Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 4 (1858), ab Seite: 27. (Quelle)
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Elßler, Fanni (Tänzerin, geb. zu Wien 1812). Ihr Vater Johann (gest. 6. Oct. 1843) war Leibcopist des berühmten Joseph Haydn. Als Kind kam sie mit ihrer Schwester Therese zu Horschelts Kinderballet, welches im Theater an der Wien Vorstellungen gab; nach dessen Auflösung – 1817 – in’s [28] Kärthnerthor-Theater[WS 1], bald darauf aber ging sie zugleich mit ihrer Schwester nach Neapel, wo beide ihre höhere Ausbildung für das Ballet erhielten. Nun unternahmen die Geschwister Kunstreisen, welche in Italien und Deutschland nur eine Folge von Triumphen waren. Im J. 1830 tanzte Fanni in Berlin und die geistreiche Rahel, durch Friedrich von Gentz auf die neue Muse des Tanzes aufmerksam gemacht, trug wesentlich zu den glänzenden Erfolgen bei, welche Fanni in der Spreestadt feierte und die für ihre ganze Zukunft maßgebend wurden. 1834 entzückte sie die Pariser; Veron damaliger Director der italienischen Oper, trug ihr seine Hand an und Jules Janin widmete von seinen Ergüssen der Bewunderung und des Entzückens für Rachel redlich die Hälfte der berühmten Tänzerin vom Donaustrande. Im Jahre 1841 unternahm sie mit ihrer Schwester eine Reise nach Amerika, dessen Bewohner in Enthusiasmus für die anmuthige Tochter Terpsichorens mit Europa wetteiferten. Die „Königin des Tanzes Fanni I.“, wie man sie allgemein nannte, wurde in allen Sprachen von hundert und hundert Dichtern besungen. Nach ihrer Rückkehr aus dem andern Welttheile tanzte sie in Petersburg, auch mit demselben Erfolge und 1851 noch einmal in Wien im Ballete „Faust“, um dann für immer die Bühne zu verlassen. Anfänglich nachdem sie der mit solcher Virtuosität geübten Kunst Lebewohl gesagt, zog sie nach Hamburg und lebte dort auf einer kleinen von ihr erkauften Besitzung vor dem Dammthore zurückgezogen und wegen ihrer Anmuth und Liebenswürdigkeit im Umgange allgemein geschätzt. Später aber übersiedelte sie nach ihrer Vaterstadt Wien, wo sie seither lebt und wenn sie bei Festen öffentlich erscheint, durch ihre Grazie noch fesselt. Sie übte ihre Kunst mit einer Vollendung, worin sie – selbst von der Taglioni – nicht übertroffen worden ist. Ihre Mimik, jede ihrer Bewegungen war Grazie; ihr Tanz leicht und immer charakteristisch. Einer der graziösesten Tänze, womit E. das kunstliebende Publicum zweier Welttheile hinriß, war die „Cachucha“, bei welcher Gelegenheit M. G. Saphir schreibt: „Fanni Elßler tanzt die „Cachucha“ mit den Füßen, mit den Augen, mit dem Munde, mit tausend Lächeln, mit Millionen anmuthigen Commentaren, mit Millionen süßen Randglossen; das ist die Cachucha und man könnte sagen, die Cachucha tanzt durch die Elßler“. Wie alles in der Cachucha von ihrem Tanze, so wurde alles in der „Esmeralda“ von ihrer Mimik hingerissen.Therese[WS 2] (Tänzerin, geb. zu Wien nach Brockhaus 1808, nach Mayer 1810). Schwester der Obigen, mit welcher sie die gleiche Erziehung, den gleichen Unterricht im Tanze genoß, längere Zeit vereint mit ihr die Kunstreisen unternahm und durch die Kraft, Kühnheit und Gewandtheit, die sie im Tanze entfaltete, gleiche Erfolge feierte. Seit 1851 ist sie in morganatischer Ehe mit dem Prinzen Adalbert von Preußen vermält, und von Sr. Majestät dem Könige von Preußen in Folge dessen zur Frau v. Barnim erhoben worden.

