« Kapitel B 23 Beschreibung des Oberamts Crailsheim Kapitel B 25 »
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24. Weipertshofen,
Gem. III. Kl. mit 559 Einw. 1. Weipertshofen, Dorf, 259 Einw., wor. 47 Kath., Fil. von Stimpfach; 2. Gerbertshofen, Weiler, 122 Einw., wor. 48 Kath.; 3. Hochbronn, Hof, 19. Einw., wor. 1 Kath.; 4. Käsbach, Weiler, 22 Einw.; 5. Klingleshof, Hof und Mühle, Haus, 10 Einw., wor. 6 Kath.; 6. Lixhof, Hof, 17 Einw., wor. 8. Kath.; 7. Nestleinsberg, Hof, 12 Einw.; 8. Sixenmühle, Haus, 7 Kath.; 9. Steinbach am Wald, Weiler, 91 Einw. Parz. 1, 2, 3, 4, 6, 7 ev. Fil. von Westgartshausen, Parz. 9 von Wildenstein, die übrigen von Rechenberg.
In dem Wiesenthale des Reiglersbachs, das hier eine ansehnliche Breite hat, zu den Füßen des tannengrünen Bläßlesberges liegt der saubere Ort mit freundlichen Häusern in mehrere | Gruppen zerstreut. Mitten im Ort steht das kleine, 1878 sehr hübsch restaurirte Kirchlein zu St. Georg. Von dem während des 30jährigen Kriegs „ganz zergangenen“ Kirchlein – der Pfarrer mußte die Predigt an der Kirchweih im Altar halten, die Leute standen unter freiem Himmel – hat sich nur der spätgothische Chor mit Kreuzgewölbe erhalten. Das Schiff, das 1671 durch Beisteuer (besonders reichlich aus Augsburg) erbaut wurde, ist jetzt erweitert und verlängert und hat nun stilvolle eichene Kanzel, Altar und Gestühle, in dem Westgiebel 3 Spitzbogenfenster. Auf dem spitzen, ziegelbedachten, 1821 renovirten Thurm hängen 2 Glocken, die eine 1839 von J. G. König, die andere 1759 v. J. E. Lösch in Crailsheim gegossen. In der Sakristei befindet sich das neugefaßte Bild der h. Ottilie und ihrer beiden Begleiter. Die Kirche wird von der Stiftung Westgartshausen unterhalten und dient zum Gottesdienst des evangelischen Theils der Einwohner. Die Katholiken sind nach Stimpfach eingepfarrt.

Im untern Theil des Dorfes befindet sich das 1873 neu und zweckmäßig erbaute Rathhaus, nördlich vom Ort das gut unterhaltene Schulhaus und das Forsthaus, früher die Wohnung des kgl. Revierförsters, jetzt eines Forstwarts. Am Wege nach dem Käshof ist seit 1830 der Gottesacker für Weipertshofen, Gerbertshofen, Käshof und Lixhof angelegt. Die Gemeinde besitzt ein Armenhaus und ein Schafhaus.

Vizinalstraßen führen von Stimpfach nach Gerbertshofen und von Crailsheim nach Rechenberg durch den Ort. Brücken sind 2 steinerne, eine hölzerne und 4 Stege von der Gemeinde zu unterhalten. Bei dem Quellenreichthum des Thales ist der Ort reichlich mit Wasser versehen, dasselbe ist aber kalkhaltig. Brunnen sind in der Gemeinde 7 laufende, 33 Pump- und 22 Schöpfbrunnen. Der Reiglersbach tritt zuweilen in schadenbringender Weise aus.

Von der alten Volkstracht haben sich die Florhauben und der Grepprock erhalten. Die Vermögensverhältnisse sind im allgemeinen geordnet, auf den Höhen herrscht meist Wohlhabenheit. Der größte Grundbesitz in einer Hand ist 25 ha Feld, 9,5 ha Wald, der mittlere im Ganzen 9,5–12,6 ha, der geringere 1,2–3,15 ha. Ein Theil der Ortsbürger hat auch Besitz auf angrenzenden Markungen. Der Gewerbebetrieb ist nicht bedeutend. Am stärksten sind die Schuhmacher vertreten. Die Mühlen im Ort, die Klingles- und Sixenmühle östlich von | W. haben je 2 Mahl- und einen Gerbgang. Die 4 Schildwirthschaften sind mit Brauerei verbunden. Hauptbeschäftigung der Einwohner ist Landwirthschaft und Viehzucht. Die unregelmäßig gebildete Markung, in welche die Markungen Rechenberg und Westgartshausen stark eingreifen, hat mittelfruchtbaren, schweren und naßkalten Boden ohne tiefen Grund. Im Thal herrscht Kies vor. Das Klima ist ziemlich rauh; Ost- und Westwinden ist das Thal stark ausgesetzt. Hagelschlag ist selten, Nebel und schädliche Fröste häufig.

