch gebildet und dadurch meistens absprechend und hochmüthig werden. Wer wollte und dürfte das leugnen, daß an diesem Vorwurf etwas Wahres ist. Hochmuth ist ja ein Grundgebrechen unsrer Natur; wir sind alle hochmüthig und dürfen jeder an die eigne Brust schlagen. Daß aber in den Verhältnissen, in und unter denen sie gebildet werden müßen, eine besondere Versuchung zum Hochmuth und zum absprechenden Wesen liegt, was der Jugend überhaupt eigen ist und in der Unreifheit seinen Grund hat, kann nicht geleugnet werden. Dazu gehört der schnelle Wechsel des irdischen Berufs, die baldige Aussicht aufs Amt etc. Warum will man aber die billige Nachsicht, die man sonst der von einer Idee ergriffenen Jugend so gerne schenkt, da nicht auch eintreten laßen und der Hoffnung nicht Raum geben, daß größere Reife, Erfahrungen und Mühsal, die sie erwartet, größere Läuterung bringen werden? Eine besondere Schwierigkeit und Versuchung ist es freilich, daß den Zöglingen unsre factischen Zustände nicht als Muster, sondern als Warnung vorgestellt werden müßen. Wir beklagen| sehr, dazu gezwungen zu sein. Soweit die Landeskirche von der Lehre und Praxis der allgemeinen lutherischen Kirche abgewichen ist, zumal wenn sie hartnäckig in dieser Abweichung beharrt, soweit müßen wir nicht bloß mit der Landeskirche in Opposition treten, sondern leider auch unsere Zöglinge an den Schäden unsrer Landeskirche belehren. Wir würden ja der Synode in Missouri und dem Seminar in Fort-Wayne einen schlechten Dienst erweisen, wenn wir ihnen Leute zuschickten, welche die zerfahrene, schwankende, indifferente und unionistische Anschauung von Kirche, die bei uns herrschend ist, für die rechte hielten. Um die Concordia sammelt sich die Gemeinschaft der allgemeinen lutherischen Kirche, nach ihr muß die ganze kirchliche Lehre und Praxis bestimmt werden; sie ist der Maßstab drüben, sie ist der Maßstab für uns; wie können wir hindern, daß derselbe auch von den Zöglingen an die diesseitigen Zustände angelegt wird?
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 Es ist ja wahr, daß man bei uns vergeblich nach einer kennbaren lutherischen Kirche sucht; daß es in der Landeskirche noch viele Lutheraner gibt, die eine lutherische Kirche nicht ernstlich wollen; denen es um Einhelligkeit in der reinen Lehre wenig zu thun ist; die noch weniger das kirchliche Leben von dieser Lehre wollen beherrschen laßen. Wollten wir das unsern Zöglingen als richtig und wahr vorstellen, so machten wir sie lahm und schnitten ihnen die Sehnen ab, die sie im Kampfe wider Union, Methodisten und Sectierer nothwendig brauchen[.] Es ist wahr, wir lehren ihnen, daß die lutherische Kirche um ihrer schriftgemäßen Bekenntnisse willen das sichtbare Zion, das rechte Jerusalem, die wahre Kirche Gottes auf Erden, und alle andern Confessionen, soweit sie von der lutherischen Lehre abweichen – für Secten zu achten seien; daß in der Concordia allein die rechte schriftmäßige Fortbildung der altchristlichen Kirchenlehre festgestellt ist; daß es Sünde wider die Kirche und alle anvertrauten Seelen ist, in einem bereits durchgekämpften und symbolisch fixierten Lehrpunkt in der lutherischen Kirche anders zu lehren. Darin geht freilich unsere Praxis weit ab von der| Praxis unierter Missionsanstalten. Wir wollen keine Leute, die in ihrer Heimat lutherisch, in Basel baselisch, in London anglicanisch oder gar an ein und demselben Altar reformiert und lutherisch, wider offenbaren Indifferentismus in Lehre und Leben selbst indifferent sind und doch meinen, der rechten christlichen Kirche zu dienen. Wir halten es für Pflicht, unsere Zöglinge anzuleiten, nur da zu lehren, wo man sie lutherisch lehren läßt und eine lutherische Kirche duldet, und wo man dem aus der lutherischen Lehre kommenden Leben keinen boshaften Widerstand entgegensetzt. Das sind doch keine kirchlichen Charaktere, die mit Pilatus immerdar fragen, was ist Wahrheit? Wer nicht entschloßen ist, um der reinen Lehre willen Stelle, Vortheil, Einkommen, Freundschaft und den Leib daran zu geben, mit dessen Dienst ist der lutherischen Kirche nicht gedient. Man nenne das nicht fanatisch, fanatisch wäre es, wenn die