« Kapitel A 7 Beschreibung des Oberamts Gmünd Kapitel B 2 »
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B.
Ortsbeschreibung,


in alphabetischer Reihe der den Oberamtsbezirk bildenden 26 Gemeinden oder Schultheißereien, jedoch unter Vorausstellung der Oberamtsstadt.

Die am Schluß beigefügten Tabellen gewähren übersichtliche Zusammenstellungen: I. der Bevölkerung, der Gebäude und des Viehstandes, II. des Flächenmaßes nach den verschiedenen Bestandtheilen und III. des Steuerkatasters, des Gemeinde und Stiftungshaushalts.


Gmünd,[1]

Oberamtsstadt, Gemeinde I. Klasse mit Eisenbahnstation, ferner mit Becherlehen, Haus, Dreifaltigkeitshaus, Haus, Freimühle, Haus, Fuggerle, Haus, Galgenberg, Haus, Georgishof, Hof, Gotteszell, Haus, Hohlenstein, Haus, St. Josephkapelle mit Haus, Klarenberg, Haus, St. Katharina, Haus, Kleemeisterei, Haus, Kroatenhaus, Haus, Kunstmühle, Haus, Klosterhof, Hof, die 14 Krähenhäuser, Hof, St. Leonhardskirche mit Haus, Lohmühle, Haus, Pfenningmühle, Haus, Rehnenhof, Hof, Rinderbacher-Mühle, Haus, obere Sägmühle, Hof, untere Sägmühle, Haus, Schleifhäusle, Haus, Siechenberg, Haus, St. Salvatorkirche mit Haus, Sternhalbe, Haus, Vogelhöfe, zwei Höfe, Walkmühle, Haus, Zeiselberg, Haus, und 79 einzelne Wohnhäuser. Einwohner 9067, worunter 2076 Evangelische mit eigener Pfarrei, 8 eigener Konfession und 22 Israeliten. – Kath. Pfarrei; die Katholiken in Rehnenhof sind nach Wetzgau eingepfarrt.[2]


Die Oberamtsstadt Gmünd liegt unterm 27° 27′ 36,21″ östliche Länge und 48° 47′ 57,55″ nördlicher Breite (Kirchthurm der St. Johanniskirche), 14 geometrische Stunden östlich von Stuttgart. | Die Erhebung über das Mittelmeer beträgt 1119,6 württembergische Fuß = 324,7 Meter (Erdfläche am Thurm der St. Johanniskirche), 1083,7 w. F. = 310,4 M. (Wasserspiegel der Rems unter der Straßenbrücke beim Bahnhof), 1110,4 w. F. = 318,1 M. (Bahnhof Schwellenhöhe). Die Stadt ist der Sitz des Oberamtsgerichts mit dem Gerichtsnotariat, des Oberamts mit dem Oberamtsphysikat und der Oberamtspflege, des Kameralamts, des kath. Dekanatamts, des Revieramts, eines Postamts, einer Bahnhofverwaltung mit Telegraphenstation, einer Hochbauinspektion, einer Straßenbauinspektion, eines katholischen Schullehrer-Seminars, einer Taubstummen-Anstalt und eines Blinden-Asyls. Eine gerichtliche Strafanstalt (Zuchthaus) befindet sich in Gotteszell. Überdies wohnen in der Stadt ein Umgeldskommissär, ein Oberamtswundarzt, ein Oberamtsthierarzt, 5 ausübende Ärzte, 4 Rechtskonsulenten und der Oberamtsgeometer; auch befinden sich daselbst 2 Apotheken.

Ferner garnisonirt hier seit dem Oktober 1868 ein Bataillon Infanterie (gegenwärtig das zweite des achten Regiments), von dem auch die Wachen für das Zuchthaus Gotteszell gegeben werden. Den Sommer über wird abwechselnd eine Artillerieabtheilung nach Gmünd kommandirt, welche daselbst in dem sog. Schießthal ihre Schießübungen vorzunehmen hat; die Mannschaft wohnt in Feldbaracken, welche bei Gotteszell auf einem 7 Morgen großen, von der Stadt unentgeltlich zur Benützung überlassenen Platze im Jahr 1868 errichtet wurden. Der Stadtkommandant hat seinen Sitz in der Stadt und wohnt in einem Privathause.

An der Stelle, wo von Südosten her der Waldstetterbach, von Norden der Wetzgauerbach und von Nordosten der Sulzbach in die noch jugendliche Rems münden und zu ihrer Erstarkung wesentlich beitragen, liegt die altehrwürdige, ehemalige Reichsstadt Gmünd, die ihren Namen den hier einmündenden Gewässern verdankt. Die Lage der in die Thalweitung zwischen der Rems und dem Waldstetterbach hingebauten Stadt ist durchaus eben und gehört zu den schönsten Städtelagen des Landes; zunächst erheben sich von den wiesenüppigen Thalebenen mild geformte, ziemlich hoch ansteigende Gehänge, welche durchaus mit Baumgärten, Wiesen und Waldungen kultivirt sind und frei von Ackerland frischgrün in die Thäler hinabschauen, was einen besonders freundlichen Eindruck hervorruft; nur die in neuerer Zeit sich so massenhaft eindrängenden Hopfengärten stören einigermaßen die landschaftlichen Reize und bringen in die mildschöne Gegend einen etwas starren, steifen Zug. Nördlich der Stadt ziehen sich ganz nahe zu ihr üppige Waldungen und gestatten herrliche schattige Spaziergänge. Auf dem Bergrücken zwischen der Rems und dem Waldstetterbach führt eine kräftige Pappelallee hinan, die der Landschaft vortrefflich ansteht; eine besondere Schönheit und Eigenthümlichkeit | der Gegend bilden die um die Stadt gelegenen Gärten mit ihren Villen, wie auch die zahlreichen, hinter Baumgruppen versteckten Einzelhäuser und Höfe, welche sich malerisch zerstreut in der Thalebene, besonders aber an dem Thalgehängen lagern und die Gegend so freundlich beleben, eine Erscheinung, die keine andere Stadt in Württemberg in solcher Mannigfaltigkeit und Schönheit aufzuweisen vermag. Ersteigt man nur mäßige Anhöhen zunächst der Stadt, so genießt man nicht allein einen herrlichen Blick über die Stadt selbst, sondern auch in die lieblichen mattenreichen Thäler, hinter denen bald die großartigen Vorberge der Alb, Staufen, Rechberg und Stuifen, auftauchen, und steigt man noch höher hinauf, so erscheint ein großer Theil des Nordwestabfalls der Alb und bildet einen kräftigen Hintergrund der Landschaft. Von den Aussichtspunkten in der Umgegend der Stadt nennen wir: den Salvator, die Villa von Buhl auf dem Hohlenstein, das Hardt, den Straßdorfer Berg, die Vogelhöfe und die Köhlerhütte; letztere im Wald gelegen, erlaubt durch Lücken zwischen üppigen Waldbäumen reizende Blicke über die Stadt und an die drei Vorberge der nahen Alb. Gmünd selbst mit seinen Ringmauern, großartigen Kirchen und zahlreichen Thürmen erscheint von außen gesehen als eine sehr ansehnliche, im Mittelalter wohl befestigte Stadt, die sich, ungeachtet schon mancher Schmuck ihres ursprünglichen Aussehens im Laufe der Zeit fallen musste, dennoch ihr altehrwürdiges Gepräge noch gut erhalten hat und die von vielen Seiten recht malerische stattliche Ansichten bietet.

Die Stadt, welche in die innere ummauerte Stadt (Altstadt) und in die ebenfalls mit Mauern, Gräben und Zwingern umgebenen Vorstädte zerfällt, ist im allgemeinen unregelmäßig angelegt und mit Ausnahme einiger breiten Straßen, wie die Bockgasse, Ledergasse, vordere und hintere Schmidgasse, der Entengraben etc., von mäßig breiten, häufig schmalen Straßen und Gäßchen durchzogen, die indessen durchgängig reinlich gehalten, theils macadamisirt, theils mit klein gefügtem Pflaster versehen sind. Von Gassen werden in Urkunden genannt: die Utighofergasse im Jahr 1347, die Näbergasse 1348, die Milchgasse 1368, die Ledergasse 1415, die Schmidgasse 1431, die Klingharts- und Pfeiffersgasse 1435, die Barfüßergasse 1516 und außerhalb der Stadt die Siechengasse 1384. Von öffentlichen Plätzen sind außer dem schönen Marktplatz noch die beiden Kirchplätze, der sog. kalte Markt, der Platz beim Kornhaus und der in der hintern Schmidgasse zu nennen. Um den Marktplatz gieng ein Burgfriedensbezirk mit höheren Strafen für darin begangene Unbill.

An den Straßen und Plätzen lagern sich theils ganz gedrängt, ohne Zwischenräume, theils durch Gärten und Hofräume unterbrochen, die im allgemeinen freundlichen, mitunter sehr ansehnlichen Gebäude, welche häufig nicht in gerader Linie neben einander, sondern das | eine über das andere Haus vorstoßend, staffelförmig hingebaut sind; sie stammen meist aus dem 17. und 18. Jahrhundert, manche auch aus früherer Zeit, und sind theils im Renaissancestil, häufiger noch im Rococostil erbaut. Besonders war es in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts der Baumeister Heinrich Keller aus Dinkelsbühl, der in Gmünd eine Reihe von höchst geschmackvollen und reichverzierten steinernen Rococohäusern erbaute, die als Muster eines edel gehaltenen Zopfstils gelten können und der inneren Stadt ihr eigenthümliches, festliches und so sehr anmuthendes Gepräge verleihen. Neben diesen ganz aus Stein und anderen aus starkem Eichenbalkenwerk aufgeführten Gebäuden haben beinahe alle Häuser steinerne Unterstöcke mit architektonisch schönen Eingängen, über denen Wappen oder sonstige Verzierungen sich befinden; die Holzthüren sind häufig mit gutem Schnitzwerk reich verziert. Einen besondern Schmuck bilden die, großentheils von dem alten Schmiedmeister Storr, kunstreich gearbeiteten Eisengitter an den Fenstern der unteren Stockwerke und über den Hausthüren, die Wirthschilde und Spiegelhalter, auch haben sich an den Dachrinnen noch schöne Wasserspeier und auf den Firstgiebeln Wetterfahnen und andere hübsche Bekrönungen erhalten. Gar viele Häuser wurden erneuert und gerade nicht geschmackvoll, meist graublau oder gelb getüncht, aber dennoch hat sich ihre ursprüngliche Bauweise nicht ganz verdrängen lassen, namentlich an den älteren Gebäuden, bei denen ein Stockwerk über das andere vorstößt. Die ehemalige Befestigung, Ummauerung der Stadt ist auf ziemliche Strecken noch erhalten und lässt sich auch wo sie abgegangen, noch genau verfolgen; sie läuft und lief um die innere, ursprüngliche Altstadt: von dem ehemaligen inneren Eutighofer Thor (später Bocksthor), über dem sich ein fester Thurm erhob, Bocksthorthurm, hinter der Oberamtei (ehemaliges Augustinerkloster) und dem Ludwigskloster hin bis zum ehemaligen Pulverthurm, weiter an dem Kapuzinergarten (jetzt Irrenanstalt); hier ihre südöstliche Richtung in eine nordöstliche ändernd, lief sie bis an die Scheuer des Kreuzwirths, wo das innere Waldstetter Thor mit Thurm, Bäuerlesthurm genannt, stand; von hier bis zum Garten des Gerbers Schabel, wo abermals ein Thurm stand, weiter bis an das sog. Thörle, ein noch bestehender kleiner Eingang für Fußgänger, an dem ebenfalls ein Thurm sich erhob, und von da hinter dem Judenhofe vorbei bis zum Königsbronner Hof (jetzt Holzmagazin); hier wendet sie sich gegen Norden bis zum abgegangenen inneren Rinderbacher-Thorthurm, auch Diebsthurm genannt, weiter hinter der Schmalzgrube und dem Franziskanerkloster hin (dem Entengraben entlang); hier eine nordwestliche Richtung annehmend, zieht sie über den kalten Markt bis zum Hahnenwirthshaus, wo ein Thorthurm, St. Nikolausthurm, stand, von da in westlicher Richtung an dem Spital vorüber | bis zum abgegangenen Arenthorthurm beim Waisenhaus, weiter in südwestlicher Richtung bis zum Bogenbergle, wo sich ein Einlaßthörchen mit Thurm befand und endlich wieder zum Bocksthor beim Taubstummen-Institut.

An dieser inneren Stadtmauer lief ein Zwinger mit Graben, der vom sog. Thörle bis zum Königsbronner Hof theilweise noch erhalten ist; die Mauer selbst besteht noch in ziemlich großer Ausdehnung. Die Befestigung war verstärkt durch Wassergräben, in welchen ein Arm des Waldstetterbachs von dem Waldstetterthor an bis hinter das Spital lief, während der Rems-Mühlbach dem Höferlinsbach folgte und sodann längs des kalten Markts im Stadtgraben bis zum Hahnenbach floß. Erst Kaiser Sigmund erlaubte 1414/1415 die Stadtmauer zu durchbrechen und einen Mühlgraben innerhalb der Stadt bis zum Spital zu führen, wo er mit dem alten Stadtbach oder Thierbach sich vereinigte, der 1531 mit Eichenholz eingefaßt wurde, heutzutage größtentheils überwölbt ist.

Außerhalb der ursprünglichen Stadt (Altstadt) bildeten sich allmählich Vorstädte, welche als Eutighofer-, Waldstetter-, Rinderbacher-, St. Johann- und Kapellen- oder gewöhnlicher St. Leonhards-Vorstadt in Urkunden genannt werden. Der Name Arenvorstadt kommt nicht vor, wohl aber gab es Häuser vor dem Thor, z. B. das schon 1485 abgegangene Arenbad und die Fischhäuser.

Alle diese Vorstädte wurden um ihrer gestiegenen Bedeutung willen wahrscheinlich gegen die Mitte des 15. Jahrhunderts zur Stadt geschlagen und ummauert.

Die äußere Stadtmauer ist an manchen Stellen noch erhalten und theilweise noch mit dem ursprünglichen Umgang versehen, auch der außerhalb an ihr hinziehende Stadtgraben und Wall ist noch auf größere Strecken sichtbar. Die Befestigung läuft und lief in südlicher Richtung von dem äußeren Bocksthor oder Eutighofer Thor, das mit einem Thurm versehen war, bis zum Ziegelgäßle (auf dieser Strecke standen 4 Halbrondele, von denen eines noch erhalten ist), von hier gegen Osten ziehend zum Waldstetter- jetzt abgegangenen Thorthurm bis an die Ecke bei der Zeiselmühle, wo sie sich gegen Nordwesten wendet und sich alsdann bei dem sog. Thörlesthurm an die alte (innere) Stadtmauer anschließt, von der sie am Königsbronner Hof rechtwinkelig wieder abgeht und an den Königsthurm hinzog. Dieser sehr ansehnliche halbrunde über 100′ hohe Thurm, der gegen die Stadt hin offen ist, hat eine erhöhte Lage und beherrscht die ganze Stadt. Von da lief die äußere Stadtmauer in nordöstlicher Richtung bis an ein Halbrondel und hier sich gegen Nordwesten wendend bis an den viereckigen, mit einem Zeltdach bedeckten Rinderbacher Thorthurm, der gegen 100′ hoch, und mit einem spitzbogigen Durchgang versehen ist; an seiner Außenseite sind ziemlich hoch oben | die Wappen der Stadt angebracht. Von dem Rinderbacher Thorthurm weiter an den viereckigen, mit spitzem Zeltdach versehenen Wasserthurm, der gegen die Stadt hin offen und bis zum Anfang des Daches 60′ hoch ist; unter demselben läuft ein Arm der Rems in die Stadt und setzt daselbst die Mühlwerke in Bewegung. Von da an den schönen Schmiedthorthurm, der eine Höhe von 60′, mit dem spitzen Zeltdach aber, aus dem eine sog. Laterne emporstrebt, wohl von 100′ hat; etwa in der Mitte des Thurms läuft ein Rundbogenfries und im obersten Stockwerk sind die Wappen der Stadt angebracht; über einem Fenster desselben steht die Jahreszahl 1498. Die Straße führt nicht mehr durch den Thurm, sondern ist in neuerer Zeit zur Erleichterung des Verkehrs an demselben vorbei geführt worden. Von dem Schmied-Thorthurm an den Krepplesthurm, wo sich die Stadtmauer gegen Westen wendet, und weiter an den Faulthurm, an den hinter dem Spital stehenden Thurm, an den abgegangenen Thurm hinter dem Gasthaus zum rothen Ochsen bis an den abgegangenen Georgenthurm hinzieht; von hier in südlicher Richtung bis zum Lederthor (Untere Thor), das einen Thurm hatte, weiter zum fünfeckigen Thurm, sog. Knöpflesthurm, und endlich wieder bis zum Bocksthor.

Der fünfeckige Thurm, nach seiner Figur so genannt, indem eine fünfte Ecke von der quadratischen Grundform gegen Außen, gegen die Angriffsseite vorsteht, ist der schönste an den Stadtmauern Gmünds und bildet eine besondere Zierde der Stadt; er ist über 100′ hoch, gegen die Stadt hin offen und hat 71/2′ dicke Mauern; an den 3 äußern der Angriffsseite zugekehrten Ecken streben oben erkerartige Thürmchen empor, deren Zeltdächer, wie auch die Spitze des Hauptdachs, mit Knöpfen versehen sind, daher er im Munde des Volks der Knöpflesthurm genannt wird.

Dem fünfeckigen Thurm gegenüber stand ein Thorthurm mit Fallbrücke und Fallgatter, der zur weiteren Vertheidigung der jetzt in eine steinerne umgewandelten Brücke angelegt war.

Die Stadtmauern und die an ihr stehenden Thürme sind durchaus mit kräftigen Buckelquadern erbaut; auf der Stadtmauer war ein auf hölzernen Stützen ruhender, mit Ziegeln gedeckter Umgang hingeführt; um auf demselben um die ganze Stadt zu gelangen, waren 4119 Schritte nöthig. Die Thürme waren zum Theil gegen das Innere der Stadt offen, damit der etwa eindringende Feind sich nicht so leicht darin festsetzen konnte. Über sämtlichen Thoren erhoben sich feste Thürme und vor denselben bestanden Zugbrücken, die über den Stadtgraben führten. Zwischen dem Stadtgraben und dem Waldstetterbach, vom Eutighofer bis zum Untern Thor, bestand ein ummauertes Vorwerk.

Überblickt man die ganze, theils noch vorhandene, theils abgegangene | Umfriedung der Stadt, so entfaltet sich das Bild einer im Mittelalter sehr festen und ansehnlichen Stadt (s. auch die angefügte Zeichnung der Stadt Gmünd nach Merian vom Jahr 1643).

Die Stadt hatte an der inneren und an der äußeren Stadtmauer je 5 Hauptthore, die an der inneren sind schon längst abgegangen, sie hießen: Eutighofer-, Waldstetter-, Rinderbacher-, Kapellen- und Arenthor; ein sechstes Thor „St. Josenthor“ und auch ein St. Josensteg kommen in Urkunden vor und waren wohl beim sog. „Thürlenssteg“. Die Thore an der äußeren Stadtmauer aber bestehen noch, dagegen mußten ihre Thürme mit Ausnahme des Rinderbacher und des Schmied-Thorthurms im Laufe dieses Jahrhunderts fallen. Überdies besteht noch das sog. Thörle, das nur dem Durchgang der Fußgänger dient.

Zur Sicherheit der Stadt waren Thorwarte bestellt und auch in Friedenszeiten 10 Mauerwächter; die Thorschlüssel kamen Nachts zum Amtsbürgermeister und vorkommenden Falls sollte der Schultheiß öffnen und wieder schließen. Den Tag über waren an jedes Thor zwei Bürger als Wachen verordnet.

Auf dem Königsthurm, auf dem sog. Knöpflesthurm und auf dem Schwindelthurm saßen je zwei Wächter; zugleich dienten einige Thürme als Gefängnisse, z. B. der Diebsthurm, der Kreuzthurm etc. Bei den inneren Streitigkeiten im vorigen Jahrhundert forderten die Bürger unter anderem ein besseres Gefängniß.

Die zwischen der inneren und äußeren Stadtmauer gelegenen, durch größere Gärten von einander getrennten Vorstädte haben jetzt folgende Benennungen und Lagen: 1) die Eutighofer Vorstadt, im Westen der Stadt gelegen, dehnt sich von dem innern bis zum äußeren Bocksthor und südlich davon über den sog. Acker, an den sich der ehemalige Turniergraben, jetzt Bleiche, anschließt; 2) die Sebaldi-Vorstadt bei der Waldstetter Gasse zwischen dem inneren und äußeren Waldstetter Thor im Süden der Stadt; 3) die Rinderbacher Gasse zwischen dem inneren und äußeren Rinderbacher Thor im Südosten der Stadt; 4) die St. Leonhard-Vorstadt dehnt sich im Nordosten der Stadt vom Schmied-Thorthurm bis zum ehemaligen Nikolausthurm und 5) die St. Georgi-Vorstadt im Nordwesten der Stadt beim Lederthor.

Rings um die Stadt führen angenehme Spaziergänge, und seit der neuesten Stadterweiterung (1870), bei der noch weitere Theile der Mauern fallen mußten, ist eine Promenade und eine breite, mit Häusern und Gärtchen zu besetzende, Ringstraße in Angriff genommen.


Öffentliche Gebäude.

Wir beginnen mit den Kirchen a) innerhalb der Stadt:

1.) Die Stadtpfarrkirche zum h. Kreuz steht so ziemlich in der Mitte der Stadt, auf ihrer erhabensten Stelle und wurde | zum Lobe des am Kreuz erhöhten Heilands und zur Ehre der in den Himmel aufgenommenen Maria begonnen am 16. August (alten Datums) 1351, und eingeweiht am Matthäustage 1410. In der Vorhalle des nördlichen Hauptportales steht folgende Inschrift in schönen altgothischen Majuskeln: anno. dmi. MCCCLI. ponebatur. primus. lapis. pro. fundamento. hujus. chori. XVI. kal. (?) augusti. Die Kirche von 2793 □′ Flächenraum, innen 270′ 9″ (w. F.) lang und 77′ 4″ breit, bis zum Scheitel der Gewölbe 75′ 5″ hoch, ist nach dem Ulmer Münster das großartigste und schönste Denkmal gothischer Baukunst in Württemberg. Vierzehn hohe und schlanke Rundsäulen tragen die reichen Netzgewölbe der drei gleich hohen Schiffe, acht die noch reicheren Gewölbe des Chores, um das sich die Seitenschiffe als ebenso hoher Umgang herumziehen, begleitet von zehn halb so hohen Kapellen, die, von schönen Rippenkreuzgewölben überspannt, sich zwischen den Strebepfeilern einwölben. Am Anfang des Chores standen früher zwei Zierthürme, die am Charfreitag des Jahres 1497, den 22. März, Nachts 10 Uhr zusammenstürzten. Im Innern der Kirche liest man über dem Triumphbogen des nördlichen Seitenschiffes, gegen den Chor hin, folgende Inschrift: anno. dni. 1497. am karfreitag. zu. nacht. send. zwen. thurn. an. disem. gotzhaus. gefallen. Der Einsturz der beiden Thürme, die gewiß von großer Schönheit waren, erfolgte dadurch, daß an der zwischen beiden eingesprengten Mauer einige Steine herausgenommen wurden; die Kirche litt damals starken Schaden, ein Theil der Gewölbe und Arkadenbögen und mehrere Säulen wurden zertrümmert. Schon vorher jedoch müssen die Thürme baufällig gewesen sein, denn schon im Jahre 1496 requirirten die Gmünder den Kirchenmeister Matthäus Böblinger von Eßlingen, wie aus einem Dankschreiben an Bürgermeister und Rath zu Eßlingen vom 22. März 1496 hervorgeht (s. Haßler in den Jahrbüchern für Kunstwissenschaft II. S. 122). Bei Erneuerung der Kirche wurden auch die verschont gebliebenen Gewölbe, einfach-schöne und kräftige Rippenkreuzgewölbe, wie sie sich in den Chorkranzkapellen noch erhielten, bis gegen die Säulenkapitelle hin abgebrochen, und reiche sternartige Netzgewölbe dafür gesetzt, gehalten in dem lebhaften, doch ausartenden Geschmacke jener Zeit; die Rippen überschneiden sich an allen Knotenpunkten. Die eingestürzten Arkadenbögen wurden ähnlich den früheren, nur mit sich kreuzenden Rundstäben, die Kapitelle der Säulen mit krauserem Laubwerk wieder hergestellt. Die neue Einwölbung der Kirche ist ohne Zweifel von Osten nach Westen vorgenommen und im Jahre 1521 vollendet worden. Diese Jahreszahl steht nämlich auf einem steinernen Bande, das sich um den Knotenpunkt des westlichsten Sterngewölbes des Mittelschiffes schlingt. Im Chore sind die Sterngewölbe sogar mit Maßwerken ausgegliedert, | und mit vielen Schlußsteinen geschmückt. Wo die beiden Thürme gestanden, wurden in den üppigen spätgothischen Formen zwei Kapellen erbaut, die auf der Südseite als abgeschlossene Sakristei, die auf der Nordseite als gegen das Innere der Kirche offene Taufkapelle; an ihrer Westwand steht innen 1502. Sehr bemerkenswerth ist noch, daß bei der letzten Erneuerung der Kirche in den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts unter dem Fußboden des vor der Taufkapelle liegenden Joches des nördlichen Seitenschiffes die Grundmauern eines romanischen Thurmes, von 13′ Länge im Lichten und mit Halbsäulen in den Ecken, ausgegraben wurden; ein Beweis, daß früher ein romanischer Bau hier stand. Über den Baumeister der Kirche s. S. 187.

Betrachten wir nun die Kirche genauer; zuerst von außen. Die Westseite (Schauseite) des mit Einem riesigen spitzen Giebeldache bedeckten thurmlosen Gebäudes ist dreigegliedert; zwischen den schlanken mittleren Strebepfeilern öffnet sich ein schönes, großes Doppel-Portal, dessen Lünette und hoher Schutzgiebel mit sehr edlem Maßwerk ausgeziert sind; weiter oben, unter dem Umgange, durchbrechen drei herrliche Rundfenster die ernsten Mauerflächen, und über dem mit zierlichem Steingeländer versehenen Umgange erhebt sich, etwas zurückgesetzt, der mächtige schlanke Giebel, auch wieder reich und klar durch kräftiges Stab- und Maßwerk gegliedert. Zu Seiten des Portales stehen links St. Martin, eine schöne aus der Johanniskirche herübergebrachte Statue, und rechts St. Ulerich (aus St. Leonhard), am Mittelpfosten aber Madonna mit dem Kinde (auch aus der Johanniskirche), ein Kunstwerk von höchstem Werth, wenn auch noch etwas befangen in der herben Weise der Frühgothik, aber von lebendigster und schönster Bewegung und großartig stolzer und reicher Gewandung. Das holdgelockte Kind hält in der Linken einen Apfel, und drückt mit der Rechten ein Täubchen an die Brust der Mutter.

An den Langseiten der Kirche haben sich, wie an der Façade, hohe schlanke schöngebildete Strebepfeiler, die vorne je einen Baldachin mit einer Heiligen-Bildsäule tragen, und dazwischen laufen die hohen, außerordentlich schön gefüllten Fenster, deren Stäbe mit zierlichen Kelchkapitellchen geschmückt sind. Als Bekrönung dient das Geländer des Umganges. Am langen halbzwölfeckig geschlossenen Chor erscheinen außen, der inneren Anlage entsprechend, zwei Fensterreihen übereinander, mit zwei Umgängen; seine auch mit Heiligen-Bildern geschmückten Strebepfeiler entwickeln sich erst an dem weiter zurückgesetzten zweiten Geschoß und endigen in reiches Spitzsäulenwerk. Über den Spitzbögen der oberen Fenster wölben sich rundbogige, mit prachtvollem steinernem Laubwerk geschmückte Entlastungsbögen. Derselbe Schmuck zieht in der Kehle des Kranzgesimses hin. Kühne phantastische Wasserspeier ragen überall zu Seiten der Strebepfeiler heraus.

| Zwei stattliche Portale öffnen sich in der Mitte der Seitenschiffe und zwei sehr reiche, die Hauptportale, zu beiden Seiten am Anfang des Chores. Vor dem in das südliche Seitenschiff mündenden spannt sich zwischen die Strebepfeiler ein schönes kräftiges Rippenkreuzgewölbe, dessen vier Rippen von Konsolen mit den vier scharf gearbeiteten Evangelistensymbolen ausgehen; im Bogenfelde sind zwei figurenreiche Gruppen, der Tod und darüber die Krönung Mariä; das entsprechende Portal an der Nordseite, dessen Vorhalle aus großen, geraden, auf einem Flachbogen ruhenden Steinplatten gebildet ist, zeigt im Bogenfelde die Anbetung und darüber die Geburt Christi, und am Eingang in zwei über-lebensgroßen sprechend bewegten Gestalten den englische Gruß. Sämtliche Gestalten haben noch die alte Bemalung und sind in jener großartigen, feierlichen, ausdrucksvollen Weise gehalten, die jenem Jahrhundert eigen ist, und mit allem Ernst in den Bewegungen und in den Zügen der Gesichter doch eine stille Anmuth verbindet. Die beiden Portale am Choranfang sind die eigentlichen Prachtpforten der Kirche und beide mit hohen Vorhallen versehen. Das südliche hat in der Wölbung seiner Vorhalle eine Reihe von Reliefs, welche die Schöpfungsgeschichte (z. Th. erneuert) und die Geschichten Adam’s und Noah’s darstellen. Am Eingange selbst stehen Moses und Jesaias (dieser von Holz) und in der tiefen Leibung auf schwalbennesterartigen Konsolen über einander zehn Propheten, in der zweiten Reihe sehr schöne Engel mit Marterwerkzeugen. Im Bogenfelde selbst zeigt sich das jüngste Gericht in drei Bilderreihen; oben thront Christus, daneben die zwei posaunenden Engel des Weltgerichtes und darunter sitzen auf ihren Stühlen die zwölf Apostel; ganz unten schaut man die Auferstehung der Todten und die Abführung in Himmel oder Hölle. Das Gewölbe der Vorhalle des nördlichen Prachtportals wurde beim Einsturz der Thürme zertrümmert, musste neu aufgeführt werden und zeigt jetzt ein außerordentlich reiches spätgothisches Netzgewölbe mit vielfach sich drehenden, windenden und verschränkenden Rippen; an den Seitenwänden der Vorhalle stehen die schönen, vor einigen Jahren leider erneuerten Bildsäulen der klugen und der thörichten Jungfrauen, dann in der Thürleibung wieder in zwei Konsolenreihen hinter einander sind Darstellungen der Martyrien der Apostel und anderer Heiliger. Das Bogenfeld erfüllen in drei Reihen Scenen aus der Leidens- und Erlösungsgeschichte. Diese Darstellungen in kleinem Maßstab stammen auch aus der Zeit der Erbauung der Kirche, erreichen aber nicht den hohen Stil der schon genannten; doch fehlt es im Einzelnen nicht an schönen und ergreifenden, z. Th. sogar humoristischen Zügen. Die Kirche ist aus einem etwas derbkörnigen, weißlichen aber dunkelgrau werdenden Keupersandstein erbaut, die Skulpturen und alle feineren Zierden sind aus einem trefflichen feinkörnigen, | nie verwitternden gelben Liassandstein gefertigt. Die Steinmetzzeichen sind theils die im vierzehnten Jahrhundert üblichen, theils spätgothische; letztere an den Theilen, die durch den Einsturz der beiden Thürme schadhaft geworden waren und erneuert werden mußten. Zwischen Schiff und Chor wurde auf dem noch alten, so tüchtig als schön gezimmerten Dachstuhle im Jahre 1774 ein hölzerner Dachreiter mit zwei kleinen Glocken errichtet.

Betreten wir nun die Kirche durch das Westportal: in wunderbarer schlanker Schönheit der Verhältnisse ziehen die drei gleichhohen Hallen der Schiffe gegen den noch höheren, von den Seitenschiffen rings umzogenen Chor, der, durch seinen Kapellenkranz noch weiter vertieft und gegliedert, einen prachtvollen Abschluß gewährt.

Es ist ein herrlicher, ganz harmonischer Raum, in dem die hier als Gewölbstütze angewandte einfache, hohe Rundsäule, mit niedrigem, von zwei Blattkränzen umlegtem Kapitell, eine der schönsten Formen der Baukunst, zu ihrer vollsten Wirkung kommt. Die Fenster des Chores sind mit neuen, zum Theil ganz tüchtigen Glasgemälden erfüllt und werfen ein wohlthuendes feierliches Licht in das Heiligthum; sie wurden meist von Genossenschaften und Privaten gestiftet und die besten darunter von Ludwig Mittermaier aus Lauingen († 1864) gefertigt. Die ganze Kirche hat jetzt eine treffliche Farbe, weil sie bei der seit 1850 unter Leitung des Architekten Rieß vorgenommenen Restauration von ihrer Tünche befreit wurde, und nun das schöne Korn des Sandsteines überall zu Tage tritt; dageben sind die Altäre glücklich vertheilt und alle in gothischem Geschmacke gefaßt. Die Kosten belaufen sich bis jetzt auf 77.000 fl., wozu die baupflichtige Kirchen- und Schulpflege 48.000 fl., die Einwohnerschaft, Katholiken wie Protestanten, durch freiwillige Gaben 29.000 fl. beitrug.

Der Haupt(Hoch)altar, um 9 Stufen über den Boden des Schiffes erhöht, ist ganz neu in gothischem Stil errichtet und wird vorn von einer Menge Spitzsäulen und kleinen Heiligen-Gestalten belebt. An der Rückseite ist er als Flügelaltar gestaltet und zeigt auf den Flügeln die Leidensgeschichte, und in der Mitte das große, schöne Reliefbild Christus am Ölberg, hier mit dem Namen des Meisters: H. Wörmann, München 1861. In der mittleren Halle des Chores stehen zwei reiche Rococobeichtstühle und auf jeder Seite eine Reihe von Chorstühlen in einfach edler Renaissance, die im Jahre 1550, – diese Jahreszahl, sowie das Monogram A D steht an der Brüstung des ersten Stuhles rechts, – aus verschieden farbigen Maserhölzern gefertigt worden; sie zeigen eine korinthische Pilasterordnung mit ausnehmend geistreich und schön behandelten Blätter-Kapitellen, und oben erheben sich in langer Reihe halblebensgroße Heiligengestalten aus späterer Zeit. Von demselben Meister stammt gewiß auch die höchst geschmackvoll eingelegte, mit der Jahreszahl 1551 versehene Kanzel; | die Felder ihrer achteckigen Brüstung sind mit perspektivischen Architekturen geschmückt; diese Kanzel, ein so seltenes Muster echter und strenger Renaissance, wurde im 17. Jahrhundert mit verschiedenen lastenden Zuthaten, z. B. mit dem als Kanzelstock dienenden Giganten versehen und zwar von dem Schreinermeister Peter Albrec, (Albrecht), einem eingewanderten Franzosen, der urkundlich im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts an Chorstühlen und Kanzel thätig ist, und dessen Monogramm P. A. samt Jahreszahl 1718 an der Brüstung des ersten Chorstuhles links zu lesen ist. Von ihm sind ohne Zweifel die oben auf dem Chorstühlen stehenden geschnitzten Heiligen-Figuren gefertigt. Als ein ganz großartiges Werk muß sodann genannt werden die Orgel samt ihren Emporen, die ganze Westseite bis zum Gewölbe hinauf einnehmend. Zu unterst die große steinerne Empore noch mit gothischen Netzgewölben, denen der Kirche ähnlich, und mit sehr schöner steinerner Balustrade in frühem Renaissancestil; an einem ihrer Pfeilerchen steht 1552 und unten am Kapitell einer der Wandsäulen steht: michel seytzs stettmaister knecht. Auf dieser Empore baut sich eine zweite hölzerne auf. Gewaltige, in großartigem und meisterhaftem Zuge aus je Einem Eichenklotz geschnitzte Giganten tragen angestrengt auf ihrem Nacken die mit Kranzgewinden und prächtiger, der untern steinernen, ähnlicher Balustrade geschmückte zweite Empore und hierauf steht, in fast überreicher Fassung von Engeln und Frucht- und Blumengebinden, die riesige Orgel mit 33 Registern, erbaut 1688 von Paulus Prescher aus Nördlingen. Das Orgelgehäuse ist aus Lindenholz im Jahr 1688 in Gmünd gefertigt, während der herrliche Emporenbau bis zur Orgel aus Einer Zeit, nämlich aus den Jahren 1552 und folgenden, zu stammen scheint.

In der ersten Kapelle, an der Südseite des Chors, stellt das holzgeschnitzte Mittelbild des Altares Maria mit Christi Leichnam, mit Magdalena und Johannes dar, ein Werk (angeblich nach Albrecht Dürer) von ganz trefflicher Bewegung und tief ergreifendem Ausdruck.

In der zweiten Kapelle, der Sebaldskapelle, steht der berühmte, von dem Nürnberger Patrizier und Magistratsrath Sebaldus Schreier und seiner Frau Margaretha Kammermeisterin aus Gmünd gestiftete Sebaldus-Altar. In der Mitte ein großes, flach in Holz geschnittenes Bild, S. Sebaldus groß, und unten knieen kleiner die andachtsvollen Gestalten der Stifter mit ihren schönen Wappen. Auf der Predella sind die 14 Nothhelfer gemalt, auf den Flügeln des Altars die Legende des h. Sebaldus; diese Gemälde, namentlich die der Predella und die äußeren der Flügel, sind von hervorragender Schönheit und werden dem Martin Schaffner zugeschrieben. Im Baldachin des Altars steht ein altes, jüngst hieher versetztes Holzbild, die Hinrichtung der h. Apollonia. Gegenüber hängt an der Wand eine gemalte Tafel, worauf die nach dem Einsturz der Thürme stark beschädigte | Kirche dargestellt ist und zur Beisteuer gegen Ablaß aufgefordert wird mit der Inschrift: Alle die ir hilf und steur reichend zuo dißem würdigen gotts Hauß die erlangend von vill Cardineln legatten Ertzbischoffen in ainer sum ablas Drey Daussent Dreyhunder Und Zwaintzig tag. 1503. Anno 1612 Renoviert. Daneben stehen auf Konsolen die Gipsabgüsse der Brustbilder von Peter und Heinrich Arler, ersteres aus dem Dome zu Prag, letzteres aus der Certosa bei Pavia. Über diese sogenannten Arler, soweit sie Gmünd betreffen, ist das Sicherste und Glaubwürdigste wie folgt:

Heinrich Parlier (Werkführer) von Boulogne (Bolonia) wurde vor 1333 nach Schwäbisch Gmünd berufen, um allda eine Kirche u. dgl. zu bauen. Ihm wurde dort 1333 der Sohn Peter geboren, welchen Kaiser Karl IV. von Gmünd nach Prag berief (1356), um den begonnenen Bau der Domkirche nach Matthias von Arras weiter zu führen, was dieser auch bis 1386, wo dieselbe in der Hauptsache vollendet wurde, erfüllte. Peter hatte nach dem Zeugniß des Hradschiner Stadtbuchs mehrere Söhne, einer derselben mochte wohl der bei dem Bau der Mailänder Kirche im Jahr 1391–92 beschäftigte Heinrich gewesen sein (s. Stälin, Wirtemb. Geschichte, Band III. S. 751. Anm. 3.).

Die h. Kreuzkirche in Gmünd ist 1351 begonnen, und zwar nach dem Entwurfe jenes Heinrich von Boulogne und der junge Peter mochte in seiner Jugend daran beschäftigt gewesen sein. Aus dem Gebäude selbst geht hervor, daß es von einem Baumeister ersten Ranges entworfen und ausgeführt wurde, einem Manne, der die damals übliche Bauweise in neuer und genialer Art auffaßte; auch die Thatsache, daß der junge Peter in die Residenz des kunst- und prachtliebenden deutschen Kaisers Karl IV. als Dombaumeister berufen wird, spricht dafür, daß diese Architektenfamilie eines sehr großen Ruhmes genoß. Ferner ist unstreitig, daß das Gebäude sich viel mehr zum damaligen französischen, als zum deutschen Stile hinneigt; und in wirklich genialer Weise ward hier die französische Choranlage mit der deutschen Hallenkirche verschmolzen.

In der dritten Chor-Kapelle steht der sogenannte Annenaltar, in dessen Schrank sich ein von der Johanniskirche herübergebrachtes sehr bedeutendes gothisches Holzbild befindet, die h. Anna mit Christus und Maria. Dieser Schrank steht auf einem spätgothischen Flügelaltar, der in der Mitte Maria mit den beiden Johannes in runden Figuren, auf den Seiten die Geschichte Christi in etwas gedrungenen Reliefdarstellungen enthält; die Außenseiten der Flügel zeigen sehr gut gemalte Heilige. An der Wand gegenüber hängen zwei schöne Todtenschilde, einer von Niclas Gaisberg, k. k. österreichischer Rath, gest. 26. August 1541; der andere von einem Vogt Spett von Thimnau, gest. 2. März 1541.

| In der vierten Kapelle, der frühern Rechberg’schen, steht auf dem neugothischen Altar das schöne große Crucifix aus dem 16. Jahrhundert, das sich früher auf dem Kreuzaltare befand.

Die fünfte Kapelle enthält den Antonius-Altar mit den alten Holzfiguren des Johannes, Nicolaus und der Barbara, hier hängt auch der sehr schöne Todtenschild des Rathes Eydtelhans von haußen zu wagenhoffen, gest. 17. December 1622.

In der sechsten, der mittleren Kapelle, steht aus feinem Sandstein gehauen, das heilige Grab, zur Zeit der Erbauung der Kirche verfertigt, ein Werk von hoher großartiger Auffassung und von edler höchst ergreifender Durchführung, das zum Besten gehört was die Bildhauerei damaliger Zeit geschaffen hat; auffallend erinnern diese stark aber immer schön stilisirten Gestalten wieder an französische Weise. Christi Leichnam, in großem Maßstabe, liegt, von einem Gewand in weitem Wurfe halb umschlagen, in der offenen Grabkiste, (der Tumba), an der außen die drei betäubten Krieger kauern; hinter der Tumba stehen, Salbgefässe in den Händen, die anmuthreichen hohen Gestalten der drei trauernden heiligen Frauen, und weiter außen zwei jugendliche Engel mit gar lieblichen lockigen Häuptern; die alte Bemalung wurde kürzlich erneuert. An den Seitenwänden sind zwei große, etwas übermalte figurenreiche Fresken, auch in jenem alten, strengen und mächtigen Stile gehalten, (wohl aus der Zeit der Einweihung des Chors 1410) rechts die Kreuzigung, mit den Frauen, Johannes, vorne die würfelnden Landsknechte, auf dem andern Bilde Maria mit dem Leichnam Christi, Johannes, die Frauen, Joseph von Arimathia und Nicodemus. Namentlich Maria, sowie das Haupt Christi sind von zwingender Gewalt des Ausdrucks.

Die siebente Kapelle besitzt einen neugothischen Altar und einen Todtenschild des Doktor Leonhard Kager, gest. 20. Februar 1616, und seiner Gemahlin Katharina Orenbergerin, gest. 28. Juni 1614.

In der achten Kapelle befindet sich der Geburt Christi-Altar, dessen Flügel Gemälde von mittlerem Werth aus dem Ende des 16. Jahrhunderts zeigen; ferner ein Todtenschild des Bürgermeisters Caspar Debler, gest. 10. November 1557, und daneben jene Kanonenkugel, die am 26. November 1546 im schmalkaldischen Krieg bei der Belagerung der Stadt hereingeschossen wurde.

In der neunten Kapelle hängen die Todtenschilde des Arztes Lenhart Haug, gest. 26. November 1546 und des Wolff Jäger der Otter, Obrister Stettmäuster, gest. 23. Juni 1586; auf dem Fußboden liegt das aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts stammende rothmarmorne Denkmal des Johannes Stailler; mehr ist daran nicht zu lesen.

In der zehnten und letzten Kapelle steht der Josephsaltar, neu, doch mit dem schönen alten gothischen Mittelbilde Maria mit Christi | Leichnam, früher am Rechberg’schen Altare; und hier befinden sich ein trefflicher Todtenschild des Anthoni Fugger, gest. 13. April 1616, und ein im Renaissancegeschmack gehaltenes Steindenkmal des schon genannten Eytel Hans von Haußen zu Wagenhoven, gest. 17. December 1622 und seiner Gemahlin Veronica Vötterin von Frickhenhaußen, daneben steht das im spätest gothischen Stil gehaltene eines Geistlichen; die Inschrifttafel fehlt.

In der Taufkapelle befindet sich ein theilweis erneuerter großer prachtvoller Altar aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts, mit sehr schön und fein, wenn auch abenteuerlich sich rankendem und krümmendem Schnitzwerk und einer Menge von Heiligenfiguren. Das große Mittelbild ist von leuchtender Schönheit und zeigt trefflich gruppirt die Mütter Christi, Salomons und Isaaks mit ihren Kindern. Ganz unten am Altare ruht in tiefem Schlummer der Stammvater Jesse, aus dessen Herzen der Wurzelstamm wächst, sich als großer Baum über den ganzen Altar entfaltend, auf seinen Zweigen die Brustbilder der Propheten des alten Bundes und oben die h. Dreieinigkeit tragend. In die Fenster der Kapelle sind vier alte schöne Glasgemälde eingesetzt, geweiht von den Stiftern des Sebaldus-Altars; sie zeigen Maria, S. Sebald, die Bilder, Wappen und Namen der Stifter und die Jahreszahl 1505. Die Bogenfelder der vier Seitenportale sind innen mit hübschen gemalten Epitaphien, aus dem 17. Jahrhundert, geschmückt.

Schließlich ist noch zu bemerken die reiche und zierliche Sakristeipforte und das daneben sich erhebende höchst reich verzierte Treppenthürmchen, beide in spätgothischem Stil; ferner ein erst kürzlich erneuertes und hier aufgestelltes Bildstöcken, mit schönen Skulpturen aus dem Beginn des 16. Jahrhunderts; und endlich die schöne, an der Nordwand des Choranfangs auf einer Konsole stehende Rüstung des bekannten Bürgermeisters Rauchbein. Bemerkenswerthe Werke des Rococostiles sind endlich noch der am Choranfang hängende Marienleuchter und die zwei schmiedeisernen Weihkesselträger.

