« Kapitel B 18 Beschreibung des Oberamts Neresheim Kapitel B 20 »
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Hülen,
Gemeinde III. Kl. mit 403 Einw., wor. 28 Evangel. a. Hülen, Dorf, 354 Einw., b. Kapfenburg, Pfarrw., 49 Einw. – die Kath. sind nach Lauchheim eingepfarrt, die Evangel. nach Kapfenburg. 33/4 Stunden nordwestlich von der Oberamtsstadt gelegen.

Der nicht unfreundliche Ort liegt schon auf der Höhe des Herdtfeldes und bildet eigentlich nur zwei lange Reihen von Häusern, die wenig zusammenhängend, auch von Hülen und Baumgärten unterbrochen, an der von Norden nach Süden ziehenden Lauchheim-Neresheimer-Straße stehen; und zwar überschreitet hier die Straße ein nicht schroff aber ziemlich tief eingefurchtes Trockenthälchen. Die weißgetünchten Häuser sind meist klein und häufig noch mit Stroh bedacht; die unansehnlichsten stehen im südlichen Theil an der sogenannten Klepperhalde hinauf. Aussichten bieten sich sehr schöne und weitverbreitete, besonders bei der Kapelle zu den 14 Nothhelfern auf der sogen. Roßweide und bei der Kapelle an der Straße nach Schloß Kapfenburg, über der eine ehrwürdige Linde sich erhebt: man erblickt hier den Welzheimer Wald, die Gegend von Hohenstadt und Abtsgmünd, Ellwangen und seine Berge, einen Theil des Rieses und die scharfen Stirnen des fernblauen Hesselberges.

Die Kapelle zu den 14 Nothhelfern wurde 1658 von dem deutschherrischen Holzwart in Hülen Adam Ruf auf eigene Kosten erbaut; sie ist nebst einer Jahresstiftung dem Heiligen in Waldhausen einverleibt.

Die Verstorbenen werden nach Lauchheim beerdigt.

Das freundliche, 1847 von der Gemeinde erbaute Schulhaus enthält ein Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters; der Kostenaufwand betrug 3300 fl.

Im Jahre 1868 wurde ein Rathhaus von der Gemeinde angekauft.

Der Ort hat oft Wassermangel und das Wasser mußte in neun Jahren fünfmal im Jagstthal geholt werden; es bestehen mehrere Schöpf- und Pumpbrunnen, denen das Wasser von den Dächern zugeleitet wird; vier Hülen sind angelegt. Auch die Markung ist ganz quellenleer.

Die Haupterwerbsmittel der kräftigen, ausdauernden Einwohner sind Feldbau und Taglohnarbeiten, namentlich in den Staatswaldungen. Dann lieferten während des Eisenbahnbaues die hiesigen Steinbrüche (Juradolomit) einen schönen Ertrag; es wird jetzt noch einer ausgebeutet; auch eine Lehmgrube ist vorhanden. Vor etwa 40 Jahren wurde erfolglos nach Bohnerz gebohrt, das Bohrloch dient jetzt als Cisterne.

Eine Schildwirthschaft, eine Speisewirthschaft und ein Kramladen bestehen.

Die Vermögensverhältnisse sind nicht unbefriedigend; der begütertste | besitzt 100, der Mittelmann 36, die ärmere Klasse 3 Morgen Feld; ein Bauer besitzt auch Wald und zwar 63/4 Morgen auf Beurener Markung. Auf angrenzenden Markungen haben ferner hiesige Bürger verschiedene Morgen, und zwar Wiesen auf Lauchheimer, und Wiesen und Krautbeete auf Westerstettener Markung.

Die nicht große Markung ist, so weit sie für den Feldbau benützt wird, ziemlich eben und hat im allgemeinen einen fruchtbaren Boden, der etwas tiefgründiger ist als man ihn sonst auf dem Herdtfelde trifft; er besteht aus den Zersetzungen des weißen Jura, die häufig mit Thon und Lehm gemengt sind und namentlich in den Mulden und Thaleinschnitten tiefgründiger sind als auf den höher gelegenen Geländen. Eine sehr ergiebige Lehmgrube ist vorhanden.

