David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie/Kapitel 7.24

7.23 Der Kreiskörper in seiner Eigenschaft als Abelscher Körper. David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie (1932) von David Hilbert
7.24 Die Wurzelzahlen des Kreiskörpers der -ten Einheitswurzeln.
7.25 Das Reziprozitätsgesetz für -te Potenzreste zwischen einer rationalen Zahl und einer Zahl des Körpers der -ten Einheitswurzeln.
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24. Die Wurzelzahlen des Kreiskörpers der -ten Einheitswurzeln.
§ 105. Die Definition und Existenz der Normalbasis.

Eine Basis eines Abelschen Körpers von einem Grade soll eine Normalbasis heißen, wenn sie aus einer ganzen Zahl des Körpers und den zu konjugierten Zahlen besteht. Es gilt der folgende Hilfssatz:

Hilfssatz 20. Wenn ein Abelscher Körper eine Normalbasis besitzt, so besitzt auch jeder Unterkörper des Körpers eine Normalbasis.

Beweis. Es sei der Grad von , und es seien , …, die Substitutionen der Gruppe des Abelschen Körpers ; ferner sei eine solche ganze Zahl in , die mit ihren konjugierten zusammen eine Normalbasis von liefert. Bilden dann , …, diejenige Untergruppe jener Gruppe von Substitutionen, zu welcher der Unterkörper von gehört, so kann man dazu unter jenen Substitutionen , …, solche Substitutionen , …, finden, daß die Substitutionen , …, , abgesehen von ihrer Reihenfolge, durch die Substitutionenprodukte

, …, ; , …, ; …; , …,

dargestellt werden. Ist eine ganze Zahl in , so gilt, da eine solche stets auch eine ganze Zahl in ist, eine Gleichung

,

wo , …, , …, , . .., ganze rationale Zahlen sind. Berücksichtigen wir, daß bei Anwendung der einzelnen Substitutionen , …, ungeändert bleibt, und andererseits, daß zwischen den Zahlen , …, ; …; , …, keine lineare Relation mit ganzen rationalen nicht sämtlich verschwindenden Koeffizienten stattfinden kann, so folgt offenbar:

, …, ,

d. h.: wenn

gesetzt wird, so bilden die Zahlen , , …, eine Normalbasis des Körpers .

Satz 132. Ein jeder Abelsche Körper vom -ten Grade, dessen Diskriminante zu prim ist, besitzt eine Normalbasis.

Beweis. Die verschiedenen rationalen Primzahlen in seien , , …. Da keine dieser Primzahlen in aufgeht, so ist nach dem Beweise des Satzes 131 der Abelsche Körper in demjenigen Kreiskörper als Unterkörper enthalten, welcher durch die Zahlen , , …, d. h. welcher durch die Einheitswurzel bestimmt ist. Für den Körper bilden nach Satz 118 die Zahlen , , …, und folglich auch die Zahlen , , …, eine Basis; die letztere Basis ist eine Normalbasis. Entsprechendes gilt für , ….

Man bilde nun das System der Zahlen , wo die Exponenten ; ; … bez. die Zahlen

, , …, ; , , …, ; …
unabhängig voneinander durchlaufen sollen; dann stellt dieses System von Zahlen nach Satz 88 eine Basis des Körpers dar, und diese Basis ist offenbar eine Normalbasis. Nach dem Hilfssatz 20 besitzt folglich auch der Abelsche Körper eine Normalbasis. Damit ist der Satz 132 bewiesen.
§ 106. Der Abelsche Körper vom Primzahlgrade und von der Diskriminante . Die Wurzelzahlen dieses Körpers.