Lettres à un artiste (Brüssel 1841) [Briefe eines jungen Polen an die allgemein bewunderte Tänzerin, worin er sie in den überschwenglichsten Ergüssen feiert und als bezauberndes Ideal mit einem wahren Heiligenschein umgibt]. – An Fanny Elßler. Eine Apotheose. Nach dem Italienischen des G. Prati frei bearbeitet und ergänzt von Cajetan Cerri (Wien 1851, 8°.) [die Widmung lautet wörtlich: „Dir, Fanny Elßler, von zwei Welten die „Göttliche“ genannt, widmet in neuer Gestaltung diese Blume, die vom Süden Dir ward, der sie auf Deiner Heimat theuren Boden verpflanzt“]! – Humorist. Herausgeg. von M. G. Saphir. 1839, Nr. 95: „Marie Taglioni. Fanni Elsler“ [aus Saphirs „Kunstfrachtbriefen [29] an Franz Lißt“, S. schreibt von der E.: „Ich halte die Taglioni für die bewundernswertheste Tänzerin, aber die Elsler für die vollendetste, denn nur da ist Vollendung, wo die Seele tanzt ....“..... „Die Fanni E. war erst Grazie, verlegte sich deshalb auf den Tanz und wurde – Fanni Elsler“]. – Morgenblatt (Stuttgart, Cotta, 4°.) 1837, S. 1084: „Korrespondenz aus Paris“ October [daselbst wird ein Porträt in Worten von ihr entworfen, worin sie eine „nordische Spanierin“ genannt und ihr am Schlusse der Rath ertheilt wird, „sie solle ihre Fingerspitzen nicht allzusehr mit Rosenroth färben, indem diese Sorgfalt gar nicht nöthig sei“]. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, Weber, kl. Fol.) 1845, Nr. 108, S. 64: „Bericht aus Mailand über die Elßler und sie selbst Cachucha tanzend dargestellt“ [der Enthusiasmus der Mailänder überstieg alle Gränzen. Von Genua wurden Blumen fuhrenweise herbeigeschafft. Riesenbouquets, jedes von vier Fakins herbeigetragen, wurden der Gefeierten dargebracht, Kränze und andere Simbole, so wie eine Unzahl von Gedichten und Abbildungen gestreut]. – Mainzer Unterhaltungs-Blätter 1840, Nr. 183: „Fanny Elßler in New-York.“ – Frankfurter Konversationsblatt 1842, Nr. 179: „Das Theater an der Wien“ von Heinr. Börnstein [enthält eine kleine Episode aus F. E.’s Jugendleben]. – Magazin für die Literatur des Auslandes (Berlin, kl. Fol.) 1841, Nr. 7: „Fanni Elßler am Niagarafall“ [eine Probe amerikanischen Enthusiasmus]. – Frankl (L. A. Dr.), Sonntagsblätter (Wien 1842) S. 709 [ein Aufsatz sammt Gedicht von Frankl und „Fanni Elsler in Amerika und in Wien“ von Sternau]. – Oestr. Courier (Bäuerle’s Theaterzeitung) 1848, Nr. 283, S. 1141: „Fanni Elßler in St. Petersburg.“ – Hamburger literar. u. krit. Blätter 1848, Nr. 107: „Fanny Elßler und das Ballet.“ – Iris (Grazer Modeblatt) 1850 (II. Jahrg.) 1. u. 8. August: „Fanni Elsler.“ – Salon (Prager Blatt, 4°.) 1854 , Nr. 274: „Ein Dessert für Fanny Elßler“ [Mittheilung aus Verons Memoiren über das erste Auftreten der Geschwister Elßler in Paris]. – Sonntagszeitung, redig. von Ritter v. Levitschnigg (Pesth, 4°.) 1855. – (Brockhaus) Conversations-Lexikon (10. Aufl.) V. Bd. S. 457 [nach diesem geb. 1811]. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon (Hildburghausen 1845, Bibliogr. Inst., Lex. 8°.) VIII. Bd. S. 481 [dieses und noch andere Werke lassen sie eine Gattin Dir. Verons sein, was irrig ist]. – Bäuerle’s Theater-Zeitung, die (Frankfurter) „Didaskalia“, Diezmanns „Allgem. Modenzeitung“, die (Hamburger) „Jahreszeiten“, der „Figaro“, das Frankfurter „Konversationsblatt“ enthalten in der Periode ihres höchsten Glanzes überdies zahlreiche liebenswürdige Züge aus ihrem Künstlerleben.[BN 1][BN 2]Porträte. Unterschrift: Fanny Elssler. Gez. von Fr. Krüger, lith. von Wild (Paris publié par Goupil et Vibert, Fol.) [eines der reizendsten Bilder dieser Grazie des Tanzes]. – Costume-Bilder. F. Elßler in der Cracovienne. Costumebild zur Theater-Zeitung Nr. 92 (W. Zinke sc., 4°.). – Fanny Elßler und Herr Carey in dem Ballete: „Faust“. Bild Nr. 28 zur Theater-Zeitung. J. Surch sc.Denkmünze. Zu Ehren der berühmten Tänzerin wurde von Franz Gaul eine Denkmünze gravirt. Avers: das wohlgetroffene Porträt der Tänzerin mit der Umschrift: „Fanny Elßler.“ Revers: Eine tanzende Figur mit der Umschrift: „Terpsichorens Liebling“ [vergl. Frankls Sonntagsblätter 1842, S. 776]. – Rückerts ironisches Gedicht an die berühmte Tänzerin erregte seiner Zeit großes Aufsehen. Es heißt darin unter Anderem:

Nun kann ich ruhig zu Grabe gehen,
Ich habe das Höchste im Leben
Der göttlichen Fanni Gebeine gesehen
Sich bis zum Himmel erheben.