Die Sakristei, der Taufkapelle gegenüberliegend, besteht aus mehreren, mit reichen spätgothischen Netzgewölben überspannten Räumen; im westlichsten Theile sind die Gewölbe herausgenommen worden, ebenso wurden an diesem und dem daran stoßenden Raume die gothischen Fensterchen durch häßliche Ovale ersetzt; hier werden die vielen prachtvollen Meßgewänder aufbewahrt, noch wichtiger aber sind die in der auf der Nordseite gelegenen Paramentenkammer befindlichen heiligen Gefässe, wohl der reichste Schatz in Württemberg, von dem wir nur die bedeutendsten und schönsten Stücke nennen: Ein über 3′ hoher Kreuzpartikel aus dem 14. Jahrhundert. Eine 4′ hohe sehr schöne spätgothische Monstranz mit dem Zeichen M O, 20 Mark Silber schwer; sie stellt einen Hochaltar vor; zwei kleinere ältere in sehr edlem Stile. Eine 5′ hohe Monstranz | aus dem Ende des 17. Jahrhunderts, in Augsburg verfertigt, 40 Mark Silber schwer. Eine kleinere, im Frührenaissancestil gehaltene, 21/2′ hohe, sehr geschmackvolle, sie stammt aus der Schweiz und ist 18 Mark

Silber schwer.

Ein einfach-schönes silbernes und vergoldetes Ciborium, das Kaiser Karl V. der Stadt Gmünd schenkte, mit der Inschrift: Carolus V. me dono dedit 1552.

Ein herrlicher goldener Kelch mit Emailbildchen, dann eine Patene und zwei Kännchen (Silber und vergoldet) im besten Renaissancestil. Eine große silberne Renaissance-Lampe, 17″ im Durchmesser. Eine beinahe lebensgroße, schön in Silber getriebene Madonna, 150 Mark Silber schwer.

Gegenüber der Nordseite des Chors steht der jetzige Glockenthurm, ursprünglich ein sehr altes, ganz schlichtes viereckiges Steinhaus, worauf in dem ungeheuren Dachstuhle vier große Glocken hängen. Die größte hat die Umschrift in gothischen Minuskeln: zu unser frowen ere liut man mich. Hans eger von reitlingen gos mich. lucas. matheus. iohannes. anno domini 1445. Auf der zweiten stehen in gothischen Minuskeln die Namen der vier Evangelisten und anno domini 1456. Die dritte hat in gothischen Majuskeln die Namen der vier Evangelisten, die vierte in derselben Schrift: Ave Maria gracia plena dominus tecum. Die beiden letzteren Glocken sind ohne Zweifel so alt wie die Kirche.

Außen an der Südseite der Kirche stehen steinerne Grabdenkmäler aus dem 16. und 17. Jahrhundert, wovon die bedeutendsten:

1) Eine Grabplatte, auf deren Wappenschild eine Distel ausgehauen ist, mit der Umschrift: anno dom. 1524. uff. sant. benedict. tag. starb. der eren. vest . . . warbeck. dem got gnad.

2) Anno domini millesimo CC LXXXIIII. obiit berchtoldo klebzagel. primus magister civium; dem Stile nach wurde diese Grabplatte gleichzeitig mit der erstgenannten verfertigt.

2. Die Johanniskirche; sie reicht mit ihrer Ostseite an das südliche Ende des Marktplatzes und ihre noch aus alter Zeit stammenden Theile wurden, ihrem Stile nach, am Ende des zwölften und im Anfang des dreizehnten Jahrhunderts im spätromanischen Geschmack erbaut. Der Sage nach und nach jener (sehr späten) früher über dem Triumphbogen befindlichen Inschrift soll die Kirche gestiftet sein von der Herzogin Agnes, der Gemahlin Herzogs Friedrichs I. von Hohenstaufen († 1105), welche auf der Jagd ihren Ehring an dieser Stelle verloren und wunderbarer Weise wieder erhalten habe. Die Inschrift lautete: Invento Agnetis annulo Laureacenses posteritati me edificaverunt. Am Ende liegt aber dieser Sage doch eine gewisse geschichtliche Wahrheit zu Grunde, soviel nämlich, daß die ursprüngliche Anlage des Chores in den Anfang des zwölften Jahrhunderts | zu setzen ist. An die Stelle des alten Chores wurde nämlich ein gothischer gesetzt und hiebei zum Theil die Steine der ursprünglichen Abside verwandt, welche, namentlich die zum Fundament wieder benützten, unzweifelhaft einen früheren Stil zeigen, als alle übrigen Theile der Kirche. Wenn beim gegenwärtigen durchgreifenden Umbau der Kirche der gothische Chor niedergerissen werden wird, so finden sich wohl hiefür noch weitere Anhaltspunkte.

Seit dem Sommer 1869 wird, hauptsächlich durch die rastlosen Bemühungen des Kaplan Pfizer und des Stadtbaumeisters Stegmaier, die Kirche wieder in die Form zurückgebaut, die sie unter den Hohenstaufen, die jedenfalls an ihrer Erbauung großen Antheil nahmen, hatte, in die schöne Form der dreischiffigen, flachgedeckten Basilika mit hohem Mittelschiffe; dessen war sie verlustig gegangen durch die Eingriffe, welche sich das fünfzehnte und achtzehnte Jahrhundert in das edle Bauwerk erlaubten. In der spätgothischen Zeit nämlich wurden die Seitenschiffe der Kirche erhöht und mit dem Hauptschiff unter ein Dach gebracht, die östlichen Theile aber schon vor 1400 niedergerissen und durch einen gothischen Chor ersetzt. An den Wänden der Seitenschiffe und der Façade wurden viele der romanischen Fensterchen vermauert, und dafür große gothisch gefüllte eingebrochen. Das Innere blieb damals so ziemlich unberührt und ward erst in der Zopfzeit mit überreichen, aus Stuck und Zeug gemachten Rococogewölben, mit großen Gipsstatuen und Fresken erfüllt, und was das Schlimmste war, in die Wände des Oberschiffes breite Ovalfenster hineingeschlagen, welche der Festigkeit des ganzen Gebäudes nicht wenig schadeten. Zum großen Glück unternahm man im vorigen Jahre die Erneuerung der Kirche, eines der merkwürdigsten und schönsten Denkmale nicht blos in Schwaben, und wir erschauen nun wieder eine dreischiffige, langgestreckte, hohe Pfeilerbasilika von sehr edlen Verhältnissen und höchst reichem und wirksamem bildnerischem Schmucke.

Beginnen wir nun mit der Westseite (Schauseite), die auf den freien Platz gegen die frühere Dominikanerkirche heraussteht. Schlank und schön steigt hier die Front des Mittelschiffes über die der Seitenschiffe empor, und wird wie diese von wagrechten und an den Giebelsäumen von schräg hinlaufenden Rundbogenfriesen belebt; diese Friese machen eine um so reichere und bessere Wirkung, weil ihre Bogenfelder alle von immer wechselnden Pflanzen- oder Thiergebilden erfüllt sind; aber auch an den Lisenen, die zu den Friesen hinaufgehen, sind in Menge kleine Skulpturen ausgemeißelt, überhaupt die ganze Façade und, wie wir sehen werden, die ganze Kirche samt Thurm ist mit figürlichem Schmuck in einem ganz seltenen Reichthume gedeckt, die Ornamente selbst sind wieder bis ins Feinste ausgeführt, diamantirt u. s. w.; siehe anstehend Theile aus den wagrechten Friesen der Westseite des Mittelschiffes.

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Die hohe Wand des Mittelschiffes wird von einem (neu eingesetzten) Radfenster durchbrochen. Zwei rundbogige Portale führen hier in die Kirche, eines in das südliche Seitenschiff, das andere, das Hauptportal, in das Mittelschiff, doch steht diese nicht in der Axe desselben, sondern um 4 1/2 Fuß zu weit nördlich; mit drei Eintreppungen, in deren Ecken schön kapitellirte Rundsäulen stehen, tieft es sich ein und hat im Bogenfeld ein Relief von sehr urthümlicher romanischer Arbeit: Christus am Kreuz mit Maria und Johannes, und gegen die Enden hin steht, ganz flach gemeißelt auf einer Seite ein Eichbaum auf der andern ein Lindenbaum; in den Wipfeln sitzen Vögel. Johannes hat als Zeichen des Schmerzes die rechte Schläfe in die rechte Hand gelegt. Ganz oben im Giebel des Hauptschiffes sieht man einen Mönch mit derselben Geberde. Im Bogenfelde des nur zweimal sich einstaffelnden, auch mit Rundsäulen geschmückten Nebenportales sitzen auf Thronen zwei männliche Statuen (die Köpfe sind abgeschlagen), auch höchst alterthümlich mit byzantinisch eng neben einander herlaufendem Gefältel der Gewande; der eine hat einen Bischofsstab, der andere, ohne Zweifel Petrus, einen großen Schlüssel | in der Hand; zu Seiten Petri ist ein Adler, zu Seiten des Bischofs eine Schneiderscheere flach ausgeschafft. Die Pforte war bis dahin vermauert durch eine große, hübsche, spätgothische Grabplatte, worauf die Gestalt eines Geistlichen und am Rand umher die Inschrift: Anno. gracie. (1050) (d. h. 1500) Obijt. johannes. kirssenesser. caplan. ad. sanctum. spiritum. cui. anima. requiescat. in pace. hierauf folgt ein langes, nicht zu enträthselndes Wort. Der Grabstein gehört einem, noch im Jahre 1496 in Lautern gewesenen Pfarrer Joh. Kirssenesser. (S. die Ortsbeschr. von Lautern). Außer den schon angeführten Skulpturen bedecken zum Theil sehr verwitterte Darstellungen die Lisenen, die glatten Umrahmungen, sowie sogar die Wulste der Portale; es ist meist fabelhaftes Gethier: Drachen, Sirenen, Skorpionen, Schweine, Stiere, Affen, Hunde, Vögel, namentlich Pfauen, Hähne, Falken. An der Umrahmung des Hauptportals ist in der Kapitellhöhe noch zu erkennen ein Centaur, der den Bogen spannt und hinüberschießt nach einem andern, der sich mit dem Schilde deckt und sein Schwert schwingt; dann sind endlich an der Wand über dem Hauptportal zu schauen, die Darstellung einer Hirschjagd, dann St. Georg, den Lindwurm mit der Lanze tödtend, und weiter oben der Teufel, ein Männlein, (das Volk sagt, den Baumeister), an der Nase packend. (Näheres siehe die Aufnahmen im XII. Jahresheft des Württemb. Alterthumsvereins, Taf. 41–42). Betrachten wir nun die Langseite der Kirche. In langer und stolzer Reihe ziehen sich an den schön gefügten Quaderwänden des Oberschiffes je elf bedeutende, gedrückt spitzbogige Fenster hin, ihre tiefe Einschrägung wird außen von kräftigem Rundstab gefasst, und als Bekrönung der Wände läuft ein Zahnschnittfries und ein trefflich abschließendes Kranzgesimse hin, bestehend aus starkem geflochtenem Rundstab und hoher, auch mit Flechtwerk verzierter Kehle. Wenige Hochschiffwände romanischer Bauten wirken so schön und harmonisch. Von ähnlich edler Pracht sind die Wände der Seitenschiffe, und zwar ist hier die Nordseite, wo das Veitskirchlein stand, einfacher gehalten, als die zur Schauseite angelegte des höheren und breiteren Südschiffes. An der Nordseite theilen flache, zum Theil mit verwitterten Skulpturen bedeckte Wandstreifen die von vielen ganz schmalen gedrücktspitzbogigen Fensterschlitzen durchbrochene Mauer, die oben abgeschlossen wird durch einen schönen, mit Skulpturen erfüllten Rundbogenfries, und ein reiches, dem am Oberschiff ähnliches Krönungsgesimse. Das Gesimse wurde, wie das des Oberschiffes, meist aus alten Stücken, der Rundbogenfries streng nach alten Mustern gefertigt. An der Südseite vertreten frei vor die Mauer gestellte, am schlanken Schafte zierlich gewirtelte Rundsäulen die Stelle der flachen Wandbänder; sie haben weiche gedrückte Basen mit Eckblättern und hohe mit Blättern umlegte Kapitelle, nur die Säulen an beiden Ecken sind | noch die ursprünglichen, die Fenster dieselben wie an der Nordseite, aber ein noch reicherer (auch neu gearbeiteter) Rundbogenfries und ein noch reicheres Krönungsgesimse vollenden den edlen prächtigen Eindruck dieser ganz
als Schauseite behandelten Wand. Dazu kommen noch zwei Rundbogen-Portale. Das eine, mehr westlich gelegen, enthält im Bogenfeld sehr erhaben gearbeitet zwei (hohenstaufische) Löwen und darüber in der Mitte einen Kopf (wie es scheint einen Mönchskopf), der zwischen einer Schneiderscheere, (derselben wie am Nebenportal der Westseite) herausragt. Die Kapitelle der hier angebrachten Säulen haben eine eigenthümliche, hochschlanke, kolbenartige Form, die von flach und sauber geschafften kleinblättrigen Pflanzen umrankt und umflochten wird. Das andere mehr östlich gelegene Portal hat kein Bildwerk; ihm entspricht am Nordschiff ein ganz ähnliches. Dann aber ist zu nennen am Strebepfeiler der südwestlichen Ecke ein höchst merkwürdiges romanisches Bildwerk: Maria mit dem Kinde, darüber schwebt an der Untenseite des Strebepfeiler-Schutzdaches ein segnender Engel. Maria mit dem Kind ist in sehr gestreckten Verhältnissen gehalten und erinnert lebhaft an ein byzantinisches Mosaik. Das Kind segnet mit der hocherhobenen rechten Hand und greift mit der linken | nach einem Apfel, den die Mutter in der hohlen rechten Hand hält. Die Arbeit ist neben aller Ursprünglichkeit eine äußerst saubere, die Gewänder sind gar fein gefältelt und alle Bänder, Gürtel, Säume u. s. w. sehr zart und zierlich ausgeführt (s. vorstehende Abbildung).

Ganz von derselben Hand gearbeitet war die in der Nähe der Madonna in die Wand des Südschiffes eingelassene und eines der Fenster verdeckende Reliefplatte. Sie wird an der neu zu errichtenden Apsis der Kirche wieder angebracht werden und enthält Christus am Kreuz, mit stark gekreuzten Beinen; neben steht Maria und Johannes, dieser auch mit jener Geberde des Schmerzes, und unterhalb des Kreuzes hängt an einem doppelten Strick Judas, eine Schaale mit den dreißig Silberlingen in der Hand haltend.

Ferner hocken auf den meisten Brüstungen der Fensterchen des Südschiffes Gethiere (Löwen, Hunde, Drachen etc.) und oben in einigen Spitzbögen der Fenster (des südlichen Schiffes, sowie der südlichen Wand des Mittelschiffes) sitzen schlanke Falken; ferner an allen Giebelenden ragen herrlich stilisirte, sich zwerghaft zusammmenduckende, langbärtige Gestalten heraus, und endlich sind noch hervorzuheben: unter der schon genannten Madonna die flachausgemeißelten zwei Windhunde samt einem ins Horn stoßenden Jäger. Die beiden Hunde sind von trefflicher, naturwahrer Bildung. Alle diese Bildwerke, wie auch die Ornamente und Gesimse zeigen zum Theil noch sehr deutliche Spuren von bunter Bemalung. Als Bausteine sind dieselben Arten verwendet, wie an der h. Kreuzkirche.

Ist nun der Anblick der Kirche mit ihren edlen und leichten Verhältnissen und ihrem so reichen und wohlangebrachten Schmuck in hohem Grad erfreuend und begeisternd, so wird dieser Eindruck noch mächtig gesteigert durch den frei an der Nordwand des hohen Chores sich erhebenden Glockenthurm, den sog. Schwindelstein (bis zum Knopf 158′ hoch). Es ist der prachtvollste und schönste romanische Thurm im Schwabenlande und blieb ganz unberührt vom Sturm der Zeiten stehen, als höchstes und stolzestes Denkmal der Blüthe der Stadt Gmünd unter den ihr so sehr zugethanen hohenstaufischen Kaisern. Sein erstes Geschoß, viereckig, würfelförmig, fast fensterlos, aber von reich diamantirter Lisenenstellung und von prächtig gefülltem Rundbogenfriese belebt, bildet eigentlich nur den großartigen Sockel, worauf der eigentliche Körper des Thurmes mit einem zweiten, sehr hohen, ganz schmucklosen Geschosse durch vier groß Schrägen ins Achteck hinangeht, von hier an in zwei sehr reichen, von spitzbogigen Arkaden-Fenstern durchbrochenen Achtecks-Geschossen sich weiter entwickelt und mit schlankem achteckigem Zeltdache sich abschließt. Breite, vielgegliederte, reichskulpirte Gurtgesimsstreifen machen den Thurm vollends zum lebendigen Ganzen; und an ihm ist nun der Reichthum an abenteuerlichen | Thiergestalten am größten; sie kauern auf allen Kapitellen, ziehen sich rings um Kämpfer und Friese; auf dem breitesten, gerad unter dem Dachgesims hinlaufenden, ist eine ganze Jagd auf wilde Thiere



dargestellt (s. auch die obenstehende Abbildung der zwei obersten Geschosse des Thurms).

Auch der innere Bau des höchst gediegen und mit sehr starken | Mauern aufgeführten Thurmes ist schön und merkwürdig. Das untere Geschoß, zur Sakristei dienend, wird von einem auf kurzen Ecksäulen ruhenden Kreuzgewölbe mit starken Rippen von breiter Leibung überspannt; die Wände des zweiten, sehr hohen Geschosses werden durch sehr gespitzte Bögen entlastet. Das dritte und vierte Geschoß ist zusammengefasst zu einem hohen tempelartigen Raum, in dessen acht Ecken schlanke Rundsäulen aufsteigen und aus ihnen schwingt sich ohne Kapitelle ein schönes achtrippiges Sterngewölbe. Am Schlußstein desselben ist ein Druidenfuß ausgemeißelt. Die Gewölberippen haben ein weitvorspringendes Profil, bestehend aus steiler Kehle, an der ein starker Rundstab mit Steg hervortritt. Säulchen und Rippen sind schon ganz gothisch gebildet, und die Vollendung dieses Raumes, sowie des hohen Dachhelmes, mag tief in das dreizehnte Jahrhundert hineinfallen. Wenn einmal der gothische Chor niedergerissen ist und die neue, im Stil des Thurms und der Kirche gehaltene halbrunde Abside vollendet dasteht, ist die Kirche ein Denkmal spätromanischer Kunst einzig in seiner Art und wird nach allen Richtungen hin die schönsten und bedeutendsten Ansichten gewähren. Das Innere der Kirche streckt sich als eine schlanke, hohe Pfeilerbasilika hin; die Seitenschiffe gehen bis zum Triumphbogen und endigen hier platt, das Mittelschiff setzte sich hinter dem Triumphbogen als ebenso breiter und gewiß auch als ebenso hoher Chor (Altarraum) fort und schloß mit einer halbrunden Abside, die nun wieder erbaut werden soll und mit ihrer großen Halbkreisnische den würdigsten Abschluß des einfach edlen, sonst ganz flachgedeckten Raumes geben wird. Die Verhältnisse sind weit und zierlich; die Arkadenpfeiler, je sieben auf jeder Seite, feingebildet, und an den vier Kanten von schlanken Knaufsäulchen gefasst, die das rings umher laufende Kämpfergesims tragen helfen. Dieses besteht aus hoher, von kräftiger Platte bedeckter Schräge, worauf linien- oder meist pflanzenhafte Muster gar sauber und geschmackvoll ausgemeißelt sind; die Rundform der Kantensäulchen schwingt sich als einfassender Stab in den Arkadenbögen umher. Über den Arkadenbögen zog sich früher eine schön skulpirte, hohe steinerne Gurte hin, die in der Zopfzeit weggespitzt und nun wieder erneuert wurde; Theile einer ähnlichen, mit schönen Palmetten geschmückten, fanden sich noch im südlichen Seitenschiffe. Der weite lichte Triumphbogen, ganz wie die Arkadenbögen behandelt, ist noch erhalten und zeigt an seinem nördlichen Kämpferkapitell zwei sich mit den Schwänzen verschlingende Drachen. Die Kirche erhält ihr Licht hauptsächlich aus der stolzen Fensterreihe des Hochschiffes, hat also fast lauter Oberlicht, was immer von der feierlichsten Wirkung ist. Die Länge der Kirche bis zum Triumphbogen beträgt 116′, die Höhe des Mittelschiffes 53′, die Breite der Kirche an der Westwand 62′, beim Triumphbogen 67′, die Breite des | Mittelschiffes westlich 29′, östlich 31′ (d. h. die Hälfte der ganzen westlichen Breite der Kirche). Die Höhe des nördlichen Seitenschiffes beträgt 20,5′, die Breite westlich 12′, östlich 13′, die Höhe des südlichen Seitenschiffes 24′, die Breite westlich 14′, östlich 16′.

Auffallend und wohl nie mehr ganz zu ergründen sind diese großen Unregelmäßigkeiten des Grundrisses. Dazu kommt noch, daß das Hauptportal um 41/2 Fuß zu weit nördlich sitzt, ferner trifft die Verlängerung der Choraxe so ziemlich in die Mitte desselben. Man begann wohl mit Rücksicht auf den ältesten Theil, nämlich die Chorabside, den Bau der Westseite, deren Formen auch noch, außer den am Chor gefundenen skulpirten Steinen, die alterthümlichsten sind; die Arkaden des Mittelschiffes baute man unstreitig von Westen nach Osten, denn die letzte Arkade, die achte, ist enger und spitzbogig, sie mißt nur 10,8′, während die übrigen alle rundbogig sind und 11,6′ messen. Ein weiteres Räthsel ist ferner, daß am Westende der nördlichen Arkadenreihe kein Pfeiler, sondern eine halbe Würfelknaufsäule mit schweren Eckknollen steht.

Daß das nördliche Seitenschiff schmäler, niederer und einfacher gehalten wurde, mag auch darin seinen Grund haben, weil auf dieser Seite das Veitskirchlein stand, während die Wand des südlichen Seitenschiffes als eigentliche Schauseite behandelt und auch parallel mit der alten Chorwand geführt wurde.

Die Ausführung des Baues bis hinab zu dem breiten Grundgemäuer ist äußerst sorgfältig, besteht durchweg aus feingefügtem glattgeschafften Quadern; die Thore haben gewaltige steinerne Oberschwellen, die von Rundbögen entlastet werden. Steinmetzzeichen finden sich besonders häufig an den Wänden des Hochschiffes, im Thurm und an den Arkadenpfeilern. Es sind die gewöhnlichen, spätromanischen; an einem der Arkadenpfeiler ist auf beiden Seiten groß eingeritzt ein Dreieck, worin ein großer, eleganter Spitzhammer sitzt, dann eine große Zange u. s. w. Noch wären zu erwähnen die beiden trefflichen Laubwerkskonsolen, auf denen früher die im strenggothischen Stil gehaltenen Bildsäulen, Maria und St. Martin standen, die jetzt das Westportal der h. Kreuzkirche schmücken; ferner die große eherne und versilberte Lampe, worin das ewige Licht brennt, ein merkwürdiges, sehr altes Werk mit drei sirenenartigen Gestalten; dann das auch im Chor befindliche Ölbild aus dem 17. Jahrhundert, worauf die Legende von der Stiftung der Kirche und im Hintergrund eine Ansicht der Burg Hohenstaufen samt Umgebung sehr fleißig und ausführlich dargestellt ist; die Unterschrift des Malers lautet: Johann Georg Scherlen Maler. Die Kirchenstühle sind in schönem Rococo ausgeführt; auf dem Chorboden liegt ein alter Grabstein, das Brustbild eines Geistlichen mit Kelch. Schließlich sei noch der Abendmahlskelch in der Sakristei genannt, an dem das sehr alte winzige Bildchen | S. Veits angebracht ist; er stammt aus der uralten, leider 1807 abgebrochenen Veitskapelle, die nördlich von der Johanniskirche stand und eine Unterkirche besaß. An den Arkadenpfeilen finden sich noch Spuren von sehr alten Fresken.

Von den vier Glocken auf dem Thurm hat die größte in gothischen Minuskeln die Umschrift: frantz. puicsen. meister. von. eslingen. gos. mich. von. cristus. gepurt. 1400 und 33 ior. iesus. maria. Die zweitgrößte ist sehr alt und zeigt die vier Evangelistennamen in altgothischen Majuskeln. Die dritte wird das Marienglöckchen genannt und hat die Umschrift: S. Johannes Baptista. Ora pro nobis 1692; endlich das sog. Todtenglöckchen mit der Umschrift: Franziscus Kern in Augsburg gegossen 1711.

Früher bestanden an der Johanniskirche Kramläden, die 1785 neu aufgebaut und neuerdings beseitigt wurden.

3. Die Franziskanerkirche (Kirche des ehemaligen Franziskaner-Klosters, jetzigen Schullehrer-Seminars). Dieses einst so herrliche, angeblich 1208 von Walter von Rinderbach gestiftete Gebäude wurde in der Uebergangszeit vom romanischen in den gothischen Geschmack erbaut und in der Zopfzeit stark verändert. Die geräumige Kirche bestand, nach Art dieser Bettelordenkirchen, aus einem großen weiten flachgedeckten Schiffe und einem strengen hohen gewölbten Chore. Doch wurde sie auf Grund einer romanischen (wohl nie fertig gewordenen) Anlage errichtet, wie das kraftvolle, mit Wulsten belebte rundbogige Portal der Westseite, sowie die Lisenansätze an der Ostwand des Chores, beweisen. Über dem Chor erhob sich ein in diesem Jahrhundert abgebrochener Thurm, der jetzt durch einen hölzernen Dachreiter ersetzt ist.

An der Nordseite ist zum größten Theil das in ganz schlichtem Rococostil gehaltene ausgedehnte Kloster angebaut und nur gegen die Nordwestecke hin steht die Mauer frei und zeigt hier noch einen vermauerten romanischen Eingang. Die Südwand des Schiffes wurde in der Zopfzeit, bis auf die spätromanische Sockelwulst und das oben wieder angebrachte alte Kranzgesimse niedergerissen und neuaufgeführt und mit langen, gedrücktbogigen Fenstern versehen. Am hohen, geradgeschlossenen, mit Streben besetzten Chore dagegen sind die herrlichen, schlanken, je zu drei gruppirten Spitzbogenfenster (ältesten gothischen Stils) erhalten, wenn auch zum Theil vermauert. Innen ist das Schiff in eine flachgewölbte Halle mit reichen Zopfstuckaturen und Ölgemälden an Wänden und Decke umgewandelt; auch der Chor wurde ganz verzopft, aber hier erkennt man noch unter dem schwerfälligen Rococo die edlen Rippenkreuzgewölbe, die auf reichen, schön kapitellirten, von prachtvollen Laubbwerkkonsolen getragenen Säulenbündeln ruhen; sie zeigen die wundervolle, so feine als kräftige Ornamentik damaliger Zeit in ihrer Vollendung. Die Kirche | ist innen 160′ lang und 45′ 3″ breit. Den halben Chor erfüllt ein gewaltiger tempelartiger Zopfaltar. Die beiden tüchtigen Seitenaltäre enthalten große Ölbilder von J. G. Strobl. 1764. An der Nordseite stehen einige hübsche Grabplatten im Renaissancestil, worunter eines der Familie Wöllwarth, und nahe am westlichen Eingange findet sich das ganz treffliche Grabmal eines Ritters mit desselben hocherhaben gearbeitetem Brustbild von äußerst feinem und sprechendem Ausdrucke und der Umschrift: Anno dmi. 1534 iar an sant ursula dag starb der edel und vest Jörg gronbeck zu niedern buirn. dem got gnad. Im Chore zieht sich schönes, mit Brustbildern geschmücktes und aus dem Ende des sechszehnten Jahrhunderts stammendes Chorgestühl hin.

In der Sakristei nördlich am Chorende befindet sich das Portrait des J. Laib, mit der Unterschrift: Jacobus Laib Quardianus 1620 Civitatem Gamund. in Vera Fide Servavit, pro reformatione Monasterii in propria Persona Collegit Eleemosinae Summam 11948 Flor.

Nördlich stößt an die Sakristei die geräumige St. Antoni-Kapelle; sie trägt keine Spuren ihrer früheren Bestimmung mehr, und wurde zur Zeit des Umbaues in das Refectorium verwandelt, das gleich der Kirche in reichem Rococostil gehalten ist. Zwischen der Antonikapelle nun, der Sakristei und der Kirche befindet sich ein Raum, mit der Grabplatte des vom h. Franziskus von Assisi nach Gmünd gesandten Bruders David, bis jetzt von einem kleinen Holzstall verdeckt. Es ist eine schlanke, trapezförmige, mit zwei beweglichen eisernen Ringen versehene Steinplatte mit der Umschrift:

Candide lector. hoc sub lapide requiescunt ossicula Davidis fraterculi qui a Sancto Francisco huc missus septem cum fratribus. anno dn. 1208.

Die Zahl 1208 steht auf der Platte selbst über dem oberen Ring, in spätgothischen (arabischen) Ziffern, und auch die Umschrift wurde, wie die Schriftzeichen untrüglich beweisen, erst am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts gefertigt; die Grabplatte selbst mag jedoch die ursprüngliche sein; sie lag früher in der Antonikapelle über der Erde erhöht und mit eisernen Leuchtern versehen, auf denen Kerzen brannten, wenn die Gläubigen beim Grabe des im Ruf der Heiligkeit verstorbenen Bruders ihre Andacht verrichteten. In demselben Raume sind an der nördlichen Wand noch zwei hübsche Grabmälchen zu bemerken, des Antoni Stahl († 1759) und seiner Gemahlin, geb. Deblerin († 1770).

Alle bis jetzt genannten Kirchen werden von der städtischen Kirchen- und Schulpflege unterhalten.

4. Die protestantische Kirche (Kirche des ehemaligen | Augustiner-Klosters) unfern (nordwestlich) von der Heilig-Kreuzkirche gelegen.

Die sehr große, 1758 im Zopfstil vollendete Kirche ist außen ganz einfach, bietet aber innen einen großartigen, reich und schön geschmückten Raum, einschiffig, flachgewölbt, mit polygongeschlossenem Chore, und ganz bedeckt mit Stuckaturen und Fresken; diese stellen das Leben des h. Augustinus dar. Am bedeutendsten sind die beiden riesigen Deckenfresken, an der des Schiffes steht der Name des Malers: Joh. Anwander invenit et pinxit 1757. An der Nordwand des Chores ist ein sehr hübsches marmornes Grabsteinchen eines Senfft von Sulpurg † 1515 eingemauert. Der große, mit vielen Säulen geschmückte Hochaltar zeigt ein gutes Ölbild: Augustinus schmettert drei Irrlehrer nieder. Die Kirchen- und Chorstühle sind in tüchtigem Rococo geschnitzt.

5. In ähnlichem, nur noch prächtigerem Stile ist die im Jahre 1762 von Baumeister Keller aus Dinkelsbühl vollendete Dominikanerkirche gehalten, die jetzt leider samt dem anstoßenden, auch hübsch und großartig erbauten Kloster zu einer Kaserne verwendet wird. In die Kirche wurden mehrere Böden hineingezogen; von dem obersten aus erblickt man noch die herrlichen Deckenfresken, welche auch von Joh. Anwander gemalt wurden, im Jahre 1764, und diejenigen der Augustinerkirche an Schönheit noch übertreffen. In dem jetzt ganz weißgetünchten, 1284 gegründeten, 1724 neu gebauten Kloster erhielt sich eine Freske nur an der Decke des schönen steinernen Treppenhauses: Erzengel Michael mit dem bösen Feind unter sich.

b. Außerhalb der Stadt liegen:

1. Die Kirche zu St. Leonhard mit Meßnerhaus beim Friedhof an der Straße nach Gotteszell gelegen; leider wurde auch dieses treffliche Gebäude in den Jahren 1776–1779 verzopft; es ward im 14. Jahrhundert aus Almosen und Opfern in hohen Verhältnissen und einfachen gothischen Formen erbaut. Die schönen Spitzbogenfenster sind jetzt halb vermauert und in das Innere, das einst im Schiffe eben gedeckt, im Chore gewölbt war, sind nun flache, reich mit Stuckaturen und Gemälden geschmückte Zopfgewölbe eingezogen. Die Kirche, innen 69′ lang und 34′ breit, ist aus sehr schönem Quaderwerk aufgeführt und an der Westseite, dessen Steingiebel mit einem außerordentlich schönen, gothischen Steinkreuze geziert ist, durch das hier anstoßende Meßnerhaus verbaut. An der Südseite des Schiffes steht 1471, ohne Zweifel das Jahr einer Restauration und über dem Eingang ist ein altes Steinbild der Mutter Gottes und neben das späte, unbedeutende des h. Leonhard aufgestellt. Der Chor hat schlanke, schlichte Strebepfeiler, die mit alterthümlichen Giebelblumen bekrönt sind. Das Innere der Kirche | enthält kolossale Zopfaltäre und gut geschnittenes Stuhlwerk. Die Unterhaltung der Kirche hat die Schul- und Stiftungspflege.

2. Die Salvatorkirche. Etwa 1/8 Stunde nordwestlich von der Stadt liegt auf einem vorgeschobenen Hügel am Abhange des sogenannten Neppersteins diese weithin sichtbare berühmte Wallfahrtskirche mit dem daneben stehenden Beneficiathaus, von wo man eine reizende Aussicht in das Remsthal und an die Vorberge der Alb genießt. Von dem Thal aus schlängelt sich den Berg hinan bis zur Kirche ein schön angelegter Weg, woran Bildstöckchen und Stationen, die Leidensgeschichte Christi in Holzskulpturen zeigend, angebracht sind.

An der fünften Kapelle, worin Pilatus seine Hände in Unschuld waschend dargestellt ist, fließt das Herzjesu-Brünnlein mit sehr reinem und frischem Wasser.

Nicht weit davon ist bemerkenswerth ein sehr hübsch gearbeiteter steinerner Bildstock mit der Jahreszahl 1601. Weiter oben gelangt man zu den drei Kreuzen, Christus zwischen den Schächern; das Bild Christi ist von beachtenswerther Schönheit und mag aus der zweiten Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts stammen. In der großen, ganz mit Muscheln ausgelegten Kapelle daneben zeichnet sich unter vielen Heiligen-Bildern durch die Größe des Stils eine noch aus gothischer Zeit stammende Pietà (Maria mit dem Leichnam des Herrn) aus.

Die Kirche ist ganz in den hier sehr mächtig anstehenden Stubensandsteinfelsen gehauen und besteht aus zwei Kapellen übereinander; die untere ist 39′ lang und 20′ breit, die obere 30′ lang, 14′ breit und noch mit einer nicht in den Fels gehauenen Vorhalle, 28′ lang, 20′ breit, versehen. Ihre jetzige Gestalt erhielt die Salvatorkirche im Jahre 1617–1620 durch Caspar Vogt, nach der Inschrifttafel in der oberen Kapelle: „Ich Caspr Vogt steinmetz Kirchenmeister habe diße Capel renov. Anno 1617–1620.“ Im Jahre 1616 stiftet Heinrich Pfennigmann aus Gmünd, Pfarrer in Sulzfeld am Main, zur Erweiterung der Kirche 200 Gulden. Die erste Anlage des Salvators scheint in sehr frühe christliche Zeit zurückzugehen; hinter dem Thurm wird noch eine Felsengrotte gezeigt, worin vor grauer Zeit der erste Bewohner, ein Anachoret, gewohnt haben soll; noch vor vierzig Jahren wohnte in der Grotte eine hochbetagte Frau bis an ihr Ende.

An der Außenseite (gegen Süden) ist der natürliche Fels stehen gelassen und in demselben sind verschiedene Nischen und Öffnungen, sowie Thiere, Figürchen, Laubwerk und andere Zierrathen eingehauen; auch baut sich eine Kanzel heraus und darunter springt aus dem Felsen ein klarer, lebendiger Quell, der Mosisbrunnen, in eine steinerne Schale. Die untere, einfach überwölbte Kapelle enthält die alten, vielbesuchten wunderthätigen Bilder Christi, der Maria und des | Johannes; sie sind von schweren und unentschiedenen Formen und auch aus dem natürlichen Felsen gemeißelt. Eine neuere Inschrift dabei sagt: Dieß Kreuz wurde ausgehauen etlich Jahr ehr Gmünd mit einer Mauer umgeben war, und ist renovirt worden im 6. Jahr der Regierung Mathias. Die obere Kapelle bildet einen sehr hübschen Raum, von zwei flachen Rippenkreuzgewölben überspannt, auf deren Schlußsteinen Reichsadler und Einhorn sehr schön ausgehauen sind. Den Altar schmückt ein werthvolles Bild, die Schmerzensmutter, mit der Jahreszahl 1536, aus der Herrgottsruh-Kapelle stammend; rechts steht in einer Art Grotte aus dem Fels herausgehauen ein großer erneuerter Ölberg, und an der Ostwand eine sehr hübsche epitaphienartige Gedenktafel mit Christus am Kreuz, gefertigt von Casp. Vogt. Die Kirchenstühle zeigen in beiden Kapellen hübschen Rococostil. Westlich am Kapellenfelsen, der vor einigen Jahren ganz frisch überarbeitet ward, steht ein achteckiger, dreistockiger Glockenthurm, erbaut in schlichter Renaissance; er hat über dem Eingang eine mit schönen Skulpturen versehene Inschrifttafel: „Als Anno 1617 diser stain oder capel Renoviertt worten. sein heren stettmaister in der Regierung gewesen. Jacob spindler Balthas pfiningman und marttini grieb.“ Auf der Tafel steht man einen Crucifixus und die drei knienden Gestalten der Genannten und im Hintergrund die drei Kaiserberge. Auf dem Thurm hängen drei Glocken; auf der größten steht: Fusa a Jos. et Nic. Arnoldt in Dünkelsbihl. 1780., auf der andern: goss mich Christian Victor Herold in Nürnberg. 1763; die dritte Glocke ist unzugänglich.

Im Jahr 1770 wurde für den Salvator von dem Handelsherrn und Kassier Debler eine jetzt mit der Kirchen- und Schulpflege verbundene beträchtliche Stiftung gemacht und auch das Beneficiathaus erbaut. Sie hat auch das Recht, aus ihren Mitgliedern den Pfarrer von S. Salvator zu wählen; dieser hat freie Wohnung auf dem Berge und muß wöchentlich dreimal in der Kirche Messe lesen. Außerdem hat die Stahl-Storr’sche Familie noch ein zweites Beneficiat daselbst (s. auch unter den hist. Theil).

3. Die St. Katharinenkirche, 1/8 Stunde westlich von der Stadt beim Katharinen-Spital gelegen; sie ist zu Anfang des 14. Jahrhunderts gegründet und wurde in der Zopfzeit umgebaut, durch die Nordseite führt ein hübsches Portal. Das Innere ist mit Fresken und einem tüchtigen Renaissance-Altar geschmückt, dessen Mittelbild die Enthauptung der h. Katharina vorstellt; im Chor sieht man noch ein schönes, gothisches Sakramentshäuschen. Auf dem First sitzt ein sog. Dachreiter, in dem eine alte gothische Glocke hängt. Die Unterhaltung hat die Kirchen- und Schulpflege.

4. Die Kirche in Gotteszell (s. unten).

| Von Kapellen stehen noch:

1. Die Kapelle zur Herrgottsruhe am Friedhofe, eines der merkwürdigsten Bauwerke in einem aus Gothik und Renaissance gemischten Stile; es besteht aus einem hohen, achteckigen, netzgewölbten Chorbau, an den gegen Westen ein quadratischer, von einem Rippengewölbe überspannter Vorraum stößt; so war die ursprüngliche Anlage, später wurde noch ein Quadrat mit rippenlosem Kreuzgewölbe vorgebaut. Die Kapelle ward auf Stadtkosten von Caspar Vogt erbaut. Der achteckige Chor zeigt außen über einem Unterbau mit gothischen Strebepfeilern ein hohes, von zarten jonischen Pilastern an den Ecken gefaßtes und von gothischen Maßwerkfenstern durchbrochenes Geschoß, geschlossen von einem vollständigen Gebälk mit geschmackvoll verziertem Friese. Das Dach ist glockenförmig; die alten Fenster des westlichen Baues sind verschwunden. Im Inneren hat der Chorbau ein reiches Sterngewölbe, dessen Rippen nach Art der in der h. Kreuzkirche sich alle überschneiden; auf dem Schlußstein ist der Reichsadler, auf dem der Vorhalle das Einhorn (Wappen der Stadt) darstellt. An der Südwand findet sich eine Inschrifttafel, die über die Erbauung der Kapelle Nachricht giebt, mit der Jahrszahl 1622 und dem Namenszeichen des Baumeisters C. V. (Caspar Vogt). C. Vogt war unstreitig der bedeutendste Baumeister Gmünds im 17. Jahrhundert; er starb den 22. März 1646, im 60. Jahre seines Alters, und im 36. seines Kirchenmeisteramtes. Der in guter Renaissance gehaltene Altar enthält ein treffliches Gemälde, die Kreuztragung. Links im Triumphbogen ist ein aus alter Zeit stammendes Holzbild, die h. Anna mit Christus und Maria, angebracht.

An der südlichen Außenseite der Kapelle befindet sich eine Tafel mit der Jahrszahl 1622, auch ist daselbst eine Inschrift angebracht, die nachweist, daß den 13. Mai 1827 die Hochfluthen der Rems bis an den 7′ 5″ über der Erdfläche angezeichneten Strich gestiegen seien. Die Unterhaltung der Kapelle hat die Stadtgemeinde.

Die Volkssage erzählt. Ein armer Geiger klagte einmal vor einem Marienbilde in dieser Kapelle seine Noth; dann spielte er auf seiner Geige so rührend dazu, daß das heilige Bild sich bewegte und ihm einen von seinen goldenen Pantoffeln zuwarf. Als der Geiger den Pantoffel verkaufen wollte, ward er verhaftet und als Kirchenräuber zum Tode verurtheilt. Er bat alsdann um die Gnade, daß er vor seinem Tode noch einmal vor dem Marienbilde spielen dürfe, was ihm gestattet wurde. Viel Volk hatte sich versammelt; und als er sein letztes Stück ausgespielt hatte, da bewegte das Gnadenbild sich abermals und warf ihm auch den anderen Pantoffel hin, woraus das Volk unter großem Jubel die Unschuld des armen Geigers erkannte und ihm gern die goldenen Pantoffeln ließ. Noch in diesem | Jahrhundert hieng in der Kapelle ein altes Bild, welches diese Begebenheit darstellte (s. auch Meier, deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben. 1852. Theil I. S. 44).

2. Die S. Josephskapelle mit Haus vor dem Waldstetter Thor. Die eigenthümliche und reizende Form der Herrgottsruh-Kapelle wurde, etwas vergrößert und auch vergröbert, nachgeahmt im Jahre 1677 an S. Joseph. Die gothischen Fenster des achteckigen Chorbaues haben keine Füllungen, die Fenster des Schiffes aber sind rund und mit Kleeblatt-Maßwerken geziert; den spitzbogigen Eingang der Südseite verschließt eine schöne Holzthüre. Innen wird der Chorbau wieder von reichem Sterngewölbe, das Schiff von zwei Rippenkreuzgewölben übersprengt, und an einer dieser Rippen steht 1677, ohne Zweifel das Jahr der Erbauung. Merkwürdig ist dieses Fortleben der Gothik bis tief in die Renaissancezeit herein. In der Kapelle befindet sich an der nördlichen Chorwand eine treffliche aus Stein gehauene Freiskulptur, der Tod der Maria mit den 12 Aposteln, mit der Jahreszahl 1518, und ihr gegenüber steht eine Holzschnitzerei, der Tod Josephs, und Maria, Jesus und einem Engel, mit der Jahreszahl 1709. Beide Werke stammen aus der Dominikanerkirche. Die Kapelle gehört der Kirchen- und Schulpflege.

In der Nähe steht ein hübscher, steinerner, von E. Vogt gearbeitete Bildstock mit der Jahreszahl 1625.

3. Die 1693 erbaute Dreifaltigkeitskapelle liegt bei der sog. Pfeilhalde, an der Straße nach Waldstetten; sie wurde von der Familie Franz erbaut und wird auch von ihr unterhalten.

Über die abgegangenen Kapellen siehe unten im hist. Theil.

Die mitten in der Stadt gelegenen Begräbnißplätze zu St. Michael zunächst der heil. Kreuzkirche, wo die Kapelle zu S. Michael, abgerissen 1807, stand, und St. Johann sind zu Ende des vorigen und Anfangs dieses Jahrhunderts eingegangen.

Der jetzige Friedhof zu St. Leonhard wurde 1542 angelegt, 1622 erweitert, in den 1830er Jahren und im Jahr 1865 abermals bedeutend vergrößert und verschönert; er ist sinnig angelegt und reich an schönen, theilweise kunstvollen Grabmonumenten. Auf einem der älteren Grabsteine steht:

Ist das nicht eine harte Plag,
Siebenundsiebenzig in Einem Grab.
Sie starben an der Pest im Jahre 1637.

Bei letzter Vergrößerung des Friedhofes wurde seine Unterhaltung, welche früher der Kirchen- und Schulpflege oblag, auf die politische Gemeinde übernommen.

An Klöstern befanden sich in der Stadt:

1. Das in der östlichen Hälfte der Stadt gelegene Franziskaner-Kloster, jetzt katholisches Schullehrer-Seminar, soll 1208 | von Walter von Rinderbach gestiftet worden sein; es wurde im Bau vollendet 1210 und im 18. Jahrhundert größtentheils neu gebaut; ein einfaches, dreistockiges Gebäude, an dessen Eingang eine Grabplatte eingemauert ist, worauf ein Krucifix und die Inschrift: anno 16 . . den . . . . . starb der erbar Jakob Kämlin etc. Das Gebäude, welches gegenwärtig verschiedene Schullokale (im untern Stockwerk die katholische Volksschule) und die Wohnung des Rektors enthält, ist Eigenthum der Kirchen- und Schulpflege, aber dem Staat für Zwecke des Schullehrer-Seminars überlassen.

