Aus Capitain Boyton’s Leben

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Titel: Aus Capitain Boyton’s Leben
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aus: Die Gartenlaube, Heft 36, S. 606–608
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1875
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Aus Capitain Boyton’s Leben.

Der kühne Amerikaner, der, getragen von seinem Kautschuk-Costüm, die Meerenge zwischen England und Frankreich durchschwamm, ist neuerdings in Deutschland zum Helden des Tages geworden, nachdem sich das Gerücht bewahrheitete, daß er, von einem unternehmenden Restaurateur in der Nachbarschaft von Berlin um einen enormen Preis gewonnen, sich und seinen Apparat auf dem von der deutschen Reichshauptstadt eine halbe Stunde entfernten „Weißen See“ produciren wird. Wir glauben daher nicht irre zu gehen, wenn wir annehmen, daß einige nähere Angaben aus dem Leben des Capitain Boyton, wie dieser selbst sie dem Berichterstatter eines englischen Blattes gemacht, unsern Lesern nicht uninteressant sein werden. Ist das Leben des waghalsigen Yankee bisher doch ein wahrer Roman voller Abenteuer und Abwechselungen gewesen, obschon er die Jahre der Männlichkeit kaum erreicht hat – als Schatzgräber, als Perlenfischer, als Diamantensucher, als Trapper und Händler in den Prairien des fernen Westens, als Freischärler in Mexico und Frankreich, in allen diesen verschiedenen Fächern hat sich Capitain Boyton bereits versucht. –

„Schon in meiner frühesten Kindheit,“ beginnt er seine Erzählung, „fühlte ich mich unglücklich und im höchsten Grade unbehaglich, wenn ich mich nicht alle Tage baden konnte. Als ich acht Jahre alt war, verbrachte ich den größten Theil meiner Zeit damit, daß ich vom Wasser abgeschliffene Steine aus dem Strome fischte, wie man dieselben bei uns zum Ausbessern des Straßenpflasters gebraucht. Für je hundert solcher Steine erhielten wir dreißig Cents. Ich war das Haupt dieser jugendlichen Taucherbande und krabbelte manchen Tag so oft auf dem Grunde des Flußbettes umher, daß ich dort mehr zu Hause war als in meiner elterlichen Wohnung.

Mein erstes Lebensrettungswerk versuchte ich 1859, als elfjähriger Knabe. Eines Nachmittags ging die ganze Schule, die ich besuchte, zum Baden hinaus. Der Strom war ziemlich niedrig, und manche von uns konnten ein gut Stück in das Wasser hinein waten. Plötzlich aber gerieth einer meiner Cameraden in eine tiefe Stelle. Ich stand noch am Ufer, als das Geschrei erscholl, einer von uns sei ertrunken. Sofort sprang ich in’s Wasser, denn jählings kam’s wie eine wahre Leidenschaft über mich, den Jungen zu retten. Ich tauchte unter, allein ich konnte ihn nicht sehen und kam unverrichteter Sache wieder an [607] die Oberfläche; da bemerkte ich etwas weiter stromab ein Paar Arme, die sich gelegentlich aus dem Wasser emporreckten. Rasch war ich wieder unten, und diesmal stieß ich auf den Unglücklichen. Leicht zog ich ihn heraus; doch jetzt verließen mich meine Kräfte. Zum Glück sahen es einige Fischer am Ufer; sie kamen schnell heran gerudert und brachten uns Beide wieder an’s Land. Und es gelang, den Todtgeglaubten wieder in’s Leben zurückzurufen. Welches Fest war es für uns Alle! Für mich wurde von den Umstehenden eine Hand voll kleiner Silbermünzen gesammelt, und damit tractirte ich Abends dann die ganze Schule.

Etwa zehn Monate darauf rettete ich einen andern Knaben, auch einen meiner Mitschüler.