Die einfachsten und wichtigsten Abelschen Körper nächst den quadratischen Körpern sind diejenigen, bei welchen der Grad eine ungerade Primzahl ist und die Diskriminante nur eine einzige, und zwar von verschiedene Primzahl enthält. Es bedeute einen solchen Körper. Nach Hilfssatz 16 besitzt die Primzahl notwendig die Kongruenzeigenschaft nach . Die Primzahl wird im Körper die -te Potenz eines Primideales ersten Grades. Nach den Bemerkungen zu Satz 79 und mit Rücksicht darauf, daß jedenfalls ein reeller Körper, also positiv ist, ergibt sich .

Es seien , , , …, die Substitutionen der Gruppe des Körpers , und die Zahlen , , …, mögen eine Normalbasis von bilden (siehe Satz 132). Die Zahl ist dann jedenfalls eine den Körper bestimmende in Zahl. Es werde gesetzt; der Ausdruck

soll eine Wurzelzahl des Körpers heißen.

Jede solche Wurzelzahl ist offenbar eine ganze Zahl des aus und zusammengesetzten Körpers . Das Studium der vorhandenen Normalbasen und Wurzelzahlen des Abelschen Körpers gibt uns wichtige Aufschlüsse über die in aufgehenden Primideale des Körpers . Die Ausführungen dieses Kapitels erfahren nur leichte Abänderungen, wenn statt der ungeraden Primzahl die Zahl genommen wird.

§ 107. Die charakteristischen Eigenschaften der Wurzelzahlen.

Satz 133. Es sei ein Abelscher Körper vom Grade und mit der Diskriminante vorgelegt, wo und verschiedene ungerade Primzahlen bedeuten; ferner sei , , …, eine Normalbasis dieses Körpers .

Wird dann , und gesetzt, wo eine Primitivzahl nach bedeute, so besitzt die aus jener Normalbasis entspringende Wurzelzahl des Körpers die folgenden drei Eigenschaften:

Erstens. Die -te Potenz der Wurzelzahl, , ist eine Zahl des Kreiskörpers , und zudem wird gleich der -ten Potenz einer Zahl des Körpers . Zweitens. Es gelten die sich gegenseitig bedingenden Kongruenzen

Drittens. , die Norm der Zahl in , ist .

Beweis. Die Zahlen und sind solche Zahlen in , welche beim Übergang von in ungeändert bleiben. Sie sind deshalb Zahlen in . Hieraus folgt die erste in Satz 133 angegebene Eigenschaft.

Da , , …, Basiszahlen des Körpers sind, so gilt insbesondere

für bestimmte ganze rationale Zahlen , …,. Die Anwendung der Substitution auf diese Formel lehrt, daß ist, und da die Koeffizienten , , …, keinen gemeinsamen Teiler haben können, so haben sie sämtlich den gleichen Wert , d. h. es ist . Aus dieser Formel folgt:

Mit Hilfe von erkennen wir die zweite Eigenschaft der Zahl .

Endlich folgt durch eine geeignete Anwendung des Multiplikationssatzes der Determinanten

wo

die Relativnorm von in bezug auf den Körper ist. Das Quadrat der Determinante linker Hand ist gleich der Diskriminante des Körpers , d. h. , und folglich ergibt sich

Damit ist der Satz 133 vollständig bewiesen.

Die drei in Satz 133 bewiesenen Eigenschaften einer Wurzelzahl des Körpers reichen umgekehrt völlig zur Charakterisierung einer solchen Zahl hin. Es gilt nämlich folgende Tatsache:

Satz 134. Es sei eine ungerade Primzahl und , ferner eine Primzahl nach ; wenn dann eine solche Zahl des Kreiskörpers bedeutet, die nicht gleich der -ten Potenz einer Zahl in wird, und welche die drei in Satz 133 angegebenen Eigenschaften besitzt, so ist eine Wurzelzahl des Abelschen Körpers -ten Grades von der Diskriminante .

