Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 7 (1861), ab Seite: 196. (Quelle)
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Hager, Joseph (III.) (Sinolog, geb. zu Mailand 30. April 1757, gest. zu Pavia (nach Kayser’s Bücher-Lexikon) 27. Juni 1819). Entstammt einer deutschen Familie, welche in Mailand lebte. Seine Erziehung erhielt er in Wien an der orientalischen Akademie, wo er vornehmlich orientalische Sprachen betrieb; später begab er sich nach Rom und bildete in der Congregation der Propaganda seine Sprachenkenntniß noch mehr aus. Dann wurde er der kaiserlichen Gesandtschaft in Constantinopel zugetheilt, wo er zwei Jahre lebte; hierauf unternahm er Reisen nach Italien, Spanien, Frankreich, England, Deutschland und Holland, besuchte die großen Bibliotheken und machte sich mit den wichtigsten und seltensten Werken und Manuscripten bekannt, deren Kenntniß ihm zu den Arbeiten, die er vorhatte, nöthig schien. Im Jahre 1799 begann er in Leipzig seine chinesischen Sprachstudien mit Bayer’s „Museum Sinicum“, und dem chinesischen Originalwerke „San-tse-king“, welches Buchhändler Breitkopf besaß. Von Leipzig begab sich Hager nach Berlin, setzte dort seine Studien des Chinesischen fort, gab bereits einige darauf bezüglichen Abhandlungen heraus und verkündete die Veröffentlichung eines chinesischen Original-Lexikons, welche Nachricht von Allen, die sich mit dem Studium des Chinesischen beschäftigten, freudig aufgenommen wurde. Ja die Theilnahme für Hager in der wissenschaftlichen Welt war so groß geworden, daß er einen Ruf nach Paris erhielt und ihm dort ausschließlich zur Zustandebringung seines Vorhabens ein Jahrgehalt von 6000 Francs angewiesen wurde. Zur Erklärung dieser Munificenz diene der Umstand, daß man sich in Frankreich seit Ludwig XIV. mit der Ausführung dieses Sprachdenkmals, was ein chinesisches [197] Wörterbuch unter allen Umständen ist, herumtrug, und nun nach Hager’s Ankündigung der günstige Moment zur längstersehnten Verwirklichung dieser Idee zu nahen schien. Hager arbeitete bereits vier Jahre, ohne daß jedoch die Arbeit vorwärts schritt, vielmehr hatten mehrere seiner in der Zwischenzeit veröffentlichten Abhandlungen heftige Angriffe erfahren und diese hatten zur Folge, daß man Hager’s Arbeit vor ihrer Veröffentlichung einer sorgfältigen Prüfung competenter Gelehrten zu unterziehen beschloß. Das Resultat der Prüfung war, daß man die Herausgabe des chinesischen Wörterbuches bis auf Weiteres vertagte. Hager, über diesen Vorgang wenig erfreut, verließ Frankreich und machte wieder Reisen. Zunächst setzte er sich in Oxford fest, wo er 1806 als Professor der deutschen Sprache und Literatur wirkte; 1809 erhielt er die Professur der orientalischen Sprachen an der Universität zu Pavia, bald darauf die Stelle eines Conservators an der Brera zu Mailand, welche er bis an seinen Tod, der im Alter von 62 Jahren erfolgte, bekleidete. Hager’s literarische Wirksamkeit war sehr groß, er schrieb in mehreren Sprachen und über verschiedene Fächer, u. z. Reisewerke, über das Chinesische, über Archäologie, über Sprachen im Allgemeinen u. s. w.; am zahlreichsten sind seine Arbeiten über China und seine Sprache, welche hier in chronologischer Ordnung folgen: „Piēn Hŏe Yĕ or an Explanation of the elementary Characters of the Chinese, with an[WS 1] Analysis of their ancient Symbols and Hierogliphycs“ London 1801 Fol.; mit dieser Schrift, die jedoch keine Sprachlehre, sondern vielmehr eine Art Einleitung zu einem chinesischen Wörterbuche ist, eröffnete Hager die Reihe seiner über das Chinesische erschienenen Werke; – „Monument de l’Empereur Yu, ou[WS 2] la