lutherische Kirche nicht schriftgemäß, wenn sie nicht in der Wahrheit wäre; nicht sectiererisch, nur was von der apostolischen Wahrheit abweicht, ist eine Secte; man nenne es nicht particularistisch, denn gerade auf diese Weise ist die Synode in Missouri aus 6 auf 80 Pastoren gewachsen, und bereits eine Einhelligkeit entstanden, die in nicht großen Zwischenräumen von der Ostsee zum adriatischen Meer und von Elsaß bis Ungarn, ja von Ostindien bis in den fernen Westen Nordamerikas und in Australien ihre Glieder zählt. – Wer die lutherische Kirche überall innerhalb der Landesgrenzen sucht und nicht in der freien Zustimmung zur Concordia aus allen Landen, der wird nie zu einem fröhlichen Bewußtsein der Gemeinschaft kommen und wird immer ein unterbundenes Glied am Leibe Christi bleiben, dem durch eigene Schuld die belebende Kraft des Hauptes nur tropfenweise, statt in Strömen, zugeführt wird. –
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 ad 3) Im Bewußtsein dieser allgemeinen lutherischen Kirche ist auch der bisherige Vorsitzende unserer Abtheilung, Vicar Rüger, mit unserer freudigen Zustimmung und durch Vermittlung Pfarrer Löhes nach Cöln als lutherischer Prediger gezogen, wo sich| bereits eine wachsende Gemeinde um ihn sammelt. Auch Candidat Fleischmann ist nach Stettin als lutherischer Hilfsprediger gegangen, den wir nicht im Auslande wißen, sondern in der einen lutherischen Kirche, der wir alle gleichmäßig zugehören. Es könnte noch manches erzählt werden als Beweis, daß wir bei Aussendung von Predigern nicht bloß an Amerika denken – aber es frommt nicht, von Unfertigem zu reden. Daß Nordamerika vorzugsweise in Betracht kommt, das kommt daher, weil Nordamerika die schnellste Hilfe erheischt, den freiesten Raum für Gestaltung der lutherischen Kirche bietet und das Land der Zukunft ist. – Haben wir dort blühende Gemeinden reinen Bekenntnisses, ist dort der Garten Gottes angepflanzt, so wird er von dort viel leichter seinen Duft auf heidnische Indianer und die umwohnenden Secten, ja in alle Welt verbreiten, als wir. Haben wir den Amerikanern unter Gottes Beistand zum Bau ihrer Kirche geholfen, dann werden sie unsern Beruf an die übrigen Völker am kräftigsten ausführen helfen.
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 Die Anstalt arbeitet aber nicht bloß für Nordamerika. Sie sucht sich auch der Heimat nützlich zu erweisen und greift mit ihrer Thätigkeit unmittelbar in den 4. Arbeitskreis hinein. Man braucht zur innern Mission immer Leute, die zu Colporteuren, Armen- und Krankenpflegern sich eignen. Solche können durch die Anstalt herangebildet werden. Christliche Handwerker, welche in Nürnberg arbeiten, und ohne sich für den Missionsdienst zu eignen, doch Glaubens-, Gebets- und Lebensgemeinschaft suchen, denen ist die Anstalt geöffnet. Der Vorsteher, Candidat Bauer, hält alle Sonntage einen faßlichen Vortrag über ein biblisches Buch, über die Augsburger Confession oder sonstige Lehr- und Lebensfragen der Kirche und dient den Leuten, sich zu gründen in Lehre und Leben; – denjenigen, welche sich treu erweisen, wird bei ihrem Abgang eine Art geistliches Wanderbuch mitgetheilt oder ein Zeugnis, das ihnen als Empfehlung dient bei allen lutherischen Pfarrern und Gemeindegliedern, die sich auf gleichen Grundsätzen mit uns erbauen. – Auch sollen für weitere| Kreise von Freunden der innern Mission im Sinne der lutherischen Kirche an jedem letzten Sonntage des Monats öffentliche Vorträge in der Anstalt gehalten werden, welche eine in Wahrheit fußende Liebe zu pflegen und zu verbreiten geeignet sind.

 Ich hoffe nicht ruhmredig gewesen zu sein, was mir am wenigsten ziemte, da ich gestehen muß, daß das meiste schon vor der Constituirung der Gesellschaft angefangen und begründet war, und ich habe keinen herzlicheren Wunsch, als daß der HErr die Arbeit des Arbeitskreises so segnen möge, als er es gethan hat, so lange seine Aufgabe die Arbeit einzelner Brüder gewesen ist. Dein Wort ist unsres Herzens Trutz und Deiner Kirche wahrer Schutz, dabei erhalt uns, lieber HErr, daß wir nichts anders suchen mehr. – Amen.





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