Zur Kritik ihrer Leistungen im Tanze. Als Fanni E. ihre Laufbahn begann, stand die Tanzkunst in Deutschland noch auf keiner sehr hohen Stufe und war auch noch nicht zur Mode des Tages geworden. Erst Fanny E. selbst machte dies möglich. Der Enthusiasmus, den sie überall erregte, war beispiellos. Wenn man etwas als den Inbegriff der Grazie bezeichnen wollte, so nannte man es à la Elßler. Kam es doch vor, daß man im J. 1845 die Taalikschrift ihrer Zierlichkeit wegen die „Fanni Elßler unter den Schriften“ nannte. Fanni war wirklich eine Zierde der Bühne und in ihrer Kunst eine Größe, die seither nicht übertroffen wurde. Die Ausdauer, welche die Künstlerin beim Tanze beurkundete, veranlaßte das treffende Bonmot: „Sie tanzt ja auf Elfenbeinen.“ Es herrschte ein wundervoller Rhythmus[WS 3] in allen ihren wellenartigen Bewegungen, jeder ihrer pas war vollendet ästhetisch, sie verstand es Charaktere, Zustände, Conflicte und Ideen durch eine bewunderungswürdige Mimik zu versinnlichen. Ihr Tanz war das zu menschlich schönem Gliederspiel verkörperte Wort, und sie war die Schöpferin des eigentlichen „dramatischen Tanzes“, „la danse en action“, wie es die Schule nennt.

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Elßler, Fanni [Bd. IV, S. 27].
    Wiener Familien-Journal (Beilage des „Wiener Journal“) 1867, Nr. 13: „Fanni Elßler. Episode aus dem Leben der Künstlerin“. Nacherzählt von A. Schentz. – Neues Familien-Journal (Beilage des Neuen Wiener Tagblatt) 1867, Nr. 58: „Zwei Größen des Wiener Kinderballets“. – Coulissen-Geheimnisse (Wien, Waldheim, gr. 8°.) S. 1: „Fanni Elßler hinter den Coulissen“ [mit Holzschnitt]. – Fremden-Blatt. Von G. Heine (Wien, 4°.) 1865, Nr. 274: „Künstler-Anekdoten. IV. Die göttliche Fanni“. – Der Humorist. Von M. G. Saphir (Wien, 4°.) III. Jahrg. (1839), Nr. 144 u. 145: „Die Bayaderen am Wien-Fluß. Ein Fuß-Billet an Dlle Fanni Elßler“. Von Saphir. – Gartenlaube (Leipzig, Ernst Keil, 4°.) 1867, S. 607: „Zwei Zöglinge des Wiener Kinderballets“. – Theater-Zeitung. Herausg. von Adolph Bäuerle (Wien, gr. 4°.) 1852, Nr. 292. – Iris (Gratzer Moden- und Musterblatt, schm. 4°.) 15. Jahrg. (1863), III. Bd. 9. Lfg.: „Kleine Memoiren. Aus dem Coulissenleben der Elßler“. Von B. Z. C. [Band 24, S. 402]
  2. E Elßler, Fanni [Bd. IV, S. 27; Bd. XXIV, S. 402].
    Bazar 1870, Beilage zur Nr. 2 vom 15. Jänner: „Fanni Elßler und Friedrich Gentz“. Von S.(chmidt) W.(eißenfels). – Bäuerle’s „Theater-Zeitung“ (Wien, 4°.) enthält im Jahrgang 1841 eine ganze Folge von Briefen über die Kunstreise der Fanni Elßler in Amerika. [Band 26, S. 374]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Kärtnerthor-Theater.
  2. Therese Elßler (Wikipedia).
  3. Vorlage: Rhytmus.