Das Klima ist wie überhaupt auf dem Herdtfeld und begünstigt daher nicht den Anbau feinerer Gewächse; die Gegend wird häufig von Frühlingsfrösten heimgesucht und ist heftigen Winden sehr ausgesetzt. Hagelschlag kommt selten vor, indem der Berg Boller eine Wetterscheide bildet, welche die Gewitter von der Gegend abweist.

Der landwirthschaftliche Betrieb ist gut und verbesserte Ackergeräthe (Schwerz’scher Pflug, Dreschmaschine, Walze) haben theilweise Eingang gefunden, auch sucht man dem Boden neben den gewöhnlichen Düngungsmitteln mit Gips, Asche und Knochenmehl nachzuhelfen; dagegen lassen die Düngerstätten noch vieles zu wünschen übrig. Man baut mit Vortheil die gewöhnlichen Cerealien und von diesen vorzugsweise Dinkel, Gerste und Haber, weniger reinen Roggen. Von den Brach- und Handelsgewächsen kommen zum Anbau Kartoffeln, Wicken, Erbsen, Angersen, dreiblätteriger Klee, Esparsette, Flachs etc. Von den Felderzeugnissen kommen jährlich etwa 300 Scheffel Dinkel, 200 Scheffel Haber und 300 Scheffel Gerste nach außen zum Verkauf.

Der Wiesenbau ist nicht ausgedehnt und liefert nur mittelmäßiges Futter, das durchaus im Ort verbraucht wird.

Die unbedeutende Obstzucht kommt in neuerer Zeit etwas mehr in Aufnahme; man pflanzt nur rauhere, spätere Kernobstsorten und wenig Steinobst. Das Obst wird meist grün verspeist.

Gemeindewaldungen sind keine vorhanden, dagegen gute Weiden, die mit der Brach- und Stoppelweide an einen fremden Schäfer, der 300 Stück Bastardschafe auf der Markung laufen läßt, um jährlich 5–600 fl. verpachtet werden, überdieß trägt die Pferchnutzung 250 bis 300 fl. der Gemeindekasse ein.

Was die Viehzucht betrifft, so ist die der Pferde ganz gering, und die des Rindviehs ziemlich gut; man hält verschiedene Racen und hat zur Nachzucht 2 Farren aufgestellt; im Spätjahr wird das Jung- und Melkvieh noch ausgetrieben. Handel mit Vieh findet nicht statt.

| Es ist nur eine Schulfondsstiftung mit 300 fl. vorhanden, die Balthaser Neukomm stiftete und deren Zinse zur Anschaffung von Büchern und zu Schulgeldern für arme Kinder verwendet werden.

Nach der Sage soll früher in dem 1/2 Stunde südöstlich vom Ort gelegenen Wald „Kugelbuck“ der Ort Hülen gestanden sein; es wurden daselbst schon Bruchstücke von Ziegeln und Bauschutt aufgefunden.

Zu der Gemeinde gehört:

b. Kapfenburg, Pfarrweiler, bestehend aus dem ehemaligen deutschordenschen Schloß mit Nebengebäuden und der vom Schloßkomplex getrennten Meierei.