Beweis. Die Zahl bestimmt einen relativ Galoisschen Körper vom Relativgrade in bezug auf den Körper . Es sei diejenige Substitution der Relativgruppe, für welche wird. Mit Rücksicht auf die erste Eigenschaft der Zahl , die sich in der Formel ausdrückt, wo eine Zahl in bedeutet, ist der durch und bestimmte Körper vom -ten Grade ein Galoisscher Körper. Die Zahl erfüllt die Bedingung

;

wir legen sie eindeutig fest durch die weitere Forderung

.

Wir wollen nun unter und zugleich diejenigen bestimmten Substitutionen der Gruppe dieses Galoisschen Körpers verstehen, welche neben den für und schon festgesetzten Beziehungen noch und ergeben. Diese beiden Substitutionen und sind miteinander vertauschbar, da

wird, d. h. der Körper ist ein Abelscher Körper. Ferner wird die Untergruppe der Gruppe von , welche aus den Potenzen der Substitution besteht, genau vom Grade . Der zu dieser Untergruppe gehörige Unterkörper von ist daher vom -ten Grade; er ist wiederum ein Abelscher Körper; dieser Körper werde mit bezeichnet.

Wir beweisen zunächst, daß die Diskriminante dieses Körpers zu prim ist. Da nach ist, so stellt der Quotient eine ganze Zahl dar. Wegen hat die Relativdifferente dieser ganzen Zahl in bezug auf den Körper den Wert , wo eine Einheit bedeutet, und daher ist die Relativdifferente des Körpers in bezug auf den Körper prim zu . Bedeutet ein in aufgehendes Primideal des Körpers , so kommt dieses nach Satz 93 in zu keiner höheren als der ersten Potenz vor, d. h. es ist , wo sich nicht mehr durch teilen läßt. Hieraus folgt nach § 39 und § 40, daß der Trägheitskörper des Primideals vom Grade sein muß, und daher ist selbst dieser Trägheitskörper. Nach Satz 76 ist die Differente des Körpers nicht durch und folglich auf Grund des Satzes 68 auch die Diskriminante des Körpers nicht durch teilbar.

Wir setzen

(41)
wo das Vorzeichen das nämliche wie in den Kongruenzen , , … nach ist; dann wird der Zähler dieses in gebrochener Form erscheinenden Ausdrucks (41) kongruent nach . Dieser Zähler stellt eine Zahl in dar. Ist in Primideal, so muß daher dieser Zähler auch durch teilbar sein, und es ist eine ganze Zahl. Anderenfalls haben wir im Körper , da die Diskriminante von nicht den Faktor enthält, eine Zerlegung , wo , …, voneinander verschiedene Primideale sind, und im Körper gilt dann, wie man mit Hilfe von Satz 88 erkennt, die Zerlegung
.

Da der Zähler des Ausdrucks rechter Hand in (41) durch das Ideal teilbar ist, so ist derselbe als eine ganze Zahl in auch durch teilbar. Entsprechend folgt die Teilbarkeit jenes Zählers durch , …, , und es ist derselbe also schließlich auch durch teilbar, d. h. die durch (41) definierte Zahl ist auch jetzt eine ganze Zahl.

Durch Benutzung der Gleichung ergeben sich aus (41) die beiden Formeln:

(42)

Eine Anwendung des Multiplikationssatzes der Determinanten, wie sie schon beim Beweise des Satzes 133 vorkam, ergibt dann

,

und hieraus folgt vermittelst der dritten in Satz 133 ausgesprochenen Eigenschaft der Zahl die Gleichung

und somit

.

Wir beweisen nun, daß die Diskriminante des Körpers notwendig sein muß. In der Tat ist dieselbe wegen der letzten Gleichung ein positiver Teiler der Zahl . Da sie nach Satz 44 oder nach Satz 94 nicht gleich sein kann, so enthält sie die Primzahl , und zwar nach den Bemerkungen zum Satze 79 notwendig in der -ten Potenz. Aus der soeben bewiesenen Tatsache folgt, daß , , …, eine Basis des Körpers bilden; diese Basis ist offenbar eine Normalbasis. Die Zahl ist wegen (42) die aus dieser Normalbasis entspringende Wurzelzahl des Körpers .