plus ancienne inscription de la Chine suivie de trente deux différentes formes des plus anciens caractères de ce vaste empire Chinois avec des remarques“ (Paris 1802, Treuttel & Würtz, gr. Fol., mit K. K.); die einzige getreue Copie dieses sprachlichen Denkmales befindet sich in der kais. Bibliothek zu Paris; Missionär Amyot hat sie aus China mitgebracht und bei der Herausgabe war man sorgfältig bedacht, die Charaktere in ihrer ursprünglichen Form und Größe wiederzugeben. Klaproth beurtheilte dieses Werk in der Jenaer allgem. Literatur-Zeitung [1804, Nr. 45], und in einer besonderen Schrift: „Schenn-Yü-Bei-Dschenn-Y“ (Halle 1814) brachte er dessen Uebersetzung; – „Prospectus d’un dictionnaire chinois“ (Paris 1805); – „Description des médailles chinois du cabinet impérial de France précédée d’un Essai de numismatique chinoise, avec des eclaircissements sur le Commerce des Grecs avec la Chine“ (Paris 1805) Treuttel & Würtz, gr. 4°.); der Anhang in diesem Werke, der im Titel angedeutet ist, erschien deutsch unt. d. Tit.: „Ueber die Bekanntschaft der alten Griechen mit China und über den Zug einer Caravane in das Land der Seen“, in den „allgemeinen geographischen Ephemeriden“ vom Jahre 1805 [Juniheft, S. 283– 291]; – „Elements[WS 3] of the Chinese language“ (London 1806); – „Panthéon chinois on Parallèle entre le culte religieux des Grecs et celui des Chinois avec des nouvelles preuves que la Chine a été connue des Grecs“ (Paris 1806, P. Didot âiné, 4°., mit K. K.); – „Memoria sulla bussola orientale letta all’ universita di Pavia“ (Pavia 1806, Fol., mit K. K.); H. legt in dieser Schrift den Chinesen die Erfindung des Compasses bei, wurde [198] aber von Dom. Alb. Azuni, einem um das Seerecht und die Geschichte des Seewesens vielfach verdienten Manne, in einer besonderen Schrift angegriffen; – „Miniere dell’ Oriente“ (Milano 1811, 4°.); H. stellt darin eine Parallele zwischen den Türken und Chinesen auf, aus welcher sich ergeben soll, daß der größte Theil der türkischen Sitten sich aus China herschreibe; – „Iscrizioni cinesi di Quàngceu“ (Milano 1816, 8°.); eine Uebersetzung der wichtigsten Inschriften, welche sich auf den öffentlichen Gebäuden in Canton befinden. Hager erhielt sie aus der Sammlung des Directors Maissoni; die Uebersetzung begleitet er auch mit speciellen Angaben über die Bestimmung der einzelnen Gebäude. Ueber andere Sprachen und archäologische Gegenstände gab er heraus: „Nachrichten von einer literarischen Betrügerei auf einer Reise nach Sicilien im Jahre 1794 entdeckt“ (Erlangen 1799, gr. 4°.), von ihm selbst auch französisch: „Relation d’une insigne imposture litteraire ...“; (ebenda), eine der verdienstlichsten Arbeiten H.’s; der Maltheser Vella wollte nämlich neben anderen wichtigen Manuscripten auch einen arabischen Livius entdeckt haben, und begann die Herausgabe desselben, der aber nichts anderes war, als eine von Vella ausgeführte Uebersetzung des römischen Historikers. Hager, von dem Könige von Neapel mit der Untersuchung dieser Sache beauftragt, unterzog sich 1794–96 derselben und entdeckte diesen literarischen Betrug, wovon er in obiger Schrift Nachricht gibt; – „Neue Beweise der Verwandtschaft der Hungarn mit den Lappländern“ (Wien 1794, kl. 8°.), ein neuer Beitrag zu Hager’s Lieblingsstudien, zu Folge welchen er Vergleichungen zwischen Völkern anstellt, an deren Aehnlichkeit bisher nicht gedacht worden; in seinem literarischen Eifer geht nun H. öfter sehr weit und verirrt sich in gewagte Hypothesen; – A Dissertation on the newley discovered Babylonian Inscriptions“ (London 1801); eine deutsche Uebersetzung davon erschien von Julius