2. Das Dominikaner-Kloster (s. oben) ist jetzt zur Infanterie-Kaserne eingerichtet.

3. Das nahe (westlich) bei der Heiligkreuz-Kirche gelegene Augustiner-Kloster, jetzt Oberamt und Kameralamt, ein ansehnliches, dem Staat gehöriges Gebäude, mit einem im Zopfstil gehaltenen Eingang, über dem der h. Augustin aus Stein gehauen und die Jahrszahl 1747 angebracht ist. In einem Zimmer des untern Stockwerks ist ein aus Stein gefertigtes Krucifix mit Maria und Johannes aus gut gothischer Zeit in die Wand eingemauert; ein ähnliches, zugleich mit der Gestalt des Stifters versehen, befindet sich im ehemaligen Refectorium mit der Unterschrift: Jesu fili Dei misere mei, und der neueren: sculpta fuit haec imago sub P. Martino Brezing. p. f. Priore 1508 renov. 1736. An der gegen das Frauenkloster zu St. Ludwig hinlaufenden, ehemaligen Klostergartenmauer ist über einem Thorbogen das Wappen der Stadt mit der Jahrszahl 1504 angebracht. (Über die Augustinerkirche s. oben.)

4. Das Frauenkloster zu St. Ludwig, erbaut 1764/1765 (die Kirche schon 1701) durch Baumeister Keller in Dinkelsbühl mit einem Aufwand von 16.000 fl. an der Stelle des im Jahr 1445 von einer Wittfrau „Hammerstätterin“ gestifteten Seelhauses der Seelschwestern. Das ehemalige Klostergebäude enthält die übrigen katholischen Volksschulen, die lateinische und Realschule. Die geräumige Kirche wurde neuestens unten zu einer Turnhalle und oben zu einem Zeichnungs- und Ausstellungssaal eingerichtet. Das Gebäude nebst der ehemaligen Kirche ist Eigenthum der Kirchen- und Schulpflege.

5. Das Kloster Gotteszell, jetzt Zuchthaus (s. unten).

Außer den angeführten Kirchen, Kapellen und ehemaligen Klöstern haben wir von öffentlichen Gebäuden noch folgende zu nennen, und zwar:

1. Gebäude, welche Eigenthum der Stadtgemeinde sind:

a. Das Rathhaus, an der Südseite des Marktplatzes gelegen; es wurde in den Jahren 1783/1785 ebenfalls von dem Baumeister Keller aus Dinkelsbühl in einem sehr ansprechenden Rococostil massiv erbaut und in den 90er Jahren von dem Kaufmann Melchior Debler um 11.000 zu seinem gegenwärtigen Zweck | an die Gemeinde verkauft. An der Stelle desselben war die 1760 zum Abbruch gekommene obere Apotheke gestanden. Das Gebäude enthält die städtischen Kanzleigelasse, das städtische Archiv und das Gerichtsnotariat und den sehr schön stuckirten Rathhaussaal, im Jahr 1865 geschmackvoll mit Gold renovirt. Das frühere, mit einer kunstvollen Uhr geschmückte Rathhaus stand mitten auf dem Marktplatz; es wurde von dem Baumeister Peter Brim von Göppingen im Jahr 1523 meist aus Eichenholz neu erbaut, und 1793 abgebrochen. An einem seiner Balken stand: 1523. Peter Brim von Göppingen.

Leid und Schweig und ertrag
Glück wendet sich alle Tag.

b. Die sog. Gräth auf dem Marktplatz, ein gut erhaltenes, sehr altes, dreistockiges Gebäude, in welchem der Stadtschultheiß und der Stadtpfleger ihre Amtswohnungen haben; im unteren Stockwerk befindet sich die städtische Wage. In die Vorderwand des Gebäudes ist ein in schönem gothischem Stil gehaltenes Steinbild, die Anbetung Christi eingemauert. In der Hausflur des zweiten Stockwerks hängt ein Kronleuchter, bestehend aus einem sehr starken Hirschgeweih mit 14 Enden und dem schön ausgeführten Brustbild einer weiblichen Figur in der Tracht des 16. Jahrhunderts und mit dem Rechbergischen Wappen, woran die Jahrszahl der Renovirung 1716 steht.

Früher enthielt die Grät Kanzleilokale (z. B. eine Raths- und eine Stadtmeistersstube) und besonders die nöthigen Gewölbe und Kammern um das Geräthe der Stadt (den Schatz, das Arsenal und mancherlei Materialvorräthe) aufzubewahren; auch befand sich daselbst, wie noch heute die Stadtwage. Ein Grätmeister verwaltete Alles mit der Grätmagd, welche einheizte, kehrte etc.

c. Die sog. Schmalzgrube bei der Franziskanerkirche, ein sehr schönes, im frühen Renaissancestil massiv erbautes Gebäude; das erste Geschoß ist in sorgfältiger Rustika ausgeführt und mit drei Portalen versehen, über dem mittleren schmäleren, reich verzierten ist das Wappen der Stadt nebst großer Inschrifttafel und der Jahreszahl 1589 angebracht. Im Inneren finden sich noch manche Spuren der frühern Einrichtung, im unteren Stock Gewölbe, im oberen ein durch das ganze Gebäude gehender, von fünf prächtigen Eichenholzsäulen in der Mitte getheilter Saal.

Die Schmalzgrube ist aus dem von der Stadt erkauften älteren Königsbronner Hof entstanden; das geräumige, mit einem ummauerten Hof versehene Gebäude wurde zur Abhaltung des Schwörtags, an welchem sich die Gemeinde im Hof, der Rath oben im Saal versammelte, und auch sonst zu Gemeindeversammlungen benützt. Eine Gmünder Chronik schreibt: 1308 ist das Steinhaus beim Königsbronner Hof, so vorhin Kaisers Barbarossa Tag gewesen, erneuert | worden mit einem Wappenschild und Jahrszahl; wäre diese Notiz beglaubigter und deutlicher, so könnte die Existenz eines Gebäudes, worin die Hohenstaufen gelegentlich Hof hielten, nachgewiesen werden. Vom Königsbronner Hof ist wohl glaublich, daß er kaiserliches Gut gewesen und als solches dem Kloster geschenkt wurde.

Im Königsbronner Hof saß der Visirer, d. h. Umgelder und deßhalb wurde er auch der Visirhof genannt; im Jahr 1589 brannte er ab. In dem hierauf 1591 neuerbauten Hause wurden unten Gewölbe für Handelsartikel und besonders auch für die Schmalzwage eingerichtet, woraus sich der Name „Schmalzgrube“ entwickelte.

Im Saal des „Schwörhofs“ führten späterhin die Franziskaner mit ihren Lateinschülern Schauspiele auf und auch jetzt dient das Lokal zum Theater.

d. Das dreistockige, 1507 erbaute Kornhaus in der Franziskanergasse, das im unteren Stockwerk die Fruchtschranne und die Heuwage, in den oberen Räumen Böden zum Trocknen des Hopfens enthält, ein alterthümliches, in sehr schönem und reichem Holzbau aufgeführtes Gebäude. Genannte Jahreszahl steht an der Nordwestecke.

e. Das Werkhaus in der Sebaldi-Vorstadt, in dessen Nähe das Sebaldi-Kirchlein stand, ein einstockiges Gebäude, das jetzt Stallungen für die Artilleriepferde und in den Dachräumen städtische Magazine enthält.

f. Der Königsbronner Hof am südöstlichen Ende der Stadt, jetzt städtisches Holzmagazin.

g. Das in der Nähe des Hospitals gelegene ehemalige im Rococostil aus Stein erbaute Waisenhaus, das über dem Eingang das Wappen der Stadt und die Jahrszahl 1767 trägt, enthält nunmehr im untern Stockwerk die städtischen Gefängnisse und die Wohnung des Polizei-Wachtmeisters, im zweiten die Amtswohnungen eines Präceptors und des Spitalverwalters, im dritten die gewerbliche Fortbildungsschule und die Wohngelasse des Lehrers.

h. Das evangelische Schulhaus bei der Stadtpfarrkirche mit drei Lehrzimmern und den Wohnungen für zwei Schulmeister und den Unterlehrer.

i. Von den noch stehenden Thürmen enthalten der Schmidthorthurm, der Wasserthurm und der Faulthurm städtische Armenwohnungen; auf dem Johanniskirchthurm, dem Königsthurm und dem fünfeckigen (Knöpflinsthurm) sind Hochwachten eingerichtet.

k. Das von der Schützengesellschaft durch Vertrag an die Stadt übergegangene Schützenhaus liegt in einem anmuthigen Waldthale nördlich der Stadt.

2. In der Verwaltung der Kirchen und Schulpflege stehen:

a. Das ansehnliche, 1735 erbaute katholische Dekanatsgebäude, zunächst der Stadtpfarrkirche, neben diesem steht

| b. das ehemalige, 1764/65 erbaute Kapitelhaus, jetzt Wohnung des Kirchen- und Schulpflegers.

c. Das St. Leonhards-Kaplaneigebäude, neben dem ehemaligen Priesterhaus.

d. Das Kaplaneigebäude zur h. Katharina innerhalb der Stadt, steht neben der St. Leonhards-Kaplanei.

e. Das St. Georgs-Kaplaneigebäude liegt gegenüber der sog. Fuggerei.

f. Das St. Martins-Kaplaneigebäude steht in der Nähe der letzteren, gegenüber der Fuggerei-Reitbahn; in einem Hintergebäude befindet sich die Vikariatswohnung, gegenwärtig von einem katholischen Schulmeister, der zugleich Meßner zu St. Johann ist, bewohnt.

g. Das Kaplaneigebäude zur h. Katharina außerhalb der Stadt, steht neben dem letzteren.

h. Das St. Nikolaus-Kaplaneigebäude neben dem evangelischen Schulhaus.

i. Das St. Jakobs-Kaplaneigebäude, bewohnt von dem Ober-Präceptor und dem Chor-Direktor.

k. Das Benefiziatgebäude auf dem Salvator, von dem daselbst angestellten Kaplan bewohnt (s. unten).

l. Meßnerwohnungen, und zwar die des Stadtpfarrmeßners neben dem Glockenthurm, die des St. Leonhardsmeßners zugleich Friedhofaufsehers an die St. Leonhardskirche angebaut, die des St. Josephsmeßners zunächst der St. Josephskapelle, die des Salvatormeßners auf dem Salvator und die des St. Katharinameßners, der zugleich Hausmeister ist, im Spitalgebäude daselbst.

m. Die Maiereigebäude im Schödel’schen Gut und im Höllgut.

3. Der Hospitalpflege gehören:

a. Der Hospital zum heiligen Geist am nördlichen Ende der Marktgasse gelegen, ein dreistockiges modernes Gebäude, das im Jahr 1840/1841 an der Stelle des früheren massiv erbaut wurde; es enthält die Wohnungen für die Hospitaliten, den Krankenbau und die sehr geräumige Kapelle, in der sich noch mehrere alte Holzschnitzereien befinden. An das neue Gebäude reihen sich ältere zum Spital gehörige, die gemeinschaftlich mit ihm einen schönen Garten (früher Hofraum) einschließen und zwar zunächst (östlich) das alte Amthaus mit Fruchtkästen, jetzt als Waisenhaus benützt, ein ehrwürdiges altes Gebäude mit herrlichem Balkenwerk und steinernem Unterstock, durch den ein spitzbogiger Durchgang führt; an einem Thörchen innerhalb desselben steht die Jahrszahl 1495. An dasselbe stößt gegen Norden ein Gebäude, das im oberen Stock Arbeitslokale, darunter die schön getäfelte sog. Uhrstube mit zwei hübschen Thüren | von 1596, im unteren die Bäckerei und Stallungen enthält; daran schließt sich in gleicher Richtung das meist ökonomischen Zwecken dienende Langhaus, im unteren Stockwerk ist die Weberei und die Schuhmacherei eingerichtet. Im Norden steht quer die sehr große Bestand- und Zehentscheuer und im Westen die alterthümliche, in prächtigem Holzbau aufgeführte Spitalmühle. Über dem zwischen dem Langhaus und der Zehentscheuer befindlichen Eingang in den Spitalgarten steht die Jahreszahl 1581.

b. Das St. Katharinen-Spital, 1/4 Stunde westlich von der Stadt gelegen; ferner die Maiereigebäude in den Spitalgütern, Krähen, Georgishof und dem Schorr’schen Maiereigut.

4. Im Eigenthum des Staats stehen:

a. Das Oberamtsgericht in der sog. Hofstatt gelegen, ein zweistockiges, gut erhaltenes Gebäude aus dem vorigen Jahrhundert, früher Eigenthum eines Privatmanns; dazu gehört ein schön angelegter Garten nebst Hofraum und ein Ökonomiegebäude.

b. Das Oberamt im ehemaligen Augustinerkloster (s. oben) enthält im unteren Stockwerk die Kanzleigelasse des Oberamts, im mittleren die Wohnung des Oberamtsmanns und im oberen die Wohn- und Kanzleigelasse des Kameralverwalters.

c. Das auf dem Markt gelegene, in schönem Rococostil ausgeführte Postgebäude (früher Privathaus), in welchem der Postmeister das mittlere, und der Revierförster das obere Stockwerk bewohnt; die Kanzleigelasse (Postablage) befinden sich im unteren Geschoß.

d. Das sehr ansehnliche, ganz aus Sandsteinen erbaute Bahnhofgebäude, etwa 5 Minuten nordwestlich von der Stadt auf der rechten Seite der Rems gelegen, wurde im Jahr 1860/1861 erbaut; es hat drei Stockwerke, von denen das untere rundbogige Arkaden enthält.

e. Das Taubstummen-Institut in der Bockgasse zunächst des Oberamts, ein sehr schönes, gut gebautes Haus, das 1817 vom Staat erkauft wurde; es enthält außer den Lehr- und Schlafsälen für die Taubstummen die Wohnung des evangelischen Stadtpfarrers, des Oberlehrers, und die Wohngelasse der Hilfslehrer und des Kostreichers; die Unterlehrer wohnen in dem Blinden-Asyl für weibliche Blinde.

f. Das Blinden-Asyl für weibliche Blinde in der sog. Bleiche enthält Lehr-, Schlaf- und Arbeitssäle und die schon angeführten Wohnungen der Unterlehrer des Taubstummen-Instituts.

g. Das Blinden-Asyl für männliche Blinde liegt im sog. Paradies; in ihm befinden sich die Lehr-, Schlaf- und Arbeitssäle nebst der Wohnung des Hausmeisters.

| h. Das Oberamtsgerichts-Gefängniß in der ehemaligen Fuggerei.

i. Das Oberamts-Gefängniß steht hinter der Oberamtei auf dem sog. Turniergraben.

5. Gebäude, in welchen Privatanstalten bestehen:

a. Das Irrenhaus zu St. Vinzenz, ein 4stockiges, sehr ansehnliches Gebäude, das in dem sog. Kapuzinergarten, auf dem früher das Kapuziner-Kloster stand, im Jahr 1861/1863, nach den Entwürfen des Oberbauraths von Morlock massiv erbaut wurde.

b. Das Gutleuthaus der barmherzigen Schwestern vom Orden des h. Vinzenz von Paula, besteht in dem vormaligen Kaufmann Gerber’schen Hause, das 1858 für seinen gegenwärtigen Zweck angekauft wurde.

Von den einstigen Privatgebäuden nennen wir die Fuggerei in der Kirchgasse, in welchem Antoni Fugger sen., Freiherr zu Kirchberg und Weißenhorn lebte und 1616 in Schulden starb; in dem Rest des Anwesens befindet sich gegenwärtig das Oberamtsgerichtsgefängniß (s. oben) und das ehemalige Gartenhaus ist jetzt Wohnhaus.

Die Gmünder Chroniken führen verschiedene adelige Höfe auf, die meistens erst im 17. Jahrhundert nachweisbar sind und im Besitze von nur vorüber ansäßigen Familien waren; so die Herren von Bubenhofen zu Ramsberg (ihr Haus steht auf dem Platz bei der Taubstummen-Anstalt), die Blarer von Wartensee zu Unter-Böbingen, die v. Laymingen zu Lindach, die Nittel von Treppach, die v. Hausen zu Wagenhofen, die v. Degenfeld, v. Gaisberg, v. Sperberseck u. s. w. Unzweifelhaft stammten ihre Sitze, soweit es ansehnliche und feste Häuser waren, meist aus alter Zeit, als ehemalige Wohnhäuser ritterlicher und ehrbarer Geschlechterfamilien; z. B. der Leineckhof wird den Rinderbachen von Leineck zugehört haben. Bei der Lateinschule stand ein Haus, welches ein Schenk von Schenkenstein erwarb und das 1446 seiner Wittwe, geb. v. Adelmann, nachher den Hacken von Hoheneck und zuletzt denen v. Wellwart gehörte; letztere verkauften es an die Stadt. Das Haus „Im Hof“ hinter dem Gasthaus zum Pfauen mit Resten einer Umfassungsmauer mag wohl den Patriziern Im Hof zugehört haben. Das Vorkommen einer Familie „im Steinhaus“, läßt vermuthen, daß diese im bedeutendsten und vielleicht ältesten Steinhaus der Stadt daheim war. Die Herren v. Rechberg hatten nachweisbar zu verschiedenen Zeiten Wohnsitze in der Stadt, ihren letzten vermuthlich auf dem Platz der Dom. Forster’schen Fabrik, wo das frühere, von den Harern 1473 erbaute Haus eine Wetterfahne mit den Rechbergischen Wappen und der Jahrszahl 1617 hatte.

Wie überall in den Reichsstädten, so waren auch in Gmünd Trinkstuben, gesellige Versammlungslokale der verschiedenen Bevölkerungsklassen, wo aber gelegentlich auch Geschäfts- und Stadtangelegenheiten | verhandelt wurden. So hielt z. B. 1483 der Schultheiß Gericht „auf der Herren vorderer Trinkstube“. Im Jahr 1426 wurde die Bürgerstube oder bürgerliche Trinkstube beim Pfauen errichtet. Jede Zunft hatte ihr Zunfthaus, welche auch als Trinkstube diente. Den Handwerksgesellen war die Errichtung eigener Trinkstuben ausdrücklich verboten.

Von älteren, meist von Baumeister Heinrich Keller in edlem Rococostil erbauten Privatgebäuden nennen wir: das Kaufmann Debler’sche Haus (v. J. 1773), ehemals Kloster Lorch’sche Verwaltung, das Erhard’sche Wohnhaus, das ehemalige Moorische, jetzt Feuerlin’sche Haus (1758), das des Kaufmann Rob. Walter (1753), des Fabrikanten Deyhle, des Xav. Rieß (1773), des Bapt. Meier (1767); das Postgebäude, die Kirchen- und Schulpflege (1765), das Taubstummen-Institut, das ganz mit Fresken geschmückte, jüngst erneuerte Haus des Apotheker Achilles Doll und ein schönes Sgraffitohaus bei der Franziskanerkirche. Ein interessantes, wohl noch aus gothischer Zeit stammendes Gebäude mit ausgezeichnet schönem Holzbau ist das dem Spital gegenüber stehende sog. Arenhaus.

Zu den ältesten, in die romanische Zeit noch zurückreichenden Gebäuden gehören die neben einander stehenden und ursprünglich zusammen gehörigen Häuser des Kaufmann Welker und des Flaschner Müller in der Marktstraße, welche den Hohenstaufen als Jagdhaus gedient haben sollen; das eine ganz aus Stein, das andere mit festem steinernem Unterstock und reichem aus Holz aufgeführtem Oberbau. Die Mauern sind auffallend stark und im Unterstock bestehen noch alte Kreuz- und Tonnengewölbe; im zweiten Stockwerk zeigt sich noch der Rest eines durch Rundbögen verbundenen Kreuzgewölbes, das auf einer steinernen Säule ruht. In den alterthümlichen Hintergebäuden des Gasthofs zum Mohren findet sich noch eine trefflich geschnitzte Säule im Renaissancestil mit der Jahreszahl 1611.

Von architektonisch schönen Privatgebäuden aus neuester Zeit sind zu erwähnen: das mit schönen Gartenanlagen umgebene Wohnhaus des Kaufmann Eduard Forster in der Bockgasse, das demselben gegenüber stehende Haus des Kaufmann und Fabrikanten J. B. Ott, das Kaufmann Böhm’sche Haus in der untern Bockgasse etc.

In der nächsten Umgebung der Stadt bestehen schöne, mit Lustgärten umgebene Villen, wie die des Stadtrath Buhl, mit ausgezeichnet schöner Aussicht in das Remsthal und an die Alb; dazu gehört ein gegen 6 Morgen großes Gut, von dem ein großer Theil sehr sinnig als Garten, mit künstlichen Ruinen, Grotten, Wasserwerken etc. angelegt ist. Ferner die Ott’sche Villa, mit einem etwa 9 Morgen großen Gut, nebst herrlich angelegtem Garten, dann der ansehnliche, sehr schön angelegte Maier’sche Garten (Wirthschaftsgarten) | mit einem bewohnbaren, im schönem Rococostil gehaltenen steinernen Gartenhaus von 1780, mit reich stuckirten Räumen.

Die Stadt ist mit gutem, zum Theil vortrefflichem Trinkwasser reichlich versehen; es bestehen im ganzen 449 Brunnen, von diesen befinden sich innerhalb der Stadt 2 große, laufende Brunnen und 1 Pumpbrunnen, welche als öffentliche, von der Gemeinde zu unterhaltende zu betrachten sind, ferner 9 laufende Privatbrunnen, 47 Gemeinderechts- und 289 Privatpumpbrunnen; das Brunnenverhältniß der Stadt ist nämlich seit alten Zeiten ein ganz eigenthümliches, indem einer gewissen Anzahl von Häusern je ein Pumpbrunnen zugewiesen ist, welchen die Bewohner dieser Häuser ausschließlich zu benützen das Recht, denselben aber auch zu unterhalten haben. Ohne Genehmigung der Gemeindebehörden darf keiner dieser Brunnen aufgegeben werden. Diese Einrichtung erstreckt sich nicht allein auf die Privathäuser, sondern auch auf öffentliche Pflegen, wie die Stadtpflege, Hospitalverwaltung etc; nebenbei besitzen dann die Hauseigenthümer in den Häusern selbst oder in den Hofräumen noch eigene Pumpbrunnen. Diese seltene Einrichtung mag in den natürlichen Verhältnissen ihren Grund haben, denn wo man gräbt, erhält man schon in geringer Tiefe Trinkwasser, so daß sich die Anlegung eines Pumpbrunnens mit geringen Kosten bewerkstelligen läßt, während die Beischaffung einer größeren Menge laufenden Wassers bei der großen Entfernung der Quellen sehr bedeutenden Aufwand verursachen würde. Überdies ist das Pumpwasser wegen seiner Frische beliebter als das Rohrwasser. Die bedeutendsten Brunnen der Stadt sind der vierröhrige Marktbrunnen mit einer im Rococogeschmack ausgeführten Brunnensäule, auf der die Mutter Gottes mit dem Jesuskinde auf den Armen in Lebensgröße steht; am eisernen Brunnentrog sind Wappen von angesehenen Familien der Stadt angebracht. Dann der ebenfalls vierröhrige, am Chor der h. Kreuzkirche stehende, mit reicher sirenengeschmückter steinerner Brunnensäule im Renaissancestil; ihr schönes korinthisches Kapitell trägt einen Löwen, den Gmünder und den württ. Wappenschild haltend; an der Rückseite eines Schildes steht 1604, und den eisernen Trog zieren wieder Gmünder Familienwappen.

Das Wasser der städtischen laufenden Brunnen wird durch eiserne Röhren zugeleitet und die Bierbrauer besitzen ebenfalls solche Wasserleitungen. Zwei Wetten sind innerhalb der Stadt angelegt.

Außerhalb der Stadt, d. h. auf der Gemeindemarkung bestehen 59 Pump- und 42 laufende Brunnen.

Die Markung ist reich an Quellen, die bedeutendsten sind auf der Muthlanger Viehweide, im Taubenthal, auf dem Höfle, auf dem Nepper und auf dem Hardt unweit des Zeiselbergs; sie liefern sämtlich gutes Wasser, besonders geschätzt wird das vom Salvatorbrunnen. Über die Markung fließen: die Rems, der Bettringer- und der Waldstetterbach, | letztere vereinigen sich bei der Stadt und münden unter dem Namen Josephsbach in die Rems; ferner der durch das Schießthal laufende Klosterbach, der Muthlangerbach, der Wetzgauerbach, der Höllbach, der Röthenbach und der Lenglingerbach. In trockenen Jahrgängen werden diese fließenden Gewässer sehr wasserarm, während sie bei starken Regengüssen oder schnellen Schneeabgängen öfters sehr bedeutend und zum Theil, namentlich Rems und Josephsbach, verheerend anschwellen; die Ursache dieser Erscheinung will man, nicht ohne Grund, in der theilweise schlechten Bewirthschaftung der Waldungen an dem Abhang und am Fuß der Alb suchen. Während die Gmünd’schen, Rechberg’schen und die Staatswaldungen vortrefflich gehalten sind, kann man dies von den beinahe ausschließlich im Besitz der Landgemeinden und der Bauern befindlichen Waldungen am Abhang der Alb nicht sagen, indem diese durch zweckwidrige Bewirthschaftung theils bis zur Viehweide herunter gekommen, theils drohen ein gleiches zu werden. Hiedurch wird die Ansammlung der wässerigen Niederschläge vermindert, der schnelle Ablauf des Wassers über die kahlen, des Humus beraubten Abhänge aber sehr gefördert; daher einerseits das Quellwasser vermindert, andererseits aber bei starken Regengüssen etc. Überschwemmungen hervorgerufen werden.

Künstlich angelegte Weiher, die zur Fischzucht benützt wurden, bestanden früher viele auf der Markung, jetzt sind sie trocken gelegt und größtentheils in Wiesengrund umgewandelt. Nur bei der sog. Froschburg im Becherlehen und am Nepper sind noch einige unbedeutende Fischweiher vorhanden.

Das Klima ist im allgemeinen mild und feinere Gewächse gedeihen noch, indessen sind die Nächte den Sommer über häufig ungewöhnlich kühl; schädliche Frühlingsfröste und kalte Nebel sind nicht häufiger als anderwärts im Bezirk und vor heftigen Winden ist die Gegend geschützt; dagegen ist der Luftzug in dem von Osten nach Westen ziehenden Remsthal ziemlich stark, daher auch die sonst sehr gesunde Luft Brustleidenden nicht ganz zusagt. Hagelschlag kam seit Menschengedenken nur im Jahr 1866 vor; auch Gewitter sind nicht besonders zahlreich und gewöhnlich auch nicht heftig. Der Stuifen, der Rechberg und der Hohenstaufen bilden Wetterscheiden und die Gewitter, welche von Süden, Südwesten, Westen und Nordwesten der Stadt nahen, ziehen meistens gegen das Leinthal und entladen sich dort.

Der im allgemeinen fruchtbare Boden besteht in den Thalebenen aus Sand und Geschieben mit einer den Wiesenbau besonders begünstigenden Humusdecke, an den Thalabhängen erscheinen die Verwitterungen des mittleren Keupermergels und des weißen grobkörnigen Sandsteins (Stubensandstein), über demselben liegen thonige, schwere, | wenig durchlassende Böden und auf den Hochebenen Lias mit fruchtbarer Lehmbedeckung.

Stubensandsteinbrüche sind mehrere vorhanden, Liaskalk und Liassandstein wird auf den Anhöhen gewonnen und Pflastersteine bricht man beim Sachsenhof und im Wald Häspeler.

Die große, von Südwest nach Nordost in die Länge gedehnte Markung ist mit Ausnahme der Hochflächen und der Thalebenen sehr bergig und daher großentheils mühsam zu bebauen.

Die Einwohner haben keine besondere körperliche Gebrechen oder Vorzüge, indessen entgeht die Menge hübscher Mädchen nicht leicht dem aufmerksamen Fremden. Personen von 80 und mehr Jahren giebt es manche in der Stadt.

Die Gmünder sind im allgemeinen fleißig, betriebsam und kirchlich gesinnt, nur mit der Sparsamkeit will es bei manchen nicht recht gehen, obgleich auch viele sich diese Tugend zu eigen gemacht haben. Die ehemalige Reichsunmittelbarkeit hat auch dem Charakter der Einwohner, wie allen früheren Reichsstädtern, den Stempel aufgedrückt, der erst in neuester Zeit sich zu verlieren beginnt, doch ist der eigentliche Gmünder immer noch sehr lebensfroh und läßt sich durch äußere Ereignisse in seinem Leben und Treiben nicht so leicht stören. Eine besondere Liebhaberei bilden die Fasnachts-Lustbarkeiten, bei denen großer Humor entwickelt wird; einem geborenen Gmünder geht das „Maskern“ über alles und lieber leidet er Mangel, als daß er sich dieses Vergnügen versagen würde. Andere Volksbelustigungen, wie das Eierlesen etc. sind abgegangen, dagegen wird das Scheibenschießen und Kegelschieben noch sehr lebhaft getrieben. Die allgemeine Kirchweihe findet im Oktober in Verbindung mit einem 3 Tage andauernden Jahrmarkt statt, seit alter Zeit ein Fest für die Gmünder. Außerdem feiert jede Gasse ihre besondere Kirchweihe, was mit den ehemaligen Klöstern und Kapellen in Verbindung stand. Diese Kirchweihen beginnen bald nach Pfingsten und dauern bis ins Spätjahr. Ehemals waren damit Tanzlustbarkeiten verbunden, jetzt bestehen die Feste nur noch darin, daß die Nachbarn, Verwandte und Handwerksleute, welche ins Haus arbeiten, bei den Wirthen der Gasse sich bei einer gebratenen Gans einen gemüthlichen Abend bereiten.

Was die Vermögensverhältnisse der Einwohner betrifft, so kann hier der Grundbesitz nicht maßgebend sein, indem die Stadt ein Industrieplatz ist und die Haupterwerbsquelle im Gewerbe besteht; man trifft hier neben vielen minder bemittelten Fabrikarbeitern mehrere reiche Fabrikbesitzer, Kaufleute und Privaten, wie auch einen zum Theil vermöglichen Bürgerstand. Der bedeutendste Grundbesitz beträgt etwa 60 Morgen; als eine Eigenthümlichkeit ist anzuführen, daß in unmittelbarster Nähe der Stadt größere geschlossene Gras- und Baumgüter von 10–30 Morgen vorkommen, welche sich in Einer Hand | befinden und meist mit bewohnbaren Landhäusern ausgestattet sind. Viele Einwohner haben gar keinen Grundbesitz. Der Staat besitzt auf der Markung 273 Morgen Güter, die er in Parzellen an viele Ortsbürger verpachtet. Eine nothwendige Folge der weit vorherrschenden Industrie ist die Ungleichheit im Vermögensbesitz unter den Einwohnern.

Über den Fabrikationsbetrieb s. den allgemeinen Theil, Abschnitt „Kunst und Gewerbefleiß.“

Im Übrigen war der Stand der Gewerbe im Jahr 1867 folgender:

Meist. Geh.
Barbiere 6 3
Band- und Bortenwirker 3 2
Baumwollenweber 3 14
Beindreher u. Beinringler 11 13
Blechmacher 1
Blumenmacher 3
Brodbäcker 29 33
Büglerinnen 2
Bürstenbinder 5 3
Buchbinder 8 2
Büchsenmacher 1
Färber 1
Feilenhauer 1
Fischer 2
Flaschner 6 6
Frachtfuhrleute mit 4 Pferden 1 1
Gärtner 2 2
Graveure (in Bein) 1 1
Glaser 6 7
Grobschmide 9 14
Großuhrmacher 3 1
Hafner 5 2
Hauderer mit 2 Pferden 12
Hauderer mit 4 Pferden 2
Holzmesser 6
Hutmacher 3 3
Kammmacher 2 2
Kaminfeger 2 2
Kleinuhrmacher 2
Meist. Geh.
Kleemeister 1 1
Korbmacher 3
Kübler 4 2
Küfer 7 5
Kürschner 2
Kupferschmide 3 2
Lakirer 2 2
Leineweber 2 2
Litzenschuhmacher 2
Lohnmezger 1
Lumpensammler 3
Maler 1
Messerschmide 3 3
Metalldreher 1 3
Mezger 27 13
Musiker 4 1
Mühlarzt 1
Nadler 3
Nähterinnen 16 2
Nagelschmide 1
Ochsenmezger 5 7
Orgelmacher 1
Optikus und Mechanikus 4 5
Pfeifenmacher 2
Pferdevermiether 3
Pflästerer 3 3
Putzmacherinnen 9 4
Rothgerber 8 12
Rothgießer 1 1
Seifensieder 3 4
Seiler 3
Sattler 7 6
|
  Meist. Geh.     Meist. Geh.
Schäfer 17 6 Wascher und Wascherinnen 12
Schirmmacher   3 2 Zeugmacher 1
Schlosser 9 16 Ziegler 3 6
Schneider 18 15 Zinngießer 2
Schreiner 18 25 Zimmerleute 5 30
Schuhmacher 38 30 Zuckerbäcker 4 2
Seckler 4 2 Apotheker 2 4
Siebmacher 2 Buchhandlungen 1 4
Steinhauer 11 24 Buchdruckereien 2 4
Tapezirer 2 1 Schildwirthschaften 33, worunter
Tüncher 5 10 25 Brauereien
Tuchmacher 2 3 Speisewirthschaften 14.
Wagner 4 3 Schenkwirthschaften 7.
Weißgerber 1
Handelsgewerbe.
  Kaufleute 52 mit 47 Gehilfen.
  Banquier 1 mit 1 Gehilfen.
  Krämer, Kleinhändler und Viktualienhändler 45.
  Hausirer 6.


Innerhalb der Stadt befinden sich: die Judenmühle mit zwei Mahlgängen und einem Gerbgang, die Niklosenmühle mit drei Mahlgängen und einem Gerbgang, die Zeiselmühle mit zwei Mahlgängen und einem Gerbgang; außerhalb der Stadt: die Freimühle mit drei Mahlgängen und einem Gerbgang, die Pfenningmühle mit zwei Mahlgängen und einem Gerbgang, die Rinderbacher Mühle mit zwei Mahlgängen und einem Gerbgang und die Klostermühle mit zwei Mahlgängen, einem Gerbgang und einer Säge.

An eigentlichen Sägmühlen sind vorhanden: die obere Sägmühle mit zwei Sägen, einem Mahlgang, einem Gerbgang und einer Ölpresse; die Kiesmühle mit vier Sägen. Überdies bestehen noch: eine Knochenmühle mit acht Stampfen, eine Walkmühle mit vier Stampfen und eine Lohmühle mit vier Stampfen.

Die Nebengewerbe sind ganz unbedeutend: im Blindenasyl werden Strohflechtarbeiten etc. gefertigt und im Inland abgesetzt.

Dem Gewerbe untergeordnet ist die Landwirthschaft, welche willkürlich und so rationell, als es die natürlichen Verhältnisse erlauben, betrieben wird; man trachtet dem Boden das Möglichste abzugewinnen, und sucht dessen Ertragsfähigkeit neben den gewöhnlichen Düngungsmitteln auch durch die Anwendung von Kompost, Gips, Knochenmehl, Asche etc. zu steigern. Von verbesserten Ackergeräthen haben neben dem gewöhnlichen Wendepflug der Brabanterpflug, die eiserne Egge, die Repssämaschine ausgedehnten Eingang gefunden; | die Dreschmaschine wird nur von größeren Grundbesitzern angewendet. Die Düngerstätten sind zweckmäßig angelegt.

Zum Anbau kommen vorherrschend Dinkel, weniger Roggen, Gerste und Haber; in der ganz angeblümten Brache baut man gewöhnlich Hack- oder Hülsenfrüchte. Von Handelsgewächsen wird hauptsächlich Hopfen in großer Ausdehnung gebaut, weniger Reps, Mohn, Flachs und Hanf. Der Hopfen kommt beinahe durchaus nach außen zum Verkauf; es sind dermalen 300 Mrg. dem Hopfenbau eingeräumt, etwa weitere 50 Mrg. besitzen hiesige Bürger auf angrenzenden Markungen, und das ganze Hopfenerzeugniß beläuft sich in mittleren Jahren auf 1200–1500 Centner. Der Futterkräuterbau beschränkt sich meistens auf dreiblättrigen Klee und Luzerne. Von dem Getreideerzeugniß kann selbstverständlich nichts verkauft werden, dagegen findet bedeutende Einfuhr von Getreide statt.

Von großer Ausdehnung ist der Wiesenbau, welcher mit geringen Ausnahmen ein gutes, mitunter vortreffliches Futter liefert, das größtentheils nach außen abgesetzt wird. Die Wiesen, von denen etwa 140 Mrg. bewässert werden können, sind zwei-, zuweilen dreimähdig.

Was den Gartenbau betrifft, so hat Gmünd eine Menge schöner Privatgärten aufzuweisen, unter denen der Maier’sche, Forster’sche und Köhler’sche Garten, wie auch der Höhlenstein, die beiden Villen Ott und Deyhle etc. wegen ihrer schönen Anlagen besonders sich auszeichnen. Der Hohenstein, dem Stadtrath Buhl gehörig, war früher eine Einsiedelei und ist, wie schon oben bemerkt wurde, zu einer der schönsten Gartenanlagen umgeschaffen worden.

Der Gemüsebau wird nur für das örtliche Bedürfniß getrieben.

Die in starkem Zunehmen begriffene Obstzucht wird schwunghaft getrieben; man pflegt von Kernobst vorzugsweise Luiken[ws 1], Goldparmäne, Reinette, Breitputzen, Bratbirnen, Knausbirnen, und von Steinobst Zwetschgen und Pflaumen. Das Obst wird in der Stadt verbraucht und namentlich zu Obstmost, der vor einigen Jahrzehenten fast ganz unbekannt war, verwendet.

Früher wurde auch Weinbau getrieben, denn im Jahr 1561 kommt der Verkauf eines Weinbergs vor.

Über die der Gemeinde und Hospitalpflege gehörigen Waldungen, Güter, Allmanden etc. s. unten.

Eigentliche Weiden sind nicht vorhanden; die Stadt hat das Weiderecht auf der Brach- und Stoppelweide, gab aber in neuester Zeit den Grundeigenthümern Gelegenheit, diese Last gegen eine Entschädigung von 5 fl. per Morgen abzulösen, wovon viele Güterbesitzer Gebrauch gemacht haben, so daß das Weiderecht von keiner Bedeutung mehr ist.

Was die Viehzucht betrifft, so ist die der Pferde von keinem | Belang, ebeno die Pferdehaltung, dagegen wird die mit Leinthaler Race (sog. Wochten) sich beschäftigende Rindviehzucht eifrig betrieben und durch drei tüchtige Zuchtstiere unterhalten und verbessert. Mit Rindvieh, namentlich auch mit gemästetem, treibt man lebhaften Handel nach Stuttgart, Mannheim, Straßburg etc. Der größte Theil des Milcherzeugnisses wird in der Stadt abgesetzt, indessen ist das Bedürfniß so groß, daß noch viel Milch von außen bezogen werden muß.

Die Schafzucht wird mit Ausnahme eines Ortsbürgers nur von fremden Schäfern aus Pachtgütern getrieben; man hält die feinere spanische Bastardrace, von der den Sommer über nur 200, den Winter über aber 3500 Stücke auf der Markung laufen. Die Wolle wird hauptsächlich auf dem Kirchheimer Wollmarkt abgesetzt, während der Abstoß der Schafe nach Straßburg geht.

Das Fischrecht in der Rems und ihren Seitenzuflüssen steht theils dem Staat, theils einzelnen Privaten zu und ist um wenige Gulden verpachtet; es kommen nur Weißfische und Barben, seltener Karpfen oder Forellen vor.

Was den Aktivhandel betrifft, so besteht derselbe hauptsächlich in den oben angeführten Fabrikaten; eingeführt werden vorzugsweise Kolonial- und Wollwaaren, Eisen, Wein, Salz etc. Die Durchfuhr findet auf der Eisenbahn statt und hat für den Ort keinen Werth (s. auch den allgemeinen Theil S. 114).

Die Stadt ist berechtigt, in den Monaten April, Oktober und December Krämermärkte (je drei Tage), im Januar, März, April, Juni, Juli, September, Oktober und December Viehmärkte, und im December einen Roßmarkt abzuhalten. Die Märkte sind von Bedeutung, besonders der im Oktober stattfindende sog. Ursulamarkt. Eine Vermehrung der Viehmärkte steht bevor.

Je am Mittwoch und Samstag werden Wochenmärkte abgehalten.

Am Mittwoch ist zugleich Fruchtmarkt, der jedoch von keiner Bedeutung ist.

Als Verkehrsstraßen sind anzuführen:

1. Die seit 1861 in Betrieb befindliche Eisenbahn (Remsthalbahn).

2. Die Staatsstraße von Stuttgart nach Gmünd und weiter über Aalen und Bopfingen nach Nürnberg geht mitten durch die Stadt; von ihr zweigt die Staatsstraße nach Gaildorf und Hall ab.

3. Vicinalstraßen bestehen nach Herlikofen, Ober-Bettringen, Waldstetten, Unter-Bettringen, Straßdorf, Wetzgau und Wüstenrieth.

Über die Rems führen 3 steinerne Brücken, welche der Staat zu unterhalten hat, eine steinerne Brücke über den Waldstetter Bach und 4 hölzerne Stege sind von der Stadt zu unterhalten.

An den Kirchen der Stadt besorgen die gottesdienstlichen Verrichtungen: ein katholischer Stadtpfarrer (Dekan) und 7 katholische | Kaplane, von denen einer zugleich Hausgeistlicher am Zuchthaus Gotteszell, und einer Rektor am katholischen Schullehrer-Seminar ist; ferner ein evangelischer Stadtpfarrer, zugleich Vorstand des

Taubstummen- und Blinden-Instituts.

Von Unterrichtsanstalten befinden sich in Gmünd außer den schon im allgemeinen Theil S. 122 ff. genannten folgende:

1) Die katholische Volksschule mit 7 ständigen und 4 unständigen Lehrern.

2) Die evangelische Volksschule mit 2 ständigen und einem unständigen Lehrer.

3) Zwei Industrieschulen mit 5 Lehrerinnen.

4) Eine evangelische Kleinkinderschule zählt gegen 50 Zöglinge, unter denen auch katholische; die Anstalt wird meist durch freiwillige Beiträge unterhalten, und die Leitung besorgt ein Vorstand mit 8 Ausschußmitgliedern.

5) Eine katholische Kleinkinderschule, die in den Händen der Barmherzigen Schwestern ist.

6) Eine Sonntags-Gewerbeschule mit 2 Lehrern.

7) Das Privatlehrerinnen-Seminar, eröffnet im Jahr 1860, welches zum Zweck hat, katholische Jungfrauen für den Volksschuldienst vorzubereiten, jedoch ist es auch Jungfrauen, welche sich nicht für das Lehrfach vorbereiten wollen, gestattet, in einzelnen Fächern Unterricht zu nehmen.

Außer dem Vorstand, welcher jährlich 235 fl. Belohnung vom Staat erhält, ertheilen noch vier an anderen Anstalten angestellte Lehrer unentgeltlich Unterricht. Die Anstalt, welche unter der Oberaufsicht des königl. katholischen Kirchenraths steht, zählt gegenwärtig 7 Zöglinge.

Minder vermögliche Zöglinge erhalten auf ihre Bitte eine jährliche Staatsunterstützung von 60–80 fl.

Als weitere öffentliche Anstalten, namentlich Wohlthätigkeitsanstalten und Vereine nennen wir, außer den schon im allgemeinen Theil S. 123 ff. theilweise nur im Allgemeinen aufgeführten und den beiden großen Stiftungsverwaltungen (Hospitalverwaltung und Kirchen- und Schulpflege, s. unten), noch folgende:

1) Der Leichen-Verein, im Jahr 1842 mit dem Zwecke gegründet, den Mitgliedern nach deren Tode 30 fl. Beitrag zu den Beerdigungskosten zu leisten. Der Verein zählte am 1. Juli 1866 2796 Mitglieder und besaß ein Kapital von 13.247 fl. Je nach dem Alter entrichtet ein Mitglied monatlich 1–10 kr.; als Eintrittsgeld ist der sechsfache Betrag der monatlichen Einlage zu zahlen. Seit dem Bestehen des Vereins sind für 592 Sterbfälle à 30 fl 17.760 fl. ausbezahlt worden.

2) Der allgemeine Kranken-Verein, seit 1854 bestehend, unterstützt | die Mitglieder in Krankheitsfällen; das Eintrittsgeld richtet sich je nach dem Alter und beträgt 1–4 fl., und der wöchentliche Beitrag ist auf 4 kr. festgestellt. Am 31. Dec. 1866 waren es 356 Mitglieder, und der Verein besaß ein Kapital von 1838 fl. In den ersten 26 Wochen der Krankheit werden 3 fl., in den weiteren 26 Wochen 1 fl. 30 kr. gereicht. Nach Ablauf eines Jahres hört die Unterstützung auf.

3) Der Kranken-Verein der Gold-, Silber-, Semilor-Arbeiter und Graveure besteht seit 1846, zählte am 31. Dezember 1866 462 Mitglieder und besaß ein Kapitalvermögen von 3972 fl. 28 kr.; an Eintrittsgeldern sind je nach dem Alter 30 kr. bis 10 fl. zu bezahlen, und der wöchentliche Beitrag beläuft sich auf 5 kr. Der Verein reicht in Krankheitsfällen in den ersten 26 Wochen wöchentlich 4 fl., in den weiteren 26 Wochen 2 fl., und von da an vier Jahre lang wöchentlich 1 fl. Mit dem Ablauf von 5 Jahren hört jede Unterstützung auf. Während der ganzen Krankheitszeit hat das Mitglied noch unentgeltliche ärztliche Hilfe anzusprechen.

In einzelnen Fabriken, wie z. B. bei Erhard u. Söhne, bestehen ähnliche Unterstützungs-Vereine, die jedoch nicht von großer Bedeutung sind.