§ 108. Die Zerlegung der -ten Potenz einer Wurzelzahl im Körper der -ten Einheitswurzeln.

Satz 135. Haben , , , , die bisherige Bedeutung, und ist ein Abelscher Körper -ten Grades mit der Diskriminante und eine Wurzelzahl des Körpers , so gestattet die Zahl im Körper die Zerlegung

,

wo ein bestimmtes in aufgehendes Primideal des Körpers bedeutet, und wo allgemein die kleinste positive ganze rationale Zahl bedeutet, welche der -ten Potenz der Primitivzahl nach kongruent ist [Kummer (6,11)].

Beweis. Die Primzahl zerfällt im Körper in voneinander verschiedene ideale Primfaktoren , , …, ; die Zahl muß durch jedes dieser Primideale teilbar sein. Denn nach dem Beweise zu Satz 134 ist die Relativdifferente des Körpers in bezug auf den Körper ein Teiler von ; wäre nun etwa zu prim, so wäre also diese Relativdifferente und wegen Satz 41 auch die Differente und endlich wegen Satz 68 auch die Diskriminante von prim zu , was nicht sein kann, da sie die Diskriminante von als Faktor enthält. Wegen sind , , …, zugleich die einzigen in aufgehenden Primideale. Es sei ein solcher unter diesen Primfaktoren, welcher in der Zahl zu einer möglichst niedrigen Potenz vorkommt; dann haben wir

,

wo , , …, positive ganze rationale Zahlen bedeuten, unter welchen keine kleiner als ist. Die Bildung von ergibt

.

Da , , …, sämtlich sind, können hiernach diese Zahlen nicht sämtlich durch teilbar sein. Zufolge der ersten im Satze 133 bewiesenen Eigenschaft wird

,

wo eine Zahl in ist. Da die zu konjugierten Primideale sämtlich von und untereinander verschieden sind, so folgt hieraus, daß die ganzzahlige Funktion

der Veränderlichen , wenn man nach Ausführung der Multiplikation durch ersetzt, lauter durch teilbare Koeffizienten erhalten muß, d. h. diese Funktion ist nach . Daraus ist zunächst nach ersichtlich, und wenn nach gesetzt wird, wo eine der Zahlen , , …, bedeute, so folgt für jeden Index die Kongruenz
, .

Wir setzen allgemein so, daß und eine ganze rationale Zahl ist; dabei wird stets . Da

ist, so folgt , und daraus geht notwendig

, , …,

hervor, d. h.

 für 

Unter den Zahlen , , …, ist offenbar die kleinste, und da unter den Koeffizienten , , …, möglichst klein sein sollte, so folgt , d. h. , und nunmehr allgemein , womit der Satz 135 bewiesen ist.

§ 109. Eine Äquivalenz für die Primideale ersten Grades des Körpers der -ten Einheitswurzeln.

Aus den bisherigen Entwicklungen entnehmen wir eine wichtige Eigenschaft der in einer Primzahl nach aufgehenden Primideale des Körpers der -ten Einheitswurzeln. Es gilt nämlich die Tatsache:

Satz 136. Es sei eine ungerade Primzahl und , ferner eine positive Primitivzahl nach und ; wenn dann ein beliebiges Primideal ersten Grades in dem Kreiskörper bedeutet, so besteht die Äquivalenz

wo die Größen ganze rationale, durch das Gleichungssystem

bestimmte, nicht negative Zahlen sind. Dabei haben , , …, dieselbe Bedeutung wie in Satz 135, und es ist außerdem . [Kummer (6[1], 11[2])].

