« Kapitel B 22 Beschreibung des Oberamts Heidenheim Kapitel B 24 »
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23. Gemeinde Schnaitheim,
bestehend aus dem evangel. Pfarrdorf dieses Namens und dem Filial-Weiler Aufhausen mit 1759 Einw. auf 2 Markungen von 10.9156/8 M. Flächengehalt, von welchen 30866/8 M. auf die Mark. Aufhausen kommen. Dieser Bezirk liegt im obern Brenzthal, und wird von dem Brenzfluß mitten durchströmt. Die Höhen und Abhänge zu beiden Seiten des zum Theil sumpfigen Thales sind mit Ackerfeld, mehr aber noch mit Waldungen (63984/8 M.) bedeckt, welche über die Hälfte der Gesammtmarkung einnehmen. Ackerbau wird auf 2845 M. getrieben, wovon aber über 1/3 aus Wechselfeldern und Ausbäuen besteht. Größere geschlossene Güter sind beinahe keine mehr vorhanden. Der Boden gehört im Ganzen nicht zu den ergiebigeren im Oberamt; man schätzt den Ertrag eines M. an Dinkel, der nebst Gerste vorherrschend gebaut wird, auf 7-8 Scheffel. Die Brach wird ungefähr zur Hälfte eingebaut. Die Preise sind 30-100-250 fl. per M. Die Wiesen (462 M.) sind auf Schnaitheimer Markung zum größeren Theil ein-, auf Aufhäuser zweimähdig, und liefern dort zu 2/3, hier zu 1/2 saures Futter. Der Durchschnittsertrag wird nur zu 10 Ctr. Heu, und 3 Ctr. Öhmd angenommen. Preise: 70-250-500 fl. Der ziemlich niedrig stehenden Obstcultur sucht man durch Einrichtung einer Baumschule aufzuhelfen. Der bei weitem größte Theil der oben angegebenen Waldfläche gehört dem Staat (48104/8 M.); die Gemeinde besitzt 10954/8, Privaten den Rest mit 4924/8 M. In den Staatswaldungen spricht die Gemeinde das Waidrecht an. Die Pferdezucht ist nicht von Bedeutung, die Rindviehzucht nur in | mittelmäßigem Zustande; im Stall wird 1/3 des Viehes gefüttert. Schafe werden nicht gehalten, die Waide wird von auswärtigen Schafen benützt. Die Geflügelzucht ist nicht gering. Das Fischwasser gehört zum Theil der Gemeinde, die es verpachtet hat, zu einem kleinern Theil einem Privaten.

Die Gewerbsthätigkeit ist in Schnaitheim (nicht aber in Aufhausen) von größerer Wichtigkeit als Feldbau und Viehzucht. Schnaitheim ist ein Hauptsitz der Hafnerindustrie; die schönen, weißen Fabrikate derselben sind unter dem Namen Heidenheimer Geschirr sehr gesucht und bilden einen beträchtlichen Ausfuhrartikel nach Bayern, in die Schweiz, selbst bis nach Oberitalien. Der Thon wird aus einer Grube im Staatswald bei Aufhausen in einer Tiefe von 50–100’ gewonnen. Sehr zahlreich ist ferner das Gewerbe der Zimmerleute, Maurer und Steinhauer. Auf der Markung befinden sich fünf Steinbrüche, die einen zu Bauten aller Art vorzüglich brauchbaren weißen Jurakalkstein liefern, und den Sommer über circa 90–100 Menschen beschäftigen. Die Steine werden in’s Ulmische und bis in die Gegend von Augsburg abgesetzt. Drei dieser Brüche, und zwar die ergiebigeren, sind Gemeindeeigenthum und verpachtet. Auch findet ein großer Theil der Einwohner in den Fabriken des nahen Heidenheim wohlbezahlte Arbeit. Eben dahin arbeiten auch die hiesigen Lohnweber (20 Stühle). Einige Bürger beschäftigen sich viel mit Fuhrwesen zu den Eisenwerken. Mahlmühlen sind 1 in Schnaitheim, 1 in Aufhausen; Schildwirthschaften 3, Bierbrauereien 3, sämmtlich in ersterem Orte.

Der Nahrungsstand ist bei diesen fleißig benutzten Erwerbsquellen nicht schlecht; hinsichtlich des sittlichen Zustandes steht jedoch diese Gemeinde hinter manchen andern des Oberamtsbezirkes zurück. Das Gemeindevermögen steht sowohl in Schnaitheim als in Aufhausen, das eigene Verwaltung hat, gut. Die bürgerlichen Nutzungen bestehen in ersterem Orte in 1/2 Kl. Holz nebst Abfall und 1 Jchrt. Acker, in letzterem Orte in 1 Kl. Holz nebst Abfall und 1 Viertel Acker. Großzehent- und Gefällherr ist der Staat; der kleine und Heuzehenten gehört der Pfarrei, Lehengüter giebt es keine mehr. Die abgelösten persönlichen und dinglichen Jagdfrohnen in beiden Orten betrugen jährlich 59 fl. 42 kr. Gebäudeabgaben an den Staat, die Gemeinde- und Stiftungspflege wurden zusammen abgelöst, jährliche 22 fl. 49 kr. Aufgehoben aus dem Hirtenstab 1 fl. 30 kr.