Unter den Getreidearten herrschen Roggen, Dinkel und Haber vor. Der Bau der zweimähdigen Wiesen ist ausgedehnt und erzeugt gutes Futter. Die Obstzucht ist bisher noch sehr beschränkt, nimmt aber zu. Das Obst geräth nicht gerne. Zur Weide werden neben Brach- und Stoppelweide die Allmanden benützt. Das Weiderecht hat die Gemeinde, es erträgt 400–500 M. jährl. Pacht, 700–1000 M. Pferchnutzung. Die Güterstücke der Gemeinde 4 M. Wiesen 11/2 M. Äcker werden zur Unterhaltung des Zuchtviehs gegeben. Die Rindviehzucht gewinnt von Jahr zu Jahr an Bedeutung. Schafe deutscher Rasse hält ein fremder Schäfer im Sommer 500, im Winter 100–200. Die Zucht von Schweinen hällischer Rasse ist ziemlich bedeutend und liefert eine ansehnliche Zahl Ferkel zum Verkauf. Die Mastung geschieht meist für den eigenen Bedarf.

Neben der Volksschule mit einem Lehrer ist eine Industrieschule vorhanden. Stiftung ist keine im Ort, sondern in Westgartshausen.


Weipertshofen, der Hof eines Wicbert, war wohl ursprünglich im Besitz der Herren von Lare (Lohr). Es erscheint zuerst 1345, als Hedwig v. Luprechtszell einen Mayerhof zu W. und den dazu gehörenden Zehnten zu W., Lix, Lar auf dem Berg, sämmtlich Lehen des Gotteshauses Ellwangen, an Ital Berlin zu Dinkelsbühl verkauften, Bürgen Hartmann Wannbuch (vom Hof Wagenbuch bei Gamburg B.Amt Tauberbischofsheim), vielleicht eher Wohnbach, Gem. Faulenberg bei Schillingsfürst[ER 1], ihr Gatte, Marquart Wanbuch ihr Schwäher, Fritz Creul und Seutz Doner. Diesen Besitz verkaufte 1423 Ulrich Berlin mit einem Gütlein an Walter Stirner und Konz Wiedenmann von Botzenweiler (Bauzenhof?), 1446 Seitz Wiedenmann seine Hälfte, 1454 Anna Wiedenmann, Hans Feurers We. zu D., an Peter Mayer. Den Zehnten hatte Burkhart v. Wolmershausen | auf Rechenberg an sich gebracht. Peter Mayer gab seinen Besitz um 135 fl. an die neue Frühmesse zu Crailsheim. Hohenlohisches Anrecht findet sich noch 1348, in welchem Jahr Kraft von Hohenlohe eine Mühle, Zinse und Gülten an Ulrich Taube verkaufte. Schöll, Chronik Mscr. 1372 erwarb Hedwig die Flurheiin ein Gut von Heinz Schulheiß zu Crailsheim, St.A. Die Liebfrauenkapelle zu Crailsheim erwarb 1502 ein Gut, die Kirche von Westgartshausen 1505 von Leonh. Coumann zu Jagstheim ein Gütlein mit Äckern und Wiesen und eine Hofstatt, St.A. 1732 hatte Brandenburg 12, die Schulpflege zu Crailsheim 3, Stiftspropstei Ellwangen 3, die Herren von Berlichingen auf Rechenberg 2, die Herrschaft Burleswagen (Gräfin Pyrbaum) 1 Unterthanen. 1590 wird der Gem. W. ihr alter Trieb über den Lohrwasen bis zum Kugelwelz verbrieft.

Kirchlich gehörte W. früher zur Pfarrei Stimpfach. Nach der Reformation hielt es sich zur Pfarrei Westgartshausen. 1630 war nur ein Katholik im Ort. Später vermehrt, klagen sie über den Zwang, die luther. Feiertage zu halten, 1601–68 und konnten erst 1704 das Pfarrrecht in Stimpfach wieder erlangen (Westg. Akt.). Eine Schule muß schon vor 1681 bestanden haben. 1681 befiehlt der Kastner zu Crailsheim der Gemeinde, das alte Schulhaus zu bauen und einen Schulmeister anzunehmen.

Flurnamen: Butzenwörth, Deizenäcker, Herbstfeld, Strickfeld.