Beweis. Es mögen und dieselbe Bedeutung wie in Satz 133 haben. Nach Satz 133 ist die -te Potenz einer Zahl in . Wenn wir für die in Satz 135 gegebene Darstellung durch einführen, so folgt

,

und diese Gleichung zeigt, wenn wir daraus die Zerlegung von selbst ermitteln, die Richtigkeit des Satzes 136.

Ist eine beliebige Idealklasse des Kreiskörpers und ein Ideal in , und bezeichnen wir mit , , …, bez. die durch , , …, bestimmten Idealklassen, so folgt mit Hilfe des Satzes 89 aus Satz 136 unmittelbar die Tatsache:

.
§ 110. Die Konstruktion sämtlicher Normalbasen und Wurzelzahlen.

Die Sätze 133, 134 und 135 ermöglichen zunächst die Konstruktion sämtlicher Wurzelzahlen des Abelschen Körpers . Es gilt nämlich die Tatsache:

Satz Satz 137. Bezeichnen und für den Abelschen Körper vom ungeraden Primzahlgrade mit der Diskriminante zwei verschiedene, aber zu derselben erzeugenden Substitution der Gruppe dieses Körpers gehörende Wurzelzahlen, so ist stets , wo eine Einheit des Körpers bedeutet, welche die Kongruenzeigenschaft nach besitzt. Umgekehrt, wenn eine Einheit dieser Art in und für irgendeine Wurzelzahl bezeichnet, so ist stets wiederum eine Wurzelzahl jenes Abelschen Körpers .

Beweis. Unter den Voraussetzungen in der ersten Aussage ist der Quotient eine Zahl des aus und zusammengesetzten Körpers, welche beim Übergang von , zu , ungeändert bleibt und daher im Körper liegt. Für werde der im Satze 135 enthaltene Ausdruck angenommen. Ist dann etwa , wo eine der Zahlen , , , … bedeute, dasjenige unter den konjugierten, in aufgehenden Primidealen des Körpers , welches in nur zur ersten Potenz vorkommt, so hat man nach Satz 135 offenbar

,

und hieraus folgt, daß das Primideal in genau zur -ten Potenz vorkommt. Der Quotient kann daher in die Gestalt eines Bruches gebracht werden, dessen Zähler das Primideal in der -ten Potenz enthält, während der Nenner zu prim ist. Da wegen der Exponent durch teilbar sein muß, so folgt , d. h. . Wegen dieses Umstandes enthaltend und die nämlichen Potenzen von Primidealen, und ist somit eine Einheit.

Die übrigen Behauptungen des Satzes 137 gehen unmittelbar aus den Sätzen 133 und 134 hervor.

Aus den zu gehörenden Wurzelzahlen gewinnt man leicht nach Formel (41) die sämtlichen Normalbasen , , …, des Abelschen Körpers .

§ 111. Die Lagrangesche Normalbasis und die Lagrangesche Wurzelzahl.

Es sei wieder eine ungerade Primzahl, , ferner eine rationale Primzahl von der Form , es werde gesetzt, und es bezeichne eine Primitivzahl nach . Endlich bedeute den Abelschen Körper -ten Grades mit der Diskriminante .

Die Zahlen , , …, bilden eine Normalbasis des Körpers ; aus dem Beweise des Hilfssatzes 20 geht dann hervor, daß die Zahlen

eine Normalbasis des Körpers bilden. Aus dieser Normalbasis entspringt die folgende Wurzelzahl dieses Körpers:

Diese besondere Normalbasis , , …, soll die Lagrangesche Normalbasis und die besondere Wurzelzahl die Lagrangesche Wurzelzahl heißen.

§ 112. Die charakteristischen Eigenschaften der Lagrangeschen Wurzelzahl.

Die Lagrangesche Wurzelzahl des Körpers zeichnet sich vor den übrigen Wurzelzahlen von durch folgende Eigenschaften aus:

Satz 138. Wenn die -te Potenz der Lagrangeschen Wurzelzahl gemäß Satz 135 durch die Formel

dargestellt wird, so ist das durch die Formel

, 
bestimmte Primideal; die Zeichen sind im übrigen wie in Satz 135 zu verstehen. Die Lagrangesche Wurzelzahl ist nach und hat ferner die Eigenschaft, daß ihr absoluter Betrag ist.