4) Die Genossenschaft des Spar- und Vorschuß-Vereins besteht seit 1863 und zählt 192 Mitglieder. Jeder in Gmünd wohnende unbescholtene Mann, der das 18. Jahr zurückgelegt hat, kann als Mitglied aufgenommen werden. Das Eintrittsgeld ist auf 1 fl. festgesetzt, und die wöchentliche Einlage besteht in 6 kr. als Minimum, in 1 fl. als Maximum. Das Vermögen betrug 1866 7190 fl.

5) Der Pius-Verein, der zunächst eine religiöse Tendenz hat.

Von geselligen Vereinen sind besonders zu nennen: das Museum, der Bürgerverein, das Kasino, der Gesellenverein, zwei Turnvereine, drei Liederkränze, die Bolzschützen-Gesellschaft und die Schützengesellschaft, welch letztere im Jahre 1865 mit Hilfe der Stadtgemeinde ein Schießhaus und eine Schießstätte in freundlichem Stil im Taubenthal errichten ließ.

Das städtische Theater befindet sich in der sog. Schmalzgrube.

Der Gemeindehaushalt ist geordnet, und der Vermögensstand der Gemeinde folgender:

1) Die Stadtpflege besitzt an Waldungen 22427/8 Mrg., von denen 5372/8 Mrg. auf der Markung Gmünd, 5246/8 Mrg. auf der Mark. Weiler, 5153/8 Mrg. auf der Mark. Bargau, 4073/8 Mrg. auf der Mark. Bartholomä 2343/8 Mrg. auf der Markung Wetzgau, und 236/8 Morgen auf der Markung Hussenhofen liegen. Hierunter befinden sich 6816/8 Mrg. Nadelwald, die übrigen 15611/8 Mrg. sind mit Laubhölzern bestockt. Nach dem periodischen Nutzungsplan von 1863/72 ist der jährliche Ertrag zu 649 Klaftern und | 20.880 St. Wellen berechnet. Nach dem neuesten Nutzungsplan wird jedoch bei dem ausgezeichneten Stand der Waldungen eine sehr beträchtliche Mehrnutzung in Aussicht gestellt. Nach der Rechnung von 1864/65 betrug der Holzerlös 17.808 fl., und nach der von 1865/66 16.655 fl.

Sämtliche Gemeinde- und Stiftungswaldungen (s. unten), zusammen 4198 Mrg. 13 Rth., werden von einem Stadtförster rationell bewirthschaftet, namentlich hat sich der dermalige Forstbeamte Huttelmaier um die Emporbringung und Erhaltung derselben große Verdienste erworben.

An Gütern besitzt die Stadtpflege nur 595/8 Mrg., die mit Ausnahme von 22/8 Mrg. Wiesen auf Muthlanger Markung, auf Gmünder Markung liegen; sie sind um 1212 fl. verpachtet.

Das Pflastergeld trägt der Gemeinde eine jährliche Pachtsumme von 1415 fl. ein.

Die Jagd der Gemeinde, sowie der beiden Stiftungspflegen, ist um 118 fl. jährlich verpachtet, nämlich die der Stadtpflege um 81 fl., die der Hospitalpflege um 36 fl., und die der Kirchen- und Schulpflege um 1 fl. 38 kr.

An Allmanden befanden sich bis jetzt 104 Morgen, welche in 730 Parzellen unter die Bürger gegen Entrichtungen von 6 kr. vertheilt waren; in neuester Zeit wurden sie zu Gunsten der Stadtpflege verkauft und werden nun in Zukunft einen ungleich höheren Ertrag gewähren.

Die Gebäulichkeiten der Stadtpflege sind für 62.475 fl. in der Brandversicherung.

An Kapitalien besitzt sie:

gewöhnliche Aktiv-Kapitalien 102.375 fl. 27 kr.
Gefällablösungs-Kapitalien 19.505 10
Zehentablösungs-Kapitalien 485 44
122.366 fl. 21 kr.

Unter den Aktiv-Kapitalien befindet sich eine Stiftung des Eustach von Westernach, Statthalter zu Mergentheim und Kommenthur zu Kapfenburg, vom 6. Juni 1613 mit 4000 fl., nach der für einen Jahrestag an das katholische Stadtpfarramt 50 fl. und an die Freiherrn von Westernachische Familie zu Kronburg in Bayern 140 fl. jährlich abzugeben sind.

Die laufenden Einnahmen der Stadtpflege betrugen nach der Rechnung pro 1864/65 83.022 fl. 2 kr. Die Ausgaben aber 97.694 fl. 20 kr.; unter den Einnahmen sind die Gemeinde- und Korporationssteuern begriffen.

Weder die Einnahme der Stadtpflege, noch die der beiden andern | großen Verwaltungen der Hospitalpflege und der Kirchen- und Schulpflege (s. unten) reichen zur Bestreitung der Ausgaben hin, so daß die drei Pflegen beständig an Deficits leiden und daher ein sehr beträchtlicher Gemeindeschaden umgelegt werden muß; er betrug im Jahr 1866/67 23.000 fl., herrührend von den Deficits der Stadtpflege mit 12.932 fl., der Hospitalpflege mit 5.831 fl., der Kirchen- und Schulpflege mit 4.237 fl.

Schulden hat die Stadtpflege nach dem neuesten Stand (1. Mai 1867) 55.000 fl., welche in Jahreszielern von 1100 fl. nebst Zinsen abzutragen sind.

2) Die Hospitalpflege. Der Ursprung des Spitals zum heiligen Geist ließ sich bis jetzt nicht ermitteln, ist aber jedenfalls sehr alt, denn aus vorhandenen Dokumenten ist ersichtlich, daß ihm schon im Jahr 1269 von Bischof Herrmann von Augsburg der Konsens zu Erbauung einer Kirche ertheilt, daß er 1280 von dem Röm. König Sigmund in den Schutz aufgenommen, und daß er im Jahr 1398 vom König Wenceslaus von allen auswärtigen Gerichten eximirt wurde. Seine Erweiterung rührt in der Folge von vielen zum Theil sehr ansehnlichen Stiftungen und selbst erkauften Fonds her.

Zur reichsstädtischen Zeit wurde das Spital-Vermögen durch besondere Pfleger, die unter der Aufsicht des Magistrats standen, verwaltet, und zwar bestanden statt der gegenwärtigen unter Einem Verwalter stehenden Hospitalpflege 5 besondere von einander unabhängige Pflegen, von welchen jede einen eigenen Rechnungsführer hatte, nämlich:

1. die Hospitalpflege,
2. die Reichsalmosenpflege,
3. die Sct. Leonhardspflege,
4. die Armenleutpflege,
5. die Armenkastenpflege.

Diese sämtlichen Pflegen wurden, als die Reichsstadt im Jahr 1803 an die Krone Württemberg überging, in eine Verwaltung, die Hospitalpflege, vereinigt und auch von dieser Zeit an durch einen Rechnungsführer verwaltet.

Zum Hospital gehörten auch die Heiligenpflegen von nachbenannten in Lehenverband gestandenen Ortschaften:

Dewangen, Lautern, Mögglingen, Ober-Bettringen und Weiler.

Das Vermögen dieser Pflegen wurde durch eigene Lokal-Stiftungspfleger verwaltet. Die hiesigen Spital-Vorsteher führten die Ober-Administration, bis obige Pflegen im Jahr 1803 an die betreffenden Amtsorte zurückgegeben werden mußten.

Bei der Staatsveränderung im Jahr 1803 hat das Hospital-Vermögen dadurch eine bedeutende Veränderung erhalten, daß von den bei der vormaligen Separatkasse (jetzt Oberamtspflege) gestandenen verzinslichen | Aktiv-Kapitalien „zu Herstellung des öffentlichen Credits“ durch
die Organisations-Kommission von der Reichsalmosenpflege 17.331 fl. 34 kr.
von der Sct. Leonhardspflege 32.200 fl. – kr.
49.531 fl. 34 kr.

in Abzug dekretirt wurden.

Neben den oben aufgeführten 5 verschiedenen Armenpflegen bestand noch eine weitere, rein zu Armenzwecken bestimmte besondere Verwaltung, die Sct. Katharinenpflege, welche eine jährliche Einnahme von 9.323 fl. 27 kr. abwarf. Auch diese mußte „zum Besten der alt Gmünd’schen Schuldenzahlungskasse“ 68.021 fl. Kapitalien mit einem jährl. Zinsen-Ertrag von 2.342 fl. nachlassen, so daß sie nur noch 6.981 fl. ertrug.

Diese Einnahme wurde der neu errichteten Kirchen- und Schulpflege zugewiesen. Der Hospitalpflege aber verblieben nichtsdestoweniger die Versorgung der im Sct. Katharinen-Spital untergebrachten Armen und die Unterhaltung des Katharinen-Spital-Gebäudes.

Nach dem Organisations-Etat von 1803 bestanden die Einnahmen der Hospitalpflege in 25.166 fl. 49 kr. aus eigenen Gütern, Gebäuden, Waldungen, Aktiv-Kapitalien und Lehenzinsgütern, an deren Stelle jetzt die Ablösungs-Kapitalien getreten sind, und es erträgt das Vermögen des Spitals dermalen, d. h. nach der Rechnung pr. 1865/66 in Wirklichkeit 32.771 fl. 16 kr. Es besteht aus 16186/8 Mrg. 18,6 Rth. Waldungen, 5364/8 Mrg. 17,7 Rth. Güter, Gebäulichkeiten im Brand-Versicherungs-Anschlag von

83.375 fl., und 175.662 fl. Aktiv-Kapitalien, nämlich:
43.603 fl. Zehent-Ablösungs-Kapital,
36.714 fl. Gefäll-Ablösungs-Kapital,
90.515 fl. andere Kapitalien,
4.830 fl. verzinsliche Zieler und Vorschüsse.
175.662 fl.

Von den Spitalwaldungen befinden sich 7476/8 Mrg. 46,9 Rth. auf der Markung Gmünd, 8707/8 Mrg. 19,7 Rth. auf der Markung Bartholomä. Unter denselben Waldungen befinden sich:

  684/8 Mrg. 32,6 Rth. Laubwald,
5363/8 Mrg. 33,2 Rth. Nadelwald,
1426/8 Mrg. 29,1 Rth. gemischter Wald.

Nach dem periodischen Nutzungsplan von 1863/72 werden aus diesen Waldungen jährlich genutzt 576 Klafter und 17.280 Wellen. Nach dem Ergebniß pro 1865/66 beläuft sich der Holzerlös auf 11.749 fl. 51 kr.

An Gütern besitzt der Spital auf hiesiger und auf benachbarten Markungen:

1617/8 Mrg. 31,3 Rth. Meiereien (Schafgüter),
1246/8 Mrg. 33,9 Rth. Wiesen mit Obstbäumen
2187/8 Mrg. 38,4 Rth. willkürlich gebaute Äcker,
  306/8 Mrg.   5,1 Rth. Weiden und Ödungen.
5364/8 Mrg. 12,7 Rth.
|

Hievon sind:

  141/8 Mrg. 0,0 Rth. als Besoldungstheile verliehen,

  423/8 Mrg. 1,5 Rth. werden für den Spitalhaushalt und die Farrenhaltung selbst administrirt, und

480    Mrg. 11,2 Rth. sind im öffentlichen Aufstreich verpachtet,
und gewähren zusammen einen Gesamtertrag von 9.699 fl. 46 kr.

Das Spital besitzt noch in der Rems zwischen Gmünd und Lorch ein Fischwasser, das um 36 kr. pr. Jahr verpachtet ist.

Auf dem Spital-Vermögen ruht die Verbindlichkeit, den gesamten Armen-Aufwand der hiesigen Stadt, soweit nicht noch andere Lokal-Stiftungen stiftungsgemäß daran Theil nehmen, zu bestreiten; außerdem sind demselben noch folgende weitere Stiftungen einverleibt worden:

1) Die Stiftung des Conrad von Hohenrechberg, welcher nach dem Stiftungsbrief d. d. Samstag vor dem Sct. Nikolaitag 1328 einen Hof zu Sachsenhof unter der Bedingung legirt, daß der Nutzen davon alle Jahre am Weihnacht Abend unter die armen Siechen im Hospital von Bett zu Bett ausgetheilt werden solle. Der Zinsen-Ertrag beträgt 21 fl. und wird in der angegebenen Weise jedes Jahr vertheilt.

2) Am Neujahrsabend sind an die hiesigen Armen 58 fl. 221/2 kr. zu vertheilen, welche von verschiedenen Stiftern herrühren.

3) Augustin Kaiser’sche Stiftung, Exprämonstratenherrs des Klosters Roth, 100 fl. Kapital mit der Bestimmung, daß alle Jahr an seinem Sterbtag (22. Dezember) der Zins hieraus unter die dürftigsten Armen ausgetheilt werden solle (Stiftungsurkunde vom 20. und 28. Januar 1814).

4) Die Stiftung des Elias Berlin, österreich. Oberlieutenants etc., Stiftungsurkunde von Lätare anno 1638, Stiftungskapital 300 fl. mit der Bestimmung, daß der Zins jedes Jahr unter den armen Leuten, so dem Gottesdienst beiwohnen, und für den Herrn Stifter dessen lebendige und todte Befreundete eifrig Gott anrufen und bitten, distribuirt werde.

5) Johannes Dreher’sche Stiftung von 1689, Stiftungskapital 100 fl. mit der Bestimmung, daß der Zins hieraus alle Jahre an die am Gründonnerstag jeden Jahres gespeist werdenden 12 ältesten Männer hiesiger Stadt vertheilt werde.

6) Lorenz Holzwarth’sche Stiftung, 370 fl. betragend mit der Bestimmung, den Zins an die Armen von der Holzwarth’schen und Kraus’schen Familie zu vertheilen.

7) Kaspar Malz’sche Stiftung von 1627, mit 100 fl. und der Bestimmung wie bei Nr. 5.

8) Stiftung des Kapiteldekans Johann Schleicher vom Jahre 1666, mit 200 fl.; der Zins hieraus ist an 100 Arme, welche je 6 kr. erhalten, zu vertheilen.

9) Stiftung des Sebastian Storr von 1699, mit 100 fl. und der Bestimmung, daß der Zins jedes Jahr am Gründonnerstag an die 12 | ältesten Männer, welche in einem bestimmten Hause hier gespeist werden, vertheilt werde.

10) Stiftung des Eustach von Westernach, Statthalter zu Mergentheim und Kommenthur zu Kapfenburg, vom 16. Juni 1613. Stiftungs-Kapital 1000 fl. mit der Bestimmung, daß der Zins hieraus jedes Jahr auf Montag oder den Aftermontag nach der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, oder da es „verhinderlicher Ursachen nit mag geschehen“ auf Sonntag der Octava corporis Christe an 300 armen Menschen zu Almosen gegeben werden solle, was jedes Jahr zuvor auf der Kanzel verkündet werde solle.

11) Stiftung des Hafners Anton Vogt, 200 fl. betragend, mit der Bestimmung, daß der Zins jährlich an arme Verwandte des Stifters vertheilt werden soll.

12) Stiftung der Ignaz Kuhn Wittwe, Ursula, geb. Seibold, vom Jahr 1812, mit 628 fl. 6 kr; der Zins soll jährlich auf den 28. November zu Belohnung einer armen Person verwendet werden, welche bei den zur Tageszeit vorkommenden Provisionen der Kranken das Sanctissimum zu begleiten hat.

13) Stiftung des Exdekans Johann Schleicher vom 2. Januar 1666, Stiftungskapital 600 fl., mit der Bestimmung, daß der jährl. Zins daraus einem zum Studiren tauglichen jungen Menschen Schleicher’schen Geschlechts zufallen soll.

14) Stiftung der Genovefa Rudolph, Wittwe des Goldarbeiters Michael Rudolph, vom Jahr 1827, mit 350 fl.; der Zins-Ertrag ist zur Vertheilung unter die Armen bestimmt.

15) Stiftung des Kaufmann Eligius Mayhöfer vom 6. April 1843, Stiftungskapital 3000 fl., mit der Bestimmung, daß von den jährlichen Interessen zwei der ärmsten Mayhöfer’schen Anverwandten in die höchste Pfründe mit wöchentlich 1 fl. 15 kr. aufgenommen werden.

16) Stiftung des Johann Michael Kuttler, Waldhornwirths in Gmünd, vom Jahr 1753; Stiftungskapital 1000 fl., mit der Bestimmung, daß zu ewigen Zeiten der Bedürftigste aus der Kuttler’schen oder Sporer’schen Freundschaft die gewöhnliche Pfründe dagegen zu genießen habe. Dieser jeweilige Pfründner soll schuldig und verbunden sein, das ganze Jahr hindurch alle Wochen Einen Dreißiger zu beten und so oft man das hochwürdigste Gut zu einem Kranken trägt, dasselbe mit auferbaulicher Andacht begleiten; sollte aber eine solche Person Krankheits oder Gebrechlichkeits halber nicht mitgehen können, so solle selbe bei jedem Unterlassungsfall Einen Dreißiger zu beten schuldig sein.

17) Benefiziat Burkhard-Jehlin’sche Stiftung; Stiftungskapital 2000 fl. mit der Bestimmung, daß der Zins zur Unterhaltung von zwei armen Pfründnern aus der Jehlin’- und Jageisen’schen Verwandtschaft verwendet werden solle.

18) Stiftung des August Neuber, gewesenen Kaufmanns und Steuer-Einbringers, | vom 4. Mai 1849, im Betrag von 150 fl., deren Zinsertrag zur wöchentlichen Almosen-Austheilung verwendet werden soll.

19) Stiftung der Frau Anna Straßer, Hans von Horkheims Wittwe dahier, laut Stiftungsreverses d. d. Sct. Hieronymustag 1443. Dieselbe hat dem Spital 2000 Pfund Heller zu Unterhaltung der 8 ärmsten gebrechlichen Personen also legirt, daß um den Zins à 3%, mit jährlich 60 Pfund Hellern denselben täglich 2 Maas Wein (ausgenommen in der Fastenzeit), 50 Stück Eier wöchentlich, alle Sonntage 4 Pfund Kalbfleisch zu Braten, auch jährlich 50 Pfund Unschlitt gereicht und daneben eine Magd unterhalten werden soll, die sonst Niemand als ihnen diene

20) Stiftung des verstorbenen Dekans Hofmeister vom 18. Mai 1857; Stiftungskapital 100 fl. mit der Bestimmung, daß der Zins hieraus jährlich den etwaigen armen Nachkommen des Kaufmann Anton Majer in der Schmidgasse zu verabfolgen sei; im Fall kein armer Verwandter desselben mehr vorhanden wäre, soll der Zins zum Besten des Instituts der barmherzigen Schwestern verwendet werden.

21) Nach einer Urkunde vom Jahr 1499 ist die Gräflich von Rechbergische Familie berechtigt, für die dem Spital zugeflossenen Vermögenstheile zwei ihrer Herrschaft angehörigen Personen die Pfründe im hiesigen Spital zu ertheilen.

22) Stiftung des Jakob Storr, weil. Bürgermeisters dahier, d. d. Ostern 1681; Stiftungskapital 200 fl. mit der Bestimmung, daß jedes Quartal eine heilige Messe für den Stifter gelesen und der Zins an die der Messe beiwohnenden Hospitaliten vertheilt werden soll.

23) Stiftung des M. Johann Schleicher laut Testaments vom 2. Januar 1666, mit der Bestimmung, daß alle Quatember 2 fl. 57 kr. an die Hospitaliten vertheilt werden sollen.

24) Nach Stiftungsbrief vom 9. Dezember 1561 haben sich Bürgermeister und Rath zu Gmünd gegen Bürgermeister und Gericht in Canstatt, Schultheiß und Gericht in Münster, Schultheiß und Gericht in Lorch verbindlich gemacht, jährlich und zu ewigen Zeiten auf Sct. Nicolaus, des heiligen Bischofs Tag, 4 Stück schwarzwollen gesiegelt Tuch à 11 Bd. (zusammen 112 Ellen) anzukaufen und solche gegen Quittung ohne weitere Kosten an besagte Orte zur Vertheilung an die ärmsten Personen (jung oder alt) abzugeben. Bei Verlust des Tuchs darf kein Geld dafür genommen oder abgegeben werden.

25) Laut Stiftungsbrief vom 15. Dezember 1562 sind für 100 fl. Hauptgut jährlich an Sct. Luciä der heiligen Jungfrau und Märtyrintag an Schultheiß und Gericht zu Lorch 4 fl. zu bezahlen, wofür Schuhe zu kaufen und unter die ärmsten und bedürftigsten Leute auszutheilen sind

26) Vermöge eines von Thomas Haas, gewesenen Chorherren zu Backnang ausgestellten Stiftungsbriefs vom 30. Juni 1558 hat derselbe 3100 fl. unter der Bedingung legirt, daß der Zins zu Ankauf von Tuch | verwendet und hievon 2/3 an die armen dürftigen Leute zu Gmünd und 1/3 an die von Backnang vertheilt werden soll.

27) Laut Testament vom 14. Juli 1833 hat der verstorbene Kaufmann und Salzfaktor Ferdinand Debler 2000 fl. mit der Bestimmung übergeben, daß das Interesse hieraus zum Ankauf von 900–1000 Stück birkener Wellen zur Austheilung an die Armen verwendet werden soll.

28) Auf Herkommen beruht die Verpflichtung des Spitals, jedes Jahr am Tage Allerseelen 42 Laib Schwarzbrod an die Armen und 1 Laib Weißbrod an den Pfarrmeßner auszutheilen.

29) Vermöge Stiftungsreverses des Magistrats vom Aftermontag nach dem Sonntag Judica 1575 hat Anna Köhlerin dem Spital 1000 fl. und zwei verfallene Zinse dergestalt vermacht, daß der Abzins jährlich an ihre armen Verwandten und Andere ausgetheilt werden soll.

30) Die Wittwe Crescenz Walter, eine geborne Geiger, hat vermöge letztwilliger Verordnung vom 20. Nov. 1852 folgende Vermächtnisse ausgesetzt: 1) zum Besten von 4 armen Wittfrauen, welche keine Unterstützung genießen, 1000 fl.; für ein hiesiges Mädchen, welches wenigstens 8 Jahre als Magd gedient und sich dann verehelicht hat, 1000 fl.; 3) ferner für ein Mädchen, welches den Beruf einer barmherzigen Schwester ergreift, 1000 fl. Von diesen 3 Vermächtnissen sollen jedes Jahr die Zinse zur Vertheilung kommen.

Stiftungen für Studirende und Handwerker.

31) Johann Urbon, gewesener Goldschmied, und seine Ehegattin, weil. Anna Klara Dreherin, haben vermöge Testaments vom 26. Juni 1763 1000 fl. Kapital unter der Bestimmung legirt, daß wenn von der collateral absteigenden Freundschaft des Stifters oder der Stifterin ein Jung oder Knab vorhanden, der fähig zum Studiren und dem Studiren wirklich mit Fleiß und Nutzen obliegt, so soll einem solchen Studenten mit 30 fl. unter die Arme gegriffen werden. Wenn keine Studenten vorhanden sind, soll der Zins an Handwerkslehrlinge, und wenn hier kein Bedürfniß obliegt, an arme Anverwandte vertheilt werden.

32) Leopold Geiger, gewesener Kaufmann, hat in seinem Testament vom 22. Dez. 1834 die Verfügung getroffen, daß aus 1000 fl. Kapital, die er dem Spital vermache, der Zins für einen armen Waisen oder andern armen Knaben von hier, welcher die Goldschmieds-Profession erlernt, als Lehrgeld verwendet werden soll.

33) Eligius Mayhöfer hat in seinem Testament vom 6. April 1843 1000 fl. dem Spital mit der Bedingung vermacht, daß der Zins zur Bezahlung von Lehrgeldern für arme verwaiste Handwerkslehrlinge, namentlich an solche, welche dem Stifter oder seiner Frau verwandt sind, verwendet werden soll.

Das Vermögen sämtlicher vorstehender Stiftungen ist, wie schon bemerkt, dem Hospital incorporirt.

| Die Meßstiftungen glaubt man übergehen zu dürfen, weil sie keinen allgemeinen Charakter haben.

Die wirklichen Ausgaben des Spitals belaufen sich nach der Rechnung pro 1865/66 auf – 36.069 fl, nämlich:

                  a) allgemeiner Aufwand 13.952 fl.
und zwar für Besoldungen 1.810 fl.
Farrenhaltung 1.000 fl.
jährliche Stiftung 1.011 fl.
Steuern 2.265 fl.
Aufwand auf Waldungen 3.212 fl.
Baukosten 4.160 fl.
b) Armenaufwand 22.117 fl.
und zwar für Verpflegung der Armen im Spital             15.134 fl.
außer dem Spital 6.109 fl.
Waisen 814 fl.

Mit dem Spital ist verbunden eine Krankenanstalt für Dienstboten und ein Waisenhaus; der Bestand am 1. Mai 1867 im Spital und Waisenhaus wies nach die Zahl von 156 Personen, 76 Pfründner, 32 Männer, 44 Weiber, 4 eingewiesene hiesige Personen, 35 fremde Kranke, einschließlich der Dienstboten und Arbeitsgehilfen, 27 Waisen, 14 weibliche, 13 männliche, 12 barmherzige Schwestern, 1 Magd und 1 Knecht; zusammen 156 Personen. Hievon wurden als krank in den Krankenzimmern verpflegt und behandelt 31 männl. (incl. 6 Dienstboten), 44 weibl. (incl. 3 Dienstboten), zusammen 75 Personen.

Die mit dem Spital in Verbindung stehende Krankenanstalt für Dienstboten wurde im Jahr 1860 gegründet. Sie hat den Zweck, dem zur dienenden Klasse gehörigen Theil der hiesigen Einwohnerschaft gegen einen bestimmten Jahresbeitrag unentgeltliche Aufnahme in den Spital und vollständige Verpflegung durch Arzt, Medizin, Kost u. dgl. zu sichern.

Verpflichtet zur Theilnahme an dieser Anstalt sind (mit den hienach benannten Ausnahmen) alle zur dienenden Klasse gehörige Personen, männlichen und weiblichen Geschlechts, welche im Bezirk der hiesigen Stadt in Dienste stehen, namentlich die Gewerbsgehilfen, und alle in Gmünd sich befindende männliche und weibliche Dienstboten.

Ausgeschlossen von der Anstalt sind: die Fabrikarbeiter, sowie die Gehilfen der Gold- Silber- und Semilor-Arbeiter und Graveure; ferner dem Militär angehörige Personen, die nicht beurlaubt sind.

Berechtigt zur Theilnahme, aber nicht verpflichtet sind: alle Gewerbsgehilfen, sowie alle männliche und weibliche Dienstboten, welche bei ihren Eltern in Arbeit oder im Dienst stehen, sämtliche Lehrlinge ohne Unterschied, Gehilfen von Beamten und Kaufleuten und Apothekern, und solche Diener, welche in einem nach Tagen und Wochen wechselnden Dienst-Verhältniß stehen.

| Als Beitrag hat jeder (Männer wie Frauen) 2 fl. 36 kr. jährlich zu entrichten, die Lehrlinge aber nur 1 fl. 30 kr.

Die Verpflegung auf Rechnung der Anstalt dauert 90 Tage lang. In dem Etatsjahr 1865/66 wurden im Ganzen 221 verpflegt, nämlich 116 männliche, 105 weibliche Personen mit 3524 Verpflegungstagen; im Durchschnitt war also eine Person 16 Tage im Spital.

Der Spital leidet noch an einem Grundstocksabmangel von 52.330 fl., welche Summe aber eine wesentliche Verminderung erfahren wird, wenn einmal die Komplexlasten bereinigt sind.

Der St. Katharinenpflege wurde schon oben mit dem Bemerken Erwähnung gethan, daß die Einkommenstheile dieser Armenpflege bei der Organisation im Jahr 1803 der neu errichteten Kirchen- und Schulpflege zugewiesen worden seien, daß aber dem Spital zum Heil. Geist die Unterhaltung der Gebäulichkeiten, sowie die Baulast an den Gebäulichkeiten verblieben sei.

In diesem außerhalb der Stadt gelegenen Katharinen-Spital, dessen Ursprung sich nicht ermitteln läßt, aber jedenfalls auch in das 13. Jahrhundert zurückreicht, war nun auch bis zum Jahr 1852 fortwährend ein Theil der Kranken untergebracht; mit der Einführung der barmherzigen Schwestern im Heiligen Geist-Spital, eben in jenem Jahre, wurde aber der Katharinen-Spital mit höherer Genehmigung aufgehoben, d. h. die in Sct. Katharinen untergebracht gewesenen Kranken wurden in den Heiligen Geist-Spital translocirt, womit die Beseitigung der zweierlei Ökonomien sich bezwecken ließ. Es besteht also in der Stadt Gmünd seit 1852 nur noch Ein Kranken- und Pfründnerhaus, nämlich das Spital zum Heil. Geist, auch Stadtspital genannt.

Die weitläufigen Gebäude in Sct. Katharina werden nur noch zu Unterbringung obdachloser Personen und zeitweise zu Bedürfnissen des Militärs verwendet, bleiben aber stets für Heilzwecke in außergewöhnlichen Fällen (wie Epidemien) vorbehalten.

An der Spitze der ganzen Anstalt steht der Hospitalverwalter, welchem 3 Ärzte für innere Heilkunde, Chirurgie und Homöopathie beigegeben sind. Auch ist ein Hauswundarzt ausgestellt. Den ökonomischen Dienst und die Krankenwart versehen 12 barmherzige Schwestern.

In der Verwaltung des Spitals befinden sich auch noch folgende Stiftungen, für welche jedoch abgesonderte Administration und Rechnungsstell besteht.

34) Die Jehlin- und Schad’sche Stipendien-Stiftungspflege mit einem Stiftungskapital von 4282 fl. 2 kr., gestiftet von Abraham Jehlin, gewes. Magister in Dinkelsbühl. Der Zinsen-Ertrag ist für 4 Jünglinge aus der Jehlin’schen und Schad’schen Familie bestimmt. Dieselben treten in Genuß ein, wenn sie an einer öffentlichen lateinischen Lehranstalt die unterste Klasse, welche bei den ältern Studien-Einrichtungen prima classis genannt wurde, frequentiren.

| 35) Die Philipp Messerschmid’sche Almosen-Stiftungspflege, Stifter Philipp Messerschmid, Händler, welcher laut Testament vom 26. Mai 1821 seine Verlassenschaft den Armen hiesiger Stadt mit der Bedingung vermacht hat, daß der Zins jährlich an Philippi und Jakobi an dieselbe Kopf für Kopf vertheilt werden solle. Kapital 4401 fl. 17 kr.

36) Die Dekan Anton Schedel’sche Stiftung. Im Jahr 1696 stiftete der weil. Dekan Anton Schedel, Pfarrer in Schechingen, ein Kapital von 200 fl. zu der Verwaltung des Spitals. Der Zins sollte an den Ältesten der Schedel’schen Familie, welcher die gestiftete Fideicommiß-Bibliothek zu unterhalten hat, ausbezahlt werden. Diese Bibliothek ist nicht mehr vorhanden, weßwegen im Jahr 1834 vom Stiftungsrath bestimmt wurde, daß der Stift-Ertrag einem Studirenden aus der Familie zu Anschaffung von Büchern überlassen werden soll. Da ein Verwandter sich nicht gemeldet hat, so werden seither die Zinse zum Kapital geschlagen, welches jetzt auf 479 fl. 32 kr. angewachsen ist.

Weitere Stiftungen, welche jedoch nicht in Verwaltung des Spitals stehen, sondern besonders administrirt werden, sind:

37) Die Steinhäuser’sche Stiftung, gestiftet im Jahr 1416 von Friedrich im Steinhaus Custos im Gumbrechtsstift. Das Kapital betrug ursprünglich 1982 fl. und beträgt jetzt 23.154 fl. 6 kr. Die Einnahmen werden verwendet zu 4/6 zu Stipendien für Studirende, 1/6 für Arme (Verwandte), 1/6 zu Zwecken der Kirchen und Schulen.

38) Kott-Forster’sche Stiftung, gestiftet 1852 von der Wittwe des Dominikus Kott, Kaufmanns dahier, Maria, geb. Forster. Kapital 32.016 fl. 36 kr. Die Zinse sind bestimmt für Unterstützung armer Verwandter der Stifterin, für arme Ortsangehörige überhaupt, für unbemittelte Lehrlinge und für die Zeichen- und Gravir-Schule.

39) Die Balthes Debler’sche Stiftung, eine reine Familienstiftung, herrührend von verschiedenen Mitgliedern der Familie Debler, namentlich von Balthes Debler und schon im Jahr 1679 mit einem Kapital von 200 fl. gegründet. Durch die Gaben der einzelnen Stifter erhöhte sich das Kapital allmählig bis auf den dermaligen Stand von 2970 fl. und es besitzt die Stiftung außerdem noch gegen 12 Morgen Berggut und die dabei befindliche, von der Stiftung im vorigen Jahr käuflich erworbene Dreifaltigkeits-Kapelle. Das Gut ist in 78 Parzellen (jetzt vorherrschend zu Hopfenbau) abgetheilt; 52 Theile sind den Verwandten der Debler’schen Familie zur Bebauung überlassen, die übrigen verpachtet, was der Stiftung eine Rente von etlichen 50 fl. gewährt. Genußberechtigt bei den „Debler’schen Stiftungs-Theilen“ ist auf Lebensdauer jedes Mitglied der Debler’schen Familie, männlich oder weiblich; es hat hiefür an die Kasse jedoch jährlich 6 kr. zu bezahlen. Die Kapitalzinse werden verwendet zu Vertheilung von Holz, Unterstützung von Studirenden, Lehrlingen, bedürftigen Familien-Mitgliedern. Verwaltet wird die Stiftung durch einen von den Debler’schen gewählten Familienrath, der aus 5 Mitgliedern besteht. |
3. Kirchen- und Schulpflege.

Diese Pflege wurde im Jahr 1803 aus vielen einzelnen Stiftungen und Benefizien neu gebildet und zwar aus:

mit einer jährl. Rente von
  1. der Katharinenpflege 6.981 fl. 27 kr.
  2.   "   Stiftskirchenpflege 2.088  "  48  "  
  3.   "   Fraternitäts- und Kollegiatpflege 3.401  "  25  "  
  4.   "   Armenseelen Bruderschaft 181  "  15  "  
  5.   "   Brüderschaft des Hohen Guts 54  "  15  "  
  6.   "   Steinhäuser’schen Testamentspflege 674  "  59  "  
  7.   "   Salvatorpflege 1.521  "  36  "  
  8.   "   Kager’schen Stiftungspflege 345  "  –  "  
  9.   "   Egidi Bruderschaft 38  "  30  "  
10. den Benefizien von Jacobus minor 133  "  10  "  
11.   "    " ad Sct. Katharinam 62  "  57  "  
12.   "    " "    Leonhardum 41  "  41  "  
13.   "    " "    Nicolauum 242  "  18  "  
14.   "    " "    Jacobum majorem 41  "  46  "  
15.   "    " "    Martinum 23  "  –  "  
16. der Normalkasse 504  "  –  "  
———————
zusammen jährl. 16.336 fl.   7 kr.

Die Steinhäuser’sche Testaments-Stiftungspflege ist im Jahr 1821 von der Kirchen- und Schulpflege getrennt und als Steinhäuser’sche Stiftung in besondere Administration genommen worden, so daß abgingen 674 fl. 29 kr. und noch verblieben 15.661 fl. 8 kr.

Die Einnahmen der Kirchen- und Schulpflege dienen zu Bestreitung der Bedürfnisse der katholischen Kirche und der katholischen Volksschulen, nebst der damit in Verbindung stehenden Industrie-Schule, sowie der lateinischen Schule und der gewerblichen Sonntagsschule. Die ganze Einnahme wird hiezu verwendet, mit Abrechnung von jährlichen Stipendien

mit  100 fl.

für Armenzwecke etwa  300 fl.

für eine Reihe von sogen. Jahrtagen etwa 100 fl.

Es sind dieser Pflege verschiedene Stiftungen inkorporirt, welche aber theils als früher selbstständig benannt sind, theils unter einer der verschiedenen dort aufgeführten Verwaltungen begriffen waren, theils später (d. h. seit 1803) dazu kamen; es sind dies:

40) Die Stiftung des Michael Schuntter; Zeit der Stiftung unbekannt; war früher bei der Katharinenpflege. Alljährlich sind am Gründonnerstag 12 armen Männern und dem Todtengräber je 3 Kreuzer, zusammen 39 kr. zu geben.

41) Schaustein’sche Stiftung, war früher ebenfalls bei der Katharinenpflege. Alljährlich sind am Gründonnerstag 12 Armen, dem Todtengräber | und den 2 Hausbesitzern, welche die armen Jünger zu speisen haben, je 3 Kreuzer, zusammen 45 kr. zu geben.

42) Kager’sche Stiftung; Stifter Leonhard Kager, Jur. Dr. und Advocat; Zeit der Stiftung den 12 März 1608; jährlich sind an 2 Studirende 2 Stipendien, à 50 fl., zusammen 100 fl., abzugeben, sodann an 10 arme Männer je 41/4 Ellen Tuch und an 2 arme Schüler 3 Ellen zu einem Rock.

43) Johann Schedel, Dreimohren-Wirth, hat am 10. März 1795 ein Gras- und Baumgut auf Gmünder Markung (das sog. Stiftsgut), im Meßgehalt von 18 Morgen, mit der Bestimmung gestiftet, daß von dem Erträgniß zwei Drittel den Armen der Stadt und ein Drittel der Kirche zu gut komme.

42) Kratzer’sche Stiftung; Zeit der Stiftung 1824; Stifter Dekan Kratzer; Kapital 1000 fl. Von den Zinsen sind 28 fl. an einen armen anverwandten Lehrling abzugeben, das Übrige fällt der Kirchenpflege zu.

45) Leopold Geiger, Kaufmann, hat im Jahr 1837 der Kirchen- und Schulpflege ein Kapital von 1000 fl. vermacht, um die Zinse daraus zum Besten der Gravier- und Zeichenschule zu verwenden.

46) Johann Georg Stahl, Bürgermeister, hat am 1. December 1745 7000 fl. und

47) Johann Georg Debler, reichsstädtischer Kassier, am 21. April 1770 10.000 fl. gestiftet, beide mit der Bestimmung, daß die Zinse zur Besoldung des Benefiziaten und des Meßners auf dem Salvator, sowie zu Bestreitung der Bau- und Kultkosten daselbst zu verwenden seien.

Der Debler’schen Familie steht das Recht zu, den Geistlichen auf dem Salvator zu ernennen.

Die wirkliche Einnahme der Kirchen- und Schulpflege beläuft sich dermalen nach der Rechnung pro 1865/66 auf 23.863 fl. 40 kr., Ertrag aus Waldungen, Gütern und Kapitalien.

Das Vermögen der Kirchen- und Schulpflege besteht dermalen (Rechnung pr. 1865/66) aus 3371/8 Mrg. 42,4 Rth. Nadelwaldungen, auf der Gmünder Markung und den angrenzenden Markungen von Schönbronn und Ziegenhof gelegen. Nach dem periodischen Nutzungsplan von 1863/72 werden durchschnittlich jährl. 216 Klafter und 6.480 Wellen erzielt, und nach der Rechnung von 1865/66 beläuft sich der Holzerlös auf 3.898 fl. 39 kr.

An Gütern besitzt die Kirchen- und Schulpflege 62 Morgen Äcker und Wiesen auf der Markung Gmünd, welche um jährliche 1187 fl. verpachtet sind. Die Gebäulichkeiten der Kirchen- und Schulpflege haben einen Brand-Versicherungs-Anschlag von 353,050 fl.

Kapitalien besitzt sie nach dem Stande vom 1. Juli 1866

Aktiv-Kapitalien  326.219 fl. 29 kr.

Zehentablösungs-Kapitalien   8.112 "  32  "

Gefällablösungs-Kapitalien   28.436 " 17  "

 Zusammen 362.768 fl. 18 kr.

| Das Inventar der Pflege, namentlich das in der heil. Kreuzkirche, ist sehr reichhaltig, besonders an alten kunstreichen Monstranzen, Kreuzpartikeln, Ciborien und dergl., und ist um die Summe von 34.437 fl. gegen Feuerschaden gesichert, wobei nur der Gold- und Silber-Werth in Rechnung genommen ist.

Das Fischrecht in der Rems zwischen Hussenhofen und Unter-Böbingen, das um 1 fl. per Jahr verpachtet, ist hier auch noch zu erwähnen.

Die wirklichen Ausgaben dieser Verwaltung belaufen sich nach der Rechnung von 1865/66 auf 32.919 fl. 54 kr., nämlich:

Allgemeine Amtsausgaben: als Besoldung des Verwalters und Stadtbaumeisters 
     incl. Amtserfordernissen
1.521 fl.
Steuern und Bauaufwand 6.444 fl.
Für kirchliche Zwecke: Besoldung der Geistlichen, Meßner, Kirchenmusik, sowie Kultkosten 10.861 fl.
Für Schulen 11.147 fl.
Für Stiftungen 1.215 fl.
Auf Waldungen mit Einschluß der Besoldung des Stadtförsters und der Waldschützen 1.138 fl.

Schulden hatte die Kirchen- und Schulpflege am 1. Juli 1866 8000 fl. an zur Restauration der heil. Kreuzkirche aufgenommenen 10.000 fl., welche in jährlichen Raten von 500 fl. nebst Zins abzutragen sind.

4) Die evangelische Stiftungspflege (vorm. Opfer- und Stiftungskasse). Es konnte sich erst nach dem Übergang Gmünds unter württemb. Landeshoheit hier eine evangelische Gemeinde konstituiren, und die evangelische Opfer- und Stiftungskasse existirt erst seit Monat Juli 1820. Die Kasse bezieht die gewöhnlichen Kirchen-Opfer und die Strafgelder von den Schulversäumnissen, und hat die Verpflichtung, für die Bestreitung der Kultkosten zu sorgen, auch nach Möglichkeit Bücher für unbemittelte Schulkinder anzuschaffen; sie hat allmählich einen kleinen Fonds von 983 fl. 40 kr. angesammelt.

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Was endlich die Spuren aus grauer Vorzeit betrifft, so haben sich zunächst der Stadt Überreste aus der römischen Periode erhalten, welche die Ansiedlung dieses großen Volkes in der Gegend um Gmünd hinlänglich bekunden, und zwar entdeckte man eine starke Viertelstunde unterhalb Gmünd auf der Flur „Ramsnest“ zunächst bei dem auf der Markung Straßdorf gelegenen Schirenhof namhafte Reste einer römischen Niederlassung. Nach der Sage soll hier die Etzelburg gestanden sein (s. hier den Abschnitt „Alterthümer“). Ferner führte, wie schon oben im allgemeinen Theil gezeigt wurde, eine römische Straße das Remsthal herab nach Gmünd und von da über den Salvator zwischen den Vogelhöfen und Wüstenrieth durch nach Hangendeinbach und Lorch; eine weitere Römerstraße lief vom Rechberg | her über Straßdorf nach Gmünd und dort in die oben angeführte Remsstraße, oder, was sehr wahrscheinlich ist, kreuzte diese bei Gmünd und zog bis an den 1 Stunde nördlich von der Stadt vorüberziehenden Limes. Ob die alte Bettringer Steige, deren Fortsetzung über Bargau und den Aalbuch nach Augsburg führte und im Mittelalter eine bedeutende Heerstraße war, ursprünglich von den Römern angelegt wurde, läßt sich nicht mehr nachweisen. Überdies befinden sich etwa eine Stunde nordöstlich von Gmünd auf dem Herlikofer Feld noch Reste einer alten Verschanzung, die unzweifelhaft von den Römern herrührt. All diese Umstände, besonders aber die Lage von Gmünd und das Zusammentreffen von zwei Römerstraßen bei der Stadt lassen mit vieler Gewißheit vermuthen, daß an der Stelle Gmünds am Vereinigungspunkt mehrerer Thäler und gerade auf dem flachen Ausläufer zwischen zwei Thälern die Römer, welche bekanntlich derartige Lagen für ihre Wohnplätze auswählten, schon eine Niederlassung hier gegründet hatten. Diese längst gehegte Vermuthung wird aber in neuester Zeit durch die Entdeckung einer römischen Wasserleitung im Süden der Stadt noch mehr bestätigt und begründet. Auch wurde beim St. Katharinen-Spital ein aus Sandstein roh gearbeiteter, 8′ langer Trog (vielleicht röm. Ursprungs) ausgegraben.

Auf einem Bergvorsprung gegen das Remsthal, gerade oberhalb der Rinderbacher Mühle, unweit dem Georgishof, stand die spurlos verschwundene Burg der Herren von Rinderbach, und etwa 1/4 Stunde südöstlich von derselben auf der anderen Seite der Rems sieht man noch Graben und Wall der Rechberg’schen Burg Bettringen.

Was die schon oben genannte Etzelburg betrifft, so ist gewiß, daß in Urkunden von 1385, 1459 u. s. w. Wiesen unter der Etzelburg, ferner 1505 Wiesen vor dem Utinkofer Thor unter dem Etzelberg genannt werden; allein historische Nachrichten von einer Etzelburg und von einem dagesessenen Geschlecht fehlen gänzlich. Es ist daher beinahe unzweifelhaft, daß die Stelle bei dem Schierenhof, wo die Etzelburg gestanden sein soll, wo aber nach gründlichen Untersuchungen eine ziemlich ausgedehnte römische Niederlassung stand, später von dem Volk einfach die Burg genannt wurde, und weil der Berg, auf dem die Niederlassung stand, der Etzelberg heißt (s. oben), so nannte man die Burg die Etzelburg.

Bei den Vogelhöfen soll die Burg Etzelwang gestanden sein, deren übrigens nirgends Erwähnung gethan wird; dagegen ist 1197 von einer Wüstenrieder Marksteinsetzung die Rede im Schnecken- und Brögerberg, wie auch von einer Schnecken- und Brögerhalde, so daß hier der abgegangene Ort Brogenhofen zu suchen ist, von dem ein Theil der Vetzer sich nannte.