Als ich das Institut verließ und in Westmoreland im Staate Pennsylvanien zur Schule ging, setzte ich fort, was ich drüben getrieben hatte. Immer bin ich ein wilder Bursche gewesen, der sich mit Lesen und Lernen den Kopf nicht beschweren mochte. Waren wir nicht in der Classe, so tummelte ich mich sicherlich im Wasser umher. Wie ein Kork, so schwamm ich im Flusse auf und nieder, und den Boden jedes Baches und jedes Gewässers kannte ich so genau wie das Gesicht meines Vaters. Auch jetzt noch zählte das Herausfischen von runden Pflastersteinen zu meinen Haupt- und Lieblingsgeschäften.

Im Jahre 1863 hatte ich die Schule hinter mir und zog mit meinem Vater nach dem Westen, um dort mit den Indianern Handel zu treiben. In der Regel begaben wir uns von New-York direct an die Grenze des Indianergebiets und schickten von da aus die gekauften Waaren auf der Eisenbahn nach Hause.

Ich meine, der Indianer ist das verfehlteste Geschöpf, das je auf zwei Beinen gewandelt hat. Diese Chippewas in Minnesota stahlen Alles und Jedes, was ihnen unter die Hände kam. Ohne geladene Revolver bewegten wir uns deshalb niemals unter diesem Diebsgesindel. Wahrhaftig, der Indianer ist zu nichts gut und nütze, als für Barnum und für Romanschreiber. Jedenfalls hat er seine Rolle ausgespielt. Er arbeitet weder, noch jagt er jetzt mehr oder gräbt er Gold; er lottert blos umher und trinkt, und dann ist er schlimmer als eine Bestie. Irgendjemand hat gesagt, sein Verderben sei gewesen, daß ihn Columbus entdeckte, und ich fürchte, der Ausspruch ist nicht ohne Grund.

Kurze Zeit darnach trennte ich mich von meinem Vater und trat bei unserer Flotte ein. Das Kriegsfieber hatte damals alle Welt ergriffen und steckte natürlich auch mich an. Der Kampf mit den südstaatlichen Rebellen brach aus, und kein Mensch konnte die Kerle mehr hassen als ich. Mein Platz war auf dem Postboote ‚Hydranga‘. Capitain Watson, das den Jamesstrom auf und nieder fuhr. Wir hatten nur drei Kanonen, mußten aber fortwährend durch einen Hagelsturm hindurch, – die Hagelstücke waren Flintenkugeln. Die Scharfschützen der Conföderirten postirten sich hart an das Ufer, an dem wir vorbei mußten, so nahe an uns wie sie konnten, und ließen mit ihrem Feuer nicht nach, bis wir ihnen aus dem Gesichte waren.

Nach dem Frieden wandelte mich die Lust an, mich irgendwo ruhig niederzulassen und ein Geschäft anzufangen. Ich etablirte mich denn in Cape May an der Küste von Jersey. Mein Vater hatte mir ein Stück Geld gegeben, und so gründete ich ein Geschäft in chinesischen und japanesischen Artikeln. Allein es währte nicht lange, so erwachte die alte Wasser- und Schwimmpassion in mir auf’s Neue. Ich kann das Gefühl nicht beschreiben, das mich plötzlich packte. Es zog mich hin und her, dahin und dorthin, als bewegte jeden Zoll meines Leibes eine unsichtbare Hand. Wir befanden uns gerade in voller Sommersaison, und Schaaren von Seebadegästen belebten den Ort. Gelegentlich meiner Promenaden am Strande rettete ich hintereinander drei Kindern das Leben.

Der Sommer in Cape May dauert indeß höchstens zwei Monate, und so war dieses Wasservergnügen leider bald vorüber. Mit beginnendem Winter machte ich mich auf die Reise gen Westen auf, und dort nahm ich das erste Geld aus meinem Handel ein. Es waren neunhundert Dollars, die ich aber sofort wieder verausgabte, mir einen submarinen Taucheranzug anzuschaffen – Glocke und vollständigen Apparat.

Mein erstes Taucherabenteuer bestand ich 1865 in der Delawarebai, unweit von New-York. Ein altes englisches Schiff ‚der Husar‘ sollte dort gesunken sein. Ich ging an’s Geschäft, allein ich konnte nichts entdecken, was sich der Mühe einer Hebung verlohnt hätte; nur ein paar werthlose Kleinigkeiten habe ich mir als Andenken an diese meine erste Taucherpartie aufgehoben.