Umgekehrt, wenn einer Wurzelzahl die letzteren Eigenschaften zukommen und außerdem gerade das soeben definierte Primideal zur ersten Potenz enthält, so ist , wo eine -te Einheitswurzel bedeutet.

Beweis. Wird gesetzt, so erkennen wir mit Hilfe der Beziehungen und , daß

wird; hieraus ist ersichtlich, daß in dem durch und bestimmten Körper ein Primideal ist, und daß die Zahl dieses Primideal nur zur ersten Potenz enthält. Setzen wir und berücksichtigen die Kongruenz nach und die Gleichung , so wird:

wo die bezüglichen Summen über ; , zu erstrecken sind. Aus der letzteren Formel gewinnen wir, wenn wir die Reihenfolge der Summationen umkehren, die Kongruenz:

. (43)

Die Lagrangesche Wurzelzahl enthält also genau die -te Potenz von als Faktor, und folglich ist nur durch die erste Potenz von teilbar.

Bezeichnen wir die zu konjugiert imaginäre Zahl mit , so ist

;

dann wird, wenn wir im Produkt immer die je mit gleicher Potenz von multiplizierten Glieder zusammennehmen,

Damit ist der erste Teil des Satzes 138 vollständig bewiesen.

Der zweite Teil ist wesentlich die Umkehrung des ersten; die Richtigkeit des zweiten Teiles folgt ohne Mühe aus den Sätzen 135 und 137, wenn man überdies den Satz 48 heranzieht; man hat dabei zu beachten, daß, wenn eine Zahl eines Abelschen Zahlkörpers den absoluten Betrag hat, diese Eigenschaft stets auch den zu ihr konjugierten Zahlen zukommt.

In entsprechender Weise wie die Kongruenz (43) können wir die sämtlichen folgenden Kongruenzen ableiten [Jacobi (3[3])]:

(44)

für . Berücksichtigen wir die Tatsache, daß nach und ist, so entspringt aus diesen Kongruenzen (44) ein anderer Beweis der Sätze 135 und 136 [Kummer (6[1], 11[2])].

Die sämtlichen Sätze und Beweise in diesem Kapitel 24 gelten entsprechend auch für , nur daß dann die Diskriminante des Abelschen Körpers den Wert bekommt.

Die Lagrangesche Wurzelzahl des Körpers ist eine ganze Zahl des aus und zusammengesetzten Körpers, welche durch die in den Sätzen 133 und 138 aufgezählten Eigenschaften bis auf den Faktor völlig bestimmt ist. Um endlich auch diesen Faktor festzulegen, müßte man setzen derart, daß sei, und dann entscheiden, in welchem der Intervalle

die betreffende Zahl gelegen ist. Aus dieser Frage entsteht in dem besonderen Falle, daß statt die Primzahl gewählt wird, das berühmte Problem der Bestimmung des Vorzeichens der Gaußschen Summen. Vgl. § 124. Für den Fall werden wir auf eine von Kummer in Angriff genommene Aufgabe geführt [Kummer (2[4], 4[5])].

Die Zahlen der Lagrangeschen Normalbasis werden gewöhnlich „Perioden“ genannt. Die Literatur weist eine Reihe von Abhandlungen auf, welche sich mit diesen Perioden, sowie mit verwandten ganzen Zahlen von Kreiskörpern beschäftigen [Kummer (3[6], 17[7]), Fuchs (1[8], 2[9]), Schwering (1[10], 3[11], 4[12]), Kronecker (17[13]), Smith (1[14])]. In der Literatur finden sich noch Untersuchungen über besondere Kreiskörper [Berkenbusch (1[15]), Eisenstein (10[16]), Schwering (2[17]), Weber (1[18], 2[19], 4[20]), Woleskehl (1[21])]. Auch sei hier erwähnt, daß, wenn die Primzahl und nicht oder ist, der Kreiskörper stets eine solche Idealklasse enthält, deren Potenzen alle Klassen des Körpers liefern [Kummer (11[2], 13[22])].