Das großartige Schloß blickt schön und gebieterisch von einer am Nordrand des Herdtfeldes frei vortretenden waldigen, gegen Osten und Norden felsigen Bergkuppe in den gesegneten Jagstgrund hinab und beherrscht die Gegend bis ins Gaildorf’sche, Limpurg’sche und Ellwangen’sche hinein. Die Aussicht von oben herab ist entzückend. Gegen Osten an die mit prachtvollem gemischten Wald bewachsenen wellenförmigen Ausläufer des Herdtfeldes, die in den weithervortretenden felsigen Höhen zwischen Röttingen und Aufhausen endigen und durch welche die Eisenbahn in einem langen Tunnel vom Jagst- in das Egerthal sich hinzieht, und weiterhin an den Ipf, den Grenzwächter am Eingangsthore des Rieses. Lieblich tritt gegen Norden die aus dem Jagstthal sich erhebende Hügelreihe mit ihren fruchtbaren Mulden und waldbedeckten Höhen hervor. Dahinter das Schloß und der Schönenberg bei Ellwangen, und weiterhin sanft in das Blau des Himmels vergehend das reichangebaute hällische und fränkische Land, im Nordosten bis an die Berge des bayrischen Jura, unter denen der kahle Hesselberg bei Wassertrüdingen mächtig emporragt.

Auch die Gegend im Rücken des Schlosses, jener Hochrand des Herdtfeldes ist nicht ohne Reize, die schattigen Wälder, die stillen Heiden, mit einsam stehenden ehrwürdigen Lindenbäumen, oft herrliche Ausblicke gestattend, während im Vordergrunde malerisch und kühn das Bergschloß Kapfenburg aufsteigt.

Die vom Lauchheimer Bahnhof nach Neresheim führende Staatsstraße zieht sich theilweise durch schattigen Wald zum Schloß empor, das in einem großen ummauerten Garten liegt. Thürmchen stehen noch an einigen Ecken der Mauer und an der östlichen gerade an die Straße herziehenden Ecke steht eine offene Kapelle mit Christus am Kreuz, Maria und Johannes. Von hier an läuft die Straße hart an der Mauer hin, gerade südwestlich, bis zum Standbilde des h. Nepomuks, wo südwärts die Straße nach Neresheim weiter zieht und nordwärts der mit Linden besetzte Weg zum ersten Thore des Schlosses führt, eine starke aus großen Werkstücken aufgerichtete Bastion, | in höchst kraftvollem burgtrotzigem Renaissancegeschmack gehalten und mit weitem und tiefem Thorweg, der in den sehr geräumigen Vorhof des Schlosses führt. Zu beiden Seiten sehen wir langhin gedehnte Ökonomiegebäude, und im Hintergrunde des Vorhofes gegen Nordwesten erhebt sich stolz, theilweis auf natürlichem Felsgrunde, das Schloß als ein unregelmäßiger und großartiger Gebäudekomplex, in drei Stockwerken über sehr hohem fensterlosem Unterbau. Der Eingang zum eigentlichen Schlosse liegt im Osten, und durch dieses zweite Thor gelangt man nun, immer gegen Westen, auf gepflastertem Weg über den jetzt ausgefüllten Burggraben in den engen steil ansteigenden äußeren Hof zum Schlosse hinan, durch das ein langer Thorweg in den inneren Hofraum führt.