1) Schnaitheim, Sitz des Forstamts Heidenheim und eines Revierförsters, liegt 3/4 St. nördlich von Heidenheim an der Staatsstraße nach Aalen, die mitten im Ort über eine steinerne Brücke vom linken auf das rechte Ufer der Brenz übergeht, durch welche das lang gestreckte Dorf in zwei Hälften geschieden wird. Es leben | 1547 Menschen in 200 Wohngebäuden, die im Ganzen ein ziemlich gutes Aussehen haben, und mehr als zur Hälfte mit Ziegeln gedeckt sind. Gute Quellbrunnen sind zur Genüge vorhanden. Auf einer sanften Anhöhe am nordöstlichen Ende des Ortes steht die im Innern etwas düstere und feuchte Pfarrkirche mit einem 1774 neu erbauten hübschen Thurm. Man lobt in dieser Kirche ein Cruzifix mit schöner Holzschnitzarbeit. Die Baulast liegt dem Heiligen ob, der 210 fl. jährliches Einkommen hat. (Ein Armenstiftungskapital ist im Betrag von 815 fl. vorhanden). Der 1833 erweiterte Begräbnißplatz liegt an der Kirche. Unfern davon das sehr frei und angenehm gelegene Pfarrhaus, das der Staat im Bau erhält. Die Schule mit 2 Lehrern besteht nur für Schnaitheim allein; das Haus ist 1824 umgebaut worden; eine Stiftung besteht im Betrag von 81 fl. Kapital für Bücher und Prämien. Auch ist eine Industrieschule eingerichtet. Die Gemeinde hat ein eigenes Rathhaus.[1]

Eine sehr freundliche Lage am rechten Brenzufer mit reizender Aussicht hat das ehemalige königliche Jagdschloß, welches jetzt zur Amtswohnung des Oberförsters dient. Es ist übrigens ein ziemlich einfaches Gebäude mit Eckthürmen. Es steht ohne Zweifel an der Stelle der alten Veste, s. unten.

Auf der hiesigen Markung, in deren südwestlicher Ecke, befindet sich der Birkelstein, ein Fels mit einer Höhle, die anfangs enge, sich zu einer Kammer von 15’ Höhe und 10’ Breite mit schönen Tropfsteinbildungen erweitert. Das Volk fabelt hier von Räubern und von einem Gang, der von dieser Höhle bis Heidenheim führen soll. Die Nördlinger Staatsstraße zieht nahe an diesem Fels vorüber. – Auf einem Feld in der Nähe des Ortes, der Heeracker genannt, sollen Waffen und Alterthümer gefunden worden seyn, von denen man nichts Näheres mehr anzugeben weiß.

Der Ort Schnaitheim, welcher von dem an der Sechtach gelegenen Ober- und Unter-Schneidheim (OA. Ellwangen) wohl zu unterscheiden ist, tritt sehr frühe in die Geschichte ein; Kloster Fulda | bekam von einem Wentilfrid seine Güter und 6 Leibeigene in pago Recie (nicht Rexie, s. Schoettgen et Kreysig Dipl. et script. Germ. med. aevi 1, 43) in villa nuncupata Sneiten juxta fluvium Brenze, von Egilolf und seiner Frau Rilint locum Esnide super fluvium Brenze mit 30 Leibeigenen (Schannat. Trad. Fuld. 310. 309).

Die Veste Schnaitheim war ein sogenannter Berfried (Reg. Boic. 8, 7); den 2. Febr. 1328 „geweren die Grafen Ludwig und Friedrich von Öttingen ihrem Bulen dem Grafen Johann von Helfenstein nach Landsrecht um die Verleihung der Burgveste zu Berge und die Vesten Snaiten und Aufhausen“ (Reg. Boic. 6, 246); in der Mitte des 15. Jahrhunderts saßen auf Schnaitheim die Herren von Scharenstetten (helfensteinische Dienstleute).

Diese Familie hatte in „Snayten“ den Kirchensatz, von welchem einen Theil nebst einer Sölde Ritter Walther von Scharenstetten den 25. Februar 1344 an Agnese von Eglingen, seine Tochter, veräußerte (Reg. Boic. 8, 6. 7). Agnes verkaufte diesen Besitz unter Mitwirkung der Lehensherren, der Grafen von Helfenstein, schon im Jahr 1345 den 2. Juni an Ritter Ulrich den Vetzer, ihren Oheim nämlich „eine Sölde zu Snayten samt dem Kirchensatz und der Vogtei, in so weit sie selbe von ihrem Vater Herrn Walther von Scharenstetten und ihrem Bruder Conrad ererbt hat, um 250 Pfd. Heller“ (Gabelkh. und Reg. Boic. 8, 43). Im Jahr 1413 lieh Graf Friedrich von Helfenstein dem vesten Knecht Ulrich Vetzer dem Ältern den halben Theil des Kirchensatzes mit Zugehör, desgleichen im Jahr 1446 Graf Ulrich von Helfenstein an Mang Vetzer, Ulrichs Sohn (Gabelkh.).