  1. a b [359] Über die Zerlegung der aus Wurzeln der Einheit gebildeten komplexen Zahlen in ihre Primfaktoren. J. Math. 35 (1847).[WS 1]
  2. a b c [359] Mémoire sur la théorie des nombres complexes composés de racines de l’unité et des nombres entiers. J. de Math. 16 (1851).
  3. [358] Über die Kreisteilung und ihre Anwendung auf die Zahlentheorie. Werke 6, 254 (1837)
  4. [359] Eine Aufgabe, betreffend die Theorie der kubischen Reste. J. Math. 23 (1842).[WS 2]
  5. [359] De residuis cubicis disquisitiones nonnullae analyticae. J. Math. 32 (1846).[WS 3]
  6. [359] Über die Divisoren gewisser Formen der Zahlen, welche aus der Theorie der Kreisteilung entstehen. J. Math. 30 (1846).[WS 4]
  7. [359] Über die den Gaußschen Perioden der Kreisteilung entsprechenden Kongruenzwurzeln. J. Math. 58 (1856).[WS 5]
  8. [357] Über die Perioden, welche aus den Wurzeln der Gleichung gebildet sind, wenn eine zusammengesetzte Zahl ist. J. Math. 61 (1862).[WS 6]
  9. [357] Über die aus Einheitswurzeln gebildeten komplexen Zahlen von periodischem Verhalten, insbesondere die Bestimmung der Klassenanzahl derselben. J. Math. 65 (1864).[WS 7]
  10. [360] Zur Theorie der arithmetischen Funktionen, welche von Jacobi genannt werden. J. Math. 93 (1882).[WS 8]
  11. [360] Über gewisse trinomische komplexe Zahlen. Acta Math. 10 (1887).[WS 9]
  12. [360] Eine Eigenschaft der Primzahl 107. Acta Math. 11 (1887).[WS 10]
  13. [359] Zur Theorie der Abelschen Gleichungen. Bemerkungen zum vorangehenden Aufsatz des Herrn Schwering. J. Math. 93 (1882).[WS 11]
  14. [361] Report, on the theory of numbers. Werke.[WS 12]
  15. [356] Über die aus den 8-ten Wurzeln der Einheit entspringenden Zahlen. Inauguraldissertation. Marburg 1891.
  16. [357] Allgemeine Untersuchungen über die Formen dritten Grades mit drei Variabeln, welche der Kreisteilung ihre Entstehung verdanken. J. Math. 28 u. 29 (1844), (1845).[WS 13]
  17. [360] Untersuchung über die fünften Potenzreste und die aus fünften Einheitswurzeln gebildeten ganzen Zahlen. Z. Math. Phys. 27 (1882).
  18. [361] Theorie der Abelschen Zahlkörper. Acta Math. 8 u. 9 (1886), (1887).[WS 14]
  19. [361] Über Abelsche Zahlkörper dritten und vierten Grades. Sitzungsber. Ges. Naturwiss. Marburg 1892.
  20. [361] Lehrbuch der Algebra. 2. Braunschweig 1896.[WS 15]
  21. [361] Beweis, daß der zweite Faktor der Klassenanzahl für die aus den elften und dreizehnten Einheitswurzeln gebildeten Zahlen gleich eins ist. J. Math. 99 (1885).[WS 16]
  22. [359] Über die Irregularität der Determinanten. Ber. K. Akad. Wiss. Berlin 1853.[WS 17]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. a b Kummer, Ernst Eduard: Über die Zerlegung der aus Wurzeln der Einheit gebildeten complexen Zahlen in ihre Primfactoren, in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 35 (1847), S. 327–367 GDZ Göttingen
  2. Kummer, Ernst Eduard: Eine Aufgabe, betreffend die Theorie der cubischen Reste, in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 23 (1842), S. 285–286 GDZ Göttingen
  3. Kummer, Ernst Eduard: De residuis cubicis disquisitiones nonnullae analyticae, in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 32 (1846), S. 341–359 GDZ Göttingen