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Betrachten wir nun, ehe wir ins Einzelne gehen, in welche Haupttheile das Schloß zerfällt, es sind deren vier: 1) im Südosten und Süden erhebt sich der große 1716 erneuerte Westernachische Bau, laut Inschrift 1591 errichtet. Seine Südwestecke beschützt ein runder Thurm. 2) Nördlich stößt an den Westernachischen der auch bedeutende Hohenlohe’sche Bau, 1717 bis auf das untere Stockwerk neu erbaut, und an seiner Nordostecke tritt frei hinaus 3) Der älteste Theil der Burg, der Alte Bau, das sogenannte Kaplaneigebäude, die ursprüngliche bescheidene Anlage, ganz an den felsigen Nordostrand vorgeschoben und an dieser Ecke durch einen, jetzt etwas abgetragenen runden Thurm gedeckt. Und endlich 4) zwischen dem Westernachischen und dem Hohenlohe’schen Bau springt in zwei sich an der Nordwestecke rechtwinklig treffenden schmalen Flügeln der sogen. Küchenbau vor, 1718 von Grund auf neu gebaut. Stellen wir uns noch einmal vor das zweite Thor; es bildet einen sehr hübschen pavillonartigen Vorbau im Rococostil und von sehr malerischer Wirkung, treten wir dann durch den hallenden Thorweg in den engen äußeren Schloßhof, so überraschen uns reiche und merkwürdige Bauformen: zur Rechten erscheint hier der Alte Bau (Kaplaneigebäude) mit einem später vorgesetzten mächtigen Portal im schwersten Renaissancestil, von zwei großen jonischen Säulen gefaßt, und von hohem mit Wappen geschmücktem Aufsatze bekrönt; gegen das Thal hin trägt dieses Gebäude ein hübsches Erkerchen. Der Hof geht steil und eng hinan und zwar über den nackten Fels, auf den die Gebäude gegründet sind. Hier tritt nun zuerst der Hohenlohe’sche Bau hervor mit verziertem Rococogiebel und etwas weiter zurück links hin der Westernachsche Bau mit seinem prächtigen von Bossagen-Pilastern gefaßten Portal, das auch in jenem trotzigen Renaissancestil gehalten ist, wie das vorhin genannte. Der Rundbogen des Portals ist mit Kugeln besetzt, darüber (in zwei Reihen) drei schöne große noch bemalte Wappen zwischen jonischen Säulchen. Das Gebäude wird von einem höchst reichen kecken malerischen Giebel | bekrönt, dessen Saum in große Schnecken ausgeht und dessen Fläche von vier Pilasterstockwerken belebt wird, alle diese Pilaster wieder mit erhabenen Zierden geschmückt. Durch das Portal gelangt man in den langen ansteigenden kreuzgewölbten Thorweg, der sich rechtshin gegen den innern Hof heraus als Hallengang öffnet und hier mit zwei Bögen auf einer riesenhaften Rundsäule ruht, während linkshin hübsche Renaissancepforten in den ehemaligen Bankettsaal oder die Ritterstube, jetzt Kanzlei des Kameralbeamten führen. Am Ende des Ganges steht ein steinerner Wendeltreppenthurm, der Aufgang in das Innere des Westernachschen Baues, und an der Ostseite des Hofes geht eine mit schönem Schmiedeisengeländer versehene doppelte Freitreppe in den Hohenlohe’schen Bau, das frühere Forstamt, und die ehemalige Wohnung des Forstmeisters.

Von den zum Theil leerstehenden Räumen des Schlosses sind besonders zu nennen im Hauptbau, dem Westernachschen, die jetzt als Holzlege benützte schöne geräumige rechteckige Schloßkapelle, an der Südostecke über dem hohen Unterbau gelegen; sie wird von einem ganz spätgothischen Rippengewölbe (mit sich durchschneidenden Rippen) übersprengt und enthält zwei steinerne Grabdenkmäler, das kleinere von einem Herrn von Westernach, das größere von einem Herrn von Bubenhoffen, mit der Darstellung des Moses und der Inschrift: fecit moises serpentem aeneum et posuit eo pro signo. Gegen außen, an der Ost- und Südseite, markirt sich die Kapelle mit schlaffgefüllten gothischen Fenstern im spätesten Geschmack und hat an der Südseite eine Inschrifttafel: Anno Domini 1591 den 9. Aprilis ist durch den ehrw. gestreng. Edlen Herrn Hans Eustach v. Westernach des erwählten Kgl. Würth in Polen, Maximilian Erzherzogs zu Östreich Rath Kammerer Statthalter und Commthur in Mergentheim und Kapfenburg teutsch Ordens dieser Bau sammt Thürmen und Schnecken von Grund aus aufführen angefangen und auf den 10. Oktober bemelts Jars mit Gottes Hilf unters Dach gebracht worden. Gott wöll Ine schirmen vor Zerrüttung und Ine selbs bewahren. Amen.