Eine Burg Wolfsthal hat es nie gegeben; eine Gmünder Familie hieß Wolf, eine andere Thaler; die Wolf nahmen sehr spät | die Bezeichnung „im Thal“ und „vor Wolfsthal“ an (etwa um den Namen adeliger zu machen), und da es wirklich ein Wulfinger Thal oder Wolfen-Thal gab, welches hinter der Rinderbacher Mühle gegen den sogen. Klostersturz sich hinaufzieht, so hielt man vielfach die Ruinen auf dem Klostersturz für Reste einer Burg Wolfsthal; es sind aber die Reste der Burg Bettringen; vgl. S. 235.

Bei dem 1 Stunde westlich von Gmünd im Remsthal gelegenen Sachsenhof stand nicht der abgegangene Ort „Eutighofen“, obwohl man vor etwa 10 Jahren etliche Grundmauern aufgefunden hat; Eutighofen lag vor dem Einfluß des Röthenbachs an der Rems. Unfern (östlich) vom Rehnenhof befinden sich Überreste von Verschanzungen.

Wir erwähnen noch die Sage von dem Spatzentann-Jäger, der sonst in den Adventsnächten aus dem Walde Spatzentann bei Muthlangen mit vier Schimmeln vor die Stadt gefahren kam und beständig knallte. Am Thor schellte er jedesmal: wenn dann Jemand aufmachte, war er bereits um die Stadt herumgefahren und zog an dem anderen Thore. Man hörte ihn oftmals seine Hunde locken, indem er rief: „hu dax, dax, dax! hu dax!“ (s. Meier, Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, 1852, S. 120).

Von den zur Gemeinde gehörigen Parzellen nennen wir, außer den schon in der Ortsbeschreibung genannten, nur noch einige:

Becherlehen, ein einzeln stehendes Haus, das 1/4 Stunde nördlich von der Stadt in einem Seitenthal der Rems liegt.

Georgishof, 1/2 Stunde östlich von Gmünd oben an dem Südabhang gegen das Remsthal gelegen.

Gotteszell;[3]) nur 1/8 Stunde vor dem Rinderbacher Thore liegt anmuthig am Zusammenfluß des Sulzbachs und der Rems, links der Straße die von Gmünd nach Aalen führt, das frühere, 1240 von zwei Wittwen, den Schauppen, gestiftete Kloster Gotteszell, jetzt Zuchthaus für männliche und weibliche Strafgefangene. Die Anlage wird von einer 10′ hohen Mauer umfriedigt, welche den gesamten Gebäude-Complex nebst Hofräumen und Gärten auf drei Seiten ganz, auf der vierten theilweise umschließt, indem die Mauer hier durch drei in der Mauerlinie stehende, administrativen Zwecken dienende Gebäulichkeiten unterbrochen wird, welche die Hofräume der Anstalt gegen Süden abschließen. Gegen Nord und Nordosten befindet sich jenseits der Umfassungsmauer noch ein ausgedehnter, zur Anstalt gehöriger, von einer zweiten Mauer umschlossener Küchegarten, welcher sich an dem Klosterberg hinaufzieht und theils für die Zwecke der Anstalt, theils für die Angestellten abgetheilt ist.

| In den drei gegen Süden den Abschluß bildenden Gebäuden enthält das mittlere die Durchfahrt zur Anstalt, und die Dienstwohnungen des Hausgeistlichen, des Oberaufsehers und des Thorwarts. Links von demselben ist die Militärwache mit einem Ökonomiegebäude und rechts das Verwaltungsgebäude mit der Dienstwohnung und den Kanzleien des Vorstandes; an letzteres schließt sich ein mit einer Mauer umgebener, vom Vorstand zu benützender Garten.

Nördlich von dieser Gebäudereihe, durch einen ausgedehnten, mit Bäumen und Blumen-Bosketen besetzten Hofraum getrennt, steht das dreistockige, in schönem Rococostil gehaltene Hauptgefängnißgebäude (224′ lang, 62′ breit) mit 15 Gefangenen-Arbeitslokalen, 11 Schlaflokalen, 4 Arrestlokalen und 8 Officianten- und Dienstzimmern. Im ersten Stockwerk zu ebener Erde, mit besonderem Eingang, befinden sich die Lokale der weiblichen Gefangenen, nebst dem Arbeitszimmer des Hausmeisters; im zweiten und dritten Stockwerke mit besonderem Eingang und Treppenhaus sind die Arbeits- und Schlaflokale der männlichen Gefangenen. Im Souterrain ist eine Bäckerei nebst Waschküche eingerichtet.

An diesen Hauptbau schließt sich östlich die geräumige, freundliche, massiv gebaute Kirche mit Glockenthürmchen, deren südliche Hälfte des unteren Stockwerks zu einem Speise- und Lehrsaal für weibliche Gefangene, des obern Stockwerks für männliche Gefangene eingebaut ward, ist zum evangelischen wie katholischen Gottesdienste eingerichtet und in gothischem Stile, einschiffig mit großem Chore erbaut, und rings mit Strebepfeilern besetzt. Leider fehlen jetzt den hohen Spitzbogenfenstern ihre Füllungen. Der ganze Raum ist mit einer flachen, sehr schönen Holzdecke abgedeckt; die jetzt weißgetünchte setzt sich aus griechischen Kreuzen und aus Quadraten zusammen, in denen vergoldete Rosetten strahlen, und gibt ein so seltenes als treffliches, in Gliederung und in der Anordnung höchst glückliches Muster einer alten Holzdecke. Am spitzen Triumphbogen steht 1551, aus dieser Zeit wird auch die Decke stammen; im Jahr 1546 wurde Kloster und Kirche im schmalkaldischen Krieg, und früher schon im Städtekrieg 1448/50, theilweise zerstört und verbrannt (s. hier. unten). Der große Rococo-Hochaltar zeigt das schöne Ölbild des heil. Sebastian; Kirchen- und Beichtstühle sind in demselben Geschmacke sehr gut geschnitzt, und in herrlicher Renaissance ist die hölzerne Eingangsthüre gehalten.

Nördlich an den Hauptbau schließt sich das zweistockige ehemalige Klostergebäude mit dem noch wohl erhaltenen südlichen Flügel des gothischen Kreuzganges an; dasselbe bildet einen 123′ langen Mittelbau mit zwei je 95′ langen Seitenflügeln; es enthält 9 Arbeits- und 9 Schlafgelasse, samt einer Anzahl Zellen für männliche Gefangene, | und 5 Officianten-Dienstzimmer, sowie verschiedene Magazine und Räumlichkeiten zu ökonomischen Zwecken.

In der Verlängerung des westlichen Flügels dieses Gebäudes ist das Spital angebaut, in dessen erstem Stockwerk sich die Dienstwohnung des Unterarztes, nebst Badzimmer etc. befindet; das zweite Stockwerk enthält 4 Krankenzimmer für männliche Gefangene, nebst einem Ordinations- und einem Officiantenzimmer, und das dritte 6 Krankenzimmer für weibliche Gefangene nebst dem erforderlichen Dienstzimmer.

Die Dachräume sämtlicher Gefangenen-Gebäulichkeiten werden zu Magazinen und sonstigen ökonomischen Zwecken benützt.

Endlich befindet sich in dem vorderen Hofraum noch ein zweistockiges Gebäude, das sich mit der westlichen Giebelseite an die außerhalb der Mauer stehende Trainkaserne anlehnt; es enthält im ersten Stockwerk die Anstaltsküche mit Zugehörungen, im zweiten die Dienstwohnung des Hausmeisters.

Die Anstalt liegt freundlich und gesund; sie wird von Ost nach West von dem in einen Kanal gefaßten Sulzbach, welcher das zum Reinigen und zu Bädern erforderliche Wasser liefert, durchflossen; gutes und reichliches Trinkwasser spenden 4 laufende Brunnen.

Das Kloster Gotteszell kam mit Gmünd im Jahr 1802 an Württemberg, wurde 1803 säcularisirt und 1808 zur Strafanstalt zunächst für männliche Zuchthausgefangene eingerichtet, welchem Zweck es seit dem 1. September 1809 ununterbrochen dient, jedoch mit der im Jahr 1824 eingetretenen Ausdehnung auf gleichzeitige Aufnahme von weiblichen Zuchthausgefangenen. Es befinden sich demgemäß sämtliche zum Zuchthaus verurtheilte weibliche Personen mit einer Strafdauer von 4 Jahren bis auf Lebenszeit in der Anstalt.

Von den zum Zuchthaus verurtheilten Männern dagegen kommt etwa die Hälfte in das Zuchthaus Stuttgart, indem die zur Zuchthausstrafe verurtheilten Männer semesterweise abwechselnd nach Gotteszell oder Stuttgart eingeliefert werden, namentlich kommen seit der im Februar 1851 erfolgten Eröffnung des Zuchthauses in Stuttgart sämtliche auf Lebensdauer verurtheilten Männer, der festeren Bauart wegen, in das Zuchthaus Stuttgart.

Der mittlere Gefangenenstand beträgt gegenwärtig in Gotteszell 210 männliche und weibliche Gefangene, von denen die Männer mit Weben, Holzschnitzen, Schreiner-, Schuster-, Buchbinder- und Schreibereiarbeiten, die weiblichen Gefangenen mit Nähen, Cigarrenmachen, Goldpoliren, ältere Personen mit Stricken und Spulen beschäftigt sind.

Bei der Anstalt sind folgende Beamte, Diener und Dienerinnen angestellt: ein Vorstand der Anstalt, ein evangelischer Hausgeistlicher, der zugleich Lehrer ist, ein katholischer Hausgeistlicher, ein Buchhalter, ein Hausmeister, ein Unterarzt, ein Ober-Aufseher, 17 Aufseher, | 5 Aufseherinnen und 2 Köche; überdieß wird zum Schutz eine Militärwache von dem in Gmünd garnisonirenden Infanterie-Bataillon abgegeben.

Klosterhof, 1/4 Stunde nordöstlich von der Stadt am oberen Rand des Klosterbergs gelegen.

Die 14 Krähenhäuser liegen zerstreut 3/4 Stunden unterhalb der Oberamtsstadt im Remsthal.

Der Rehnenhof hat 1/4 Stunde nördlich von Gmünd eine hohe Lage oben an dem Thalrande eines Seitenthälchens des Rems-Thales.

Der Vogelhof, 1/2 Stunde westlich von Gmünd oben an dem Abhang gegen das Remsthal gelegen.

Der Zeiselberg, ein vielbesuchtes Wirthschaftsgebäude mit freundlichen Gartenanlagen, von denen man eine reizende Aussicht über die nahe gelegene Stadt und in das Remsthal genießt.


Älteste Geschichte und die Verfassung Gmünds.

Mancherlei ältere Darstellungen der Entstehung Gmünds sind eitel Fabeln: so die Angaben des Th. Lyrer und Beatus Rhenanus u. a. m. Die an Ort und Stelle einheimisch gewordene Erzählung ist lediglich eine populäre Deutung der Sculpturen am südwestlichen Außenpfeiler der Johanniskirche, wonach auf dem Platz, wo der verlorene Ehering der Herzogin Agnes von Hohenstaufen mitten im Wald gefunden worden war, die Johanniskirche erbaut und eine Stadt gegründet worden sei, in welcher man Turniere abhielt und wo überhaupt ein so fröhliches Leben in Jagd und Ritterspielen sich entwickelte, daß man den Ort gaudia mundi nannte. (Eher noch könnte der Name mit munt zusammenhängen.)

In Wahrheit bestand zu den Zeiten der Kaiserstochter Agnes längst eine Ansiedlung, welche am wahrscheinlichsten (wie andere Orte dieses Namens) von einer Einmündung den Namen hat, von der Öffnung des Waldstetten-Bettringer und des Gotteszeller Thals ins Remsthal. Gmünd gehörte wohl zum Stammgebiet der Grafen von Büren und nachherigen Herzoge von Schwaben, der Hohenstaufenschen Kaiser. Die Nähe der Kaiserburg und ein nicht unbedeutender Handelszug durchs Remsthal nach Augsburg und Nürnberg förderten die Blüthe des Ortes, der schon 1162 eine geordnete bürgerliche Verfassung hatte, weil da cives, Bürger von Gmünd erwähnt werden. Der Ort selbst heißt 1188 burgus, d. h. es war keine bloße Feste, aber auch noch keine civitas, keine vollständige Stadt; die Verwaltung besorgte z. B. 1189[ws 2] ein Schultheiß, 1236 Conradus –, 1239 Waltherus Scultetus. Es ist wohl am wahrscheinlichsten, daß Kaiser Friedrich II., welcher Eßlingen, Reutlingen, | Heilbronn und andere Städte mit Mauern und Gräben befestigt hat, auch Gmünd ebenso befestigte und vollends zur Stadt machte; dem Reich brauchte er Gmünd nicht erst zu unterwerfen, weil ja diese Patrimonialstadt eben deßwegen von Anfang an eine kaiserliche gewesen ist.

Gmünd war 1188 dem Herzog von Rotenburg zugetheilt worden und kam dadurch von der wahrscheinlich ursprünglichen unmittelbaren Verbindung mit Büren-Hohenstaufen los; die Burg Rechberg und Gmünd waren nun die Hauptorte eines dazu gehörigen, ungefähr mit dem Freipürschbezirk (s. S. 106) übereinstimmenden Gebiets.

Die Hohenstaufen selbst waren selten in der Gegend, Friedrich I. 1181, Mai, auf dem Hohenstaufen, Heinrich VI. 1193, 20. Juni, zu Gmünd, und ebenda Konrad IV. 1240, Juni, 1246, April, Conradin 1266, über Weihnachten. Die Stadt war diesen ihren angestammten Herren treu und 1239 wurde sie vom Papste mit andern in den Bann gethan, weil diese Städte dem Kaiser Kriegsmannschaften nach Italien geschickt hatten.

Die Bedeutung der Stadt erhellt einigermaßen aus ihren finanziellen Leistungen (1243 versprach Friedrich II. vom Ertrag der Steuer (precaria) Eßlingens und Gmünds 500 Mark Silbers zu bezahlen) und aus jener Befähigung, eine der Beachtung werthe Kriegshilfe nach Italien zu schicken.

Der Ort selbst hat wohl als burgus (als Marktflecken) schon eine Befestigung gehabt, wenn auch noch nicht ganz burglich; von einem hohenstaufenschen Herrenhof oder gar einer besonderen Burg der Grundherrschaft ist bei Gmünd keine sichere Spur vorhanden, wohl aber saß daselbst eine ziemliche Anzahl von ritterlichen Dienstmannen und mittelfreien Bürgern, welche zusammen die Rechtsgemeinde bildeten und, im Besitz der Immunität vom Grafengericht, gerichtlicher und administrativer Selbstständigkeit sich erfreuten. Die (mittelfreien) Bürgerfamilien Gmünds treten mit der Befähigung auf, auch Gerichtslehen zu besitzen und Ritterlehen zu erwerben; mehrere dieser Familien erscheinen in innigster Gemeinschaft mit dem ritterlichen Adel, dessen volle Genossen sie waren, sobald sie ihr Domicil in der Stadt aufgegeben hatten.

Das Wesentlichste von den alten Geschlechtern Gmünds möge hier seinen Platz finden. Schon 1162 werden in einer Lorcher Urkunde die Herren de Utinkofen genannt und eine Reihe von Gmünder Bürgern, aber Zunamen zu führen war damals noch wenig gebräuchlich, und so lernen wir denn bloße Vornamen kennen. 1234 zeugen Schopo (offenbar der Stammvater der Schauppen, der Stifterinnen von Gotteszell), Burchardus und Eppo, cives de Gemunde. 1239: Bertholdus Schopo, Sifridus et Waltherus, filii Epponis, Kogelinus et filius suus Conradus, Udelhardus Eberwinus, Rudolfus Vener, cives in Gamundia. 1270 | will Fridericus de Gamundia übers Meer schiffen und eod. anno erscheint Ulhardus lupus. 1274: Eberwinus et Vaenerius, cives de Gamundia. 1277 verkauft Heinricus pavo sein freies Eigenthum in Burgoltz und zeugen Diemarus miles de Uckingen, Heinricus et Johannes, fratres de Rinderbach, Bertoldus Véner, Eberlinus, Waltherus Tanzer, Heinricus Argla. 1298 zeugen: Walther Hespler, Bertholdus Clebzagel, Heinr. und Ber. Gulant. 1283: Fridericus in colle (1303 Friedrich Bühler) Bertoldus dictus Klebzagel, Eberwin dictus Bäner, Conradus dictus Taler. 1293: Herr Heinrich v. Rinderbach, Schultheiß zu Gmünd, Herr Sifrid in dem Steinhuse, der Bürgermeister, Cunrad und Friedrich die Taler, Eberwin, Herrn Rinbolts Sohn, Eberwin der Fezzer, Sifrit der Turner, Durink der Schoppe, und Meister Durink sein Bruder, Conrad Fus u. s. w. 1296: Waltherus dictus Wolf mag. civ.; Conradus dictus Fuz, Albertus dictus Tragebot, Benz de Wustenriet, – Sifridus de Rubgarten, E. dictus Ritter, Bertoldus de Herlekoven und Mechtild und Gute, Conrads des Schoppen Töchter und dessen Brüder Durink der Schoppe, Chorherr zu Lorch, und Durink; Herr Eberwin im Kirchhof, Herr Truchlieb, Conrad der Taler und Friedrich sein Bruder, Eberwin der Fetzer, Berchtold Heyland (?) und Herr Heinrich von Rinderbach, Schultheiß. 1297: Sifrid der alte Turn und Sifrid sein Sohn, Turink Vetzer, Friedrich auf dem Bühl, Conrad der Schalkstetter u. s. w. – 1307: Conr. de Batringen, Ulricus de Winzingen, Eberhardus dictus Fezzer, Eberhardus dictus Vaener, Sifridus dictus Taler, cives Gamundenses.

Diese urkundlichen Aufführungen machen uns wohl die Mehrzahl der angeseheneren Bürgerfamilien bekannt, welche vorzugsweise die Richterstellen und bald auch die Rathsstellen besetzten. Zur Bestätigung führen wir noch aus einer Urkunde von 1352 an: Wir Johann von Rinderbach, Schultheiß und wir Reinbolt Eberwin, Cunrat im Steinhaus, Friedrich Staubenhaber, Eberhard der Väner, Syfrit der Turn, genannt der Schön, Johann und Walther von Rinderbach, Johann der Vetzer, Nyclaus im Steinhaus, Johann der Burger-Taler, Heinrich von Rinderbach, Richter und Burger zu Gmünd. Da die Staubenhaber eine Nebenlinie der Vetzer sind, so saß also auch nicht eine neue Familie im Gericht.

Von den aus der Nähe stammenden Familien de Uttinhoven, de Uckingen, de Wustenriet, de Ruhgarten, de Herlekoven, de Batringen, de Winzingen, von Schalkstetten u. s. w. hat keine große Bedeutung zu Gmünd erlangt, sie verschwinden fast alle bald wieder und nur vorübergehend haben einzelne Mitglieder anderer benachbarten adl. Familien – der Adelmann von Adelmannsfelden, der von Wellwart, von Urbach, von Nenningen, Schnaitberg, Gromberg, Heimberg, Elchingen u. a. zu Gmünd sich niedergelassen und ein Bürgerrecht da erworben; so auch v. Bissingen, v. Lauchheim, v. Wallenzin (Welzheim) u. s. w. Enger sind schon mit der gmünder Geschichte die Herren v. Horkheim verflochten, | ohne Zweifel von Horkheim bei Heilbronn stammend, späterhin zu Horn und Leinzell angesessen und auch in den Besitz von entfernteren Rittergütern gekommen; vgl. die Familiengeschichte und ihren Stammbaum in Wirtembergisch Franken VIII., 2, Jahresheft 1869. Die Herren v. Winkenthal waren wohl rechbergische Ministerialen, Ullin v. W. heißt 1353 ausdrücklich ein „Uzmann“, späterhin aber ließen sie sich auch zu Gmünd nieder und namentlich von Jörgs v. Winkenthal Söhnen wurde Albrecht I. Bürger und Bürgermeister 1480 zu Gmünd, Jörg II. ist Hauptmann der Gmünder 1501 gewesen. Beide waren mit Gmünder Wittwen vermählt und mit ihren Söhnen starb die Familie aus 1541.

Von den eingebornen Familien zeichneten sich besonders die von Rinderbach und vom Steinhause aus. Erstere blühten in wenigstens 4 Linien und erwarben z. B. Leineck, Leinweiler u. a. m. Nach 1486 haben wir in Urkk. keinen gmünder Rinderbach gefunden; es blühte blos noch ein nach Hall übergesiedelter Familienzweig, welcher ein anderes Wappen angenommen hat.

Die Vetzer oder Fetzer, von welchen (wie das gleiche Wappen beweist) die Stauben- oder Stöbenhaber sich abzweigten, kamen in einer Linie nach Heidenheim und erwarben von da aus Güter und Ansitze zu Aufhausen, Brenz, Eglingen, Oggenhausen u. s. w. Die Gmünder Linie scheint, als einmal für einen ritterlichen Herrn im Namen ein „von“ nothwendig geworden war, von ihrem Besitzthum Bragenhofen (wahrscheinlich bei den Vogelhöfen) den Namen angenommen zu haben nach 1430: (Junker Jose) Vetzer von Bragenhofen.[4] oder gewöhnlicher von Bragenhofen genannt Vetzer. Diese Linie erwarb einen Theil des Ritterguts Alfdorf, wo sie ausgestorben ist 1503, während die Vetzer von Oggenhausen noch längere Zeit fortblühten.

Die Steinhauser oder im Steinhaus blühten auch in etlichen Linien und waren weitum begütert, Magister Friedrich, custos im Ansbacher Stift, erhielt sein Andenken durch eine ansehnliche Stipendienstiftung.

Der letzte Stammhalter Hans im Steinhaus scheint aber mit seiner Vaterstadt zerfallen zu sein, wurde zwischen 1420/30 Bürger in Ulm und verkaufte seine Güter (z. B. noch in Mögglingen, Dewangen, Iggingen, Pfersbach, Durlangen, Zimmerbach u. a.). Fast zur selben Zeit führt ein Heinrich Wolf statt des ererbten Wolfs im Siegel das Steinhausische Wappen[5] und so wieder sein Enkel Heinrich Wolf, zu welcher Zeit auch die früher unerhörte Benennung „Wolf vom Thal“ aufkam; in den zwei nächsten Generationen auch (Sixt – Christof) von Wolfsthal, gen. Steinhauser, | mit dem Steinhauserschen Wappenschild und dem altväterlichen Wolf auf dem Helm. Diese Familie hat sich bis in unsere Tage erhalten.

Die Schaupp scheinen mit den oben genannten Männern ausgestorben zu sein, die Töchter in Gotteszell.

Eberwine gabs sehr früh auch in Rotenburg a. T., und von Gmünd übergesiedelt 1360/80 auch in Hall; in Gmünd starben sie aus c. 1390, wahrscheinlich von den Adelmann beerbt.

Die Väner oder Vener blühten bis ins 15. Jahrhundert. Daß sie damals den Burgstall von Eutighofen besaßen, beweist freilich nicht, daß sie eigentlich von da stammten.

Von den Herrn „von Gmünd“ blühten noch c. 1360 ein Walther und dessen Sohn Peter.

Eine gewisse Berühmtheit haben die Klebzagel durch Berthold den ersten Bürgermeister; diese Familie blühte bis c. 1400 und die Bettenhar und Tremel werden Verwandte sein, weil auch sie eine Leiter im Wappen führen.

Bei Walther Hespler wird man nothwendig an den „Hespler“ Wald zwischen Gmünd und Lorch erinnert; der Name kehrt nicht wieder.

Die Gulant verschwinden mit einem Hermann 1319 ff., dessen Wittwe 1345 noch lebte; eine andere Familie sind wohl die Gule, c. 1324 bis 1440 vorkommend, und zuletzt (scheint es) nach Geislingen übergesiedelt.

Die Turn oder Turner spalteten sich in eine Linie, „genannt Zinggeturn“, und eine zweite, „genannt der Schön“, seit c. 1360 blühten sie (das identische Wappen lehrt es) als „Häberlinge“ mindestens bis 1440.

Die Taler blieben theils bei diesem einfachen Namen, theils führten sie in einer Linie den Beinamen „Betz“, theils in einer andern den Beinamen „Burgertaler“ oder „Taler, gen. Burger“. Der letzte Sprosse erscheint 1462 processirend mit seiner Vaterstadt.

Ritter kommen bis c. 1430/40 einzeln vor, auch Rüter, Reuter u. dergl. geschrieben; es ist aber der Familienzusammenhang nicht sicher. Im 14. Jahrhundert tritt eine Anzahl von neuen Familien auf, welche zur Bürgerschaft, d. h. zu den gerichts- und rathsfähigen Bürgern gehörten. Den alten ritterlichen Geschlechtern am nächsten stehn die Kurz, seit c. 1320–1430; der Wappengleichheit wegen sind die Gußregen ein Zweig der Kurze. Rechbergische Lehensleute waren die Flad (woher z. B. das Fladenholz). Nach Ausweis des Wappens sind eines Geschlechts die Alwich (c. 1360 bis nach 1500) und Im Hof; dann wieder die Hug oder Haug und die Vir- oder Feirabent c. 1350–1450, und so auch die Marpach und Truchmeier.

Die Ruchen oder Ruhen (Ruhones) führen zum Theil den Beinamen „Mecklinger“. Die Zisselmüller fanden wir in Urkunden c. 1370–1460; die Utzlin von Theinbuch c. 1400–1490. Die verschiedenen Mangolte führen zweierlei Wappen, beide abweichend von den Mangolten zu Hall. | Auch die Harer, Liebermann u. a. kamen schon im 14. Jahrhundert vor, eine größere Anzahl neuer Namen aber taucht im 15. und 16. Jahrhundert auf, nachdem auch die Zunftgenossen im Rath gerichtsfähig geworden waren. Der erste Döbler (Ulrich) begegnete uns 1443. Zum Schluß sei noch bemerkt, daß auch ein (Nürnberger?) Friedrich Löffelholz zu Gmünd lebte 1296, und daß die Nachkommen der Haggen von Rosenstein, die Haggen von Hoheneck, zuletzt in mehreren Generationen zu Gmünd lebten, wo noch ein Grabstein Kaspars H. v. H. † 1501 zu sehen ist; sie verkauften ihr Haus 1502 an H. v. Wellwart.

Neben den eigentlichen Bürgern lebte aber noch eine untergeordnete, ursprünglich jedenfalls unfreie Menge von Ackerbauern oder Tagelöhnern und Handwerksleuten, welche in der kaiserlichen Stadt frühe zu persönlicher Freiheit gelangten, und von welchen die Handwerksleute zu Zünften sich verbanden und dadurch entschiedene politische Bedeutung gewannen, ja allmählich das Stadtregiment in ihre Hände bekamen.

Die gewöhnliche Darstellung der Verfassungsgeschichte Gmünds lautet: 1284 wurde die vorherige aristokratische Verfassung umgestürzt, der Stadtadel größtentheils vertrieben, und das gemeine Volk übte das Regiment durch seine erwählten Bürgermeister. Bald aber riß der Adel das Regiment nochmals an sich, bis die Bürger 1462 sich wieder auflehnten und beschlossen, die Bürgermeister fortan aus den Zunftmeistern zu wählen, was geschah, bis Karl V. 1552/56 die Verfassung Gmünds durch kaiserlichen Befehl änderte.

Das alles ist unrichtig. Zu Gmünd, wie in ähnlichen hohenstauffenschen Städten, stand an der Spitze des ganzen Gemeinwesens ein Beamter des Oberherrn, der Schultheiß. Er hielt das Gericht mit Schöffen aus den ritterlichen und mittelfreien Familien, und er besorgte auch die Verwaltung der gemeinschaftlichen (materiellen) Angelegenheiten in Gemeinschaft mit untergeordneten Officianten und bei besonderen Angelegenheiten unter Beiziehung der Gesamtgemeinde. Je mehr aber die Stadt aufblühte, je verwickelter die Verhältnisse wurden, je mehr Industrie und Handel Berücksichtigung forderten, desto weniger genügte die Verwaltung des herrschaftl. Schultheißen, und nicht eine Vertreibung des Adels, eine demokratische Revolution war es, sondern ein Sieg der bürgerlichen Selbstverwaltung über die Bureaukratie des herrschaftlichen Schultheißen, als die Erwählung eines Stadtraths, eines verwaltenden Collegiums mit dem Bürgermeister an der Spitze, durchgesetzt wurde vor 1284, in welchem Jahr der (unbekannt wann?) zuerst gewählte Bürgermeister starb. Sein Grabstein ist das einzige urkundliche Denkmal über dieses Ereigniß. Bekannte Bürgermeister sind außer den in gedruckten Verzeichnissen aufgeführten z. B. Sifrid vom Steinhaus 1293, das ist wohl auch der Sifrid 1297; Walther Wolf 1296; Walther v. Rinderbach | 1325 und 36; Heinrich Wolf 1322 und 26; 1331 Walther Kurz und ein zweiter 1382; 1348 Johann v. Rinderbach der jung; 1375 Johann der Burgertaler; Sifrid Häberling 1395 und wieder ein Heinrich Wolf 1399: lauter Geschlechter.

Zunächst blieb dem Schultheißen der höhere Rang; wo beide gemeinschaftlich auftreten, wird er vor dem Bürgermeister genannt, umgekehrt erstmals 1333. Die Rathsherren aber wurden theils aus der alten Bürgergemeinde, theils aus der Gesamtgemeinde gewählt, und zwar so, daß der alte Schultheiß und die verbleibenden Mitglieder des inneren Raths ohne den äußeren Rath an die Stelle der jährlich austretenden Hälfte neue Rathsherren wählten. Der ergänzte Rath wählte sodann den Bürgermeister. Es bestand also der Gesamtgemeinde gegenüber immer noch eine ziemlich aristokratische Verwaltung. Das genügte aber bald dem aufblühenden Handwerkerstande nicht mehr, und um 1360 mußte den Zunftmeistern (der 8 zu Gmünd entstandenen Zünfte) das Recht zugestanden werden, selbst auch zusammentreten und bei gewissen Angelegenheiten vom Rathe beigezogen zu werden. Deßwegen werden seitdem (z. B. 1364) in den Urkunden wechselnd genannt bald: Wir Bürgermeister, Rath und Zunftmeister – bald: Wir Bürgermeister und Rath – seltener: Wir Bürgermeister und Bürger des Raths und alle Bürger gemeinlich – bei Verhandlungen in Bürgerversammlungen.

Offenbar hatte sich gebildet ein engerer, in 2 „Bänke“ getheilter Rath, d. h. ohne die Zünfte – und ein weiterer Rath, d. h. mit den Zunftmeistern. Der Zunftmeistereid sagte deßwegen auch: um jede Sache, darum sie vom Rath gefragt werden, wollen sie das Beste rathen, und – Richter wollen sie wählen nach der Stadt Gewohnheit. Denn 1398 hatte König Wenzel verfügt, die Bestellung des Gerichts solle durch den Rath und die Zunftmeister geschehen, und sollen 6 Richter von den Bürgern (den rathsfähigen Geschlechtern) und 6 von der Gemeinde gewählt werden; bestätigt 1401 u. s. w. Seitdem erscheinen beständig neue Namen unter den Richtern.

Das kaiserl. Schultheißenamt, meistens direct oder von dessen Inhabern einem Stadtbürger, aber auch an Fremde (z. B. 1360 an Kaiser Karls Hofschreiber Konrad von Bissingen) übertragen, wurde vor 1361 (da gelöst) und wieder 1375/76 an Graf Eberhard von Württemberg verpfändet; von Karl IV. 1387 wird Wilhelm von Rechberg als Reichsschultheiß genannt, sofort übertrug der König das Amt dem Cunz Münzmeister von Hall, welcher der Stadt gelobte, Niemand von Freveln wegen zu hart oder heftig zu sein. 1402 verleiht König Rupert dem Conrad von Freyberg-Aschau das Schultheißenamt und Umgeld, in dessen Namen 1404 Heinrich von Westernach Schultheiß ist zu Gmünd. C. von F. vermiethete das | Amt 1415 um 100 Pfd. jährlich an die Stadt auf 5 Jahre. König Sigismund übergab das Schultheißenamt dem Kaspar Torner 1422, welcher es wieder an die Stadt verpachtete und 1430 verkaufte um 800 Pfd. Sigismund selbst verpfändete es sofort an Gmünd um 2000 fl. auf Wiederlösung, welche niemals erfolgte. Seitdem war der Schultheiß nur noch ein Beamter des Raths, welchem nach kaiserlichem Privilegium der Bürgermeister den Bann über Blut verlieh. Bei Gerichtssitzungen hieß späterhin der Amtsbürgermeister Ammann, und der Schultheiß handhabte auch den Marktschutz u. dergl.

Daß seit 1462 blos Zunftleute zu Bürgermeistern gewählt worden seien, widerspricht der Thatsache, daß die alten Geschlechterfamilien immer wieder auftraten; die nächste Quelle sagt aber (Crusius): senatores e tribunis plebis assumi coepti sunt, – d. h. die Zunftmeister traten in den Rath selber ein, bilden nicht mehr blos ein untergeordnetes vom Rathe nach Bedürfniß befragtes Collegium. Der wirkliche Stand der Dinge im 16. Jahrhundert war nemlich: der Rath bestand aus 24 Personen (Rathgeber), 8 auf der Bürgerbank, 8 auf der Gemeindebank, 8 Zunftmeister. Eine urkundl. Notiz sagt auch wirklich: die Zunftmeister haben 1462 geschworen „als die nuwen ratgeben“. Übrigens waren die aristokratischen Elemente in der Bevölkerung allmählich weggezogen, ausgestorben, oder mit der gemeinen Bürgerschaft soweit amalgamirt, daß ein wesentlicher Personal- und Standesunterschied unter den 3 Bänken in spätern Zeiten nicht mehr bestand.

Die Bestellung von Städtmeistern hängt mit einer Verfassungsänderung überhaupt nicht zusammen. Sie waren ursprünglich nur Officianten des Raths und zwar die Kassenführer, welche zugleich das Material der Stadt unter ihrer Aufsicht hatten, späterhin stets aus dem Rathe selbst genommen.

Das Wappen der Stadt war von alten Zeiten (ältestes bekanntes Siegel v. 1277 im Spitalarchiv) ein aufgerichtetes Einhorn. Kaiser Max gab einen Wappenbrief über ein Fähnlein mit goldenem Andreaskreuz in Flammen, zu gebrauchen wenn sie ins Feld ziehen oder sonst in redlichen Dingen.

Während des Bauernkriegs wurde der Rath abgesetzt und ein der Bauernsache und dem Evangelium günstiger Rath erwählt, der jedoch an Bartholomai dem alten Rathe wieder Platz machen mußte. Der Gedanke an den Einfluß einer Volksbewegung, die Furcht es möchte ein evangelisch gesinnter Rath einmal zu Stande kommen, bewogen wohl den Kaiser Karl 1553 aus kaiserlicher Vollmacht die Stadtverfassung in conservativem Sinn zu verändern. Die Zunftmeister wurden wieder aus dem Rath gewiesen, | der aus 24 Männern bestehen sollte: 3 Bürgermeistern, von welchen jeder 4 Monate im Jahr das Amt führte, die aber auf Lebenszeit sollten gewählt sein; 5 Senatoren auf der Bürgerbank, von welchen die 2 ersten mit den 3 Bürgermeistern zusammen die Fünfer oder Geheimen bildeten; 16 auf der gemeinen Bank. Bei der jährlichen Selbstergänzung sollte der ganze Rath mitwählen. Die Zünfte bekamen aus ihrer Mitte Achtmeister und Oberachtmeister.

Gewiß nur auf erneute Anregung aus Gmünd revidirte der Kaiser seine Verfassung schon 1556 und übertrug die jährliche Erneuerung des Raths den fünf Geheimen allein, so daß jährlich einer vom Bürgerbank, 3 vom gemeinen Bank sollten neugewählt werden. Zugleich wurde der Schwörtag von Georgii auf Lorenzi (an einem Sonntag gewöhnlich abgehalten) verlegt und die 1553 verordnete fixe Besoldung der Herrn erhöht.

Bei dieser Verfassung sollten die Dreizahl der Bürgermeister und der Amtswechsel nach 4 Monaten (Neujahr, Philippi–Jacobi und Michaelis) doch eine gewisse Controle gewähren, die außerdem fehlte. Nothwendig mußte aber dieser Wechsel die Geschäftsführung verschlimmern und konnte die Mißstände des Partei- und Vetterleswesens nicht ferne halten. Jahrhundertlange innere Unruhen, Processe der Unterthanen und Stadtbürger mit dem Rath waren die verderbliche Frucht dieser Verfassungsänderung, welche mit 1802 ihre Endschaft erreichte. Seitdem wird Gmünd ganz nach württembergischen Gesetzen verwaltet.

Die Verwaltung wurde im 15. Jahrhundert besorgt durch den Bürgermeister und Rath mit Beihülfe des Stadtschreibers, eines Büttels (Rathsdieners) und Laufers (Boten). Den 2 Städtmeistern war ein Knecht beigegeben, nachher auch der Gredmeister. Ein Ungelter und Ungeltschreiber zogen die Steuern ein, besonders den Wochenpfennig. Für die Victualien waren aufgestellt: ein Brotmeister, Fleisch-Schauer und Schätzer, Fischschauer, Kornmesser; für Handel und Wandel: Unterkäufer und Käuflerin, Pferdschauer, Augsteinschauer, Woll- und Tuchschauer u. dgl. m.

Die Justiz verwalteten der Schultheiß und das Gericht, und „Untatter“ (Unthater) für kleinere Vergehen, Feld und Wald behütete der „Eschhay“. Die Stadt behüteten die Thürmer, welche ankommende Reiter noch anzublasen hatten.

Nach der Verfassungsänderung 1553 waren die 2 Geheimen der Bürgerbank zugleich Oberstättmeister, und unter den 12 Herrn der gemeinen Bank 1 Amtsstättmeister und 2 Stättmeister; je der jüngste Senator war Bau- und Schrannenherr. Anstatt des Stadtschreibers wurden allmählich ein Rathsactuar und 2 Consulenten angestellt, 2 studirte Juristen. Diese 2 hatten berathende Stimme im Rath, entscheidende in Rechtsfällen; der erste war Kanzleidirektor und | Syndicus, der zweite Stadtschultheiß. Eine Kanzlei- und Taxordnung wurde 1685 gemacht. Eine Aufbesserung des Rathseinkommens wurde 1605 beliebt und 1624 hat der Kaiser höhere Besoldungen verwilligt. Die Zahl und Benennung der Stadtofficianten hat sich natürlich gegenüber den älteren Angaben mannigfach verändert; sie wurden theils vom ganzen, theils vom geheimen Rath angestellt.

In Folge der Processe gegen den Rath und seine Verwaltung, der man namentlich auch „Vetterleswesen“ vorwarf, wurde durch die kaiserl. Commission der Bürgerschaft gestattet, 5 „bürgerliche“ Anwälte oder Syndici aus ihrer Mitte zu erwählen, welchen die Rechnungen vorgelegt werden sollten, und die gegen Rathsbeschlüsse Vorstellungen machen oder an die Reichsgerichte appelliren durften. Bei wichtigen Angelegenheiten, besonders in Kriegszeiten, wurden diese Syndici vom Rath bisweilen zu den Berathungen beigezogen, hie und da auch wieder die Zunftvorsteher.

Die Geschäfte der Reichsstadt bei den Kreistagen (wo Gmünd die 10. Stelle einnahm) wurden meist durch eigene Abgeordnete besorgt; auf dem Reichstag zu Regensburg (wo Gmünd auf der schwäbischen Städtebank den 13. Platz hatte) war Gmünd gewöhnlich in Gemeinschaft mit anderen Städten durch einen andern Comitialgesandten vertreten.

Die Justiz wurde seit 1553 gehandhabt durch das Gericht, eine Abtheilung des Raths, bestehend aus den 9 Herren der Bürgerbank und 3 Herren vom gemeinen Bank (die Städtmeister) mit periodischer Neuwahl. Oberster Inhaber der Gerichtsgewalt war der Amtsbürgermeister als Ammann.

Gewöhnliche Streithändel kamen vor den Rath.

Kriminalcodex war Kaiser Karls Halsgerichtsordnung, Civilcodex hauptsächlich die alten Stadtordnungen. Jeder Amtsbürgermeister hatte in seiner Amtszeit 3–2 Gerichtssitzungen zu halten. Der Stadtschultheiß (ein Consulent) besorgte da besonders die Schuldsachen und fungirte bei Kriminalsachen als Ankläger. Bemerkt sei noch, daß 1468 ein westfälisches Freigericht die Ahndung eines bei Lorch begangenen Mordes in die Hände nahm – und daß 1616/18 die Hexenprocesse in Gmünd sich außerordentlich häuften: von 78 Angeklagten wurden 67 verurtheilt. Die „Köpfstatt“ war hinter St. Katharinen, der Galgen am Weg nach Ober-Bettringen, der Pranger am Rathhaus. „Zweierherrn“, einer vom Bürger-, der andere vom gemeinen Bank besorgten Streitigkeiten in Handwerkssachen, und ein „Ainungsgericht“ (ein Städtmeister und 2 Herren vom gemeinen Bank) rügten Excesse auf der Markung. Wichtigere Fälle blieben überall dem Rath vorbehalten.

Finanzen. Ursprünglich hatte auch Gmünd eine Steuer (precaria) an den kaiserlichen Hof zu bezahlen, und auch ein Umgeld | wurde von Rechtswegen gefordert, weßwegen gewöhnlich auch das Schultheißenamt und Umgeld zusammen verpfändet worden sind. Die jährliche Reichssteuer betrug zwischen 1300/1400 270 Pfd. Heller. Die Kaiser machten aber auch außerordentliche Forderungen, z. B. Karl IV. a. 1373 1600 Pfd. (zum Ankauf der Mark Brandenburg!) wogegen die Stadt Vergünstigungen genießen sollte: Gmünd z. B. eine Zollverwilligung auf 10 Jahre und Befreiung von fremden Gerichten. Zu seinem Krönungszug hatte Karl 1355 von Gmünd 3371/2 fl. gefordert. Nach einigen Verpfändungen wurde von König Sigmund 1417 die ordentliche Reichssteuer (270 Pfd.) an die Grafen von Öttingen überlassen, späterhin mit 190 fl. 34 kr. zu bezahlen. – Die Stadt forderte dazu und überhaupt für ihre Zwecke 2jährliche Ordinaristeuern, wozu nicht blos Grund und Boden steuern mußten, sondern auch – nach einem Privilegium von 1373, 1410 u. s. w. alle Kaufmannschaft; Kaiser Max erlaubte 1495 alle Vogt- und Gerichtbaren Unterthanen nach Vermögen zu besteuern. Dagegen protestirte besonders Gotteszell und erreichte auch, daß seine Unterthanen blos zu extraordinären Kriegssteuern beigezogen werden dürfen (1659), nach welchem Ziel auch die sonstigen geistlichen Unterthanen trachteten. Die späteren Ausgaben waren: für einen Römermonat 176 fl., zum Reichskammergericht 2 x 86 fl. 57 kr., Kreisanlage früher 176 fl., nach der Matrikel von 1683 115 fl., 1728 142 fl. Dazu kamen Comitialvertretungs- und Kreistags-, sowie Städtetags-Kosten, die Kriegs- und Invalidenkasse, Besoldungen, Boten-, Post- und Schreibgebühren, Gerichtskosten, Arbeitsverdienste von Handwerkern u. dgl. Alle 2 Jahr mußte jeder Einwohner sein Vermögen fatiren (auf seinen „Anzahl“ Eid, d. h. die Anzahl seines Besitzthums anzugeben); Gebäude und Hofstätten wurden blos zum halben Werth versteuert, Passivschulden, Hausrath und Schmuck, unverzinsliche Kapitalien und ungewisse Schulden gar nicht. Die Bediensteten der Stadt zahlten keine Ordinaristeuer. Die einfache Schatzung betrug c. 1700 für die Stadt 638 fl. 121/2 kr. Weitere Einnahmen gewährten Wirthschaftsabgaben und Strafgelder (1548 erhöht durch kaiserliches Privilegium), die Nachsteuer Wegziehender, 10% (mit einzelnen Herrschaften bestanden Verträge über Umzugsfreiheit); 1779 wurde auch eine Hundssteuer versucht. Auch ein Monopol wurde benützt, Handel mit geschnittenem Holz, in 2 Werkhäusern vorräthig. In Geldverlegenheiten nahm der Rath Kapitalien auf, ursprünglich durch Verkauf einer Rente von der Stadt Steuern, Umgelden, Zöllen, Zinsen, Renten und Fällen; zur Sicherheit wurden auch da Bürgen gestellt, welche Einlager halten mußten – sonst darf der Gläubiger (z. B. Urkunde von 1455) auf alle der Stadt Leute und Güter, liegende und fahrende, zugreifen und pfänden in Städten und Märkten | oder Dörfern oder auf dem Lande. (Uneingeklagte Schulden verjährten in 10 Jahren, bei Juden in 5 Jahren, nach Privilegium von 1398.)

Das Umgelt der Stadt stand in Zusammenhang mit dem Weinhandel, weßwegen auch das Eich- und Ladamt und das Faßzieheramt Reichslehen waren und unter Aufsicht des Reichsschultheißen standen. Mit diesem Amte wurde das Umgeld mehrmals verpfändet und ebenso auch der Stadt selbst zuerst von den Inhabern verpachtet (1415 um 100 Pfd., 1422 um 100 fl.), 1430 vom Kaiser verpfändet um 2000 fl.

Schon 1451 hatte der Rath eine Wirthsordnung erlassen.

Eine Erhöhung des Umgelds hatte Karl IV. 1358 verwilligt zum Besten der Stadtkasse; 1378 forderte der Magistrat 8 Maas vom Eßlinger Eimer, 1430 waren es 41/2 Maas. Während des 30jährigen Kriegs wurde ein „Schwedenkreuzer“ auf die Maas gelegt. 1648 wurde eine neue Bier- und Umgeldsordnung gemacht, 1679 revidirt, welche immer noch den Schwedenkreuzer beibehielt. Der Umgelder hieß späterhin Visirer.