Parzellen der Gemeinde:

1. Gerbertshofen, ein freundlich gelegener Weiler oberhalb W. im Thal gelegen mit 22 Häusern und einer früher Dinkelsbühlischen Wirthschaft mit Bannrecht für die Dinkelsbühlischen Unterthanen der Umgegend. Die Dinkelsbühlischen Einwohner von Randenweiler Gem. Stimpfach mußten hier ihre Hochzeitmahle halten. Die Katholiken gehören zur Pfarrei Stimpfach, welcher der Ort früher ganz zustand, die Evangelischen zu 2/3 nach Rechenberg, zu 1/3 nach Westgartshausen.

Gerprechtshouen im Mulachgau gelegen erscheint 1024 als Grenzort des Ellwanger Bannforstes im Virgundawald, W. U. I, 257. Im 14. Jahrhundert erwarb 1363 Betz Adelhard v. Goltbach ein Gütlein zu G., darauf Lutz Lyhser saß, und 2 Morgen Wiese zu Stumpfach (sic) von Betz Kelner zu Siglershofen, 1387 das Gattergeld aus diesem Gut von Ulrich von Hohenlohe, gab es aber für ein Seelgeräthe an den Spital | in Dinkelsbühl, Dk. A. Die andere Hälfte dieses Lehens verkaufte Betz Lychsner zu Stimpfach 1403 an Seiz Geilfuß zu G. Als dasselbe 1433 öde lag, erwarb es der Spital zu D. von Hans Gerwer zu Steinbach a. d. J. und Kath. Zircker. Ein weiteres unbesetztes Gut erwarb der Spital 1438 von Konz Mistlauer zu Veitswind[ER 2] und Dretwin zu „Eschersberg“ s. u. Die neue Messe zu Crailsheim kaufte Grundbesitz von Heinz Schopfloch 1379, verkaufte ihn aber (resp. die Schulpflege) 1563. 1413 erscheint auch Seitz Berenweiler B. zu D. als Grundbesitzer, der an Hans Keppner, Pf. zu Ullinswanc, Güter verkauft (Cr. Reg.). Den halben großen Zehnten sammt Gülten hatte Burkh. v. Wolmershausen auf Rechenberg als ellwang. Lehen, St.A.; Cr. Reg. 1602 verkaufte Wolf Dietr. Berlin zu Wäldershub ein Gut an Heinr. Steinhäuser auf Rechenberg, St.A. 1732 hatte Brandenburg 3, die Schulpflege zu Crailsheim 1, Dinkelsbühl 4, die Herren von Berlichingen auf Rechenberg 5, v. Hofer auf Wildenstein 2 (früher den Senft in Matzenbach zuständig) Unterthanen. 1655 wurde G. mit „Estleinsberg“ über Trieb und Hut vertragen, Cr. Akt.

Flurname: Jockenfeld.

2. Hochbronn, ein hochgelegener, wohlhabender Hof auf dem Rücken zwischen dem Schippersbach und Reiglersbach. Zu Hohenbrunn erwarb 1379 die neue Messe zu Crailsheim von Heinz von Schopfloch ein Gut, das ihrer Rechtsnachfolgerin, der Schulpflege zu Cr. blieb, Cr. Reg. Der Zehnte gehörte 1357 Hohenlohe (Gültb. v. 1337). Bei Hochbronn war ein Hof zum Korneffel Crailsh. Kb.

3. Käsbach, 2 Höfe in einem kleinen Seitenthälchen unterhalb Hochbronn, mit wohlhabender Bevölkerung. An einer rundbogigen Hausthüre steht 15 .. Unweit davon steht ein Steinkreuz.

K. gehörte bis 1562 zur Pfarrei Crailsheim sowie zum Amt Crailsheim. 1357 war es von den Grafen v. Hohenlohe an Konrad v. Lickartshausen versetzt. Auf dem Sandberg aber hatte Retzlin v. Wallhausen ein Reutlehen, Hoh. Gültb. v. 1357. 1430 gab Albrecht Ebner B. zu Nürnberg 400 Schafe an Konz Greuselmann auf die Weide zu Keßbach. Der Schäfer zu K. vertrug sich mit Siglershofen über Hut und Trieb 1490, Kr. Arch. Nürnb. 1463 kauft Martin zu K. ein Gütlein zu Weipertshofen von Ulrich Hagen zu Hub. 1674 sitzt auf | dem untern Käshof der gewesene Trompeter Hans Lösch, Westgarth. Kb.

4. Klingleshof, früher Klinglesmühle, liegt im Thal oberhalb Gerbertshofen und gehört zur Pfarrei Rechenberg. 1429–61 besaß Burkh. von Wolmershausen Zehnten und Gülten zur Klingen d. h. Quelle als ellwangisches Lehen. Später gehörte K. Dinkelsbühl.