Die schon oben genannte Ritterstube ist sehr sehenswerth und hat eine vortreffliche auf vier steinerne Säulen ruhende Stuckdecke. Diese in Kreuzgewölben geführte Decke zeigt Arabesken und mythologische Darstellungen, während die halbrunden Stirnbögen der Wände allerlei Wild in Flachrelief enthalten; gegen Südwesten legt sich an den Saal der schöne auch kreuzgewölbte Erker, in dem hier aufsteigenden Eckthurm befindlich. Die vier stämmigen Säulen des Saales tragen reizende und eigenthümliche rechteckige Kapitelle, die an den vier Seiten mit vier großen Diamanten geschmückt sind und durch vier Engelsköpfe mit Flügeln in den runden Schaft übergehen. In den zwei oberen Stockwerken sind zu nennen, im dritten Stock gegen | Südosten ein Saal mit sehr hübscher Stuckdecke im Rococostil und der jetzige protestantische Betsaal mit den Ölbildern von acht Commthuren, darunter bemerkenswerth das des Joh. Eustachius von Westernach, Hoch und Teutschmeister 1625; ferner ein prächtiges schmiedeisernes Gitterthor auf der Flur dieses Stockwerks, und in dem Flur des zweiten und dritten Geschosses die angemalten Wappen der früheren Ordensmeister (s. u.). Die zum Theil sechsseitigen Fußbodenfliese tragen mitunter die Jahreszahl 1716. In dem Thurm des Alten Baues finden sich noch Reste des Burgverließes mit einem Stein über dem Haspel, worauf in gothischer Schrift steht: das Vogel Thüerle.

Im großen Vorhofe stehen an die Mitte des Westernachschen Baues südlich angebaut, die Wohnung des Kameralverwalters, ein gut erhaltenes zweistockiges 1717 errichtetes Gebäude; davor (östlich) liegt ein von dem derzeitigen Kameralbeamten hübsch angelegter, ummauerter Garten, der sich bis an das zweite Thor des Schlosses hinzieht. An der Südseite des Gartens steht ein stattlicher steinerner Brunnen, durch die im Jahr 1868 angelegte Wasserleitung gespeist. Das Wasser wird am Fuß der Reichenbacher Berge in drei Reservoirs gesammelt und durch ein Pumpwerk in eisernen Röhren den Berg hinaufgedrückt. Und südlich von der Kameralverwalters-Wohnung dehnt sich lang hin der 1720 erbaute Fruchtkasten und ostwärts bis an das äußere Eingangsthor hin die Schloßscheuer und das Bandhaus, unter diesen beiden Gebäuden befindet sich der Lagerbierkeller, welcher 400 Eimer faßt. An der Ostseite des Vorhofes steht die jetzt nicht mehr benützte Schloßkirche, S. Lorenzkapelle, erbaut 1716. Ihr Westgiebel ist mit drei steinernen Heiligenbildern geschmückt, und das einst hübsch stuckirte Innere enthält noch vier Grabsteine von Ordensmeistern aus dem vorigen Jahrhundert. Auf dem ins Thal hinabschauenden östlichen Giebel sitzt ein Dachreiter mit zwei Glocken.

Südlich davon liegt der frühere Marstall, erbaut 1719. Im zweiten Stock desselben zunächst der Kapelle wurde 1811 die Revierförsterswohnung eingerichtet, während in der untern Hälfte gegen das Thor die vom Pächter der Domäne betriebene Bierbrauerei mit Gähr-, Weißbier- und Winter-Bierkeller sich befindet.