Die Fronwag und das Gewicht wurden 1379 von H. Goll an die Stadt verkauft. Alle in die Stadt gebrachten Waaren mußten im Waghaus oder auf der Grät abgestoßen werden. Daneben bestand späterhin die Mehlwage und das Kornhaus.

Eigene Münze hatte Gmünd nicht; es liefen eben die Nachbarmünzen auch da um, und bisweilen trat die Stadt einer Münzconvention bei, z. B. 1396, 1420. Schlechte Münzen wurden häufig verboten und ungewöhnliche Münzsorten sollten überhaupt nicht ausgegeben werden ohne vorherige Erlaubniß des Bürgermeisters oder Raths.

Im 17. Jahrhundert steckte Gmünd in unabsehbaren Schulden. Der Rath wies hin auf die unendlichen Verluste im Bauern- und schmalkaldischen, sowie im 30jährigen Krieg. Die Unterthanen aber und ein Theil der Bürgerschaft beschuldigten ganz besonders die schlechte Finanz- und Ökonomie-Verwaltung, welche zunächst vom Bürgermeister mit den Städtmeistern und Kassieren besorgt wurde. Darum hieß die Stadtkammer auch Städtmeistersstube, die „Kassierstube“ war das Steueramt, besorgt von 3 Kassieren aus der Zahl der Senatoren. Die Stadtkammer besorgte das städtische Rechnungswesen und alles Bauwesen, Feueranstalten, Forstverwaltung u. dergl. Die „Kassierstube“ zog die Steuern ein von Stadt und Land und leistete die Reichs- und Kreis-Schuldigkeiten, namentlich Militär- und Kriegskosten.

Für den Besuch der Rathssitzungen wurde allmählich ein Präsenzgeld bezahlt (1487 3 kr.); wer ausblieb verlor es und zahlte eine (altherkömmliche) Strafe (1487 5 Pf.), diese Strafe kam | allmählig in Abgang und forderten auch die Abwesenden das Präsenzgeld. Auch das in den Rath läuten, worauf anfangs die zu spät oder gar nicht Kommenden 18 kr. zahlen mußten, half nicht lang. Allmählig bekamen alle Rathsglieder feste Besoldungen und Nebeneinkünfte, verschieden nach ihren Functionen.

Militärwesen. Die eigentlichen Bürgergeschlechter waren von Anfang zum Kriegsdienst berechtigt und berufen; mindestens die wohlhabenderen dienten auch mit den ritterlichen Reichsministerialen in der Stadt zu Pferd, wohl geharnischt. In den Städten wurde aber auch die gesamte Einwohnerschaft persönlich frei und desto mehr verpflichtet, zur Vertheidigung der Stadt die Waffen zu tragen. Sicherlich ist der lange fort bestehende Marstall der Stadt zurückzuführen bis auf jene Zeit, wo die Bürger selbst Kriegsrosse brauchten, welche im „Turniergraben“ (ein Haus im Turnaygraben wird 1381 genannt) zugeritten wurden, wo auch die Reiter selbst sich übten. Eine Hauptwaffe des Fußvolks war die Armbrust geworden; daher zu Gmünd der „Schießgraben“ und die Brüderschaft der Armbrustschützen zum heil. Sebastian. Daß jeder Bürger seinen Harnisch haben mußte war alte Regel; Kaiser Ludwig verordnete, daß Wehr und Waffen bei Erbfällen von den Erben getheilt werden dürfen, aber – weder verkaufen noch versetzen durfte man seinen Harnisch, der meistens in einem Blechpanzer, Eisenhut und blechbesetzten Handschuhen bestand; Piken oder Hellebarden waren die Hauptangriffswaffen, neben den Armbrüsten und späterhin Handrohren. Daß auch schweres Geschütz in Gmünd daheim war, beweist ein Vertrag des Grafen Ulrich von Württemberg mit Werkmeister Eiselen, ihm zwei „werfende Handwerke“ zu machen und 2–3 Männer in deren Behandlung zu unterweisen a. 1450.

Als Kaiser Karl V. im Febr. 1532 durch Gmünd kam, besorgten die Zünfte der Krämer und Schmide hauptsächlich die Ausstellung von Thorwachen im Harnisch.

Auch Gmünd nahm im 15. Jahrhundert nach Bedürfniß Söldner in Dienst, gewöhnlich wohl gewappnete Reiter, nachdem die ritterlichen Geschlechter in Gmünd selbst sehr rar geworden waren, z. B. 1446 wird ein H. von Menshofen als Stadtsöldner genannt. Zu Hauptleuten bestellte man wo möglich Einheimische, die Rinderbach, Wolf, Winkenthal u. s. w. Auch gelegentliche Bündnisse mit benachbarten Adlichen kommen vor, z. B. 1364 mit 11 ritterlichen Herrn in einer Fehde gegen die von Zwingenberg. Bei ausgedehnteren Kriegen ließ sich die Stadt auch eine Besatzung gefallen, z. B. von württembergischen Berittenen 1323 auf drei Monate im Dienst der Herzoge von Österreich. Einigemal haben wir auch ausdrückliche Zeugnisse für die Kriegstüchtigkeit der Gmünder; Graf Ulrich schenkte ihnen nach dem pfälzer Krieg 1461 eine Geldsumme zum Abschied weil sie sich tapfer | gehalten; 1475 gewährte ihnen Kaiser Friedrich für ihre treuen Dienste besonders in den Kriegsläuften etliche Gnaden, – und 1505 verleiht Kaiser Max der Stadt ein besonderes Fähnlein im Feld und sonst zu führen. Noch im schmalkaldischen Krieg zeugt die wenn auch kurze Vertheidigung gegen das sächsische Heer von Muth und Tapferkeit; die Rüstung des Bürgermeisters Rauchbein steht – nicht mit Unrecht – heute noch in der katholischen Kirche.

Was man von den Kriegszügen der Gmünder noch weiß, ist natürlich blos eine Reihe von Bruchstücken, wir stellen das Bekannte zusammen. – 1240 zog Gmünder Mannschaft den Hohenstaufen nach Italien zu Hilfe; 1310 beim Krieg Heinrichs VIII. gegen Graf Eberhard von Württemberg nahmen die Gmünder eifrig Theil, namentlich sie und die Eßlingen zerstörten die Stammburg Württemberg und andere mehr 1311; im Dienst König Friedrichs gegen Ludwig den Bayern hatte Gmünd 1318 ziemlichen Schaden erlitten u. s. w. An den Städtekriegen nahmen auch die Gmünder vielfach Theil und zahlreiche Streifzüge wurden gemacht, bei denen z. B. Wäschenbeuren zerstört worden ist. 1379 verglich sich Gmünd mit Württemberg und es sollten nun die bei Rielingshausen gefangenen Bürger losgelassen werden. 1388 zog die Gmünder Mannschaft bis Heilbronn und Johann Wolf, wahrscheinlich Gmündischer Hauptmann, wurde vor der Stadt Weil erschlagen 23. August; 1393 fielen die Gmünder ins Württembergische ein, eroberten die Burg Ravenstein und streiften plündernd bis Bietigheim, weil Graf Eberhard eine Schuld von c. 8000 fl. nicht verzinste, – was er nun versprach. 1395 waren auch Gmünder gegen die Schlegler nach Neufels a. d. Kupfer und Künzelsau gezogen, weßwegen Hans von Neuenstein und Genossen 1399 vertragen wurden. In der Hohenzollerner Fehde 1422, 23 halfen auch Gmünder den Zollern erobern und zerbrechen; ebenso 1442 beim Zug der Städte gegen Neufels und Maienfels. 1448 wurde in Gmünds nächster Nähe gekämpft; die Stadt und die Herrn von Rechberg nahmen einander Vieh weg u. dgl.; 1449 wurde zwar die Burg Waldstetten gebrochen, auf dem Heimweg aber überfallen verloren die Gmünder 54 Tode, 65 Gefangene, 1. September.

1468 hatten die Gmünder den Goldschmid Maurenmeister erschießen lassen im württenbergischen Geleit, weßwegen die Grafen auch nebst verschiedenen Adlichen (Philipp und Jörg von Massenbach, Hans von Frauenberg u. a.) Gmünd befehdeten und zu 4000 fl. Entschädigung zwangen 1469. Auch ein Gmünder Diener verlangt Entschädigung, weil er in der Stadt Dienst gefangen, lang im Gefängniß gelegen. 1471 zogen Gmünder mit Württemberg gegen den Geroldsecker. Besondere Fehden hatte die Stadt noch z. B. 1479 bis 84 mit Barthol. Wegmann und seinen Helfern, 1479 mit Kilian von Stetten u. s. w.; später sorgte der schwäbische Bund | etwas besser für Landfrieden, rief aber 1519 auch die Gmünder auf gegen Herzog Ulrich von Württemberg, welche im Amt Schorndorf plünderten. Als Herzog Ulrich 1538 Entschädigung forderte für ein abgebranntes Haus beim Sachsenhof wurde diese That Franzen von Sickingen Schuld gegeben.

Eine Fehde alten Stils drohte nochmals mit Württemberg, als die Gmünder den Herrn von Absberg bei Adelstetten, auf württembergischem Boden, gefangen nahmen, weil jener geholfen haben sollte den Nürnberger Baumgarten niederzuwerfen. Völlig zu einer Fehde mit Brand und Raub, mit Wegfangen und Verstümmlung Angehöriger kam es mit den Diemern von Lindach (s. d.) 1543 f., welche dafür die Reichsacht traf; die Burg Lindach wurde von den Gmündern weggenommen.

Nach der Wormser Matrikel sollte Gmünd 35 Mann zu Fuß und 3 zu Pferd stellen zum Kreiscontingent, nach der Überlinger Matrikel 1683: 55 Fußgänger, 14 Reiter, später 57 Mann zu Fuß, 11 zu Pferd. Diese Mannschaft war dem württembergischen Dragonerregiment und dem Infanterieregiment Baden-Durlach zugetheilt und in der Stadt unterhielt man gewöhnlich von geworbener Mannschaft einen Cavallerielieutenant mit 12–18 Gemeinen, und einen Infanterielieutenant mit 30–40 Mann. Daneben bildete die ledige Mannschaft der Stadt ein Corps mit vielen berittenen Offizieren, welches jährlich im Mai zu Exercitien ausrückte. Jeder neu aufgenommene Bürger mußte Ober- und Untergewehr besitzen und allzeit fertig halten. Das reguläre Militär hatte seine Hauptwache in einem besondern Wachhaus auf dem Markt, nachher im Rathhaus; täglich wurde der Zapfenstreich geschlagen. – Während der Revolutionskriege wurde hie und da auch konscribirt und von den Unterthanen die Stellung der waffenfähigen jungen Mannschaft gefordert, um einige militärische Dressur beizubringen. Dieß fand energischen Widerstand, so daß der Kreis Exekution schickte, 1794. Bald aber brachte die Einverleibung in Württemberg nicht blos eine eventuelle, sondern die reellste Conscription und das gesamte württembergische Militärwesen; die gmünder Truppe wurde 17. Dec. 1802 aufgelöst, allgemeine Entwaffnung erfolgte 1810.

Für den Landsturm 1814 sollte ein Bataillon Gmünd gebildet werden mit den Compagnieen: Gmünd, Göggingen, Iggingen, Leinzell, und ein Bataillon Heubach mit den Compagnieen: Degenfeld, Heubach, Straßdorf, Winzingen.


Der Nahrungsstand.


Schon die natürlichen Verhältnisse der Stadtmarkung lehren uns, daß die Bevölkerung der Stadt unmöglich vom Ackerbau und der Viehzucht leben konnte; sie war auf industrielle Thätigkeit zwingend | hingewiesen und sicherlich haben schon zu der Zeit, wo das städtische Gemeinwesen sich bildete, Handwerker verschiedener Art sich zu Gmünd niedergelassen, wie solche namentlich für die zahlreichen Patricier und den ritterlichen Adel der Umgegend Bedürfniß waren, gar nicht zu reden von der nahen Kaiserburg, deren Herren ja meistens weit entfernt lebten.

Gmünds Industrie und Handel kam allmählig in großen Flor, so daß der Raum innerhalb der alten Stadtmauer der einwandernden und sonst anwachsenden Bevölkerung nicht mehr genügte, so daß vor allen Thoren Vorstädte sich bildeten, wo in den zwei Schmidsgassen hauptsächlich Eisenarbeiter, in der Ledergasse Gerber sich niederließen, hinter dem Spital bei den „Fischhäusern“ die Fischer u. dgl. m. Gelegentlich sind uns in Urkunden begegnet nicht blos Schuster und Schneider (1363), sondern auch Kupferschmiede (1368), Ledergerber (1395) u. s. w. Plattner werden 1463 genannt, vom Fegen der Harnische und Panzer ist 1469 die Rede, ein „Gewandschneider“ c. 1390 ist ein Tuchhändler und setzt Tuchmacher voraus, Binder (1474), Kantengießer (c. 1480), Kürschner (1483), Wannenmacher (1487) u. a. m. bezeugen eine vielseitige Thätigkeit; jedenfalls um 1450 waren auch schon Goldschmiede da. Besonders schwunghaft wurde das Sensenschmieden betrieben und Kaiser Max verbot 1507 das Gmünder Einhornzeichen auf die Waare andrer Orte zu schlagen. Jeder einzelne Meister durfte übrigens nur eine gewisse Zahl Sensen produciren, um auch den andern Raum zu lassen. Eigenthümlich für Gmünd war besonders die Verfertigung von Paternostern u. dgl. aus Augstein (Gagat) Bein, Holz, Alabaster u. s. w., welche vertrieben wurden bis Venedig, Mailand, Paris, Lissabon u. s. w. ja bis Konstantinopel. Aus diesen Ländern brachten die Händler Gewürze, Weine, Seide u. s. w. und besonders auch Baumwolle zurück wodurch eine zweite Industrie, vornehmlich der Frauenzimmer, ins Leben gerufen wurde, das Baumwollspinnen, Schleierwirken, das Stricken von Mützen, Handschuhen, Strümpfen, später auch Goldstickerei und Perlstrickerei etc. u. dgl. m. Wiederum eine bedeutende Industrie wurde die Verfertigung von kleineren Gold-, Silber- und Tombak Waaren, worüber vornen bei der Industrie Näheres zu finden ist.

Die Industriellen alle hatten sich anfänglich in acht Zünfte zusammengethan, an welche sich allmählig neu auftretende Betriebszweige anschloßen; im 14. Jahrhundert erlangten die Zunftmeister einen Sitz im Stadtrath bis zur Verfassungsänderung 1552. Um 1700 gehörten zur

I. Krämerzunft: Kaufleute und Krämer, Bortenmacher, Maler,* Nestler,* Seckler, Sattler, Beinringler, Glaser, Seiler, Gürtler, | Augsteindreher, Kammmacher,* Buchbinder,* Böllensdreher, Wachsmacher,* Glasmaler, Lebzelter,* Glas- und Steinschneider.

II. Tuchmacherzunft: Tuchmacher, Tuchscheerer, Schneider, Hutmacher, Kürschner, Schwarzfärber, Zeugmacher, Leineweber, Raschmacher.*

III. Schmidzunft: Goldschmide, Sensen-, Messer-, Huf- und Waffen-, Kupferschmide, Schlosser, Büchsenmacher, Uhrmacher, Maurer, Steinhauer,* Kantengießer, Nagelschmide, Spengler.*

IV. Bäckerzunft: Bäcker, Häfner, Fischer, Ziegler.

V. Gerberzunft: Roth- und Weißgerber, Lederbraiter.*

VI. Schusterzunft. (Niemand sonst).

VII. Küferzunft: Küfer, Kübler, Bildhauer,* Dreher, Schreiner, Zimmerleute, Wagner, Büchsenschafter,* Sieber, Wannenmacher, Müller, Pflästerer,* Orgelmacher,* Bader und Barbierer.

VIII. Metzgerzunft: Metzger, Wirthe,* Fuhr- und Karrenleute.*

In keiner Zunft waren die Perückenmacher* und Hugger oder Grempler, für welche schon 1522 eine besondere Gewerbsordnung verfaßt wurde; auch eine Bierbrauerordnung wurde 1707 gemacht. Das Branntweinbrennen wurde 1667 auf Nachsuchen den Becken und Wirthen erlaubt; um 1700 war dieses Getränke, anfänglich blos Arznei, schon gang und gäbe.

Alle obigen Gewerbe, soweit nicht ein * dabei steht, hatten ihre obrigkeitlich legalisirte Ordnung, und die Acht- und Oberachtmeister, von den Handwerksgenossen unter sich erwählt, samt den „Rügern“ (delatores) sahen darauf, daß jedes Gewerbe vorschriftsmäßig betrieben wurde, visitirten wohl auch die fertige Waare und beglaubigten die kaufmannsgute Waare mit einem Zeichen, wie z. B. der Einhornstempel auf den Sensen war. Im Rathe behandelten die sogenannten Zweierherrn die (geringfügigeren) Handwerkssachen, manchmal aber lagen einzelne Zünfte auch mit dem Rath im Streit, so die Metzger 1497 wegen einer Verfügung des Unschlitts und der Lichter wegen.

Jede Zunft bildete eine Corporation welche einen Jahrstag, Morgens in der Kirche, Nachmittags in der Herberge, (wo der Stubenmeister ordnete) festlich beging, meist auch durch einen Umzug der Gesellen mit Musik durch die Stadt; allerlei Bräuche gelten als heilige Überlieferung z. B. die „gelben Wecken,“ die Osterfladen u. dgl. Ein besonderes Ehrenrecht genoßen die Metzger durch ihren Umritt an Fastnacht und das Ziehen des Palmesels an Ostern. Meist bildete die Zunft auch eine geistliche Brüderschaft mit gewissen Leistungen auch für das ewige Heil ihrer Angehörigen. Jedes Handwerk mußte in regelrechter Lehrlingszeit erlernt werden und eine Wanderschaft von drei Jahren wurde z. B. 1694 wieder eingeschärft. Für manche Waaren gab’s gemeinschaftliche Verkaufslokalitäten, wie z. B. 1370 eine Tuchbank genannt wird, 1363 eine Fleischbank, letztere unten | im alten Rathhaus. Besonders normirt war die Bäckerei durch Preisvorschriften (z. B. in späterer Zeit: kostet 1 Viertel Korn 5 Batzen oder 18 Batzen so sollen 6 Pfund Brod kosten 4 kr. oder 13 kr.; kostet 1 Viertel Korn 3 Batzen oder 18 Batzen soll ein Weißbrod wägen 24 Loth oder 9 Loth). Niemand sollte zwei Gewerbe betreiben, damit auch Andere desto eher ihr Fortkommen finden. Die Unterthanen waren mit ihren Bedürfnissen ganz an die Stadt gewiesen.

Nach dem Einheimischwerden der Baumwollenstrickerei wurde 1687 den Strickerinnen verboten unter die Thore zu sitzen, wo sie Geschwätze machen u. dgl.; auch eiferte der Magistrat dagegen, daß viele dieser jungen Frauenspersonen sich von ihren Eltern emancipiren wollten.

Die Gmünder Waaren wurden hauptsächlich auf dem Handelsweg und durch Hausiren vertrieben. Vom Großhandel gibt Zeugniß, daß um 1800 je eine italienische, französische, schweizerische, holländische, österreichische, preußische, bayerische und sächsische Handlung bestand; die Händler kamen auf den Messen und Jahrmärkten herum fast in ganz Deutschland. Auch in der Stadt wurden einige Märkte abgehalten. Zum ältesten Jahrmarkt im April hatte Kaiser Sigmund 1430 einen zweiten verliehen, auf Ursula, Karl V. gewährte einen dritten 1548 auf Inventio crucis. Kaiser Max II. erlaubte 1566 den Markt an Kreuzerfindung auf St. Luciä Tag zu verlegen, wo zugleich Vieh- und Pferdemarkt war, auf welchem die Unterthanen ihre Pferde und Fohlen zuerst zum Verkauf bringen mußten, ehe sie anders wohin gingen, und es hatten die Rathsmitglieder das Vorkaufsrecht. Die Marktordnung hielt der Stadtschultheiß aufrecht, – im Harnisch. An allen Wochenmärkten wurde bis 10 Uhr eine Fahne ausgesteckt und so lang durften blos Gmünder kaufen, nachher erst auch Auswärtige. Auch das vertheuernde Zwischenkaufen war verboten. Eine Vorschrift über Gewicht, Maß und Elle wurde zuletzt 1687 gegeben.

Die Pfahlbürger oder Beisaßen mußten jährlich 10–50 fl. bezahlen, genoßen aber dafür „der Stadt Freiheiten, Schutz und Schirm.“ Allmählig schlichen sich aber auch Leute ein, welche kaum 4–1 fl. zahlen konnten, auch gar nichts als Klagen verursachten, daß sie nur Holz- und Feld- oder Gartendiebstähle begehen, ihre Kinder betteln lassen u. dgl. Der Rath verbot, dergleichen Proletarier aufzunehmen in eine Wohnung.

Von den edlen Künsten wurde jedenfalls die Malerei geübt. Wir fanden z. B. einen Maler, Meister Ytel Martin 1414 (im Siegelschild ein Antoniuskreuz mit den drei Schildchen des Malerwappens belegt) und c. 1520 einen Maler Thomas Beg, 1650 Joh. Philipp Küchler, Maler und des Raths. | Die Heilkunde übte 1360/61 Meister Peter von Grunenberg, Arzt und Bürger zu Gmünd, begütert an der Lein. Ihm folgt z. B. 1393 Hans vom Schwert, Meister Peters selig Sohn und Nicolaus vom Schwert, meiner gnädigen Herrschaft von Württemberg Arzt, begütert zu Ickingen und Weiler i. B.

1480 Meister Burkhart von Boppenweiler, Dr. in Arzenei. In spätern Zeiten hatte die Stadt immer zwei studirte Ärzte angestellt.

Ein Apotheker Horn begegnete uns 1557; späterhin waren es zwei Apotheken, eine untere und obere. Um 1700 bestanden zwei Apotheken, welche nach der Ulmer Taxe und Frankfurter Apothekerordnung sich zu richten hatten, auch alle drei Jahre visitirt werden sollten. Doctores und Apotheker klagten bei der damaligen kaiserlichen Commission über das viele Quacksalbern der Bader, Bauern und Weiber. Die Apotheker forderten nebenbei Personalfreiheit und einen Rang und bekamen diesen – hinter den Stadtkanzlisten.

Badhäuser werden genannt: hinter der Judenschule des Spitals Badstube, Bayers Bad (1499), die Prediger-Badstube, das Bad vor dem Arer Thor.

Baderordnungen sind gemacht worden 1386, 1572, 1651.

Die Besitzer der Badstuben mit ihren Dienstboten bildeten 1386 eine eigene Brüderschaft und hatten eine Unterstützungskasse mit kleinen wöchentlichen Einlagen.


Zur Sittengeschichte.


Von kirchlichen Gebräuchen wird später die Rede sein; im Zusammenhang mit solchen standen z. B. die Bescheerungen des St. Clos (Nicolaus) und die Anklopfet vor Weihnachten. Entschieden mit dem altgermanischen Heidenthum hingen zusammen: das Johannesfeuer der Kinder von ersammeltem Holz, und der Pfingstlümmel, zuletzt der Hirtenbube in grüne Reiser eingebunden. Allerlei Aberglauben ging im Schwang; als Unglückstag galt der Mittwoch; das Segensprechen und St. Christoforusgebet waren obrigkeitlich verboten.

Die Obrigkeit hielt auf gute Sitte und christliche Ordnung, verwehrte Sonntagsarbeit, befahl fleißigen Besuch des Gottesdienstes, besonders durch die Jugend auch bei der Kinderlehre und dem Rosenkranz; Gotteslästern war streng verpönt.

Allerlei Mandate ergingen gegen leichtfertige Gespräche, unzüchtige Zoten und Possen, gegen nächtliches Zusammenschliefen und Buhlen. Gefallene Mädchen mußten mit einem Strohkranz und Glöckchen am Pranger stehen, aber im sogenannten Hurenhaus bestand auch eine Gelegenheit für sie Kindbett zu halten.

| Auch gegen überflüssiges Besuchen der Wirthshäuser und zu langes Sitzenbleiben, gegen Zu- und Umtrinken, Bubereien und Geschrei wurde geeifert; wer nach der Weinglocke sitzen blieb, zahlte 3 fl. Strafe; wer auf der Straße Nachts tumultuirte, wurde ins „Narrenhäuslein“ gesperrt; wer eine blanke Waffe zuckte, hatte vor der Weinglocke 1 fl., nach derselben 2 fl. Strafe zu zahlen. Schlechte Haushälter und Asoten stellte der Rath unter Pflegschaft, (kam’s zum Gant, so theilte man die Gläubiger in fünf Klassen).

Tabakrauchen wurde auch zu Gmünd ernstlich verboten, ohne Erfolg. Man beschränkte sich allmählig, es unerwachsenen Buben und jungen Leuten sowie an gefährlichen Orten zu verbieten. Das Branntweintrinken war schon vor 1700 eingerissen.

Gegen unnützes Kleidergepräng, besonders der Frauenzimmer, erging mancher Erlaß, wie auch gegen das Butzen – oder Fastnachtlaufen. Andererseits wollten ältere, würdige Gebräuche allmälig abgehen, und in Kleidermandaten wurde z. B. 1667 bestimmt, daß die Rathsverwandten wieder mit Mantel und Degen in die Sitzung kommen und daß keine Jungfrau ohne Kranz, kein Geselle ohne Mantel zum Tanz gehe.

Bei häuslichen Festen entwickelte man gern viel Gepräng; bei Taufen, Hochzeiten, Leichen begleiteten möglichst viele Verwandte, Nachbarn und Freunde (bei den Taufen blos Weiber) paarweise den Zug, bei Leichen auch einzeln, zum Theil mit Leichenkutten und Trauermänteln. Am festlichsten ging’s bei Hochzeiten zu – für welche das Gesetz galt: wer ohne Erlaubniß eine Auswärtige heirathet, verliert sein Bürgerrecht; die Frau muß ehlich geboren sein, ohne Leibeigenschaft, und 200 fl. beibringen. „Ehestiften“ war verboten. Besondre Hochzeitordnungen bestimmten die Zahl der Gäste, die Dauer und den Umfang des Hochzeitmahls und dergleichen mehr. Allmählig kamen die alten Vorschriften außer Geltung und fanden 1802 vollends ihr Ende, die Sitten und Gebräuche aber haben sich zum Theil erhalten.


Kirchliches.


Daß verfolgte Christen sich im 6. Jahrhundert in eine Felsenhöhle beim Salvator geflüchtet haben, ist eine ebenso haltlose Sage, wie des B. Rhenanus Angabe, zur Zeit Kaiser Karls M. sei ein Klösterlein bei Gmünd erbaut worden. Gleichfalls sagenhaft sind die Erzählungen von Erbauung der St. Johanneskirche auf der Stelle im Wald, wo der verlorne Ehering der Herzogin Agnes von Staufen gefunden wurde, s. ob. S. 239. Im Anfang des 12. Jahrhunderts hatte Gmünd sicherlich schon eine Kirche und eine Kapelle, wenn die Hypothese begründet ist, daß auf dem Platz der Johanneskirche vorher eine kleinere romanische Kapelle stand. Jedenfalls aber stand die älteste | Pfarrkirche schon auf dem Platz der jetzigen, unter welcher sich auch noch alte Grundmauern vorgefunden haben. Diese Pfarrkirche war ohne Zweifel von den Hohenstaufen dem Kloster Lorch geschenkt worden, von einer Incorporation aber ist nirgends die Rede oder von einer Versehung durch die Mönche und 1297 überließ das Kloster die ecclesia parrochialis cum capella St. Johannis dem Domkapitel zu Augsburg, welchem Bischof Friedrich anno 1318 die Pfarrkirche zu Gmünd incorporirte, so daß seitdem blos noch Pfarrverweser fungirten und die ihren Gehalt übersteigenden Pfarreieinkünfte dem Domkapitel zu gut kamen. Wahrscheinlich waren sie bestimmt, gewisse Domherrnpfründen aufzubessern. Als Heinrich von Schöneck, 1337 zum Bischof in Augsburg erwählt, ein Anhänger des Kaisers Ludwig und mit ihm in des Papstes Bann, nach dessen Tod auf sein Bisthum verzichtete, zog er sich nach Gmünd zurück, ohne Zweifel weil ihm besonders die Gmünder Einkünfte zum Unterhalt angewiesen waren; † 1368, 18. Dec. und in der Pfarrkirche begraben. Nach einer Urkunde von 1326 (Reg. boic. 6, 188) war in der ecclesia parrochialis Sanctae Crucis civitatis Gamundiae ein Altar ad honorem S. Mariae dedicatum. Die Kirche genügte aber der größer gewordenen Stadt nicht mehr und so wurde der Parlier Heinrich von Bolonia, d. h. von Boulogne, berufen, um eine schöne Kirche, gothischen Stils zu erbauen. Der Grundstein des Chors ist 1351 den 16. August gelegt zu Ehren des heiligen Kreuzes und der heil. Jungfrau Maria. Während des Baus wurde die St. Johanneskapelle als Pfarrkirche benutzt, nachdem man zuerst sie durch Anfügung eines gothischen Chors angemessen verändert hatte. Während dieser Zeit ist um 1400 die Rede z. B. von einer Frühmesse im Chor der St. Johanns Pfarrkirche zu Gmünd. 1401 verkauften die Pfleger des frommen Baus zu Gmünd an die Messe in St. Vits Kapelle 5 fl. aus unsrer lieben Frauen Bettnapf und allen ihren Gülten um 75 fl. zu besserer Förderung des Baus. 1403 (alii 1406) wurde die Bruderschaft der zahlreichen Priesterschaft Gmünds wiederum in die neue Pfarrkirche verlegt und 1410 ist zum feierlichen Schluß des Bauwesens der Choraltar in der Pfarrkirche zu Ehren des heil. Kreuzes und unsrer lieben Frau geweiht worden am St. Matthäustag. Die Bezeichnung: unsrer l. Frauen Kirche oder: das Münster unsrer l. Frau herrscht fortan vor. Die Fabrik der Pfarrkirche erhielt hie und da noch Zuflüsse, z. B. 1474 eine Indulgenz des Cardinallegaten Marcus, welche gegen eine jährliche Gabe zur Fabrik gestattete an allen Festtagen Käs, Milch, Eier und Schmalz zu essen, außer in quadragesima, wo nur Schmalz gestattet wurde. Solche Mittel waren aber doch zu kleln, als 1497 am Charfreitag die beiden Thürme einstürzten, wunderbarer Weise ohne irgend Jemand Schaden zu thun, weßwegen man eine ewige | Dankprocession am Ostermontag gelobte, (bis 1813 gehalten). Der Bischof gewährte 1497 und 1507 40tägigen Ablaß zu Sammlungen für den Wiederaufbau und 12 Cardinäle verliehen Ablaß auf 100 Tage für die heil. Kreuzkirche unsrer lieben Frau. Die Zeit der reichen Opferspenden war jedoch vorüber und die Thürme sind bis heute nicht wieder aufgebaut worden; ein provisorisches Gerüste nebenan (im Dach mit der Jahrszahl 1727) trägt die Glocken.

Der Altäre und Meßpfründen im Frauenmünster waren es ziemlich viele. Die bekanntesten sind – ein paar Messen am Hauptaltar (eine 1326 gestiftet von Conrad von Gmünd, eine bei der Wiedereinweihung 1410 von Peter Kaiser); am St. Achatius Altar,

am  St. Andreas Altar (gestiftet 1409 von den Ruhen und Conrad Mecklinger).
  "   St. Apollonia und am St. Annen-Altar.
  "   St. Barbarä, (Dorotheä, Agnesen und Annä) (gestiftet 1436 von Hans Sträußer),
  "   St. Katharinen.
  "   St. Christofori und St. Johannis (gestiftet 1409 von Anna Schönin).
  "   St. Sebastiansaltar eine neue Pfründ 1505 gestiftet.
  "   Decem millium martyrum (z. B. 1442 genannt).
  "   St. Georgii (mit Stiftungen von 1463, 72 und 75).
  "   St. Helenä.
  "   St. Jacobi majoris (gestiftet 1410) und minoris.
  "   St. Jodoci.
  "   St. Mariä Altar (gestiftet 1327 von Walther Kurz).
  "   St. Mariä Magdalena.
  "   St. Nicolai.
  "   St. Theobaldi-Altar.

Ablaßbriefe, theils für die Pfarrkirche, theils für die Johanniskirche und für das Spital sind z. B. von 1317, 1445 und 1502 bekannt. Von Brüderschaften ist 1470 eine St. Sebastiansbrüderschaft der Büchsenschützen errichtet worden (und wird z. B. 1518 eine St. Annen Brüderschaft genannt bei den Augustinern).

Diese Priester alle, samt denen der andern Kirchen und Kapellen traten früh zu einer Priesterbruderschaft zusammen, welche 1504 ein Haus neben dem Pfarrhof kaufte, um da ihre Bibliothek, Geräthe und Früchte aufzubewahren, auch eine gemeinschaftliche Zechstube einzurichten. Die Fraternität brachte ziemlich viele Einkünfte zusammen durch Jahrstäge, Präsenzen, erworbene Güter u. dgl. m. Auch auswärtige Geistliche genoßen bisweilen nebenher Pfründen zu Gmünd, z. B. 1501 Meister Hans Alwich, Pfarrer zu Lorch und Kaplan zu Gmünd. – Unter den Rechten der Pfarrkirche erwähnen wir das Asylrecht (für Diebe und Mörder besonders), das noch 1782 | z. B. benützt, 1785 aber durch ein Decret des Ordinariats beschränkt wurde. 1362 gab der Bischof ein privilegium de interdicto für die Pfarrei. Von den verbliebenen Einkünften des Stadtpfarrers hatte das Domkapitel zu Augsburg keine Vortheile mehr, während der Magistrat das Patronatrecht in seine Hände zu bringen wünschte und so wurde denn, als der Spital 1540 den Zehnten kaufte, das Patronatrecht als Geschenk einbedungen und gewährt; 1544 confirmirte der Bischof den Verkauf des Zehnten samt Kirchsatz, so daß 1545 die förmliche Übertragung erfolgte.

Daß die St. Johanneskirche ursprünglich bestimmt als Kapelle genannt wird und blos während des Baus der Frauenkirche als Pfarrkirche diente, ist schon gesagt. Der gothische Chor wurde vorher, also gegen Mitte des 14. Jahrhunderts, hergestellt, eine Renovation innen erfolgte 1474 und durchgreifender außen und innen 1594. Kramläden siedelten sich um die Kirche an, weil die Localität um des nahen Markts willen besonders gelegen war. Pfründen in der Johanneskirche bestanden mindestens drei, St. Martini und St. Petri und an unser lieben Frauen Altar gestiftet von Johann von Rinderbach sen. vor 1354.

Um die Pfarrkirche und Johanneskirche waren Kirchhöfe, der letztere wohl hauptsächlich seit der andere Bauplatz geworden. Auf dem ummauerten Pfarrkirchhofe, welcher erst 1804 von allen Grabkreuzen gesäubert wurde, stand noch gegen Südwest eine besondere 1807 abgebrochene St. Michaelskapelle mit einer Gruft, wo ein Altar war, und außen mit einem Ölberg. Allmählig drängte sich das Bedürfniß auf, die Begräbnißstätte aus der Stadt weg zu verlegen, was 1542 geschah zu der St. Leonhardskapelle am Weg nach Gotteszell; 1543 wurde der neue Kirchhof eingeweiht, 1622 erweitert. Die 1779 umgebaute und mit neuen Glöcklein versehene Leonhardskapelle hatte zwei Meßpfründen – in choro (zuerst 1304 von gefallenem Opfer gestiftet) und extra chorum, eine zur heil. Jungfrau Maria. Die Leonhardskapelle wurde angeblich 1354 erbaut.

Ein besonderer Kirchhof für Selbstmörder war „beim Josephle.“

Am Kirchhof bei St. Johann stand die St. Veitskapelle mit besondern Einkünften, den Überlieferungen zufolg’ ein altes Bauwesen (das übrigens in einer freilich flüchtigen Zeichnung eher große gothische als kleine romanische Fenster zeigt) mit einer obern und untern Gruft; zu den Fabeln gehört, daß dieses die erste Kirche Gmünds gewesen und daß die Hohenstaufen da ihr Familienbegräbniß gehabt haben. Meßpfründen waren es mindestens zwei, die erste St. Viti. Die Kapelle selbst wurde 1807 abgebrochen.

Eben diesem Schicksal unterlagen allmählig 1) die St. Sebaldskapelle in der Waldstetter Vorstadt, 1834 abgebrochen. (In einer Urkunde von 1384 heißt es: vor Waldstetter Thor bei St. Dipolten). | 2) Die St. Georgskapelle, 1827 abgerissen, in der Ledergasse oder St. Georgs-Vorstadt, am Thurm des untern Thors.

3) Die St. Nicolauskapelle in der Kappelgasse, 1807 abgerissen.

4) Die St. Josenkapelle am ehemaligen St. Josen Thor.

Eine St. Annenkapelle wurde 1507 f. der alten Augustinerkirche angebaut.

Außerhalb der Stadt stehen eine St. Josefskapelle vor dem Waldstetter Thor, 1689 eingeweiht;

eine Trinitatiskapelle am Fußweg nach Waldstetten, ganz unbedeutend, 1693 da erbaut, wo ein geschossener Rabe einen Rosenkranz fallen ließ.

Die sog. Herrgottsruhe zwischen St. Leonhard und Gotteszell, in der jetzigen Gestalt 1622/24 durch den Gmünder Stadtbaumeister Kaspar Vogt errichtet (auf dem Platz einer älteren Kapelle).

Entfernter noch, beim Gorgishof, lag die St. Margarethenkapelle, welche zur Pfarrei Iggingen gehörte, 1811 abgebrochen, das Material zur Oberbettringer Kirche verwendet.

Weitere Kapellen und Pfründen im Spital und beim Leprosenhaus zu St. Katharina vor der Stadt, siehe bei den Wohlthätigkeitsanstalten.

Eine ganz kleine Kapelle mit Christus am Kreuz zwischen den zwei Schachern stand hinter St. Katharina bei der Richtstätte.

Die vielen Pfründen zu Gmünd waren nicht alle auch jederzeit besetzt; theils ertrugen nicht alle die nöthige Competenz, theils gab’s bald diese, bald jene Verhinderung und nach der Reformation soll einmal dem Pfarrer blos noch ein Helfer zur Seite gestanden sein. Allmählig werden wieder mehr Caplane genannt, 1552 deren 10 und diese Zahl fixirte sich so ziemlich. Der Magistrat aber sorgte für Errichtung einer besonderer Kasse, welche die Einkünfte der vacirenden Pfründen verwaltete, freilich unter häufigem Widerspruch der Clerisei, welche Selbstverwaltung wünschte.

Die religiöse Bewegung zur Zeit der Reformation hatte auch Gmünd ergriffen, doch weil der Magistrat entgegen war, ist „das Evangelium bis 1525 klein und wenig in der Stadt gehandelt worden“ und noch beim Anfang des Bauernkriegs wurde ein lutherischer Prädikant ausgewiesen und „der Bube Zeyrer“ gefangen gesetzt. Bald aber mußte der Rath nachgeben und der neue Rath (s. oben) selbst erklärte sich in einer Proclamation entschlossen mit einer frommen Gemeinde zusammen zu schwören, daß sie das heil. Evangelium und Wort Gottes einhelliglich wollen einander helfen handhaben, schützen und schirmen. Um so ungünstiger war natürlich der wieder eingesetzte alte Rath und gern bereit insbesondere auch gegen die umher schleichenden Wiedertäufer vorzufahren und in der Stadt dem um sich greifenden | Lutherthum zu wehren. Einer der Helfer des Stadtpfarrers, Andreas Altheimer, predigte öffentlich Luthers Lehre; ein Theil der Bürgerschaft machte ihn deßwegen zu ihrem Pfarrer und er verheirathete sich. In allen Kirchen fiel Altheimer den katholischen Predigern in die Rede und diese waren von seinem Anhang bedroht 1526. Der Rath berichtete darüber an den schwäbischen Bund und Kaiser und vertrieb endlich den Prädikanten, der von Wittenberg aus wiederholt bat, ihn zu Gmünd als Pfahlbürger aufzunehmen. Die lutherisch gesinnten Bürger kamen in große Aufregung, rotteten sich bewaffnet zusammen und brachen gewaltsam ins Predigerkloster ein. Dagegen verbanden sich Priesterschaft und Rath eher Leib und Leben zu lassen, als eine Religionsveränderung zuzugeben; der schwäbische Bund gewährte Hilfe.

Die Wiedertäufer regten sich 1528 und zwei Bürger wurden als solche verbannt. 1529 kam ein Martin Zehentmaier von Langenmoos als Missionär und fand großen Anhang, über 100 Personen, von denen 40 standhaft blieben auch als sie ins Gefängniß geworfen wurden. Jedoch nach 42 Wochen bei Wasser und Brot waren blos noch 7 fest, welche geköpft wurden. Heimlich aber blieben immer noch viele Leute wiedertäuferisch oder lutherisch gesinnt und auch an heimlichen Prädikanten fehlte es nicht (bes. M. Franz Stadion von Göppingen), wenn gleich einige verheirathete Kaplane wieder zur Priesterschaft sich wendeten. Der Rath erließ Verordnungen gegen die Verachtung der heil. Sacramente und bedrohte die Hartnäckigen mit Beerdigung durch den Wasenmeister. Am eifrigsten in Vertheidigung des alten Glaubens und Zurückführung der Abgefallenen waren die Franziskaner.

Alle diese Arbeit schien einen Augenblick verloren, als im schmalkaldischen Krieg der Kurfürst von Sachsen Gmünd eroberte 1546 und nun auch verlangte, die Stadt solle das Papstthum abschwören und die angsburgische Confession annehmen, was für den Augenblick versprochen werden mußte. Bald aber entband der Kaiser ausdrücklich den Rath und die Gemeinde des erzwungenen Versprechens und befahl am katholischen Religionswesen nichts zu ändern, das Geänderte wieder herzustellen. Für solche Errettung sollte eine ewige Dankprocession am St. Catharinentag gehalten werden und Bürgermeister Rauchbein veranlaßte den Rathsbeschluß, daß alle Rathsherrn mit dem Rosenkranz bei den Sitzungen erscheinen und mit einem Gebet vor dem Crucifix beginnen, was bis 1803 geübt wurde. Diesem Rauchbein schenkte Karl V. zum Zeichen seines Wohlgefallens 1552 einen Kelch, welchen Rauchbein in die Pfarrkirche stiftete, die 1550 renovirt worden war, die Vorkirche neu gewölbt, der Chor schön getäfert, neue Kirchenstühle und neuer Predigtstuhl u. s. w.

Doch unter der Bürgerschaft lebten immer noch andere Neigungen | und der Prediger im Spital (J. Scheppal) predigte lutherisch, reichte das heil. Abendmahl unter beiderlei Gestalt, die Fasten wurden wenig beachtet u. s. w. 1555. Die evangelisch Gesinnten wendeten sich an die evangelischen Fürsten um Beistand, aber 1570 wurde allen ein Termin gesteckt bis 1574, um ihr liegendes Eigenthum zu verkaufen (mit Abzug von 10% Nachsteuer) und auszuwandern, was hauptsächlich ins Württembergische geschah. Das ketzerische Abendmahl wurde bei Verweisung und Thurm- oder Geldstrafe verboten, – österliche Communion, Messehören, Fasten u. dgl. geboten. 15 Bürger suppliciren nochmals vergeblich um Glaubensfreiheit; auch die Fürsprache evang. Fürsten war umsonst, der Bischof förderte die Durchführung. – Aber auch jetzt blieben immer noch Einzelne zurück und 1588 redet Kaiser Rudolf II. davon, daß sich Evangelische durch Prädikanten, Postillen, Catechismen u. dgl. immer wieder einschleichen. Sie hielten heimlich nächtliche Zusammenkünfte und schickten sogar 1594 eine Supplik an den Reichstag, welche mit Gefängniß und Verweisung vom Rath beantwortet wurde.

Neue Bewegungen erweckte 1620 ein Predigermönch und später verschenkte die Krone Schweden die Gmünder Klöster an den Obersten von Degenfeld. Dieß war aber eine sehr kurze Episode und die Stadt blieb beim ausschließlichen Bekenntniß zum katholischen Glauben, bis zur württembergischen Besitzergreifung 1802.

Die Bürgerschaft wurde allmählig selber auch eifrig katholisch. Eine während einer Pest entstandene St. Aegidien-Brüderschaft, deren Mitglieder sich unter einander zu Grab tragen wollten, wurde 1655 kirchlich erneuert und confirmirt; eine marianische Congregation entstand in der St. Johanniskirche 1780/90; Missionen durch Jesuiten wurden einigemal gehalten, z. B. 1724/25.

Eine bedeutsame Neuerung geschah in der Mitte dieses Jahrhunderts. Als vom Landkapitel ein Dorfpfarrer zum Dekan erwählt wurde 1753, fühlten sich die Gmünder beleidigt und mit besonderer Beihilfe des einflußreichen Bürgermeisters Storr wurde beim Bischof in Augsburg die Exemtion der Stadt betrieben und 1761 erlangt. Die Pfarrkirche wurde zur Stifts- oder Collegiatkirche erhoben, deren erster Dekan Weihbischof von Adelmann, nachher aber eo ipso der jeweilige Stadtpfarrer sein sollte, die Kapitularen – die 10 Kaplane der Stadt. Ein neues Kapitelshaus wurde sofort 1764 gebaut und der Kaiser schickte auch gleich ein Precistendiplom; die bischöfliche Bestätigung der Kapitelsstatuten erfolgte erst 1778; – die Aufhebung durch Württemberg 1803.

Seitdem sind die geistlichen Stellen so regulirt worden, daß neben dem Stadtpfarrer und einem ständigen Vicar desselben (früher St. Jakobscaplanei) die St. Georgs- und St. Mariencaplanei an der Pfarrkirche bestehen, die St. Martinskaplanei in der St. Johannskirche, | St. Nicolaikaplanei im Spital, St. Leonhardskaplanei verbunden mit der Stelle des Hausgeistlichen am Zuchthaus zu Gotteszell, die St. Kathrinenkaplanei am St. Kathrinenspital und eine mit dem Oberpräceptorat verbundene Kaplanei, wozu noch kommt die St. Salvatorskaplanei.

