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Artikel „Ernst, Erzbischof von Prag“ von Bernhard Grueber in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 300–301, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pardubitz,_Ernst_von&oldid=- (Version vom 12. November 2024, 05:20 Uhr UTC)
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Ernst: Ernestus oder Arnest, erster Erzbischof von Prag und vertrauter Rath (Minister) des Kaisers Karl IV., entstammte dem Geschlechte der Herren Malowetz von Pardubitz und wurde nach Angabe einiger Geschichtsschreiber am 25. März 1297 auf der drei Meilen von Prag entfernten Burg Hostin bei Auwal geboren. Ausgezeichnet durch große Gelehrsamkeit und tadellosen Lebenswandel wurde er am 14. Januar 1343 zum Bischof von Prag erwählt und am 21. November des folgenden Jahres feierlich mit dem Pallium bekleidet. Einer der trefflichsten Kirchenfürsten aller Zeiten war die Aufmerksamkeit des neuernannten Erzbischofs zunächst dahin gerichtet, die gesunkene Kirchenzucht zu heben, zu welchem Zwecke er auf einer 1349 in Prag abgehaltenen Synode die von ihm verfaßten und nach ihm benannten Ernestinischen Statuten verkünden ließ, welche fortan das Gesetzbuch der Erzdiöcese bildeten. Unter seiner Leitung entfaltete sich das Kirchenwesen in Böhmen zu schönster Blüthe: E. war unermüdlich thätig, Aberglauben und eingerostete Mißbräuche auszurotten: er ließ die sogenannten Gottesurtheile, die Feuer- und Wasserproben abschaffen, trat mit großer Entschiedenheit dem Unwesen der herumziehenden Flagellanten entgegen und führte eine geregelte Verwaltung der Kirchengüter ein. An den humanitären Bestrebungen des Kaisers Karl hat Erzbischof E. den thätigsten Antheil [301] genommen, vor allem sich durch Gründung der Universität Prag, deren hauptsächlichster Förderer er war, um die Wissenschaft und um Deutschland unvergängliche Verdienste erworben, denn die Universität wurde als eine deutsche, und zwar die erste, gegründet. Mit dem Dichter Francesco Petrarca befreundet, sprach sich dieser über E. und seinen Nachfolger den Erzbischof Johann von Wlaschim dahin aus, daß die beiden Männer so unterrichtet und liebenswürdig im Umgange seien, als wären sie in Athen geboren und erzogen. Aber nicht allein durch kirchlichen Sinn und staatsmännische Begabung, sondern auch durch Tapferkeit und Feldherrntalente zeichnete sich Erzbischof E. aus, indem er auch in dieser Beziehung seinem kaiserlichen Freunde stets treu zur Seite stand. E. starb, nachdem er viele Schulen, Hospitäler und Klöster gegründet, Freiplätze für arme Kleriker an der Universität errichtet und den Dombau durch große Beiträge gefördert hatte, am 30. Juni 1364 auf dem damals erzbischöflichen, dermalen fürstlich Lobkowitz’schen Schlosse Raudnitz an der Elbe, von wo aus sein Leichnam nach Glatz übertragen und in der dortigen Marienkirche beigesetzt wurde. Sein Denkmal, ein aus Marmor ausgeführtes Hochgrab mit darauf angebrachten lebensgroßem Standbilde des Verblichenen ist größtentheils zerstört worden: eine in Sandstein nach dem Leben ausgeführte Porträtbüste des Erzbischofs befindet sich im Triforium des Prager Domes. In der neben dieser Büste angebrachten, bald nach dem Tode des Erzbischofs aufgestellten Inschrift werden mehrere seiner Stiftungen und Einrichtungen aufgezählt, unter anderen auch das Institut der geistlichen Correctoren, denen oblag, gegen die Hauptgebrechen der Kleriker einzuschreiten. Die betreffende Stelle lautet: „… primus officium correctoris ad reprimendam insolentiam clericorum instituit.“ Auch als Dichter, Musiker und bildender Künstler hat E. sich großen Ruhm erworben; er verfaßte einen Gesang zu Ehren des heil. Wenzel und ein großes Mariale, ein Lobgedicht auf die Mutter Jesu, und führte mehrere Statuen dieser von ihm hochverehrten Heiligen in Holz aus. Arbeiten seiner Hand besitzen die Pfarrkirchen in Glatz und Reichenau, auch wird ihm ein in der Stadtkirche zu Graupen befindliches Marienbild zugeschrieben. Diese Sculpturen zeigen nicht allein Gefühl und Formensinn, sondern auch eine anerkennenswerthe Technik. In neuester Zeit hat man diesem in jeder Hinsicht ausgezeichneten Manne bei Auwal, nahe bei seinem Geburtsorte, an der von Prag nach Wien führenden Eisenbahn ein schönes Denkmal errichtet.

Bohuslaw Alois Balbin, Vita venerabilis Arnesti, vulgo Ernesti, primi Archiepiscopi Pragensis etc., Pragae 1664. Eine sehr ausführliche Lebensgeschichte, welcher auch die Abbildung der in Glatz befindlichen von Arnest gefertigten Marienstatue und Auszüge aus seinen Schriften beigefügt sind. In dieser Biographie finden sich alle den Erzbischof E. betreffenden Nachrichten der früheren Historiographen: des Aeneas Sylvius, J. Dubravius etc. in sorgfältiger Zusammenstellung. Petrarca spricht von den Erzbischöfen E. und Johann von Wlaschim in seinen familiären Briefen und zwar im 12. Buche, zweiten Briefe.