Eines Tages kam ein altes verschrumpftes Männchen zu mir, das von meiner Taucherei gehört haben mochte, und frug mich, ob ich an Spiritualismus glaube. ‚Nicht sehr,‘ gab ich ihm zur Antwort. Dann sagte es, ich solle mit ihm gehen, und es wolle mir durch die Vermittelung des Spiritualismus zeigen, wo ich ein Schiff voller Schätze finden könne. Aus Neugier folgte ich seiner Aufforderung, sah mir seinen Hokuspokus mit an und erklärte schließlich, für fünfzig Dollars täglich wollte ich’s mit der andern Welt versuchen und hinabtauchen, wo seine Geister das Schiff gesunken glaubten. Fünfzig Dollars waren ihm indeß zu viel; nur fünfundzwanzig wollte der alte Spiritualist daran wenden. Endlich kamen wir dahin überein, daß mir außerdem ein bestimmter Antheil von den in der Tiefe verborgenen Schätzen gewährt werden sollte.

Andern Morgens brachen wir Beide nach der Delawarebai auf, der Alte mit einer Schiffsladung halb vermoderter Seekarten. Um zwei Uhr Nachmittags waren wir an Ort und Stelle und sondirten auf eine Tiefe von ungefähr achtzig Fuß. Jetzt legte ich meine Rüstung an und sprang über Bord. Der Grund des Wassers war blauer Schlamm, fast so glatt wie eine Diele. Nachdem ich rundum Alles abgesucht hatte, gab ich das Signal, um wieder an’s Tageslicht emporgehoben zu werden. Der alte Geisterseher war zum Tode erschrocken, als ich ihm meldete: ‚Nichts unten!‘ Wir lichteten den Anker und segelten etwas weiter hinab. Diesmal stieß ich auf festen, harten Sandboden, der aber so nackt und kahl war wie das Innere meiner Hand. Damit endeten die Unternehmungen unseres ersten Tages.

Um zehn Uhr am andern Morgen ließ ich mich abermals in die Tiefe hinab, allein aus der Richtung der Strömung über dem Meeresgrunde ging deutlich hervor, daß da unten kein Wrack liegen oder gelegen haben konnte. Als ich das sagte, machte der Greis aber ein so klägliches Gesicht, daß ich mich entschloß, noch einen Versuch anzustellen. Und wirklich! Als ich einige hundert Schritte davon entfernt wieder in die See hinabtauchte, fühlte ich einen Gegenstand unter meinen Füßen, der mich in höchste Aufregung versetzte. ‚Bei Gott!‘ dachte ich, ‚das ist das Schiff.‘ Mir war zu Muthe, als gehörte mir plötzlich die ganze Schöpfung. Schon wollte ich mich hinaufziehen lassen und einen bessern Vertrag mit dem Manne machen, mindestens fünfzig Dollars pro Tag verlangen, da sah ich mich etwas näher um – allen Ernstes, das war der Rumpf des alten Schatzschiffes, ganz wie der Spiritualist es beschrieben hatte. Kaum war ich vor Aufregung im Stande, zum Emporheben zu signalisiren.

„Ich hab’s, ich hab’s,“ rief ich aus, so wie ich meinen Kopf aus dem Wasser streckte. Der Alte sprang vor Freude gleich einem Tollen im Boote in die Höhe und versprach aller Welt fabelhafte Geschenke. Mit Brecheisen und Schaufel fuhr ich von Neuem in die Tiefe hinab.

Aber, wie ich auch um das Wrack herum grub und hieb, es lag so fest im Grunde, daß sich nichts daran rührte. Nach unendlicher Anstrengung aber bewegte sich das Ungethüm doch ein klein wenig – eilig wandte ich mich zur Seite, um von dem Wrack nicht gefaßt und erschlagen zu werden, wie aber nun der Schnabel aus dem Sande zum Vorscheine kam, da gewahrte ich, daß das Ganze nichts war, als einige leere Planken; von Schätzen keine Spur! Etwas langsamer, als ich in die Tiefe hinunter gestiegen, tauchte ich wieder an die Oberfläche empor. Der alte Mann schloß sich verzweiflungsvoll in die Kajüte ein und weinte wie ein Kind. Ich aber habe seitdem nichts mehr von ihm gehört.