Am Thalabhang nordwestlich von Gmünd, der Nepper genannt, traten stattliche Sandsteinfelsen zu Tag, der Nepperstein, welcher etliche kleine Höhlen enthielt. Der Sage nach soll hier ein Versammlungsplatz der ersten Christen gewesen sein. Zuerst der Predigermönch F. Faber, welcher im Gefolg der Herrn von Rechberg 1483 im gelobten Lande gewesen war, machte aufmerksam, daß die größere Höhle höchst ähnlich sei der St. Jakobshöhle bei Jerusalem, nur kleiner, und es mag in Folge davon etwas geschehen sein, den Platz als eine heilige Stätte herzurichten. Doch heißt es späterhin wieder: nachdem der heil. Ort (angeblich) c. 900 Jahre liederich verlassen und wüst gelegen, vom Wetter verderbt, habe ein geborner Gmünder, Pfarrer Pfennigmann in Sulzbach am Main 200 fl. zur Verschönerung des Neppersteines testirt 1616 und der Magistrat ließ 1617 durch K. Vogt die jetzige untere Kirche herrichten, den Raum erweitern, dem Eingangsloch und den Fensteröffnungen regelmäßige Gestalt geben, ein Dach aufsetzen u. dgl. 1618 wurde die Kapelle geweiht mit zwei Altären zu Ehren des heil. Erlösers und seiner Apostel Petrus und Paulus – und des heil. Johannes und Jakobus. Es fielen nun so viele Opfer, daß man schon 1620 ff. daran ging, die obere Kapelle auszuhauen und den Thurm sowie die Stationen und den Ölberg zu errichten. Nach dem 30jährigen Krieg wurden die manchfach entweihten Kapellen 1654 wieder geweiht. Neben der Kapelle wurde ein Häuslein gebaut mit dem Wohn- und Schlafzimmer und dem Küchlein der heiligen Familie, samt Darstellung des englischen Grußes. Seit 1792 ist an der Stelle das heilige Grab. 1770 machte Kaufmann Dehler eine bedeutende Stiftung, von welcher das Beneficiathaus gebaut und eine Pfründe dotirt wurde, nachdem erstlich die Kapuziner von Gmünd den Gottesdienst besorgt hatten, nachher ein von der Stahl-Storrschen Familie 1745 gestiftetes Beneficium für zwei wöchentliche Messen.

In einer Höhle neben der Salvatorkapelle mit Wohnraum und Küchlein hausten bisweilen Klausner, jedenfalls noch im Anfang unseres Jahrhunderts eine Frau, welche lieber da von den Opfergaben lebte, als ins Spital sich aufnehmen ließ. Der breite bequeme Weg zum Salvator wurde erst 1795 angelegt.

Die sämtlichen geistlichen Stiftungen und Wohlthätigkeitsanstalten standen unter der Oberhoheit, Jurisdiktion und Protektion des Magistrats und hatten je zwei Pfleger aus der Mitte des Raths, dem ihre Officianten Treue schwören mußten.

| Für die Klöster zu Gmünd fehlt es zum Theil an ganz sicheren Nachrichten über ihre Entstehung.

1) Das Augustinerkloster soll nach jüngeren Stein-Inschriften von den kaiserlichen Herzogen Schwabens, näher vom Kaiser Konrad III. dem Hohenstaufen gestiftet worden sein und zwar als ein Chorherrnstift (wovon die Inschrift nichts weiß), welches erst später die Regel des Augustinerordens oder der Waldbrüder oder Eremiten St. Augustins annahm. Das Kloster, welches 1251 erstmals in Urkunden erscheint, in einer päpstlichen Bestätigung der Zehentfreiheit, erwarb ansehnliche Güter und Gülten und war bei den benachbarten adlichen Familien der Adelmann, Hack von Hoheneck, Horkheim und Wellwart beliebt als Stätte zum Begräbniß und für Jahrstage, was immer auch Einkünfte zuführte. Ein Mgr. Johannes Murhart, der heil. Geschrift Dr. testirte auch einen namhaften Schatz Bücher. – Besitzungen und Gülten erwarb das Kloster nach und nach zu Wisgoldingen, Schurrhof, Ober- und Unter-Bettringen, Unter-Böbingen, Mutlangen, Iggingen, Herlikofen, Pfersbach, Durlangen, Thierhaupten, Spreitbach, Holzleuthen, Rupertshofen, auch Rübgarten bei Eschach, die Kinzigwaid auf dem Aalbuch, in Straßdorf O-A. Aalen, Fachsenfeld, Weingefälle im Remsthal zu Schnait, Geradstetten, beiden Heppach. Der Vorsteher, d. h. der Prior des Klosters, war gewöhnlich zugleich „Lesemeister der heiligen Schrift.“

Das alte Kloster erlebte verschiedene Bauveränderungen. 1432 erst bekam die Kirche einen Chor, wozu die Stadt ihr Frauenhaus gab, zunächst an der Schule, es abzubrechen und auf die Hofstatt zu bauen. 1446 erlaubte ein Nachbar ins Langmünster zwei Fenster zu brechen, 1507 f. wurde eine St. Annakapelle erbaut, 1732 aber ein völliger Neubau begonnen, 1758 die Kirche. 1779 im Juni wurde ein Provincialkapitel der Augustiner zu Gmünd abgehalten. – Der Bauernkrieg, der schmalkaldische Krieg hatte Plünderungen gebracht, der 30jährige Krieg viele Drangsale, den Untergang aber brachte allen Gmünder Klöstern der Reichsdeputations-Hauptschluß 1802/03. Am 10. Februar 1803 mußte das Kloster geräumt werden, in welchem jetzt das Oberamt und das Kameralamt sich befinden; die Kirche ist der evangelischen Gemeinde eingeräumt.

2) Das Franziskaner- oder Barfüßerkloster soll gestiftet worden sein von Walther von Rinderbach 1208, in welchem Jahr – (nach einem Grabstein neben der Antonikapelle des Klosters) Bruder David mit sieben andern Brüdern nach Gmünd kam, vom heiligen Franziskus selber entsendet. Es soll hier das erste Franziskanerkloster in ganz Deutschland und Mutterkloster von Ulm (1229) gewesen und Bruder David im Geruch der Heiligkeit gestorben sein. – Vorsteher war der jeweilige „Guardian des Convents der mindern Brüder,“ den Schutz übte der Magistrat. 1472 versprach Graf | Friedrich von Helfenstein bei Stiftung eines Jahrstags des Klosters Schirmer und Vormünder in weltlichen Sachen zu sein. Unter den Wohlthätern der Barfüßer waren besonders die Herrn von Rechberg und die Gmünder Familie der Wolf, – bedeutende Besitzungen aber wurden nicht erworben. 1539 und wieder 1606 verhandelte der Provinzial mit dem Magistrat, um dem zerrütteten Zustand des Klosters und eingerissener Unordnung aufzuhelfen. Ihre Priester besorgten späterhin den Gottesdienst im St. Ludwigskloster und schon vor 1700 eine lateinische Schule. 1750, August, war hier ein Provinzialconvent der Franziskaner.

Von Württemberg wurde das Kloster 1809 aufgehoben und die Revenüen dem Schulfonds zugewiesen. Ins Klostergebäude wurde die lateinische Schule verlegt, 1824 das katholische Schullehrerseminar samt Musterschule.

Die Kirche blieb dem Cultus erhalten und ist setzt zweite Stadtpfarrkirche zu St. Ludwig.

3) Die Dominikaner oder Prediger bekamen 1284 Erlaubniß, ein Kloster dedicatum Mariae Magdalenae in Gmünd zu bauen, gefördert von einer frommen Matrone in der Stadt; auf seinem Platze soll vorher ein Jagdhaus oder ein Freihof gestanden sein. Unter die Gönner der Dominikaner gehörten besonders die Herrn von Rechberg, die Hacken von Hoheneck und die Ahelfingen von Horn; sie brachten ansehnliche Besitzungen zusammen in und um Gmünd, in Straßdorf, Unter-Bettringen, Mögglingen, Zimmern, Herlikofen, Iggingen, Brainkofen, Lindach, Mutlangen, Pfersbach, Wezgau, Zimmerbach, Göggingen, Thierhaupten, Lindenbronn, Hinterlinthal u. s. w., weiterhin Gefälle zu Hoheneck, Benningen und Neckarweihingen, wo sie ein Haus mit Keller besaßen z. B. 1462–1710, zu Hegnach, Kirchheim u. T. Schnaitheim u. a. O. Kaiser Heinrich gab dem Kloster 1309 das Privilegium, von seinen Besitzungen keine Steuern und Abgaben zu bezahlen, weder an das Reich, noch an sonst Jemand. Vorsteher des Klosters waren je ein Prior und Subprior; einen Pfründner des Dominikanerklosters fanden wir 1434 genannt.

Dem Kloster war eine von Rechberg gestiftete Messe in Gotteszell übertragen und durch Vertrag mit dem Pfarrer zu Iggingen übernahm es auch die Versehung der Pfarrkirche zu Herlikofen. Einst bestand in der Klosterkirche eine gestiftete Messe früh um 2 Uhr, deren spätere Abhaltung das Kloster c. 1540 beantragte, weil Unfug in der Kirche geschehen, auch gestohlen worden sei etc.

Die Klostergebäude wurden seit 1724 allmählig umgebaut, die Kirche 1762 vollendet. Etwas später waren es 14 patres und fratres; ein Provinzialkapitel wurde 1787, Mai zu Gmünd gehalten.

Nach der Säcularisation mußten die Mönche noch im December | 1802 ausziehen und das ganze Kloster wurde in eine Kaserne verwandelt, bis heute.

4) Kapuziner aus der österreichischen Provinz kamen an etliche Orte in Schwaben und Franken und so auch nach Gmünd, was 1715/16 Differenzen mit der schwäbisch-fränkischen Kapuziner-Provinz verursachte. Die ersten Brüder logirten 1644 in Privathäusern, 1652/53 wurde ihnen ein Kloster samt Kirche zum heil. Ulrich in der sogenannten Wildeck gebaut, wo mehrere Häuser waren erkauft worden, um einen passenden Bauplatz zu bekommen. Durch Geschenke und Legate hauptsächlich war das Geld zusammengekommen; die Stadt gab jährlich 10 Klafter Holz, die Nahrung kam durch Terminiren, Meßstipendien und den Portiunkula-Ablaß. Sie predigten auch in der Pfarrkirche und beim Salvator.

Dieses Kloster wurde 1810 aufgehoben und die übrigen zehn Patres und 10 Fratres nach Ellwangen versetzt. Die Klostergebäude sind verkauft und abgebrochen worden.

5) Das Klösterlein zum St. Ludwig von Toulouse, an Wildeck gelegen, wurde 1445 von einer Anna Hammerstetterin gestiftet, als ein Haus für 4 Seelschwestern (Wittwen) zu frommen Diensten an Sterbenden und Todten. Der Magistrat befreite Haus und Hof und Garten von allen bürgerlichen Lasten, durfte auch unter den 4 Seelschwestern eine zur Meisterin machen. Dieselben erwarben Einkünfte und 1485/87 wurden sie vom Franziskanerorden als Tertianerinnen aufgenommen und bei dieser Gelegenheit einige Nonnen aus Villingen hieher verpflanzt, auch eine Hauskapelle zum heil. Ludwig eingerichtet. 1606 kam’s zu einer Visitation, weil Unordnungen vorgekommen waren, scandalöses Leben und Hader unter einander u. s. w. Damals wurde freie Aufnahme von Schwestern und freie Wahl der Meisterin gestattet, gute Disciplin eingeschärft. Nun entwickelte sich aber mehr und mehr das Streben, sich als Franziskanerinnenkloster geltend zu machen und die alten Dienste an Sterbenden und Todten fallen zu lassen. Dagegen protestirte 1681 und processirte 1684 der Magistrat, eine kaiserliche Commission half aber 1686 zur Anerkennung als Kloster. Es wurde nun Clausur eingeführt, 1700 mit dem Stadtpfarrer ein Vertrag gemacht und 1703 eine eigene Kapelle (bald auch mit Glockenthürmchen) erbaut, welche gegen den Vertrag einen Eingang von außen bekam, so daß die Stadtbewohner häufig diese von einem Franziskaner gehaltene Messe besuchten; 1732 bekam das Kloster den Leichnam des heil. Christianus geschenkt. Das Klostergebäude ist 1764 f. vergrößert und zum Theil ganz neu aufgebaut worden und beherbergte 1803 zwölf Schwestern.

1803 erfolgte die Säcularisation, die eine Zeit lang aus dem Haus verwiesenen Schwestern durften aber wieder hineinziehen und bekamen die Bestimmung, eine Industrieschule für die weibliche Jugend | zu halten. Die Kirche wurde in ein Magazin verwandelt, ins Klostergebäude wurden später die katholischen Volksschulen und die gelehrten Schulen verlegt.

Zu den Gmünder Klöstern darf endlich auch das

6) Dominikanerinnen Nonnenkloster Gotteszell gerechnet werden, obwohl es 1/8 Stunde von der Stadt entfernt liegt.

1240 in vigilia annunciationis stifteten zwei Wittwen Schaupp von einer Geschlechterfamilie (Schopo) zu Gmünd dieses Kloster des Ordens des heil. Dominikus cella Dei, 1246 bestätigt vom Papste Innocenz IV.; ein kaiserlicher Gunstbrief ist von 1309.

An der Spitze des Convents standen je eine Priorin und Subpriorin; die Nonnen gehörten großentheils den Familien des umwohnenden Adels und der Gmünder Patricier an, welche da ihre Töchter versorgten, die im Genuß von besondern Einkünften lebenslang bleiben durften, solche bisweilen auch noch auf eine Verwandte vererben konnten, ehe die Vergabung an das Kloster fiel. Einen Br. Conrad Taler, Laienbruder des Frauenklosters zu Gotteszell, fanden wir 1347.

Das Kloster war auf einem bedeutenden Hofgut errichtet worden, daneben besaßen auch die Herrn von Rechberg ein Gut, bis Johann von Rechberg 1350 dasselbe mit Haus und Hofreit dem Kloster schenkte. Dieses hatte sich von den Herrn von Rechberg überhaupt vieler Wohlthaten zu erfreuen, z. B. 1326 der Stiftung einer besondern Kaplanei für das Kloster, welches Behausung und Beholzung auf dem Klosterhof dazu geben sollte. Eine ewige von den Dominikanern in Gmünd zu haltende Messe in der Klosterkirche stiftete 1350 der schon genannte Johann von Rechberg durch Transferirung der Schloßkaplanei zu Bettringen. Das Präsentationsrecht der Kaplanei sollte der Magistrat zu Gmünd haben, welcher darüber einen Vertrag 1408 abschloß. In späterer Zeit ging die besondere Klosterkaplanei ein und 1670 machte das Kloster mit den Dominikanern einen Vertrag über die Besorgung aller Gottesdienste, täglich eine Messe oder heil. Amt, alle 14 Tag eine Predigt und besondere Verrichtungen nach den heiligen Zeiten. Dreimal im Jahr dürfen die Nonnen auch einem andern Herrn Pater beichten, als dem eigentlichen confessionarius. Die Belohnung für das alles sind 100 fl. jährlich – womit die Dominikaner späterhin nicht mehr zufrieden waren, so daß 1762 ein neuer Vertrag gemacht wurde, – auf 300 fl., 25 fl., 8 Klafter Holz und verschiedene Essen und Extra-Verehrungen für den Prediger und Beichtvater.

Während des Städtekriegs war das Kloster verbrannt worden, das 1450 wieder aufgebaut wurde. Im Bauernkrieg flüchteten die Nonnen ihre Kleinodien, Ornamente und Urkunden in die Stadt und retteten sie dadurch vor dem Untergang, weil der Gaildorfer | Haufen das Kloster plünderte. 1546 wurde es von den schmalkaldischen Kriegsvölkern verbrannt und 1609 brach eine Brunst aus, welche von den Gmündern gelöscht wurde; c. 1750/60 ist ein Theil des Klosters umgebaut worden unter der Priorin Marie Donata Schwaiger.

Durch Schenkungen, Dotation der eintretenden Nonnen u. dgl. sowie durch gute Haushaltung und glückliche Käufe brachte das Kloster einen ausgedehnten Besitz zusammen, worunter auch die Widemhöfe und – später incorporirten – Pfarrsätze zu Zimmerbach, Durlangen und Thonau (1360), zu Spraitbach, zu Iggingen und Herlikofen gehörten. An allen diesen Orten hatte das Kloster auch Grundbesitz und Gülten u. s. w. und ebenso in Straßdorf, Reitprechts, Ober-Böbingen, Lindach, Göggingen, Pfersbach, Deinbach, Holzleuthen, Reichenbach, Bernhardshof, Neubronn, Dewangen, Dölzerhof, Holzhausen, Hönig, Kemmenaten, Schlechtbach, Mittelbronn, Manholz, Essingen, Schnittlingen u. a. m.; in Gmünd der Nonnenhof oder das Klosterfrauenhaus.

Zur Verwaltung der Klosterbesitzungen und Ökonomie hatte der Convent seine Hofleute unter dem „Hofmeister“ (1331 z. B. Bruder Sifrid, also ein Geistlicher, später Weltliche), unter Jurisdiction und Schirm der Stadt Gmünd. Das aber fiel den Klosterfrauen schwer, sie wünschten dringend sich selbstständig zu machen und veranlaßten dadurch viele Streitigkeiten mit Gmünd. 1382 z. B. bestätigten die Städte des schwäbischen Städtebunds das angefochtene Schirmrecht und 20 fl. jährliche Steuer. Um 1470 suchte sich das Kloster loszumachen durch Übertragung des Schirms an den Grafen Eberhard von Württemberg, Papst Sixt annullirte jedoch auf Anrufen diesen Act, bestätigte das Schirmrecht der Stadt und erlaubte ihr das Kloster nach Bedürfniß abzubrechen und innerhalb der Stadtmauern aufzubauen 1476/78. Auch Kaiser Friedrich bestätigte das Schirmrecht der Stadt 1477 und diese schloß unter Vermittlung des schwäbischen Bundes einen Vergleich mit dem Kloster, wonach dieses außer den 20 fl. Schirmgeld keine Steuer noch Dienste schuldig sein soll. Es wurde nun zugleich eine Reformation des Klosters vorgenommen und 6 reformirte Schwestern aus Nürnberg berufen 1479. Die Verwüstung des Klosters im Bauernkrieg gab neue Gelegenheit, den ungenügenden Schirm der Stadt anzufechten, was 1531 zu einem neuen Vergleich führte, wonach nur im Krieg den Klosterunterthanen Steuern dürfen auferlegt werden, der Kloster-Hofmeister aller Malefizsachen sich zu enthalten hat, der Magistrat aber den Klosterunterthauen blos durch den Hofmeister gebieten wird u. s. w. Über Lokalsachen verglich man sich 1560, 1650 aber klagte Gotteszell beim Reichshofrath um eigene Jurisdiction zu erlangen, wurde jedoch abgewiesen 1659 und der Vertrag von 1531 bestätigt. Auch 1726 wurde wieder ein Vergleich über Schutzgeld und Steuer etc. gemacht. Für | Gmünd war diese Sache von hoher Bedeutung, weil ein ansehnlicher Theil des Landgebiets aus Gotteszeller Unterthanen bestand, welche dem Rath schwören und besprechen mußten, Gehorsam und Recht zu geben, vor kein fremd Gericht zu gehen, mit Juden keine Geschäfte zu machen u. s. w.

Ob einst, wie Crusius sagt, 100 Frauen im Kloster waren, ist zweifelhaft; 1733 waren es 33 Frauen und 6 dienende Laienschwestern, bei der Säcularisation 1802 14 Frauen und 7 Schwestern, welche nun eine jährliche Gesammtpension bekamen, während des Klosters Brauerei und Branntweinbrennerei, Bäckerei, Mahl- und Sägmühle verpachtet wurden.

1808 mußten die Frauen nach Gmünd ausziehen und sich weltlich kleiden, die Klostergebäude wurden als Zuchthaus verwendet. S. 236 ff.

7) Klosterhöfe in Gmünd.

a) Dem Kloster Adelberg schenkte 1296 ein Conradus dictus Bögglin c. ux. Adelheid Haus und Scheune, Güterstücke und Gülten zu Gmünd – es ist aber später keine Rede mehr davon.

b) Lorch hatte noch 1512 ein Haus zu Gmünd und versprach, dasselbe keinem Edelmann oder reisigen Knecht zu überlassen; dasselbe ist 1532 vertauscht worden über die Gasse hinüber gegen ein Haus hinten an der Augustinerkirche.

c) Kloster Königsbronn verpflichtete sich 1380 für den Schutz seines Hofs 5 fl. 5 Heller jährlich zu bezahlen, dieser Hof wurde aber 1465 an die Stadt verkauft. 1547 erlaubte der Magistrat dem Abt von Königsbronn wieder ein Haus zu kaufen bei dem innern Rinderbacher Thor, hinten an den (alten) Königsbronner Hof stoßend.

d) Gotteszell hatte in der Stadt das Nonnen- oder Klosterfrauen-Haus, eine gelegentliche Zufluchtsstätte in gefährlichen Zeiten.

e) Im 17. Jahrhundert kaufte der Deutschorden, (wahrscheinlich der Kapfenburger Commenthur E. von Westernach um 1620) ein Haus „neben des Spitals Arenhaus“ welches 1603 die Dauerschen Erben feilgeboten haben mit Hofrait, Scheuer und Garten. Es wurden da große Keller hergerichtet und jetzt noch deutet ein Ordenswappen die ehemaligen Besitzer an. Heutzutage ist’s der Gasthof zu den drei Mohren. (Von jenem Kapfenburger Commenthur ist auch ein jährliches Almosen gestiftet worden; vgl. S. 226).

8) Das Mutterhaus der barmherzigen Schwestern vom heil. Vincenz von Paul – wird hieher zu stellen sein. Zur Besorgung des Spitals suchte man 1849 barmherzige Schwestern, bekam diese aber (von Straßburg) blos unter der Bedingung, selber ein Mutterhaus zu errichten, was mit Hilfe von zwei Kirchencollekten im ganzen Lande 1858 ins Leben gerufen wurde in dem dazu erkauften Kaufmann Gerberschen Hause samt Garten und Nebengebäuden. Eine | große Anzahl von Filialanstalten wird bereits von Gmünd aus bedient und in Gmünd selber die Krankenpflege auch in Privathäusern auf Wunsch besorgt – seit 1862.

Im ehemaligen Kapuzinergarten ist von diesem Mutterhaus 1861 bis 63 eine katholische Irrenanstalt zu St. Vincenz errichtet worden für 80–100 Kranke, mit eigener Hauskapelle. Eine andere Veranstaltung des Mutterhauses ist die Kleinkinderschule.

Endlich sei auch noch der Passionsspiele gedacht, welche bis 1803 in Gmünd von zahlreichen Theilnehmern aus allen Schichten der Einwohnerschaft je am Gründonnerstag und Charfreitag auf dem nördlichen Pfarrkirchhof aufgeführt wurden, vor großer Zuschauermenge aus Stadt und Land. Das Stück selbst, wie es zuletzt sich gestaltet hatte, ist zu lesen in Holzwarths katholischer Trösteinsamkeit, Bändchen 7. Mainz 1856.

Das kirchliche Leben durchdrang in den ältern Zeiten überhaupt das ganze öffentliche und Familienleben, wo gemeinsames Gebet, Weihung aller Lokalitäten durch Weihwasser, Palmzweige u. dgl. zur allgemeinen Ordnung gehörten. Verschiedenerlei Dinge des häuslichen Gebrauchs wurden regelmäßig geweiht, z. B. Salz am heiligen Dreikönigstag bei den Kapuzinern (welche auch die Weihung der Häuser besorgten), Wein mit dem „Johannissegen“ u. dgl. m. Zahlreiche Processionen zogen durch die Stadt und in benachbarte Kirchen und Dörfer; während der Adventszeit kamen die Sternsinger und in allen Kirchen wurden Krippelein aufgebaut, das Palmfest brachte den Umzug mit dem Palmesel, am Gründonnerstag bettelten die „12 Apostel“ durch die Stadt und empfingen dann ein gestiftetes Mittagsmahl; am Charfreitag zogen viele Geißler, Kreuzschleifer und Ausspanner (die Arme ausgespannt haltend) auf den Salvator, an Ostern communicirte alle Welt, (der gesamte Magistrat mit allen seinen Officianten am Gründonnerstag); eine besonders festliche Procession war am Fronleichnamsfest, am Nikolaustag bescherte der Sankt Klos u. s. w. Gewissenhaft feierte man für jede Kirche und Kapelle die Kirchweihe in deren Bereich und zumal in den benachbarten Wirthshäusern.

Gleich nach der Geburt bekam jedes Kind sein Scapulier, das lebenslang nicht vom Leibe kam, und nicht blos der Magistrat ging mit dem Rosenkranz zu Rath, sondern jedermann trug ihn, oft den ganzen Tag, nicht blos zur Kirche. Die bürgerlichen Hauptverhandlungen, z. B. der Schwörtag, begannen mit feierlichen Gottesdiensten und jede Zunft zog an ihrem Jahrstag vor allen Dingen in die Kirche. Der Magistrat war allmählig den 4 Mönchsklöstern der Stadt affiliirt. Durch Processionen feierte man das Andenken aller Gnadenerweisungen Gottes z. B. der Durchhilfe im schmalkaldischen Krieg, des Einsturzes der Pfarrthürme ohne weitern Schaden u. s. w. | So war denn Gmünd immer noch eine durch und durch katholische Stadt, als die württembergische Besitzergreifung auch evangelische Beamte und Besatzung brachte und bald auch bürgerliche Einwohner evangelischer Konfession sich niederließen. Darum wurde auch sofort eine evangelische Pfarrei gegründet (zum Theil als Garnisonspfarrei und ursprünglich auch als Zuchthauspfarrei für Gotteszell, wo später ein eigener evangelischer Geistlicher aufgestellt wurde), und derselben die Augustinerkirche überlassen. Hier mag auch noch von den Nichtchristen im Lande, von den Juden die Rede sein. – Daß sich dieselben 1258 in Gmünd ansäßig gemacht haben ist eine unbeglaubigte Sage, die Lokalität des „Judenhofs“ bezeichnet aber heute noch die den Juden eingeräumte Gegend der Stadt. Eine Lokalität südwestlich von Straßdorf am Neidlingwald heißt der Judenkirchhof. Das Judenhaus, die ehemalige Synagoge ist 1788 wegen Baufälligkeit abgetragen und ein neues Haus erbaut worden. 1315 und 27 werden Gmünder Juden gelegentlich genannt, und König Friedrich ertheilte 1315 den Juden in Gmünd Steuer- und Umgeldsfreiheit auf 1 Jahr. Die große Judenverfolgung um 1349 traf auch Gmünd, denn Albrecht von Rechberg empfing 1349 auf Anweisung der Grafen von Württemberg 100 fl. von der Juden Guts willen. 1385 gewährte König Wenzel den schwäbischen Städten eine Herabsetzung der wucherlichen Judenkontrakte auf 10% Zins und verfügte 1398 daß Judenschulden ab sein sollen, wenn sie in 5 Jahren nicht eingeklagt worden. Umgekehrt befahl Kaiser Friedrich 1464/65 seine Judenschaft nicht mit Zöllen und Beschwerungen zu belegen, sondern sie bei ihren alten Verhältnissen zu lassen, trotzdem aber müssen um diese Zeit die Juden aus Gmünd vertrieben worden sein. Denn 1468 erlaubte Kaiser Friedrich seinem Kammerprocurator Dr. Ehinger mit der Juden Synagoge zu Gmünd samt ihrem Hab und Gut zu verfahren wie mit seinem eigenen Gut, und Dr. Ehinger verkaufte die Synagoge 1469 an die Stadt. Um diese Zeit wurde auch dem Kloster Gotteszell einbedungen keine Juden aufzunehmen, 1477. Doch erhielt 1480 wieder ein Jude Beisitzrecht und durfte ein Haus kaufen, bald aber gabs neue Händel, welche Kaiser Max 1498 noch einmal schlichtete und Bestimmungen gab über der Juden Handel und Wandel und Besteurung. Von Austreibung kann nicht die Rede sein, ehe die Pfänder gelöst und die Kapitalien heimbezahlt seien; 1501 aber gestattet der Kaiser, weil die Juden nicht ablassen mit ihrem gefährlichen Wucher und betrüglichen Verträgen, sie zunächst auf 10 Jahre ganz aus der Stadt zu weisen und überhaupt so lang bis ein Kaiser wieder anders beschließe und bis die dem Kaiser von Gmünd vorgestreckten 700 fl. heimbezahlt seien. 1511 bestätigt das Kaiser Max wieder auf 10 Jahre und vernichtet alle früheren Privilegien der | Gmünder Judenschaft. Karl V. ertheilte 1521 das Privilegium, daß sie auf ewig nicht schuldig sein sollen Juden aufzunehmen und daß die Juden auch von den Einwohnern und Unterthanen kein Pfand nehmen oder Wucher treiben dürfen. Der Magistrat verbot nun allen Verkehr mit Juden und ließ das auch den benachbarten Juden eröffnen 1523. 26. 38 ... Die Unterthanen mußten darauf schwören im Unterthaneneid. Kaum durchpassiren ließ man fremde Juden, nur einzelne Begünstigte durften sich hie und da bei St. Katharina ein paar Tage aufhalten.

Erst zur württembergischen Zeit brachte die Gewerbefreiheit und Freizügigkeit den Juden freien Verkehr im Gmünder Gebiet und die Möglichkeit in der Stadt sich niederzulassen.


Wohlthätigkeitsanstalten.

1. Frühe schon kam auch zu Gmünd ein Spital zu Stande, die Überlieferung meldet, etliche Bürger haben ihre Häuser und Höfe dazu gestiftet, 1269 wurde ein Hofplatz dazu gekauft, um eine Kapelle zu bauen, was der Bischof von Augsburg und der Erzbischof von Mainz gestattete, wie auch die Aufstellung eines Priesters um den Armen die Sacramente zu spenden, doch ohne Schaden der Stadtpfarrei. 1444 nach Erwerbung des Kirchsatzes zu Lautern erwirkte das Spital die Erlaubniß, eine dortige Meßpfründe an den St. Nicolausaltar in die Spitalkirche zu verlegen; die andre Pfründe war zur hl. Jungfrau Maria. Auch das Gmünder Spital war dem heil. Geiste geweiht und führte im alten Siegel ein Doppelkreuz mit der Taube darüber, je einen Stern auf den zwei Seiten.

Frühe schon gewann das Spital ansehnliche Besitzungen, theils durch viele Schenkungen namentlich der Gemeinde-Einwohnerschaft, theils durch Ersparnisse und Kauf. Deßwegen nahm auch schon König Rudolf I. 1281 den heil. Geistspital und alle Besitzungen desselben in seinen Schutz, während König Wenzel 1398 auch das Spital von fremden Gerichten und vom Hofgericht befreite. Besondere Gönner waren die Herren von Rechberg, welche darum das Recht behielten, einige Pfründen zu besetzen und zu einer Austheilung (vom geschenkten Sachsenhof) am Neujahrsabend ihre Vögte von Hohenrechberg, Donzdorf und Waldstetten schickten. Manche wohlhabende ältere Leute kauften sich auch selber in das Spital ein als Pfründner, deren es sogenannte reiche und arme gab (1582 Rathsdekret wie’s mit den reichen Pfründern zu halten). Die gewöhnlichen Insaßen theilten sich in die vordere und hintere Stube, wozu die (untere z. B. 1429) Siechenstube kam. Die Stiftungen bedachten entweder den Fonds überhaupt, oder bestimmten die Art der Verwendung näher: es soll z. B. (1368) Wein und Fleisch zu besserer Nahrung oder Wein und Brod (1386) in der Fastenzeit ausgetheilt werden, oder etliche | Heller (1363) von Bett zu Bett, Fleisch und Pfeffer (1399), Fische und Honig (1467). Ein Nachtlicht in der Siechenstube stiftete Clara die Schultheißin 1406, eine Ampel im Schlafzimmer Anna Appoltin 1468. Andere Wohlthäter befreien die Armen von den Erntearbeiten 1445, vom Holztragen 1468 u. dgl. Anna Straßerin macht eine reiche Stiftung für acht gebrechliche Personen 1443, damit sie wöchentlich (ausgenommen die Fastenzeit) zwei Maas Wein bekommen, 50 Eier, alle Sonntag 4 Pfund Kalbfleisch und jährlich 50 Pfd. Unschlitt, auch soll eine Magd zu ihrer Bedienung aufgestellt werden. Diese Stiftung genossen die acht Pfründner der – eben dadurch bevorzugten – hintern Stube, wodurch ein Vorrücken möglich wurde. Alle Armen bekamen nicht volle Verpflegung, sondern theils Geld, theils Naturalien neben Logis und Heizung; das Bett und bestimmtes Weißzeug hatten die Eintretenden mitzubringen. Eine Pfründe zu besetzen, nahm der Kaiser in Anspruch.

Daß die Verwaltung hie und da Ursache zu Klagen gab, lehren uns Verfügungen wie 1364, daß die Stiftungen nach dem Willen der Stifter sollen ausgetheilt und die armen Siechen besser verpflegt werden. Eigenthümlich lautet die Rathsverordnung 1379, daß kein Pfründner im Spital heirathen solle.

Eine neue Vorschrift, wie es mit der Ordnung im Spital zu halten, wurde 1608 gegeben. Ein Pfleger und eine Pflegerin, welche auch eine Pfründe genossen, hatten die Hausordnung zu handhaben, der Spitalmeister besorgte die Verwaltung und Aufsicht des Ganzen, unter zwei Oberpflegern aus der Mitte des Raths.

Die Mahlzeiten und später die Spenden von Victualien an die Herren der Stadt bei Gelegenheit von Wahltagen u. dgl. werden schwerlich von den Stiftern des Spitals beabsichtigt gewesen sein.

Die veränderten Ansprüche der geänderten Zeiten führten manche Neuerung ein, so wurden allmählig Kostgelder bezahlt für Kinder, Lehrgelder für Handwerkslehrlinge, zur Beschäftigung Arbeitsloser wurde eine Wollspinnerei eingerichtet im Spital selbst bis 1813.

Ein sog. Waisenhaus wurde 1769 neben dem Spital gebaut, mit welchem zugleich ein Zucht- und Arbeitshaus verbunden werden sollte. Das Gebäude diente auch als Schullokal, dann als Lazareth und jetzt als Wohnung des Spitalverwalters und Lokal für die Fortbildungsschule. Das Spital selbst, welches mit seinen niedern und finstern Räumen auch bescheidenen Ansprüchen nicht mehr genügte, ist 1840 sammt der Kapelle neu aufgebaut worden, massiv von Stein. Zur Verwaltung des Spitals war eine Zeit lang, 1813 ff. vom Staat ein Spitalverwalter aufgestellt. In Folge einer Reorganisation des Armenwesens 1849 wurde die Besorgung der Hausökonomie den barmherzigen Schwestern übergeben, deren vier von Straßburg kamen 1852, deren Zahl aber allmählig auf zwölf erhöht | worden ist, weil die Hausökonomie sich erweiterte und weil auch die Waisen der Stadt versorgt werden, weil eine Dienstboten-Krankenanstalt mit dem Spital verbunden wurde u. s. w. Die Pfründer erhalten jetzt volle Verpflegung und Kleidung, werden aber zu angemessenen Arbeiten angehalten.

2. Das Spital zu St. Katharina wird in bekannten Urkunden 1326 erstmals genannt als habitatio leprosorum juxta Rämsa. Es war also erbaut für Aussätzige und überhaupt für Leute mit ansteckenden Krankheiten. 1328 verspricht der Pfleger der Siechen Ussetzel zu Gmünd Herrn Conrad v. Rechberg zu Ramsberg, weil er diesen Siechen viel Gutes gethan und auch die Mühle zu Sachsenhofen geschenkt hat, einem seiner Diener oder armen Leute, welcher der Siechen Ussetzel Pfründe bedürftig würde, eine Pfründe im Siechenhaus zu geben auf Lebenszeit.

Dieses Haus „der armen Feldsiechen vor der Stadt Gmünd“ bekam von einer der h. Kathrine erbauten Kapelle mit eigener Meßpfründe diesen Namen der Siechen zu St. Kathrina extra muros und sammelte auch ein ordentliches Vermögen; es wurde z. B. 1517 von der Sondersiechenpflege zu St. Kathrina der Zehnte von Muthlangen gekauft um 800 fl. und – gleichfalls von den Herren v. Rechberg – Kleinsüßen, 1575 wieder verkauft.

Späterhin wurden die Pfründen in Geld ausbezahlt und 20 bis 30 Arme hatten auch Wohnung, Holz und Licht – unter einem Hausmeister. 1814 wurde da ein Militärspital errichtet. Neuerdings sind auch diese St. Kathrina-Pfründner in den Spital intra muros aufgenommen worden.

3. Eine besondere Armenanstalt bildeten früher die vier Opferstöcke vor der Pfarrkirche und zwar 1) beim Ölberg, 2) bei der Ehethür, 3) bei der untern, 4) bei der obern Kirchthüre gegen das Messnerhaus. Der Ertrag von 4) war für arme, kranke, vom Erbfeind blessirte und presthafte durchreisende Soldaten bestimmt, der von 1–3) wurde an die Stadtarmen ausgetheilt.

Zwischen zwei Pfeilern der Kirche bei der mittleren Kirchenthür stand (bis 1808) das „Brodhäuslein“, wo beim Anfang des Hochamts theils an bestimmten Tagen Geldalmosen, theils sonntäglich eine feste Anzahl von großen (55) und kleinen (15) Brodlaiben ausgetheilt wurde vom Spital und sogenannten reichen Almosen, das mancherlei Stiftungen für Hausarme umfaßte, darunter z. B. Stiftungen von braunem, blauem und schwefelgelbem (1672) Tuch zu Kleidern. Von Zeit zu Zeit gieng einst auch das sogenannte Bettelkreuz durch die Straßen, begleitet von einem Karren, in welchen die Leute Brodlaibe legten.

4. Eine Anzahl von einzelnen Stiftungen für allerlei Zwecke, namentlich auch für Armenfürsorge und zu Stipendien wurde unter | württembergischen Regiment in eine Verwaltung zusammengeworfen, welche die „Kirchen- und Schulpflege“ heißt, s. oben.

Hieher gehört noch 5) das Blindenasyl, aus der einstigen Blindenanstalt 1832 herausgewachsen durch die Bemühungen des ev. Stadtpfarrers M. Jäger. Erwachsene, wenigstens über die Schuljahre hinausgewachsene Blinde sollen hier eine Unterkunft und lohnende Beschäftigung finden – durch Flechten von Stroh, Litzen, Tuchenden u. dgl. oder Bürstenbinden hauptsächlich, durch Spinnen und Stricken. Das Asyl begann in der sogenannten Bleiche und hat später das sogenannte Paradies, ein benachbartes Haus dazu erworben, um die weiblichen (Bleiche) und männlichen (Paradies) Blinden trennen zu können. Einzelne wohnen in der Stadt und das Institut steht in geschäftlicher Verbindung mit Blinden im ganzen Lande.


Bildungsanstalten.


Über das Schulwesen Gmünds fehlt es bis jetzt an ältern Nachrichten. Natürlich wurde auch hier zuerst eine (ursprünglich kirchliche) lateinische Schule errichtet und schon 1295 wird C. rector scolarum in Gmundia in einer Adelberger Urkunde genannt. Eine besondere Blüthe dieser Anstalt ist nicht bekannt. 1578 wurde nahe bei dem Platz, wo schon 1432 die Schule gestanden, ein neues Schulhaus erbaut in der Nähe der Pfarrkirche. Eine Schulordnung für die Lateinschule wurde 1674 gegeben; damals waren ein Magister und ein Cantor auf Kündigung angestellt. Herr Stadtpfarrer und eine Rathsdeputation sollten alle Quartal visitiren in doctrina et moribus. Die Franziskaner fiengen auch an Lateinunterricht zu geben, was Conflikte mit der Schule und später mit der Stadtpfarrei hervorrief, als die „Franziskanerstudenten“ nicht zur österlichen Communion in der Pfarrkirche gehn wollten. 1706 wurde die Organisation der Lateinschule dahin geändert, daß nun die Schule blos die Anfangsgründe lehren sollte (Grammatica und Syntaxis minor, die Franziskaner Syntaxis major, Humanität und Rhetorik. Bei der Musik sollen sich beide Abtheilungen unterstützen und die Franziskaner führten mit ihren Schülern auch theatralische Darstellungen auf.

Nach der württembergischen Occupation wurde das Schulgebäude zur Stadtschreiberei verwendet und zuerst in der Schmalzgrube Schule gehalten, 1809 die ganze Lateinschule ins Franziskanerkloster verlegt, wo zwei der früheren Mönche als Lehrer wirkten, in weltlicher Kleidung. Bei Errichtung des Schullehrerseminars endlich 1824 verlegte man die dreiklassige Lateinschule ins Klösterlein zu St. Ludwig.

Nachdem schon vor 1800 u. ff. ein französischer Sprachlehrer in Gmünd aufgestellt gewesen, errichtete man 1840–41 eine Realschule, welche jetzt drei Lehrer hat.

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Eine Zeichenschule ist 1776 errichtet worden; neurer Zeit kam dazu eine Graveurschule für die Bedürfnisse der Gmünder Industrie, und eine gewerbl. Fortbildungschule. Eine Sing- und Geigschule für Buben und Mädchen eröffnete 1780 der Stadtorganist und später wurde ein eigener Musiklehrer aufgestellt.

Die Anfänge der Volksschule sind nicht bekannt; weil aber z. B. schon 1712 eine Schulordnung für Iggingen gemacht wurde, so ist gewiß das städtische Volksschulwesen früher schon organisirt gewesen. Der allgemeine Aufschwung des Schulwesens im vorigen Jahrhundert, besonders das Vorbild der österreichischen Normalschulen (1778) wirkte auch auf Gmünd und man traf neue Einrichtungen namentlich auch für die Mädchen. Zu den (erhöhten) Kosten mußten alle Bürger beitragen und im Anfang konnten alle Kinder die nöthigen Lehrmittel von der Stadt beziehen. Unterrichtsgegenstände waren: Lesen, Schön- und Rechtschreiben, Rechnen und Religion; ein Lesebuch enthielt biblische Geschichten und eine Sammlung geographischer, moralischer und anderer Kenntnisse. Im Singen unterrichtete der Stiftscantor, die angestellten Lehrer waren theils Cleriker (2), theils Laien (2), ursprünglich gewesene Handwerksleute. Seit 1803 gelten die württembergischen Schulordnungen und das Herbeiziehen evangelischer Beamter und Einwohner hatte auch die Errichtung einer evangelischen Volksschule im Gefolge, zuerst im Augustinerkloster, jetzt im ursprünglichen Gebäude der Lateinschule. Die katholischen Volksschulen befinden sich theils im Schullehrerseminar, theils im Klösterle zu St. Ludwig, ehemals waren sie im s. g. Waisenhause. Eine Kleinkinderschule haben die barmherzigen Schwestern 1854 eröffnet und ein eigenes Haus dazu gestiftet erhalten.

2. Ein katholisches Schullehrer-Seminar wurde im ehemaligen Franziskanerkloster 1825 errichtet, daneben bestand ein lange Zeit sehr besuchtes Schulpräparanden-Institut (hauptsächlich des Musterlehrers J. Dreher) und neuerdings ist ein Privatseminar für Lehrerinnen dazu gekommen mit 2jährigem Bildungscurs, an welchem die Lehrer des Schullehrer-Seminars mitwirken.

3. Dem Unterricht Taubstummer widmete sich um die Mitte des vorigen Jahrhunderts Pater Mansuet im Franziskanerkloster mit gutem Erfolg und um 1807/08 Stadtpfarrer Kratzer, welcher es dahin brachte, daß der Mädchenschullehrer Allé zum Taubstummen-Lehrer (zu Freysing) ausgebildet wurde. Seine Privatanstalt ist 1817 zum Staatsinstitut erhoben worden und besteht heutzutage in einem angemessenen eigenen Hause.

Eine Blindenanstalt wurde mit der Taubstummenanstalt 1823 verbunden, 1858 aber wieder davon getrennt und mit der Nicolauspflege in Stuttgart vereinigt.

| 4. Eine 1818 errichtete Erziehungsanstalt für verwahrloste Kinder ist wieder eingegangen.

5. Zwei Buchdruckereien und eine Lithographie bestehen in Gmünd und eine Buchhandlung mit Verlag und Sortiment. Von den Wochenblättern wurde das erste 1810 gegründet.

Hier ist wohl auch der Ort, etliche ausgezeichnete Gmünder zu erwähnen.

Johann von Gmünd, Chorherr bei St. Stephan zu Wien, 1423 Dekan der Fakultät der freien Künste, ein ausgezeichneter Mathematiker und Astronom, wird von Gmunden in Östreich streitig gemacht. Sein Familienname, der bisher in unserem Gmünd nicht zum Vorschein kam, war Johann Nyder, † 1442.

Gewisser ist die Abstammung des Malers Hans Baldung Grün, dessen Krönung Mariens das Münster zu Freiburg im Breisgau schmückt. Auch als Zeichner, Kupferstecher und Formschneider hat er sich ausgezeichnet, ein würdiger Nebenbuhler Albrecht Dürers. Er starb 1545 zu Straßburg als bischöflicher Maler und Mitglied des großen Raths. – Eine Familie Baldung blühte zu Gmünd während des ganzen 15. Jahrhunderts, z. B. 1420 ein Kaplan Johann Baldung, 1440 Sifrid Baldung und 1446 † Guta Baldungin, die Besitzerin wohl des „Baldungsgütles 1438“ in Hussenhofen. – C. 1470–1512 blühte der kaiserliche Notar Johann Baldung von Gmünd und seine Söhne ohne Zweifel sind Johann der Maler und sein Bruder Dr. Kaspar Baldung, Professor der Poesie 1510, später der Jurisprudenz zu Freiburg i. B.

Allzuwenig bekannt ist von dem Bildhauer und ausgezeichneten Elfenbein-Schnitzer Johann Michael Maucher oder Mauchart von Gmünd.

