ADB:Jakob, Ludwig Heinrich von

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Artikel „Jakob, Ludwig Heinrich von“ von Carl von Prantl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 689–690, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Jakob,_Ludwig_Heinrich_von&oldid=- (Version vom 20. April 2024, 00:40 Uhr UTC)
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Jakob: Ludwig Heinrich von J., geb. am 26. Febr. 1759 in Wettin (Regierungsbezirk Merseburg), gest. am 22. Juli 1827 in Lauchstädt (bei Halle a. S.), erhielt den ersten Unterricht in der Domschule zu Merseburg und bezog 1778 das Gymnasium zu Halle, von wo er 1777 an die dortige Universität als Studirender der Philologie überging. Nachdem seine Eltern von einem Brandunglücke betroffen worden, mußte er sich den nothdürftigen Lebensunterhalt durch Privatunterricht erwerben, betrieb aber dabei seine Studien mit solchem Erfolge, daß er schon 1781 eine Anstellung als Gymnasiallehrer in Halle fand. Da mit seiner Promotion (1785 auf Grund einer Abhandlung De allegoria Homerica) zugleich die Habilitation verbunden war, begann er sofort seine Vorlesungen, und zwar über philosophische Gegenstände, mit welchen er sich von nun an auch schriftstellerisch (- abgesehen von einer Ausgabe der Fabeln des Phädrus, 1785) längere Zeit ausschließlich beschäftigte. Seine erfolgreiche Thätigkeit brachte ihm 1789 die Beförderung zum außerordentlichen und 1791 zum ordentlichen Professor; er war nämlich in Wort und Schrift ein begeisterter Vertreter der Philosophie Kant’s, welche er theils in förmlichen Plagiaten unablässig wiederholte (wodurch er sich auch den Spott der „Xenien“ zuzog), theils [690] in populärer Form zum Gemeingut zu machen strebte. Dahin gehören „Prüfung der Mendelssohn’schen Morgenstunden“ (1786), „Prolegomena zur praktischen Philosophie“ (1787), „Ueber das moralische Gefühl“ (1788), „Grundriß der allgemeinen Logik und Metaphysik" (1788, 3. Aufl. 1793), „Beweis für die Unsterblichkeit der Seele aus dem Begriffe der Pflicht" (1790), „Ueber den moralischen Beweis für das Dasein Gottes (1791), „Grundriß der Erfahrungs-Seelenlehre“ (1791, 4. Aufl. 1810), „Philosophische Sittenlehre“ (1794), „Philosophische Rechtslehre“ (1795), dann die „Annalen der Philosophie“, welche in ihren drei Jahrgängen (1795–97) scharf und heftig gegen Fichte und Schelling kämpften, ferner „Aus dem Naturrechte“ (1796), „Die allgemeine Religion“ (1797), „Vermischte Abhandlungen" (1797), „Grundsätze der Weisheit des menschlichen Lebens“ (1800), „Abriß einer Encyklopädie aller Wissenschaften"(1800). Daneben hatte er (1790) eine Uebersetzung von Dav. Hume, Treatise of human nature , und (1795) von Alg. Sidney, Discorses concerning government, ferner einen „Anti-Machiavel“ (1794) und unter dem Titel „Philosophisches Handwörterbuch (1797) einen Auszug aus Bayle’s Dictionnaire veröffentlicht, und indem er nun seit 1800 die Kantische Philosophie bei Seite legte, warf er sich mit der ihm eigenthümlichen ausgedehnten Empfänglichkeit auf andere Gebiete. Es erschien zunächst „Theorie und Praxis in der Staatswirthschaft“ (1801) und eine Uebersetzung der Schrift Thornton’s über den Papiercredit in Großbritannien (1803), dann aber eine Uebersetzung von Cabanis’ berühmtem Traité du physique et du moral de l’homme, welche er (1804) mit einer Abhandlung „Ueber die Grenzen der Physiologie und Anthropologie“ einleitete, worin dem psychologischen Materialismus in ziemlich unklarer und wenig begründeter Weise der übliche Dualismus entgegengestellt ist; hierauf folgten wieder „Grundsätze der Nationalökonomie“ (1805), welche sich eng an Adam Smith anschlossen; auch gab er mit Krug „Annalen der preußischen Staatswirthschaft“ heraus (1805 einziger Jahrgang). Als im J. 1806 die napoleonische Katastrophe über die Universität Halle hereinbrach, folgte J. einem Rufe nach Charkow, woselbst er in den Vorlesungen die Staatswissenschaften vertrat; dort veröffentlichte er eine Uebersetzung von Say, Traité d’économie politique (1807) und „Grundsätze der Polizeigesetzgebung" (1809). Auf Grund einer bei der russischen Regierung eingereichten Abhandlung „Ueber Rußlands Papiergeld“ (gedruckt 1817) wurde er 1809 als Mitglied einer Finanzcommission nach Petersburg berufen, woselbst er auch einen „Entwurf eines Criminalgesetzbuches für das russische Reich“ ausarbeitete (1810, gedruckt 1818) und als Frucht einer Preisaufgabe die Schrift „Ueber die Arbeit leibeigner und freier Bauern in Rußland“ (1815) veröffentlichte. Nachdem aber bereits 1812 sein dortiger Gönner, der Minister Speransky, gestürzt und sogar nach Sibirien verbannt worden war, hatte auch er an Einfluß verloren, und es kam ihm höchst erwünscht, daß er 1816 von Halle aus eingeladen wurde, wieder dorthin als Professor der Staatswissenschaften zurückzukehren. Die russische Regierung gab ihm die erbetene Entlassung unter Erhebung in den Adelstand. Auch in Halle setzte J. noch seine schriftstellerische Thätigkeit fort; es erschienen „Einleitung in das Studium der Staatswissenschaft“ (1819), „Ueber das Einquartierungswesen“ (1819), „Die Staatsfinanzwissenschaft“ (1821, zahlreiche Beispiele neuerer Finanzpolitik enthaltend) und „Amtliche Belehrung über den Geist und das Wesen der Burschenschaft“ (1824); endlich aus seinem Nachlasse: „Grundriß der Handelswissenschaft für Staatsgelehrte“ (1828). Einstimmig wird sein milder, dienstfertiger und rechtlich strenger Charakter gerühmt.

Neuer Nekrolog, Jahrg. 1827, 2. Abthlg. Bullmann, Denkwürdige Zeitperioden der Universität Halle (1833), S. 269 ff.