Außerhalb des Schloßkomplexes liegt die zur K. Staatsdomäne gehörige Meierei, bestehend in der Wohnung des Pächters mit Wirthschaftsgerechtigkeit nebst sehr ansehnlichen Ökonomiegebäuden. Die Domäne umfaßt 1675/8 Morg. Äcker, 45 Morg. Wiesen, 215/8 Morg. Gärten, 117/8 Morg. Öden. Überdieß hat sie die Schaf- und Rindviehweide auf allen ihren Äckern und Wiesen, mit Ausnahme ihrer auf den Markungen Lauchheim und Westerhofen liegenden Wiesen. Das Gut wird in Fruchtwechselfelderwirthschaft mit Repsbau und Brache in 8 Schlägen mit bedeutendem Futterbau und Anwendung | der besten Ackergeräthe rationell bewirthschaftet. Der Boden ist vorherrschend Thon mit Trümmern von weißem Jura gemengt, in Folge davon weniger bindend und hält daher die Feuchtigkeit länger an. Die Ackerkrume beträgt 6 Zoll. Auf den Morgen sät man 7–8 Sri. Dinkel, 7 Sri. Haber, 4 Sri. Gerste, 4 Sri. Roggen, und erntet durchschnittlich 6–7 Scheffel Dinkel, 3–4 Scheff. Gerste, 3 Scheff. Roggen, 3 Scheff. Haber. Von den Brach- und Handelsgewächsen wird ziemlich viel Reps und mit gutem Erfolg gebaut, von den Kartoffeln liefert der Morgen 150–200 Simri, die Wiesen ertragen vom Morgen 25–30 Centner gutes Futter. Es ist ein schöner Viehstand aufgestellt, 5 Pferde, 10 Kühe, 10 Ochsen, deren Zahl während der Sudperiode bis auf 20 Stück steigt, ein Farre und 16 Stücke Schmalvieh, sämtlich von reinem Limpurger Schlag; auch läßt man auf dem Gut 112 Stück Bastardschafe laufen.

Die Domäne ist eine Theilgemeinde mit eigener Markung und der Gemeinde Hülen zugetheilt; da dieselbe ausschließlich Staatseigenthum, so ist weder ein Anwalt noch ein Theilgemeinderath bestellt.

Im Jahr 1235 schenkte Guta, Heinrichs v. Waldhausen (a. d. Rems) Gemahlin, 1 mansum in Hulewe dem Kloster Lorch, dieses aber verkaufte sein Gut an Eberhard von Grunberg, den Burgmann von Kapfenburg. Denn schon 1311 bürgte Eberhardt von Grüenberk, genannt von Kapfenburg, welche Burg eigentlich den Grafen v. Oettingen gehörte. 1334 versicherte Graf Ludwig seinem Sohne Albrecht 4000 Mark Silber als Heimsteuer seiner Mutter Guta von Östreich mit seiner Purc zu Caphenberc u. a. m. Als Burgmannen kommen vor 1340 Hr. Brunn von der Capfenburg und 1353. 57. Eberhard v. Grünberg der zu Kaphenburk gesessen ist. 1363 kaufte Marquard der Zoller, Deutschordenskommenthur zu Mergentheim den Kirchsatz zu Lauchheim mit den Widdumgütern zu Lauchheim, Westhausen u. a. m.; 1364 aber kauft er von den Grafen Ludwig sen. und jun. von Oettingen die Veste Kapfenburg bei Lauchheim, den Weiler Hülen und das Dorf Waldhausen mit dem Kirchsatz um 4100 Pfd. Heller. Diese ansehnliche Besitzung bildete nun eine Zubehörde der Kommende Mergentheim und wurde von dort aus verwaltet, gewöhnlich durch einen Statthalter des mergentheimischen Kommenthurs. Doch empfahl es sich mehr eine eigene Kommende zu bilden, was 1384 schon geschehen war. Der Kommende Mergentheim sollten, um ihres Aufwands willen, 20 % vom Reinertrag verbleiben.