  4. Kummer, Ernst Eduard: Über die Divisoren gewisser Formen der Zahlen, welche aus der Theorie der Kreistheilung entstehen, in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 30 (1846), S. 107–116 GDZ Göttingen
  5. Kummer, Ernst Eduard: Über die den Gaußschen Perioden der Kreistheilung entsprechenden Congruenzwurzeln, in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 53 (1856), S. 142–148 GDZ Göttingen
  6. Fuchs, Lazarus: Ueber die Perioden, welche aus den Wurzeln der Gleichung wn=1 gebildet sind, wenn n eine zusammengesetzte Zahl ist, in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 61 (1863), S. 374–386 GDZ Göttingen
  7. Fuchs, Lazarus: Ueber die aus Einheitswurzeln gebildeten complexen Zahlen von periodischen Verhalten, insbesondere die Bestimmung der Klassenzahlen derselben, in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 65 (1866), S. 74–111 GDZ Göttingen
  8. Schwering, Karl: Zur Theorie der arithmetischen Funktionen, welche von Jacobi genannt werden, in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 93 (1882), S. 334–337 GDZ Göttingen
  9. Schwering, Karl: Über gewisse trinomische komplexe Zahlen, in: Acta Mathematica, Band 10 (1887) S. 57–86 Internet Archive
  10. Schwering, Karl: Eine Eigenschaft der Primzahl 107, in: Acta Mathematica, Band 11 (1887) S. 119–120 Internet Archive
  11. Kronecker, Leopold: Zur Theorie der Abelschen Gleichungen. Bemerkungen zum vorangehenden Aufsatz des Herrn Schwering, in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 93 (1882), S. 338–364 GDZ Göttingen
  12. Smith, Henry John Stephen(WP): Report on the Theory of numbers. In: Glaisher, James Whitbread Lee(WP) (Hrsg.): Mathematical Papers of Henry John Stephen Smith, S. 38–364, Oxford: Clarendon Press 1894 Internet Archive
  13. Eisenstein, Gotthold: Allgemeine Untersuchungen über die Formen dritten Grades mit drei Variabeln, welche der Kreistheilung ihre Entstehung verdanken, in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 28 (1844), S. 289–374 GDZ Göttingen und Band 29 (1845), S. 19–53 GDZ Göttingen
  14. Weber, Heinrich: Theorie der Abel’schen Zahlkörper, in: Acta Mathematica, Band 8 (1886) S. 193–263 Internet Archive und Band 9 (1887) S. 105–130 Internet Archive
  15. Weber, Heinrich: Lehrbuch der Algebra, Band 2 (1896) Internet Archive
  16. Wolfskehl, Paul: Beweis, dass der zweite Factor der Klassenanzahl für die aus den elften und dreizehnten Einheitswurzeln gebildeten an Zahlen gleich Eins ist, in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, Band 99 (1885), S. 173–178 GDZ Göttingen
  17. Kummer, Ernst Eduard: Über die Irregularität der Determinanten, in: Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königlich Preussischen Akademie, 1853, S. 194–200 Berlin-Brandenburgische Akademie
7.23 Der Kreiskörper in seiner Eigenschaft als Abelscher Körper. Nach oben 7.25 Das Reziprozitätsgesetz für -te Potenzreste zwischen einer rationalen Zahl und einer Zahl des Körpers der -ten Einheitswurzeln.
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