Als eines Manns der Wissenschaft sei des Dr. Wenzel Alois Stütz gedacht, geb. 1772, gest. 1805, eines allzufrüh als erster Physikus in Gmünd gestorbenen philosophisch gebildeten ausgezeichneten Arztes und Verfassers etlicher Schriften.

Der in Amerika gestorbene Maler Leutze ist 1816 zu Gmünd geboren.

Die mit Unrecht „Arler“ genannte Baumeisters-Familie stammt von Boulogne, woher Heinrich parlarius, d. h. der Parlier, nach Gmünd kam 1333, um die neue Stadtkirche zu bauen. Da wurde ihm der Sohn Petrus wenn nicht geboren, doch erzogen, welchen Kaiser Karl IV. 1356 nach Prag berief, um den Bau der Domkirche zu vollenden. Sein Sohn könnte der beim Bau des Mailänder Doms 1391/92 beschäftigte Heinrich von Gmünd gewesen sein, aber möglicherweise auch ein Enkel des ersten Heinrich direkt von Gmünd, was wegen der Benennung „von Gmünd“ wahrscheinlicher ist.

Die Zustände der Stadt haben wir nun kennen gelernt; wir überblicken jetzt noch ihre Schicksale und Erlebnisse.

| Gmünds Stellung war während der Hohenstaufenzeit so klar geworden, daß sie unbestritten auch weiterhin als Reichsstadt auftrat und in der Reihe ihrer Schwestern keine unbedeutende Rolle spielte. König Rudolf I. kam wiederholt selber nach Gmünd (1281, Sept.; 1285, April und Juli; 1287 August) und hielt da einen von den Edlen der Umgegend zahlreich besuchten Hoftag 1288 im November. Bei Errichtung der Landvogteien in Schwaben kam Gmünd zum obern Kreise Niederschwabens, wie Reutlingen, Eßlingen u. a. – Seit Beginn der Landfriedensbündnisse und der Städteverbindungen war auch Gmünd gewöhnlich dabei, vom Landfriedensbunde in Speier 1307/09, zu dessen Handhabung in Schwaben Albrecht v. Rechberg aufgestellt wurde, bis zur Errichtung des schwäbischen Bundes 1488; wir nennen z. B. den Landfriedensbund 1331, den Ulmer Bund von 21 Städten 1347, die Städteeinigungen 1348, 56, 71, 93, 1413, 17, 27, 43, den Marbacher Bund 1405 und die Mergentheimer Bündnisse 1387 und 1458, den Landfriedensbund 1466 und 71. Von den kriegerischen Leistungen der Gmünder war schon bei Besprechung der militärischen Verhältnisse die Rede, z. B. 1310 gegen Württemberg, auch daß Gmünd zuerst – mit den andern Städten im obern Niederschwaben – auf Seiten des Königs Friedrich (von Österreich) stand, noch 1325; nachher hielt die Stadt treu, selbst dem Interdict 1345 trotzend, zu Kaiser Ludwig, † 1347, der wahrscheinlich im Sommer 1316 und 1330 März selber durchs Remsthal kam.

Karl IV. versprach den verbundenen Städten die Bestätigung ihrer Privilegien, sie nicht vom Reich zu entfremden und erkannte das Recht an, ihre Selbständigkeit zu vertheidigen; er reiste von Ulm Februar 1348 über Gmünd nach Nürnberg. Der Krieg gegen Württemberg (in welchem Karl wieder durch Gmünd kam im August) und die verschiedenen Städtekriege sind oben schon erwähnt; 1377 soll eine heftige Pest gewüthet haben.

Im 15. Jahrhundert spielen wieder allerlei Fehden und besonders der dritte große Städtekrieg eine Rolle. Kaiser Sigmund ist wohl 1431 Jan.- Febr. durch Gmünd gereist und hat der Stadt das erste schriftliche Privilegium über ihre freie Pürsch gegeben. Kaiser Friedrich war auf seinem Krönungszug nach Rom 1451/52 wohl auch von Gmünder Mannschaft begleitet. Eine der ersten und bedeutendsten Versammlungen des neugeschlossenen schwäbischen Bundes wurde 1489 zu Gmünd abgehalten, das bei der Kreiseintheilung des Kaisers Maximilian natürlich zum schwäbischen Kreise kam.

Von besonderer Wichtigkeit für Gmünd und von Interesse auch für uns waren die Verhältnisse der Stadt zu den mächtig auftretenden Grafen von Württemberg.

Das Bestreben und Geschick der Grafen von Württemberg, sich | weiter auszubreiten, war so deutlich, daß die benachbarten Reichsstädte Gefahr fürchteten und das um so mehr, nachdem die Grafen durch kaiserliche Übertragung der schwäbischen Landvogtei eine weitere Handhabe für ihre Pläne bekommen hatten. Kein Wunder also, wenn die Gmünder und Eßlinger besonders an den Kriegszügen der Kaiser gegen Württemberg 1310 und 1360 recht eifrig sich betheiligten. Graf Eberhard mußte 1360 versprechen, die Straßen zu öffnen, neue Zölle abzuthun und das in die Reichsstädte Ziehen nicht zu verhindern; das waren also die Hauptklagen gewesen. Das verpfändete Schultheißenamt zu Gmünd samt Umgeld wurde zugleich abgelöst – aber 1376 noch einmal verpfändet, nachdem Graf Eberhard schon 1371 die Landvogtei wieder bekommen hatte. Sobald in Folge der Reutlinger Schlacht 1377 die schwäbische Landvogtei für immer verloren war, bahnte sich ein besseres Verhältniß an; Graf Eberhard wurde 1379 durch Pfalzgraf Friedrich mit Gmünd verglichen und nach Ausgang des zweiten Städtekriegs, wo sich Gmünd und Württemberg wahrscheinlich auch bei Döffingen in den Waffen gegenüberstanden, wurde 1394 ein Bund zwischen beiden geschlossen und die Stadt schickte dem Grafen Hilfstruppen gegen die Schlegler bis an die Jagst und den Kocher. Der Bund mit Württemberg wurde 1400 und von Zeit zu Zeit erneuert, in der Geroldsecker und Hohenzollerischen Fehde stritten Gmünder für Württemberg. Erst 1447 gabs neue Klagen, besonders wegen Erhöhung des württ. Zolls bei Eßlingen u. s. w. In dem nun ausbrechenden dritten Städtekrieg erlitten die Städter bei Eßlingen eine bedeutende Niederlage, 1450 wurde aber der Friede hergestellt und Graf Ulrich erlaubte seinen Unterthanen wieder mit den Reichsstädten Handel und Verkehr zu treiben, Lebensmittel zuzuführen u. s. w. Einen besonderen Bund mit Gmünd und andern Städten schloß wieder Graf Ulrich 1455/57, er fand auch da Beistand im pfälzisch-bayerischen Kriege 1461. Zu Sicherung der Straßen gegen Räubereien u. dgl. verbanden sie sich 1464 und ein fünfzigjähriger Bund nebst Übereinkunft wegen der Centgerichte wurde 1476 geschlossen mit Graf Ulrich, der 1479 selbst nach Gmünd kam; Graf Eberhard trat ihm 1482 bei. Seit 1488 fing der schwäbische Bund an, den Landfrieden besser zu sichern; im Pfälzer Krieg hielten sich die Gmünder recht wacker unter des Herzogs Ulrich Fahnen und erst Ulrichs Krieg mit dem schwäbischen Bund führte auch die Gmünder wieder einmal als Feinde in sein Land 1519, was später Reklamationen verursachte. Daß zu Gmünd die Reformation nicht angenommen wurde, hinderte weiterhin ein näheres Verhältniß zu Württemberg und gab 1562 einen Hader mit Herzog Christof, doch wurden allerlei nachbarliche Differenzen 1587 freundlich verglichen. Hier mag auch das Verhältniß zum bedeutendsten nächsten Nachbar etwas eingehender besprochen werden. Die Herren v. Rechberg | standen ursprünglich in vielfacher und freundlicher Beziehung mit Gmünd, was sie durch ansehnliche Schenkungen und Stiftungen für’s Spital, an Kirchen und Klöster bethätigten; auch eigene Häuser besaßen sie in der Stadt, z. B. 1326 und 1510 erwähnt. Doch war die Vermischung der Besitzungen, das Freipürschrecht der Stadt, ihre Anziehung auf die Unterthanen des Adels eine fruchtbare Gelegenheit zu Zwistigkeiten, welche auch reichlich ausbrachen. 1416 vertrauten Graf Hans v. Helfenstein und sein Schwager Heinrich v. Hohenrechberg ihre Urkunden der Stadt an, das 1425 ausgebrachte kaiserl. Privilegium aber, daß keine Stadt des Reichs eigene Leute der Herren v. Rechberg zu Unterthanen annehmen soll, ist natürlich gegen Gmünd hauptsächlich gerichtet gewesen. Darum befehdeten einander beide auch sehr heftig im großen Städtekrieg 1447/49 durch Streifzüge mit Raub und Brand u. s. w. Die Gmünd’sche Niederlage 1449 s. o. Hans v. Rechberg befehdete Gmünd bis 1459 und 1465 verglich sich die Stadt mit Heinrich v. Rechberg zu Weissenstein über allerlei Streitpunkte. Differenzen namentlich über die Jurisdiction und die Jagd veranlaßten 1560 einen Proceß beim Reichskammergericht, der 1569 verglichen wurde und 1580 lieh Gmünd seine Gefängnisse für unruhige Rechberg’sche Unterthanen. 1584 gestand der Magistrat der Burg Hohenrechberg einen eigenen Jagdbezirk zu. Die Gemeinschaft der katholischen Interessen hatte die zwei Nachbarn einander näher geführt. Aber schon 1590 erregten „thätliche Reden“ Veits v. Rechberg unter dem Schmidsthor bösen Hader, Veit v. R. selbst wurde verhaftet. Bald nachher führten die Hexenprocesse der beiden Herrschaften zu gegenseitigen Bezüchten und Anklagen; selbst die angesehensten Bürger und Rathsherrn wurden von Rechberg’schen Hexen angegeben. Noch einmal nach dem 30jährigen Krieg brachen so bittere Streitigkeiten aus, daß beide Herrschaften 1666/68 ihren Unterthanen allen Verkehr verboten, jeden Besuch der Rechbergischen in der Stadt zum Handel oder nur zum Gevatterstehen und umgekehrt auch das Wallfahren der Gmündischen auf den Rechberg. Der anhängige Proceß wurde 1668 verglichen und seitdem ordentliche Nachbarschaft gehalten. In Betreff des Verhältnisses der Stadt Gmünd zu den deutschen Kaisern wollen wir dem schon Gesagten eine kurze Zusammenstellung der wichtigeren Privilegien und Verwilligungen beifügen. Gewöhnlich bestätigten alle Nachfolger die Begnadigungen der Vorgänger, freilich manchmal ohne sich auch daran zu binden. Reichslehen war der Blutbann, späterhin auch auf das ganze Gebiet selbst in gemischten Orten ausgedehnt (1433, 1559). Über die Art, das Gericht zu besetzen, verfügte König Wenzel 1398 und Bestimmungen über die appellable Summe, sowie über Gerichtssporteln, wurden 1449 gegeben. Erhöhung der Frevelstrafen gestattete Karl V. 1548. Befreiung | von fremden Gerichten erfolgte 1373, dazu auch noch von den Hofgerichten 1398. Wie Klagen gegen die Stadt selbst zu behandeln sind, wird 1343 und 1475 bestimmt. Das Recht, Bürger aufzunehmen, bestätigte Karl IV. 1359; Besteurung aller gericht- und vogtbaren Unterthanen wurde 1495 verwilligt, Erhöhung des Umgelds 1358 und öfters, auch eine Taxe auf alle Kaufmannschaft. Über Verjährung von Juden- und Christenschulden bestimmte K. Wenzel 1398; gegen auswärtige Schuldner darf die Stadt Beschlagnahme vorkehren 1475; die Errichtung von Tafernen auf dem Lande wird der Stadt zugestanden 1548. Andere Privilegien betrafen das Eich- und Lad- und das Faßzieher-Amt und die Jahrmärkte. Wichtig waren auch die Verwilligungen eines Wegzolls (s. vornen Abth. V, 3 C. Handel) in mehrmahls erhöhtem Betrag und das Freipürschprivilegium 1434 ff. (s. vornen Abth. V, 3 A, d Jagd), ebenso die Zusicherung des Schirms über das Kloster Gotteszell 1477.

Die Stadt nicht zu verpfänden versprachen Karl IV. 1348, Rupert 1401 und Friedrich III. 1440. Die Zusicherung aller Rechte der Stadt Ulm verlieh K. Sigmund 1433. Karl V. nimmt die Stadt in besonderen Schutz und gewährt das faktisch werthlose Recht, keine fremden Kriegsvölker aufnehmen zu dürfen ohne des Kaisers besonderen Befehl.

Es ist von diesen Privilegien meist schon je an seinem Ort die Rede gewesen. Natürlich nahmen alle mit den neuen staatsrechtlichen Verhältnissen ein Ende, als Gmünd seine Reichsstandschaft verlor 1802.

Von den Schicksalen Gmünds im Reformationszeitalter war bei den kirchlichen Verhältnissen die Rede. Im Bauernkrieg kam es bis zu einer der Bauernsache günstigen Neubesetzung des Raths, aber bald (an Bartholomäi) nahm der alte Rath seine Sitze wieder ein; etliche der unruhigsten Bürger wurden verbannt, einem die Finger abgehackt. Die evangelische Partei in der Bürgerschaft unterlag dem katholisch gesinnten Rath, auch die vorübergehende Eroberung durch den Kurfürsten von Sachsen 1546 konnte das nicht ändern. Nach erzwungener Auswanderung aller Evangelischen gehörte Gmünd zu den besonders glaubenseifrigen katholischen Reichsstädten. Diesem Umstande schrieb man gleich im Anfang des 30jährigen Kriegs die lästige württembergische Einquartirung zu 1619 und manchen Druck, solang die schwedischen Waffen siegreich waren. Der Obrist Christof Martin v. Degenfeld besetzte 1632 Gmünd, entwaffnete die Bürgerschaft und erhielt die sämtlichen Gmünder Klöster angewiesen nebst dem Rechbergschen Gute in Straßdorf, um sein Regiment zu bezahlen. 1631 und 1634 nach der Nördlinger Schlacht kam König Ferdinand durch Gmünd, wo er in der Fuggerei logirte. Die Hauptereignisse des Kriegs sind schon im allgem. Theil VII, 3 erzählt. Die Stadt berechnete ihren Schaden auf 1.600.000 fl. Zum Schluß besetzten die Schweden | nochmals die Stadt 1647 und vor dem Abzug der letzten Besatzung von Schorndorf wurden die 10 Stücke Gmünder Geschütz fortgeführt, darunter eine Feldschlange 11′ lang. 1650, 18. August, verzehrte eine Feuersbrunst 4 Häuser. Die Franzosenkriege gingen gnädig vorüber (vgl. VII, 3), aber hie und da mußten doch Kontributionen gezahlt werden, 1688.

Für die innere Geschichte der Stadt sind – neben der Verfassungsentwicklung – von besonderer Wichtigkeit die Processe zwischen dem Magistrat und den Unterthanen in Stadt und Land, welche c. 1680/90 begannen.

Die Landunterthanen klagten theils jetzt, theils später über allzudrückende Besteuerung, gesteigerte Frohndienste, Belastung mit Chausseebauten, Verschiebung der Güterrenovatur, Entschädigung für Einquartirungslasten, Entziehung aller schriftlichen Urkunden über ihre Rechte und Pflichten u. dgl. m. Der Reichshofrath ließ durch den Bischof von Augsburg die Sache verhandeln. 1690 im April kam der erste s. g. Dillingen’sche Receß zu Stand, an welchen sich der Magistrat wenig kehrte, so daß schon 1698 neue Klagen einliefen, welche der Prälat v. Elchingen untersuchen sollte 1700 ff. 1701 hatten die Bürger selbst einen Auflauf erregt gegen Bürgermeister Storr, so daß Kreisexekution gerufen wurde und als die Eroberung Ulms durch die Bayern und Franzosen 1702 alles ins Stocken brachte, setzte der Magistrat seine Hauptgegner ins Gefängniß, den Advokaten der Bauern jahrelang, bis er närrisch wurde! Eine kaiserliche Subdelegations-Kommission brachte 1706 einen Receß zu Stand, welchem die Bauern gleich widersprachen. Darum wiederholten sich bald die alten Klagen. 1712, 1719, 1720 und 1722 mußte wieder eine kaiserl. Kommission auftreten, welche 1723 einen Receß gab, etliche der Kläger strafte und große Kosten verursachte; namentlich sollte eine gemeinschaftliche Kontributionskasse errichtet werden, zwei der Landämter waren vorher schon – zur Ersparniß – aufgehoben. 1727 regten sich wieder die Klagen und das Gefangensetzen einiger Beschwerdeführer half nicht; die Bauern hielten fest zusammen; während ein kaiserl. Dekret dem Magistrat grobe Mängel und Gebrechen im Regiment vorwarf, Eigennutz und Mißbrauch der obrigkeitlichen Gewalt, wurde den Bauern das Vergessen der seiner Obrigkeit schuldigen Ehrfurcht und des Gehorsams vorgeworfen. 1742 wurde der Magistrat vom Kaiser aufgefordert, die frühern Recesse zu halten, worauf die Unterthanen zum Theil vorderhand gar keine Steuern zahlen oder Frohndienste leisten wollten, was wieder einmal Kreisexekution herbeirief.

Die gleichzeitigen Streitigkeiten des Magistrats mit einem Theil der Stadtbürgerschaft wurden 1754 verglichen und die Bauerschaft angewiesen, sich auch damit zu begnügen; ihr Protest war vergeblich. Schon 1770, 1776 u. f. erhoben sich neue Klagen und die Anführer | machten überall Umtriebe, um recht viele Theilnehmer zu bekommen. Wiederholte Reichshofraths-Konklusa erschienen nun z. B. 1777 30. Okt., 1781 8. Okt., während 1780/84 eine kreisausschreibamtliche Kommission das Schuldenwesen genau untersuchte und viele Mängel des Kassenwesens ans Licht zog. Erst 1792 20. März kam ein Hauptvergleich zu Stand, welcher entschieden die wenigstens theilweise Berechtigung der alten Klagen anerkannte und zwischen Stadt und Land das Steuerbeitragsverhältniß zu 1/3 und 2/3 bestätigte. Die bald folgende Mediatisirung machte diesen Konflikten für immer ein Ende.

Die Klagen der Bürgerschaft waren sehr verschiedener Art; theils hatten die Goldschmiede allen andern Gmündern den Handel mit Goldschmiedswaaren verbieten lassen, theils beschwerte man sich über Duldung vieler Beisitzer, welche Hauszins und Lebensmittel vertheuern, die Wälder ausstehlen u. dgl. m.; ganz besonders aber beklagte man sich über partheiische und säumige Justiz, allzuharte Behandlung der Armen, höchst ungleiche und namentlich auf die Armen drückende Besteuerung, mangelnde Handhabung der Lebensmittel-Polizei, Unordnung auf dem Kornhaus, schlechte Finanzverwaltung überhaupt, zu theure Vertretung auf den Kreistagen u. s. w. 1698 klagte auch die Bürgerschaft beim Reichshofrath und 1700 entstand große Aufregung besonders gegen Bürgermeister Storr, die Seele und den Mittelpunkt des damaligen Vetterles-Raths. Der Rath ließ nun zu seinem Schutz 2 Kompagnien Kreistruppen kommen und belegte seine Gegner mit schwerer Einquartirung, andere wurden festgesetzt – bis die meisten entwichen. Die kaiserl. Kommission bat 1706 bei einer Ergänzungswahl in den Rath auch einige Gegner beizuziehen, aber es wurden lauter Parteigenossen erwählt. Nach vielfachen Verhandlungen gab eine kaiserl. Kommission 1723 einen Receß in 50 Artikeln nebst einem großen Nebenreceß; vergeblich. Dem Rath fehlte offenbar der gute Wille, gerecht und billig zu regieren, nur auf’s allgemeine Beste bedacht. Eine Aristokratie in so kleinen städtischen Verhältnissen zeigte sich in ihrer ganzen Verwerflichkeit. Daß 1754 endlich ein Vergleich zu Stande kam, ist schon gesagt; völlige Zufriedenheit war jedoch nicht eingekehrt, z. B. 1769. Etwas später 1780/82 fingen die Mitglieder des Magistrats an, unter einander sich Vorwürfe zu machen und Klagen selbst vor den Reichshofrath zu bringen. Die Bürgerschaft bediente sich der ihr verwilligten Syndici (Tribunen) aus ihrer Mitte, um den Rath zu kontrolliren und z. B. 1787 die angesonnene Reducirung des jährlichen Schwörtags auf einen 3jährigen zu verwerfen.

Weiter mag noch erwähnt werden – 1650, 18. August ein Brand, der 8 Häuser am Markt verzehrte; 1707 eine neue Polizei-Ordnung für die Stadt; 1743, 26. Juni Durchreise des Kaisers nach Frankfurt; 1762 eine württembergische Viehsperre; 1771 eine | Fruchtsperre wegen der damaligen großen Theuerung; 1796 Viehseuche; 1793 großer Brand, welcher fast 30 Häuser zerstörte. (Weitere Brände waren 1822, 32, 42, 44.)

Das Jahr 1801 hatte wieder einmal Friede gebracht und am 17. Mai wurde ein feierliches Dankfest gefeiert; schon erhuben sich aber Gerüchte von Überlassung an Württemberg, welche sich 1802 bewahrheiteten. Im September erfolgte die provisorische, 27. November die definitive Besitzergreifung und damit der völlige Umsturz aller bisherigen Verhältnisse. Die Erhebung zum Kurfürstenthum mußte 6. Mai 1803 festlich gefeiert und 20. Juli dem zur Huldigung gekommenen Kurfürsten officieller Jubel entgegengebracht werden, während die Herzen noch trauerten. Daß aber Gmünd als Theil eines größern Ganzen doch blühenderen Zuständen entgegengegangen ist, zeigt heutzutag schon der Anblick der Stadt und der Aufschwung ihrer Industrie.


Das Gebiet von Gmünd.


Die Reichsstadt hat allmählig ein nicht unbedeutendes Gebiet zusammengebracht, allerdings weniger durch und für sich selbst, sondern weit mehr durch die Erwerbungen der Klöster, Kirchen und des Spitals. Diese Korporationen standen alle unter dem Schirm der Stadt, welche eben damit auch Schutzherrschaft und höchste Obrigkeit der Hintersaßen ihrer Schutzbefohlenen geworden ist. Das begütertste der Klöster, Gotteszell (s. d.), strebte vergeblich, sich ganz frei zu machen. Eine ausschließlich städtische Erwerbung war nur Bargau. – Die Art und Weise und Zeit der einzelnen Erwerbungen, soweit dieselben bekannt sind, siehe in der Ortsbeschreibung; hier stellen wir den Stand der Dinge ums Jahr 1700 in einer Tabelle zusammen, welche nachweist, wie weit die Orte mit andern Herrschaften vermischt waren. Verkauf oder auch nur Verpfändung liegender Güter an Ausherrische war verboten. |
  Inhaber
des
Stabs.
Gmündische Fremde Mitbesitzer.
ganze   halbe
Bauern.
Söld-
ner
Häus-
ler
halbe   ganze
Bauern.
Söld-
ner
Häus-
ler
A. Bargauer Amt:
  Bargau
 
G.
 
14
 
6
 
8
 
18
 
 
 
 
 
  Buch G. 2/3 Wrtt. 1/3 6 1 2 Württemberg.
  Beyern i. Bergen G. 6 4 1 1 2 Wrtt. u. v. Wellw.
  U.-Böbingen das Rittergut 6 7 5 5 3 3 8 15 St.Stefan, Wrtt. u. v. Wellwart.
  O.-Böbingen Württemberg 6 8 4 2 3 7 3 6 Wrtt. u. v. Wellw.
  Mögglingen G. 15 23 25 28 1 5 1 10 Württemberg.
  Lautern G. u. v. Wellw. 11 7 15 10 3 1 10 1 v. Wellwart.
  Mönhof G. 1
————————————
85 Ausherrische
 
  Bürghof G. 1  
  2 Beißwänger Höfe G. 2
  Haldenhof G. 1
  Lauchhof G. 1
  Gengerhof G. 1
————————————
  64 58 61 65
B. Bettringer Amt:
(später mit Bargau verb.)
————————————
zus. 248 Köpfe.
 
  Ober-Bettringen G. 14 2 16 12 3 Württemb.
  Unter-Bettringen G. 8 3 12 10 1 Ellwangen.
  Weiler, Hertlersweiler
  und Steinbach
G. 16 9 24 14
  Hussenhofen G. 3 2 8 8
  Zimmern G. u. Württ. 4 3 4 4 6 1 Württemb.
  Straßdorf Rechberg u. G. 8 4 5 6 8 4 9 Rechb. u. Wrtt.
  Burgholz G. 2
————————————
38 Ausherrische
  Schönbronn G. 2
  Schurenhof G. 1  
  Lindenhof G. 1
  Schlatthof G. 1
  Schirenhof G. 1
  Schnellhöfle G. 1
————————————
  61 23 70 48
C. Ickinger Amt:
(später m. Spraitbach verb.)
————————————
zus. 202 Köpfe.
 
  Ickingen G. 9 10 12 19 3 1 Württemb.
  Herligkofen G. 10 6 8 12
  Preinkofen G. 3 4 5 1 Pfalz.
  Schönhard G. 4 3 4 4 1 Württemb.
  Brackwang G. 1
Im Oberamt Aalen:
  Holzleuthen G. 5 2 2 1 Ellwangen.
  Reichenbach G. u. Ellwang. 7 6 5 6   "
  Dewangen G. 6 4 9 11 2   "
  Bernhardsdorf G. Ellw. v. Rechberg
v. Wellwart.
2 5 Ellw. v. Rechb., v. Wellwart.
  Hüttenhöfe G. 2
  Forsthöfe v. Wellwart. 1 5 v. Wellwart.
  Krummhof G. 1 5
  Dölzerhof G. 1  
————————————
 
  48 39 33 58
————————————
zus. 178 Köpfe.



|
  Inhaber
des
Stabs.
Gmündische Fremde Mitbesitzer.
ganze   halbe
Bauern.
Söld-
ner.
Häus-
ler.
ganze   halbe
Bauern.
Söld-
ner.
Häus-
ler.
D. Spraitbacher Amt:
  Spraitbach
 
G.
 
2
 
1
 
13
 
8
 
 
2
 
1
 
Württemberg.
  Durlangen G. 3 12 7 6 1 2   "
  Utzstetten Württemb. 1 4 5 3 2   "
  Thierhaupten Württemb. 1 1 4 4 4 1   "
  Zimmerbach G. 4 3 4 1
  Vorder-Linthal G. 1 6 3 2 2 1
  Thanau G. 4 1 2 1   "
  Täfenroth Württemb. 1 6 1 1   "
  Göggingen Württemb. 3 12 Württ. u. Ellw.
  Hörtigkofen G. 3 3 2 Württemberg.
  Mutlangen G. 7 11 9 25 2 1 Württ. v. Rechberg u. Pfalz.
  Buchhöfle G. 1
  Beuttenmühle G. 1
  Beuttenhöfle G. 1
  Leinmühle G. 1
Im O.Amt Gaildorf:
  Kemmenaten Limburg. 2 1 1 2 1 Limb. u. Württ.
  Hinter-Steinenberg Württemb. 4 3 2 Württemberg.
  Vord.-Steinenberg Württemb.. 1 6 1 1   "
  Schlechtbach Limburg. 1 1 1 2 2 1 Limb. u. v. Holz
  Holzhausen G. Limb. Frzl. 2 4 6 1 4 10 1 Limb. u. Frenzel.
  Mittelbronn Limburg. 2 1 2 1 6 4 1 Limburg, Württ. u. Comburg.
  Honigmühl u. Bittelhöfle G. 1
  Boschenhöfle G. 1
Im O.Amt Welzheim:
  Pfersbach G. 6 4 1 1
  Adelstetten Gmd. v. Holz. Württemb. 2 1 4 4 Württ., v.Holz u. Franz.
  Steinenbach Limburg. 1 4 6 3 4 Württ. u. Limb.
  Brech Württemb. 1 5 1 Württemberg.
  Brend Württemb. 3 6 1 1 Wrtt. u. v. Holz.
  Pfahlbronn Württemb. 3 11 Württemberg.
  Wetzgau G. 3 1 5 2 1 1   "
  Groß-Teinbach Württemb. 6 6 5 4   "
  Klein-Teinbach Württemb. 2 2 4 1   "
  Spatzenhöfle G. 1
————————————
 
  Waldau G. 2 zus. 178 Ausherrische.  
  Sachsenhof G. 1  
   
————————————
54 64 62 48
————————————
zus. 228 Köpfe.


In allen 4 Ämtern lebten 353 265 286 278, zus. 1182 Köpfe, darunter 326 Ausherrische.
Davon gehörten zum Gmd Gebiet 227 184 226 219, zus.   856 Köpfe,
u. zw. Klöstern, Kirchen, Spitälern etc. 197 196 143 131, zus.   667 Köpfe,
Der Stadt unmittelbar gehörten
(ins Stättmeisteramt)
  31   52   59   47, zus.   189 Köpfe,
Eine Schatzung betrug im Ganzen 1802 fl. 231/2 kr. Davon hatte die Stadt
zu liefern 638 fl. 121/2 kr., die Landschaft 1164 fl. 11 kr, und zwar: das Amt Bargau
326 fl. 12 kr., Bettringen 224 fl. 9 kr., Iggingen 276 fl., Spraitbach 337 fl. 50 kr.
| Den Stand von 1477 zeigt einigermaßen die damalige Einung mit Württemberg, welche auf Seiten Gmünds beschworen wurde von den Schultheißen, Hauptleuten und Viermännern der Gemeinden Ober- und Unter-Batringen, Weiler, Unter-Böbingen, Herlikofen, Hussenhofen, Ückingen, Mecklingen, Lutren, Brunkofen, Schönhart, Dewang, Pfersbach, Wegsheim, Mutlangen, Tainbuch, Reichenbach, Holzleuten, Holzhausen und Zimmern.

Einige der Gmünder Besitzungen waren Rechbergische, Hohenlohesche, Ellwangensche, Öttingensche und Limburgische Lehen, doch zusammen sehr wenig.

Was die örtlichen Verhältnisse betrifft, so finden wir in allen Landgemeinden herrschaftliche Schultheißen (in gemischten Gemeinden auch mehrere neben einander) und Gemeindevierer, neben denen hie und da auch Hauptleute genannt werden. Die Grundherrschaft hatte überall selbstverständlich die niedere Vogtei über ihre Hintersaßen und Gültpflichtigen, die Gemeindeherrschaft aber richtete auf den Gassen und der Almand; das höhere Gericht war ein durchs Herkommen bestimmtes und Gmünd hatte dasselbe großentheils im Besitz, namentlich nach Erwerbung der waibelhubigen Güter auf ihrem Gebiet. Schon 1401 gewann die Stadt ein kaiserl. Privilegium, schädliche Leute zu fahen und zu richten überall, wo geschworne Halsgerichte sind. 1493 gestattet Kaiser Max, daß den Blutbann die Stadt und ihre Amtleute gebrauchen, Karl V. und König Ferdinand verwilligen ausdrücklich, auch in vermischten Weilern, in Dewangen, Lautern, Mögglingen, Iggingen, Muthlangen, Durlangen und Spreitbach hohes und niederes Gericht, Stock und Galgen zu haben. Alle Unterthanen waren verpflichtet, wenn sie etwas Gefährliches sehen – nachzulaufen und Lärm zu machen, waren auch mit Armbrusten oder Spießen, Hellebarden, Büchsen u. s. w. bewaffnet, oft auch mit Krebsen versehen.

Die Gmünder Besitzungen waren anfänglich in 2 Ämter getheilt, deren es später 4 wurden, zu Bargau, Bettringen, Iggingen und Spreitbach, 1728 wieder 2. An der Spitze stand ein Vogt mit seinem Amtsknecht. Jährlich zwei- oder doch einmal sollten 2 Gerichtsherrn der Stadt mit einem Gerichtsschreiber in jedem Amt Gericht halten (für bedeutendere Sachen und vorgebrachte Rügen), was oft längere Zeit unterblieb; an den Wochenmarktstagen waren gewöhnlich die Geheimen, die eigentliche Obrigkeit der Unterthanen, auf dem Rathhaus, um die Angelegenheiten und Klagen der Landleute hauptsächlich zu besorgen.

Für jede Gemeinde bestand eine Gemeindsordnung; eine allgemeine Polizeiordnung fürs Gebiet wurde 1697, eine Hirtenordnung 1681 erlassen; 1548 bekam die Stadt das kaiserl. Privileg, auf den Dorfschaften Tafernen (Wirthshäuser) zu errichten. – Viele Streitigkeiten entstanden fast überall aus den alten Markgenossenschaftsverhältnissen; | mit den Nachbargemeinden Streitigkeiten über die Grenzen der beiderseitigen Weidrechte; innerhalb der Gemeinde über Einfangen früher offener Güter, über Errichtung neuer Höfe oder Selden oder Häuser auf der Almand u. dgl. m. Die Rangstufen im Gmünder Gebiet waren: ganze und halbe Bauern, Seldner und Häusler. Die Güter selbst waren zum Theil frei (vgl. oben Waibelhub), meistens aber Erblehen oder Fallgüter und die Stadt kaufte häufig Erbgüter an, um sie als Fallgüter wiederum hinzuleihen, auf einen oder 2 Leiber (Mann und Frau), mit Weglösin und Handlohn. Viele Einwohner des Bezirks waren auch verschiedenen Herrschaften leibeigen; namentlich die v. Rechberg und die Schenken von Limburg hatten hin und her zerstreut viele Leibeigene. Die Stadt sah in ihren Unterthanen entschieden eine untergeordnete Menschenrasse; noch 1727 wurde geboten: kein Bürger soll ein „Bauersmensch“ heirathen, – sie haben denn wenigstens 300 fl. Vermögen. Auch sah man es sehr ungern, wenn die Gmünder (namentlich an Aderlaßtagen) in die Landorte zogen (gar vollends zu Ausherrischen), um zu zechen; ein Verbot erging z. B. 1753.

Die ganze Verwaltung des Gmünder Magistrats war bei den Unterthanen gar nicht beliebt; sie beschwerten sich namentlich über Steuerdruck und unbillige Steigerung der Frohndienste, und über hundert Jahre dauerten die Streitigkeiten, s. oben, bis 1792. Erst die württembergische Besitzergreifung machte den alten Klagen ein völliges Ende, freilich aber um andere zu bringen, z. B. die Konscription, deren Befürchtung schon 1794 eine Art Revolte verursacht hatte. Viele Aufregung verursachte da und dort besonders auch die Theilung der Gemeindegüter, welche von württembergischen Beamten allen Einwohnern gleichmäßig zugesprochen wurden, während die alten Hofeigenthümer ein ausschließliches Besitzrecht zu haben glaubten nach den ältern Verhältnissen. Doch sind jetzt die frühern Unterthanen zu völlig gleichberechtigten Mitbürgern der Stadtgemeinde geworden und die Ablösung hat Grund und Boden auch frei gemacht.


Geschichtliches von den Parcellen.
Die Markung der Stadt wurde 1724 im Oktober vermessen.
a) Die Mühlen.
Eine besondere Beachtung fordern die Mühlen, deren Gmünd außerhalb und in der Stadt nicht wenige besaß. – Schon 1321 verglichen sich die Herren v. Rinderbach mit Gotteszell über den gemeinschaftlichen Bau des Wehrs unterhalb Rinderbach zum Behuf der Rinderbach’schen Schindelmühle, der Gotteszeller Erlenmühle und Wiesenmühle und des Lönigers Mühle. Wo „die Schindelmühl vormals gestanden“ steht heute noch die Rinderbacher Mühle, schon z. B. 1362 so genannt, als sie Conrad im Steinhaus an Johann | v. Rinderbach verkaufte nebst seinem Theil an der Brücke zu Rinderbach und Gütern etc. um 450 Pfd. Heller. Späterhin erwarb das Spital die Mühle und verlieh dieselbe; 1655–63 wurde sie zwischenhinein an Stadtmeister Storr verkauft, welcher mit den Tuchmachern eine Übereinkunft traf wegen der schon 1571 bestehenden Walkmühle.

Die Erlenmühle, vom Kloster Gotteszell 1395 an einen Gmünder verliehen, bestand mit diesem Namen noch 1452/54, wo sie mit der Zeiselmühle und Überschlagsmühle Clasen Meders des Becken über einen gemeinschaftlichen Wasserbau verhandelte. Es ist wohl die jetzige Pfennigmühle, welche 1480 mit diesem Namen von Gotteszell in Bestand gegeben wurde. Späterhin machte der Müller da gegenüber vom Kloster ein Bannrecht geltend, der Magistrat sprach jedoch 1590, das Kloster dürfe seinen Hausbrauch mahlen, wo es wolle, oder auch eine eigene Mühle errichten, was wirklich am Frießbach geschah. Diese Klostermühle ist 1807 von Württemberg verkauft worden. Die Pfennigmühle ist 1783 abgebrannt.

Die Wiesenmühle von 1321 scheint 1452 nicht existirt zu haben, wird aber 1499 wieder genannt als „Mühle St. Leonhard gegenüber“ und späterhin als Kiesmühle. Sie brannte 1720 ab.

Des „Lönigers Mühle“ 1321 heißt späterhin Zeiselmühle, weil am Fuß des Zeiselbergs gelegen, und lag vor den Mauern Gmünds. 1415 erlaubte Kaiser Sigmund, diese Mühle in die Stadt hinein zu verlegen, nachdem schon 1414 ein Revers ausgestellt worden war über die Unterhaltung des Bogens, unter welchem das Wasser durch die (alte, innere) Mauer hineingeleitet wurde. 1465 verkaufte Melchior v. Horkheim die Zeiselmühle samt der alten (Mühl-) Hofstatt vor dem Zeiselthörlein und den Zeiselberg an Kaspar Funk, welcher die Mühle 1478 an die Stadt verkaufte, die bis 1583 im Besitz blieb. Später hieß sie St. Niclasen-Mühle, denn diese eben liegt innerhalb der alten Stadt.

Die Überschlagmühle von 1452, damals „eine Schliffmühle“ für die Eisenarbeiter, ist ohne Zweifel die am Höferlesbach (Nr. 194) gelegene Mühle und wird wohl auch 1499 gemeint sein mit der „Mühle bei des Bayers Bad“.

Wegen seiner Mühle zu Gmünd, genannt die Senfmühle, hatte Gotteszell 1404 einen Proceß; der Müller da machte 1469 einen Vertrag mit der Stadt über Unterhaltung der Mühle und wegen des Lohns für das Fegen der Harnische und Panzer. Sie wird noch z. B. 1499 Senf-, später auch Rahnenmühle genannt und hieß wohl zuletzt gewöhnlich Spitalmühle.

In der St. Josen-Vorstadt (bei der Ledergasse) lag 1373/74 die Gumpenmühle, welche damals die Stadt an das Spital verkauft hatte. Sie ist vielleicht identisch mit der Mühle, welche Wolf der alte | 13.. an die Stadt verkaufte „beim Thurm den man heißt Gißübel“? Kaiser Karl IV. genehmigte, daß die vom Spital auf des Reichs Boden verlegte Mühle da verbleiben möge und sie bestand noch 1499, wo sich die Gerberzunft mit 4 Müllern (aufwärts) verglich wegen des Häute in den Bach Legens. Späterhin ist die Mühle eingegangen.

Innerhalb der Stadt lag auch noch eine Mühle an dem durchlaufenden Bettringer Bach. 1491 wurde verkauft die Überschlagsmühle bei des Spitals Badstube hinter der Judenschule; – das ist die s. g. Judenmühle. – Aufwärts am Bettringer Bach liegt heutzutag noch eine Mühle innerhalb der Mauer und außerhalb thalaufwärts eine Schleifmühle; 1458/70 fanden wir die „Roggenmühle am Bettringer Bach“ genannt, zuerst im Besitz der v. Winkenthal.

Unterhalb der Stadt liegt wieder eine Reihe von Mühlen. Die obere Sägmühle ist wohl entstanden aus der 1758 auf einem spitalischen Wieslein (Sägwiesle) errichteten Lohmühle?

Die Kreuzmühle, z. B. 1453 genannt, hat diesen Namen von einem in der Nähe gestandenen Kreuz (ohne Zweifel dem schon 1395 genannten „Zülhartz Kreuz“ – neben der Rems).

Eine Hüpfingsmühle (es gab eine Familie Hüpfing) erscheint in Urkunden seit 1317; sie war rechbergisch Lehen und gehörte einst den Herren v. Rinderbach, von welchen eine Tochter einen Theil davon ihrem Mann Ytel Martin oder Meister M. dem Maler zubrachte 1414/22. Die Hälfte wurde vom Lehensnexus frei gemacht 1448. Heutzutag heißt sie Freimühle; bei derselben war z. B. 1681 eine Lohmühle.

Bei dem abgegangenen Eutighofen, also oberhalb des Röthenbachs, stand die zwischen 1300–1550 oft genannte Eutighofer Mühle, also etwa wo jetzt die untere Sägmühle ist. Hermann Guland 1319 und Guta Guland 1339 schenkten ihre Theile dem Spital, welcher die Mühle in Bestand gab. Kaiser Sigmund erlaubte 1430, das Wasser vor der Eutighofer Mühle aufzufangen und über die Gemeinde zu führen an einen Ort, wo eine (neue) Mühle gesetzt werden soll. Es ist auch von einer Schleifmühle bei der Eutighofer Mühle die Rede.

An der Grenze des Gmünder Gebiets, heutzutage im Oberamt Welzheim, lag die Mühle beim Sachsenhof, mit diesem von Herrn Conrad v. Rechberg den beiden Spitälern zu Gmünd intra et extra muros geschenkt 1328.

Von Lokalitäten gedenken wir auch des öfters genannten Renbolzbrunnens und der Pfeilhalde, welche für den nobilitirten Kaufmann Achilles Stahl, † 1783, den Adelstitel „Edler von Pfeilhalden“ dargeboten hat.


b) Der Gorgishof.
Bei der Rinderbacher Mühle lag einst auch ein Ort dieses Namens, der im 14. und 15. Jahrhundert manchfach genannt wird bei Käufen | von Gütern und Zehnten „zu Rinderbach“. Die im Steinhaus, die Wolf, Kurz, Gule und v. Rinderbach waren da begütert; die meisten Erwerbungen machte das Spital.

Über dem Weiler lag die Stammburg Rinderbach; von dieser war ein Theil in andere Hände gekommen. Hans v. Nenningen verkaufte 1386 seinen Theil des Burgstals (also der zerstörten Burg) zu Rinderbach samt Zubehör an Gütern, Rechten und Gefällen dem Heinrich Bertung, der wieder verkaufte an Heinrich Wolf 1399. Nachher kam die Stadt in Besitz, verkaufte aber 1632 an das Spital die Burg zu Rinderbach, der Gorgishof genannt (mit wenig Gütern), um 2000 fl. Der neue Namen stammt wohl von Gregori Emer, der um 1550 lange Zeit den „Schafhof zu Rinderbach“ bestanden hatte, den man deßwegen wohl den Gregorishof nannte.

Die St. Margarethen-Kapelle bei diesem Hof s. oben.

c) Bei Kapellen außerhalb der Stadtmauer stehen St. Katharinen (das Siechenhaus), das Dreifaltigkeitshaus, St. Josefshaus, St. Leonhardshaus, St. Salvatorhaus; der Klosterhof gehörte zu Gotteszell.

d) Von den Lokalitäten haben ihren Namen die meist neueren Häuser: Galgenberg, Hohlenstein, Klarenberg, zu den Krähen, Siechenberg, Sternhalde, Zeiselberg. Auf einem alten so benannten rechbergischen Lehen steht das Haus Becherlehen.

e) Die Vogelhöfe liegen wohl am ehemals sogenannten „Brögerberg“ oder „Brögenhalde“ und es dürfte da jenes Brogenhofen gestanden sein, wovon die Vetzer sich nannten; vgl. oben.

Fuggerle; ob im Zusammenhang mit der Fuggerei?
Kroatenhaus; woher wohl dieser Namen?

Der Rehnenhof ist der einzige zur Stadt Gmünd gehörige Hof, welcher sich um 1700 außerhalb der Stadtmauern befand, neben 3 Ziegelhütten (von der Stadt verliehen) und den Mühlen; dazu der Hofmeister bei St. Kathrine und der Bruder bei St. Leonhard. Alle übrigen Parcellen sind neuere Ansiedlungen oder doch erst zu Wohnungen hergerichtet.


  1. Literatur: Haid, Beiträge zur Geschichte und Geographie von Gmünd, in Fabris Beiträgen zur Geographie 1794, I. 8.; Rück, Geschichte und Beschreibung der Reichsstadt. Gmünd. 1802; W. A. Stütz, Beiträge einer medicinischen Topographie der Reichstadt Gmünd, – in der medic. Nationalzeitung 1798, Oktober und 1799, Mai; Werfers medic. Topographie der Stadt Gmünd, 1813; M. Grimm, Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Gmünd. Gmünd 1867. Eine alte Abbildung der Stadt bei Merian.
  2. Die Zahlen der Einwohner beziehen sich auf die ortsanwesende Bevölkerung.
  3. Nach den Mittheilungen des Zuchthaus-Verwalters Ober-Justizrath Wullen in Gotteszell.
  4. Chroniken und handschriftl. Quellen brauchen freilich – zurücktragend – die Namen v. Bragenhofen und „vom Thal“ oder „v. Wolfsthal“ weit früher, aber Urkunden nicht.
  5. Die Notizen und Zeichnungen von Wappen in Gmünder Chroniken sind höchst unzuverlässig und guten Theils aus Wappenbüchern genommen. Unsere Angaben sind nach lauter Originalsiegeln.
Anmerkungen Wikisource:
  1. Luikenapfel, lat. Bezeichnung malus striata
  2. handschriftliche Korrektur einer jetzt unleserlichen Jahreszahl.


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