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Artikel „Schorr, Niklaus“ von Gustav Roethe in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 386–387, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schorr,_Niklaus&oldid=- (Version vom 24. April 2024, 05:42 Uhr UTC)
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Schorr: Niklaus S., Dichter politischer und geistlicher Lieder, geboren um 1514, Kürschner in Bern, ist vielleicht identisch mit Nikl. Schoor, der 1567 das Amt des Kornherrn in Bern bekleidete und, danach zu urtheilen, im kleinen Rath gewesen sein müßte: dieser N. Schoor starb 1570. Unser Dichter begann wol 1536 mit einem Liede auf den Krieg, den die Berner als Bundesgenossen Genfs gegen den Herzog von Savoyen erfolgreich führten: hier, wie immer, legte S. eine bekannte Melodie zu Grunde; die umfangreiche Erzählung wird durch Bibelcitate und biblische Vergleiche gewürzt; der antikatholisch gesinnte Dichter zeigt ein kräftiges, naives Gottvertrauen und mahnt auch seine Landsleute dazu. Als 1552 Kurfürst Moritz von Sachsen seinen bekannten siegreichen Krieg gegen den Kaiser beginnt, mahnt S. die Eidgenossen zur Unterstützung der Protestanten; er hat Erbarmen mit Deutschland, das dieser katholische Kaiser so geschunden hat; die Schweizer sollen nicht nur in der Kneipe mit den Thaten der Vorfahren prahlen, sondern ihnen nacheifern. Das Lied ist weit kürzer als das erste, mit dem S. wol nicht viel Glück gehabt hat: er selbst motivirt seine Kürze „man hört nit gern vil gsang“. Zwei spätere geistliche Dichtungen Schorr’s sind uns nur in niederdeutscher Umschrift in einem Lübecker Drucke erhalten; doch beweist sowol das unverkennbar durchschimmernde Hochdeutsch wie der Anfang des einen Liedes, der wörtlich mit dem Liede von 1552 übereinstimmt („Nun wil ich aber singen“), und gewisse stereotype Wendungen der Schlußstrophe die Identität des Verfassers, der sich in dem ersten nur niederdeutsch erhaltenen Gedichte akrostichisch nennt. Das Lied, 1564 verfaßt, handelt nicht, wie Goedeke (Grundriß 2², 305) irrig annahm, über die Moskowiterschlacht [387] von 1563, sondern beklagt die ernsten Zeitläufte im allgemeinen, die „grausame Schlacht“, die uns Gott durch Pestilenz, Theurung und Krieg liefert: das Bild, Gott sei der stärkste Feldhauptmann, ist S. schon früher geläufig. In all dem Jammer dieser Welt hält ihn hier und in seinem vierten Liede die Hoffnung auf Gottes Gnade aufrecht. Dieses gesunde Gottvertrauen ist die leitende Grundstimmung seiner gesammten Dichtung, die sich sonst aus den Bahnen platter Nüchternheit und geistloser Trivialität nirgend entfernt.

Die Lieder von 1536 und 1552 in Liliencron’s historischen Volksliedern Bd. 4, Nr. 461 b und 594. Vgl. Bächtold, Geschichte der deutschen Lit. in der Schweiz, S. 402; Deliciae urbis Bernae (Zürich 1732) S. 436.