Etwas später tauchte ich im Golfe von Mexico. Bei Catoche stieß ich auf die erste Korallenbank. Unweit der Stelle sollte der Schooner ‚Foam‘ untergegangen sein. Der erste Steuermann und drei Matrosen waren gerettet worden, der Capitain mit seiner Tochter und drei Mann aber um das Leben gekommen. Ich ruderte in der Gegend umher, um zu sehen, ob das Fahrzeug nicht gehoben werden könnte. Nach acht Tagen, an einem schönen Sonntagsmorgen, hatten wir das gesunkene Schiff erreicht. Es lag sechszig Fuß unter Wasser auf einem silberweißen Sandgrunde. An dem gebrochen herabhängenden [608] Vordermaste kletterte ich zum Wracke hinan. Zuerst schaute ich mich nach den Leichen um, denn so lange mir ein todter Körper im Wege ist, mag ich nicht gern hantiren. Ich tappte mich denn im Dunkeln nach den beiden kleinen Staatskajüten hin; in der einen war nichts zu erspähen; die Thür der andern war verschlossen. Mir einer Axt sprengte ich sie auf – da stürzt mir ein Gegenstand auf den Kopf. Sofort fühlte ich, daß es der Körper eines Weibes war. Die Arme! Sie mußte sehr schön gewesen sein, und als ich sie in meinen Armen hielt, ihr bleiches Antlitz an meine Schulter gedrückt, war mir’s, als schlummere sie nur. Ich band sie fest an die Leine, so sorgfältig wie mir das nur möglich war, und ließ sie langsam hinaufziehen. Ihr Haar wallte um ihren Kopf wie ein goldener Schleier, und die Fische umspielten sie, als könnten sie sich nicht von ihr trennen.

Uebrigens war es die einzige Leiche, die ich fand. Von der gesunkenen Ladung dagegen konnte ich einen ziemlichen Theil herauf befördern. –

Eine meiner angenehmsten Expeditionen boten mir die Silberbänke der Antillen dar, das reizendste Plätzchen, das mir jemals vor Augen kam, wo die weiße Koralle zu wunderlichen Bäumen erwächst. Während ich dort die Tiefe durchsuchte, dünkte mich’s, als wanderte ich durch einen von Rauchfrost glitzernden und funkelnden Wald. Hier und da schleiften lange Gewinde von grünen und carmoisinrothen Seepflanzen über den Boden. So weit ich sehen konnte, schwammen ringsum in dem klaren Wasser buntfarbige Blätter, während Haufen heller Muschelschalen den Grund bedeckten, sodaß das Ganze einer Niederlage zertrümmerter Regenbogen glich. Lange konnte ich nichts thun, als das entzückende Bild bewundern, das vor meinen Blicken lag. Als ich endlich zu arbeiten anfing, gerieth ich bald an die Ueberbleibsel eines Schiffes, eines englischen, wie ich glaube, welches ganz eingesponnen war von Korallengeäst. Da machte ich kein schlechtes Geschäft; ich brachte eine hübsche Quantität werthvoller Korallen empor und verkaufte meine Ausbeute in New-York.