Die Kommende erweiterte ihre Besitzungen; schon 1368 kaufte sie die Güter der Hrn. v. Grünberg zu Hülen, dann allerlei Güter zu Lauchheim, auf dem Herdtfelde u. s. w., namentlich auch viele Leibeigene, fast in allen Orten rings umher, 1431 von Ulrich v. | Welden, 1431 von Simon v. Leonrod, 1441 von Gertraud v. Katzenstein (zu Ebnat, Elchingen, Gr. Kuchen, Ohmenheim, Kösingen, Frickingen, Dossingen, Rüffingen, beiden Merkingen, Affalterwang und Waldhausen) um 110 fl. In Unterrüffingen wurden vor 1404 und noch mehr 1456 Güter erworben, 1443 Hölzer bei Waldhausen um 200 fl. von einem Bopfinger Bürger, ein Hof in Beuren 1445, von Käufen außerhalb des Oberamts nicht zu reden. 1470 wurden vom Kl. Neresheim Güter und Zehnten in Waldhausen, Mittelbuch und Hohensallach (abgeg.) eingetauscht und 1471 um 1200 fl. des Klosters Lorch Güter und Gülten erworben zu Hohenlohe, Kuchen, Auernheim, Dossingen, O. Rüffingen, Beuren, Dorfmerkingen, Stetten, Pflaumloch, Goldburghausen, Uzmemmingen, Dischingen, Westerhofen, Nördlingen, Fleinheim, Oggenhausen, Nattheim u. s. w.

Die Burg wurde in wehrlichem Stand erhalten, denn 1374 wurde Conrad v. Grünberg, Ritter, mit seinem Sohn Georg gegen 70 fl. des Deutschordens getreuer Baumann (Aufseher über die Erhaltung der Befestigungswerke), entsagt aber dagegen gewissen Rechten in Lauchheim und Ansprüchen zu Hülen, Westerhofen, Stetten, Röttingen, Kirchheim, Goldburghausen u. s. w. K. Wenzel verlieh zum D.O.Hause Kapfenburg und Dorfe Lauchheim ein Halsgericht, Stock und Galgen von neuem unwiderruflich 1398. K. Ruprecht verwilligte für Lauchheim Marktgerechtigkeit und K. Sigmund die Ummauerung und Stadtrecht (wie Bopfingen) 1430. 31. Mit Oettingen gabs freilich der landvogteilichen Rechte willen vielen Streit und jedenfalls die 4 hohen Fälle nehmen die Grafen ausschließlich für sich in Anspruch. Andere Streitigkeiten gabs mit Oettingen über Zoll, mit Württemberg über das jus forestale und venandi. 1465 begab sich das D.O.Haus Kapfenburg auf 12 Jahre in den Schutz Herzog Ludwigs v. Bayern.

Die feste Burg (in der noch heute der Hohenloher und Westernacher Bau an die betreffenden Kommenthure, die Erbauer, erinnern) mit Geschütz wohl versehen, konnte doch im 30jährigen Krieg den Schweden nicht widerstehen, Oberst Sperreuter eroberte sie 1632 und König Gustav Adolf verschenkte die Kommende an Graf Georg Friedrich v. Hohenlohe. Der Oberst M. Ch. v. Degenfeld aber, welcher 1632–33 die Burg besetzt hatte und gern selber behalten hätte, verließ sie in ganz ausgeleertem Zustand. Nach der Nördlinger Schlacht mußte auch der Hohenloher weichen und D.O. stellte die Burg noch fester her; sie blieb auch in den kommenden Zeitläuften wohl erhalten, so daß sie Württemberg 1806–7 dem Prinzen Paul zur Residenz anweisen konnte.

Nämlich 1805 am 29. Nov. nahm der württembergische Landvogteiverweser Besitz von Kapfenburg; Bayern protestirte zwar und schickte Militär, welchem die württemb. Compagnie weichen mußte, | Kaiser Napoleon aber entschied für Württemberg, das nun 1806, 1. Juli wieder Besitz ergriff. Man zählte damals 2191 Einwohner des Kommendegebiets. Zum Halsgericht in Lauchheim waren gewiesen, Michelfeld, U.-Rüffingen 3/4, O-.Rüffingen, Hohenlohe, Beuren (außer 4 ellwg. Unterthanen), Waldhausen, Arlesberg, Geißelwang, Prastelburg, Hülen, Dossingen.