Um wieder auf das Schloß Schnaitheim zurückzukommen, wechselten seine Besitzer mehrere Male: im Jahr 1525 saß hier Rudolf Ebner (Gabelkh.), nachher kam es in die Hände eines Reuß von Reußenstein, von diesem gegen das Jahr 1577 an Puppelin von Stein, aus dessen Händen bald darauf an Johann Ludwig von Sperberseck, der es wenigstens im Jahr 1583 schon besaß.[2] Von der Familie Sperberseck erhielten es im ersten Drittheil des 17. Jahrhunderts (1627, wenn nicht früher) Hieronymus Besserer und Wolf von Westerstetten. Seit dem Ende desselben Jahrhunderts ist hier der Amtssitz der württembergischen Oberforstmeister des Heidenheimer Forstes; von ihnen enthält die Pfarrkirche mehrere Denkmäler.

Der Ort selbst ist mit der Herrschaft Heidenheim, welche laut | ältesten Salbuches Vogt und Herr über das Dorf war, ausgenommen der Scharenstetter Gut, württembergisch geworden; auch das Kirchenlehen gieng an das Haus Württemberg über (Braun, Diöz. Augsburg 1, 543).

Im 30jährigen Kriege ist ein Drittheil des Dorfes abgebrannt, und die Zahl der 150 Bürger, welche früher sich hier vorfand, sank auf 32 herab.

Schnaitheim hatte vor Zeiten ein Gericht (12 Richter), um dessen Wiederherstellung es im Jahr 1649 bat. Es war auch hier noch bis in neuere Zeit ein Amtmann und ein besonderes Dorfgericht.

Rudolsperg, eine Waldhöhe nordöstlich von Schnaitheim, war laut eben genannten Salbuches eine Weilerstatt, und ist bei den von Helfenstein öde geworden. Ebenso der Weiler Enggasse in einem jetzt bewaldeten Thal 3/4 St. westlich. Andere abgegangene Weiler auf dieser Markung scheinen Brandelzhausen, Hirrweiler, Rothensohl und Birkwang gewesen zu seyn.

2) Aufhausen, Weiler, liegt etwas erhöht auf dem linken Brenzufer, unweit der Straße nach Aalen, 3/8 St. nördlich von Schnaitheim. Aufhausen hat eigene Gemeinde-Vermögens-Verwaltung, eine eigene Schule und ist der Sitz eines Revierförsters. Der Ort ist dem Staat groß-, der Pfarrei klein- und Heuzehent-pflichtig; er zählt 212 Einwohner in 35 Wohnhäusern. Von der alten Burg Aufhausen sind noch die Grundmauern vorhanden, welche einen als Garten und Grasboden benutzten Raum umschließen.

Zuerst genannt wird Vfhusen im Jahr 1143 bei Ausstattung des Klosters Anhausen. Den 18. Februar 1336 verkaufte Rudolf der Vetzer der Ältere seinem Bruder Ulrich Vetzer alle seine zu Aufhausen an der Brenz gelegenen Güter, die er von seinem Vater ererbte, und die Holzmark, die ihm von seinem Vetter dem Gruppen anfiel, um 510 Pfund Heller. Die Oberherrlichkeit in diesem Orte gehörte den Grafen von Helfenstein, von denen sie im Jahr 1448 mit der Herrschaft Heidenheim an Württemberg übergieng.


  1. Ein bedeutendes Brandunglück suchte den Ort den 12. Okt. 1842 heim, wodurch 14 Wohnhäuser und 1 Scheune eingeäschert, 9 weitere Gebäude beschädigt und 21 arme Familien, bestehend aus 97 Köpfen, obdachlos wurden. Der Ersatz, welchen die Brandversicherungskasse zu leisten hatte, betrug 6.855 fl. 25 kr., wovon jedoch wegen der Strohdächer 841 fl. 40 kr. in Abzug kamen. An dem Mobiliarschaden, der im Ganzen auf 5.540 fl. geschätzt wurde, vergütete die vaterländische Gesellschaft 13 versicherten Familien die Summe von 3600 fl. Auch giengen namhafte Unterstützungen aus der Nähe und Ferne ein. Nun sind sämmtliche Wohnungen in einer Weise wieder aufgebaut, daß der Theil des Ortes, in welchem sie stehen, merklich dadurch gewonnen hat.
  2. 1583. Gütlicher Vertrag zwischen Hans Ludwig von Sperberseck als Inhaber des Schlößchens zu Schnaitheim und der fürstlichen Rentkammer wegen der hohen und niedern Gerichtsbarkeit zu Schnaitheim (Urkunde im königl. Staatsarchiv).
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