Damals hatte ich auch ein seltsames Abenteuer mit einem Haifische, doch war’s nicht mehr auf den lieblichen Silberbänken der Antillen, vielmehr auf schwarzem Felsboden, der das Wasser ganz dunkel erscheinen ließ. Da fühlt man sich immer äußerst unbehaglich; weiß man doch nie, welch’ Ungeheuer in der Finsterniß lauern mag. Zuerst besuchte mich ein Stachelfisch, der mit seinen spitzen Kielen meinen Taucherhelm streifte. Hierauf bemerkte ich über mir einen tiefen Schatten, und als ich aufblickte, sah ich, daß ein mächtiger Hai in meiner Nähe trieb. Eiskalt überlief mich’s. Sowie ich aufschaute, stieß das Thier pfeilschnell nach mir hernieder. Fast eine Stunde lang schwamm er um mich herum, bis ich’s nicht mehr aushalten konnte. So lange man unter Wasser zu bleiben vermag, hat man von dem Fische nicht viel zu fürchten. Darum streckte ich mich auf den Boden aus und beobachtete aus der Tiefe heraus seine Bewegungen. Er war gewiß zwanzig Fuß lang, ein furchtbarer Gesell. Offenbar gefiel ihm nicht, daß ich so ruhig dalag. Drei- oder viermal noch kreiste er über mir herum, dann machte er sich davon, um im Dickicht der Meerkräuter seinen Angriffsplan zu schmieden. Daß er seinen Raub nicht aufgab, das wußte ich. Aber es dauerte eine ziemlich lange Zeit, ehe er wieder erschien. Endlich aber war er da, allein, wie vorher, zu weit ab vom Bereiche meiner Arme. Sowie er sich schließlich jedoch näherte, griff ich nach meinem Messer und schlitzte ihm glücklich den Bauch auf. Das behagte ihm nicht; schleunig machte er Kehrt, irgendwo im Verborgenen seine Seele auszuhauchen. Nun aber ist es eigenthümlich, daß alle anderen Haifische der Blutspur ihrer Genossen zu folgen pflegen. Langsam richtete ich mich auf, und da sah ich, wie dem verwundeten Scheusale vier andere große Haifische nachschwammen. Für das Erste war ich vor ihnen sicher.“ –

Soweit die eigene Erzählung des Capitain Boyton, die wir in der knappen Ausdrucksweise wiederzugeben strebten, die den Mann der That charakterisirt. Nach einem Experimente in der Perlenfischerei, wobei er fast Alles einbüßte, was er bisher an Vermögen gewonnen hatte, seinen Taucherapparat eingeschlossen, nahm Boyton in einem Anfalle von Verzweiflung Dienste in der mexicanischen Armee, desertirte jedoch bald wieder und durchschiffte den Matamoros mitten in der Nacht auf einem halblecken Boote, das ihn jeden Augenblick mit dem Untergange bedrohte. Auf den Boden der Vereinigten Staaten zurückgekehrt, begann er zum zweiten Male ein kaufmännisches Geschäft. Erst jetzt gab er den Seinigen in der Heimath Nachricht; als Antwort ward ihm die Kunde, daß mittlerweile sein Vater gestorben war. Der Schmerz über den Tod des von ihm heiß geliebten Mannes jagte ihn von Neuem rastlos durch die Welt. Er durchwanderte einen großen Theil Nordamerikas, kam schließlich nach New-York, blieb daselbst, bis seine Taschen wieder einigermaßen gefüllt waren, kaufte sich einen neuen Taucheranzug und reiste damit nach Europa, zunächst nach Havre, wo er während des letzten deutsch-französischen Krieges eintraf und sich nach mancherlei Schwierigkeiten den gegen uns plänkelnden Franctireurs einreihen ließ. Nach Beendigung des Kampfes ging er nach Amerika zurück. Allein den Ruhelosen litt es nicht in der Heimath; wiederum stach er in See, diesmal in der Absicht, sich den Diamantfeldern in Afrika zuzuwenden. In der Capstadt ward er indeß vom Fieber befallen, und so verzichtete er auf seine Diamantenprojecte und probirte es nun als Seemann, bis er, nach den Vereinigten Staaten heimgekommen, 1873 in Atlantic City eine Führerstelle bei dem sogenannten „Life Service“ erhielt. Diesen Posten bekleidete er bis zu seiner gegenwärtigen berühmten Tour nach Europa und rettete im verflossenen Jahre allein mehr denn vierzig Menschen vom Tode in den Meeresfluthen.

Gewiß, ein Leben so abenteuer- und sensationsreich, wie die lebhafteste Dichterphantasie die Fabel eines Romans nur zu ersinnen und auszuschmücken vermöchte, und das Merkwürdigste der Wundergeschichte ist, daß der Held aller dieser Thaten und Fahrten in Amerika, Europa und Afrika das Jünglingsalter noch nicht überschritten, sein siebenundzwanzigstes Lebensjahr erst vollendet hat.