5. Lixhof ein Hof mit 2 Häusern (Ober- und Unter-L.) am südlichen Abhang eines Bergrückens über dem Reiglersbach. 1732 war ein Hof ellwangisch, der andere gehörte den Herren von Berlichingen auf Rechenberg.

L., 1357 Lisenberg, der Berg mit Lieschgras bewachsen, später zur Lichs oder Luchs, war 1357 von Hohenlohe an Konr. v. Lickartshausen versetzt, Hohenl. Gült. 1393 übergibt Konr. v. Lickartshausen seinem Bruder Walter Güter und Gülten zu Lisenberg (nicht Eisenb.) ib. 64, 31. Zehntrechte zu der Lix gehörten auch zu einem Hof in Weipertshofen, den Hedwig v. Luprechtszell 1345 an Ital Berlin verkaufte, s. Weipertshofen; 1429 hatte Burkhard von Wolmershausen auf Rechenberg Zehnten und Gülten zu der Lix, St.A.

Vor der Reformation gehörte der Hof wie Nestleinsberg zur Pfarrei Stimpfach, wohin die kathol. Einwohner noch heute gepfarrt sind.

6. Nestleinsberg, ein freundlich gelegener Hof mit 3 Häusern am Südosthang des Bergrückens, der zwischen Lohr und Gerbertshofen hinzieht, mit reizendem Blick auf das Reiglersbachthal und die Wälder auf den jenseitigen Höhen.

N., 1391 Eschenau, 1464 Eschnersberg, 1573 Mestelberg (Westg. Akt.), 1850 Ästleinsberg, die Aue bei den Eschen. 1391 hat der Spital zu Dinkelsbühl Gülten zu Eschenau (Gültbuch des Spitals), 1461 trägt Burkh. v. Wolmershausen als ellwangisches Lehen Zehnten und Gülten zu Eschersberg, Cr. Akt, 1434 s. Gerbertshofen. 1464 hatte die Hälfte am Hof zu Eschnersberg (was früher 2 Lehen waren), Hans Flieginsland, B. zu D. und sein Sohn Wilhelm, die ihn an Kath. Lienh. Hannemanns We. zu Crailsheim verkaufen. Eine spätere Bemerkung außen auf der Urkunde sagt: 3 Theil des Hofes sein Konz Roßler, der 4. Theil des Kl. Oterburg (Otterberg in der Pfalz). 1491 trat Karl Berlin zu D. seine halbe Gült am Hof zu Eschnersberg an die St. Katharinenpfründe zu D. | ab, der die andere Hälfte gehörte, Dk. A. 1511 verkauft Hans Neulein seinen Hof zu Eslesberg an Burkhard Hirsing, Vogt zu Vellberg, ib. 1655 wird Estleinsberg mit Gerbertshofen über Hut und Trieb vertragen. Der Hof gehörte bis 1810 Dinkelsbühl, der Zehnte nach Ellwangen.

7. Sixenmühle, einsame Mühle in dem stillen Thälchen, das unterhalb Vehlenberg von 2 kleinen Bächlein gebildet wird.

Die Mühle gehörte dem Kapitel Ellwangen und gab den Zehnten nach Jagstzell und ist noch wie vor der Reformation nach Stimpfach eingepfarrt. Ihren Namen hat sie wahrscheinlich, wie der nahe jetzt abgegangene Sixenhof, von Sixt von Ehenheim, der 1501 das unweit gelegene Großenhub erkaufte.

8. Steinbach am Wald, im Unterschied von Steinbach a. d. Jagst, ein frei hochgelegener Weiler auf der Wasserscheide zwischen dem Reiglersbach und der Rechenberger Roth, mitten in Wäldern, früher zur Pfarrei Stimpfach, jetzt zu Wildenstein gehörig.

St. hieß früher Steinbächlein. 1461 hatte Burkh. v. Wolmershausen auf Rechenberg Gülten zu St. als ellwangische Lehen, Cr. Akten. 1608 21. Juni wird Steinbächlein auf dem Wald mit Bautzenhof wegen Hut und Trieb vertragen, wobei Wilh. Rupert, Wilh. von Wellwarts reisiger Knecht, Zeugnis geben mußte. Der Winter 1607/08 war ungeheuer kalt in St. (Cr. Akten).

Der Weiler gehörte ganz zur Markgrafschaft Brandenburg, gab aber den Zehnten nach Ellwangen.


Errata

  1. eingeschoben gemäß Berichtigungen und Ergänzungen, Seite VI.
  2. S. 494 Z. 6 l. Veitswind. Siehe Berichtigungen und Ergänzungen, Seite VI.
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