Klaproth in seinem „asiatischen Magazin“ (Bd. I, S. 246–256, 292–317, 478–531 und 532–546), auch besonders gedruckt (Weimar 1802, Industr. Comptoir, gr. 8°., mit K. K.); – „Illustrazione di un Zodiaco orientale del gabinetto delle medaglie di S. M. à Parigi, scoperto recentemente presso le sponde del Tigri, in vicinanza dell’ antica Babilonia, monumento che serve ad illustrare la storia dell’ astronomia ed altri punti interessanti d’ antichità“ (Milano 1811); – „Observations sur la rassemblance frappante qu’on découvre entre les Russes et les Romains“ (Milan 1817, 4°.) – „Ricerche sopra una pietra preziosa della veste pontificale di Aarone“ (Milano 1814, Fol.);– „Memoria sulle sifre arabiche“ [in den „Fundgruben des Orients“, II, 65]. Seine ethnographischen Studien und Reisebeschreibungen endlich sind enthalten in den Werken: „Schreiben aus Wien an Herrn Pallas in St. Petersburg“ (Wien 1789, gr. 4°.); – „Reise von Wien nach Madrid im Jahre 1790“ (Berlin 1791, 8°.); – „Reise von Warschau über Wien nach der Hauptstadt von Sicilien“ (Wien 1795, 8°.); – „Gemälde von Palermo“ (Berlin 1799, 8°.); – „Gesandtschaftsreise nach dem Königreiche Ava im Jahre 1795 unternommen von Major M. Symes nebst Einleitung in die Geschichte von Ava, Pegu, Arrakon, Beschreibung des Landes und Bemerkungen über Verfassung, Sitten und Sprache der Birmanen. Aus dem Englischen mit Vorrede und Anmerkungen“ (Hamburg 1800, gr. 8°.), bildet auch den 13. Band der „neueren Geschichte der See- und Landreisen“. Hager’s [199] literarische Thätigkeit ist eine, wie diese Reihe seiner Schriften darthut, sehr fruchtbare gewesen. Seine chinesischen Forschungen haben vielfache Angriffe erfahren und H. mußte sich einen literarischen Charlatan nennen hören. Gewiß ist es, daß er mit seinen ausgebreiteten Kenntnissen nicht zu große Gewissenhaftigkeit bei seinen Forschungen verband und sich zu oft von seiner Phantasie hinreißen ließ. So ging Hager wie ein glänzendes Meteor am literarischen Himmel auf, aber verschwand auch eben so schnell wieder. Jedoch enthalten seine Arbeiten neben den Unrichtigkeiten und unbewiesenen Hypothesen vieles Gute und Brauchbare und unter allen Umständen hat H. um die Förderung der chinesischen Sprachstudien, wenigstens durch Anregung einer gründlichen Kritik in indirecter Weise unbestreitbare Verdienste.

Ersch und Gruber, Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste (Leipzig, erst Gleditsch, dann Brockhaus, 4°.) II. Section, Bd. 1, S. 171–174, Artikel von A. G. Hoffmann. – Biographie des hommes vivants ... (Paris 1817, L. G. Michaud, 8°.) Bd. III, S. 356. – Nouvelle Biographie générale ... publiée par MM. Firmin Didot frères, sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris 1850, 8°.) Bd. XXIII, Sp. 95. – Biographie nouvelle des Contemporains d’Arnault, tom. IX, p. 10. – Supplement au Dictionnaire Chinois-Latin du P. Basile publiè par Klaproth (Fol.), Artikel von Abel Rémusat. – Klaproth (Julius), Leichenstein auf dem Grabe der chinesischen Gelehrsamkeit des J. Hager (Halle 1811, 8°.) [wie schon der Titel andeutet, ist diese Schrift eine satyrische Enthüllung der von H. begangenen Irrthümer in seinen chinesischen Forschungen]. – Quérard (J. M.), La France litteraire (Paris 1830, 8°.) Tom IV, S. 8. – Oesterreichische National-Encyklopädie, herausg. von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. II, S. 476 [nach dieser geb. 30. April 1759, gest. 1819]. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, bibliographisches Institut, gr. 8°.) Bd. XIV, S. 721.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: on.
  2. Vorlage: on.
  3. Vorlage: Elemens.