Die Eröffnung des deutschen Reichstages durch Kaiser Wilhelm II.

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Titel: Die Eröffnung des deutschen Reichstages durch Kaiser Wilhelm II.
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 33, S. 562–563
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1888
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[552]

„Ich bin entschlossen, Friede zu halten mit jedermann, so viel an Mir liegt.“
Eröffnung des deutschen Reichstages durch Kaiser Wilhelm II. am 25. Juni 1888.
Originalzeichnung von H. Lüders.

[562] Die Eröffnung des deutschen Reichstages durch Kaiser Wilhelm II. (Mit Illustration S. 552 und 553.) Am Abend des 24. Juni hielt das Kaiserpaar in vierspänniger Equipage, geleitet von zwei Schwadronen der Gardes du Corps, seinen Einzug in die Reichshauptstadt, und am Mittag des folgenden Tages fand im Weißen Saale, diesem prächtigsten Raume des alten Schlosses an der Spree, die feierliche Eröffnung des deutschen Reichstages statt.

Als Kaiser Wilhelm II. gefolgt von fast sämmtlichen deutschen Fürsten, den Saal betrat, wurde er mit einem Hoch empfangen. Festen Schrittes und ernsten Antlitzes stieg er die drei Stufen zum Throne hinan und im Halbkreis herum gruppirten sich die regierenden deutschen Fürsten, an ihrer Spitze König Albert von Sachsen und Prinzregent Luitpold von Bayern – eine imponirende Versammlung, zusammengetreten, um an der Seite des jungen Kaisers von des Deutschen Reiches Glanz und Macht und von der unverändert festen Einigkeit seiner Fürsten vor aller Welt offen und ernst Zeugniß zu geben. Auf einer logenartigen Erhöhung hatte die Kaiserin mit dem Kronprinzen, einem schönen, mit kindlichem Ernst dreinschauenden Knaben, Platz genommen. Der Kaiser [563] trug den Purpurmantel des Schwarzen Adlerordens und gleich ihm die meisten übrigen Fürsten und Ritter dieses Ordens. Zu beiden Seiten des Thrones sah man die greisen Paladine Kaiser Wilhelms I., Bismarck, Moltke u. a., die Minister und Mitglieder des Bundesraths, die Generalität und die Hofchargen – und ihnen gegenüber hatten, Freund und Gegner friedlich dicht neben einander, die Mitglieder des Reichstags Aufstellung genommen, die Minderzahl im schlichten Gesellschaftsanzug, die Mehrzahl in Civil- und Militäruniformen und den bunten Staatskleidern der preußischen Ritterschaft.

Einen ergreifenden Eindruck machte es, als der greise Fürst Bismarck, das Knie vor dem jungen Monarchen beugend, diesem die Thronrede überreichte. Stehend verlas der Kaiser das wichtige Aktenstück; er sprach kurz, fast abgerissen, aber deutlich, die Hauptstellen der Rede mit erhobener Stimme scharf markirend.

„Ich bin entschlossen, Frieden zu halten mit jedermann, so viel an Mir liegt!“ – der kurze Satz mochte wohl der bedeutungsvollste und inhaltschwerste der ganzen Thronrede sein und der Telegraph trug ihn mit Blitzesschnelle hinaus in alle Länder der Welt. Markig wie das Wesen des jungen Kaisers sind diese Worte des Friedens, ernst, ohne Drohung, fest und vertrauenerweckend. Sie sind das Regierungsprogramm des Monarchen, ein Gelübde, den Frieden des Reiches zu schützen und zu schirmen so lange es geht – und wenn er einst von seinem Worte sollte lassen müssen, dann trifft nicht ihn die Schuld. – Es war die schlichte, überzeugende Sprache der Wahrheit, die ein lebhaftes Echo fand in der großen glänzenden Versammlung der ersten Reichstagseröffnung unter Wilhelm II. und im Herzen des ganzen deutschen Volkes, und der Ernst dieses Kaiserwortes fand Achtung und Würdigung weit über die Grenzen des Deutschen Reiches hinaus.