Eine Liste der Kommenthure wurde im Schloß Kapfenburg mit ihren Wappen illustrirt. Es sind folgende: 1) Marquart Zoller v. Rotenstein 1364. 2) Johann v. Kötz 1384. 3) Walther v. Kaltenthal 1384. 4) Hans v. Venningen 1396–1428. 5) Simon v. Leonrod 1441. 6) Albrecht v. Venningen 1454. 7) Hans v. Finsterloe 1467. 8) Christian Truchseß v. Höfingen 1481. 9) Georg Diemer 1484. 10) Haimeran v. Stockheim 1499. 11) Hans Nothhaft 1506. 12) Wilhelm v. Neuhausen 1513. 13) Graf Johann v. Hohenlohe 1538. 14) Alexius Diemer 1541. 15) Graf Balthas v. Nassau. 16) Philipp v. Altdorf gen. Wollenschlag. 17) David v. Wasen 1569. 18) David v. Hardt 1579. 19) Johann Eustach v. Westernach 1590. 20) Georg Wilhelm v. Elkershausen gen. Küpel 1628. 21) Graf Ulrich v. Wolkenstein 1635. 22) Johann Conrad v. Liechtenstein 1639. 23) Gustav Adolf v. Traundorf 1656. 24) Johann Adolf Lösch v. Hilkertshausen 1657. 25) Philipp v. Grafeneck 1659. 26) Johann Friedrich v. Weingarten 1669. 27) Tiborius Christianus v. Sparr auf Greiffenberg 1676. 28) Johann Adolf Rau v. Holzhausen 1685. 29) Philipp Adolf v. Hohenegg 1691. 30) Maxim. Rudolf v. Westernach 1703. 31) Franz Konrad v. Reinach 1710. 32) Karl Heinrich von Hornstein 1714. 33) Franz Konrad v. Reinach 1718. 34) Georg Daniel v. Buttlar 1725. 35) Philipp Erwin Anton v. Großschlag 1730. 36) Conrad Christof v. Lohrbach 1732. 37) Reinhard Adrian v. Hochsteden 1753. 38) Rudolf Heinrich Karl Alois v. Werdenstein 1767. 39) Johann Baptist Christof v. Andlaw 1784.

Württemberg errichtete in Kapfenburg, wo der Deutschordensche Hauptfruchtkasten auch gewesen war, ein Kameralamt, zuerst dem O.Amt Ellwangen, nachher Neresheim zugetheilt; ein Forstamt kam später dazu. Die Schultheißerei zu Hülen wurde 1823 gebildet und Kapfenburg 1832 zugetheilt.

Im Weiler Hülen hatte der D.Orden gesucht die Zahl seiner Unterthanen zu vermehren durch Ansiedlung von Heimatlosen u. dergl., aber es hieß 1594: in den neuen sogen. Klepperhäuslein wohnen nur „heillose, lüderliche Leute.“ Auch seitdem hat sich der Ort sehr vergrößert. Weil die alten Postwege von Aalen nach Nördlingen, von Lauchheim nach Dischingen u. s. w. über Hülen führten, so bestand hier lange eine Reichsposthalterei.

Brandfälle im Dorf kamen vor z. B. 1827. 32. 37. 39. 56.

| Die ganze Gemeinde ist nach Lauchheim eingepfarrt.

Das Schloß Kapfenburg mit einer Marienkapelle und der eigentlichen Schloßkapelle hatte einst einen Ordenspriester als Kaplan, welchen aber der Bischof erst zur Seelsorge auch legitimiren mußte. In neuerer Zeit wurde für die evangel. Beamten und zerstreuten Protestanten der Umgegend eine ständige Pfarrverweserei eingerichtet.


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