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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

IV.
Vom Erscheinen des Hexenhammers bis zur Gegenwart.

Auch am Niederrhein ging auf kirchlichem und geistigem, wirtschaftlichem und rechtlichem Gebiete den epochemachenden Umwälzungen des 16. Jahrhunderts eine gärende Auflösung mancher Elemente der bürgerlichen Ordnung voraus. Die Lage schien trostlos.[1] Es braucht daher nicht aufzufallen, dass damals bei uns der in ganz Europa verbreitete Glaube an den Untergang der Welt bald nach 1492[2] ein volles Jahrhundert hindurch sich erhalten konnte. Wir finden diesen Glauben namentlich auch in der Litteratur über den Hexenwahn vertreten. An zwei[3] Stellen spricht der bekanntlich oft in Köln aufgelegte Hexenhammer vom baldigen Hereinbrechen der Nacht für die gegenwärtige Gestaltung der Dinge, und noch hundert Jahre später weisen im Jülich-Bergischen zwei auf dem Standpunkt des Malleus stehende Schriftsteller[4] auf das Nahen des Tages des Herrn und auf „diese unseligen, zweifelsohne letzten Zeiten“ ganz entschieden hin. Wurde auch bei derartigen Hinweisen kaum unterlassen, das bevorstehende Weltende mit der steigenden Macht der Hölle in Verbindung zu bringen, und gleichzeitig zu einer schärfern Verfolgung der „Zauberer“ aufzufordern, so haben doch solche Andeutungen im grossen Ganzen nur wenig die Hexenverfolgung gefördert. Nicht sowohl die Angst vor dem Weltuntergang, als vielmehr die Furcht vor den im Hexenhammer mit so grellen Farben aufgetragenen, durch die Autorität der beiden Verfasser


  1. Ueber die Zustände in der Erzdiözese Köln vgl. K. A. Ley, die Kölnische Kirchengeschichte 1882, S. 433 ff.; sehr bemerkenswert ist ferner die Urkunde d. J. 1489 in Lacomblets Urkundenbuch Bd. IV, No 446 S. 552. Treffende Schilderung der damaligen europäischen Verhältnisse in J. v. Görres, Christliche Mystik (1842) Bd. IV Abteilung II, S. 579 f.
  2. Ausführliche Nachweise in F. Piper, Karls des Grossen Kalendarium und Ostertafeln. Berlin 1858, S. 149–157. Der Glaube hing damit zusammen, dass die am weitesten reichenden Ostertafeln mit 1492 abschlossen.
  3. Frankfurter Ausgabe von 1588 in der vorgedruckten Apologia auctoris und S. 27: Jam mundi vespere ad occasum declinante.
  4. Graminaeus und Agricola in ihren im folgenden namhaft gemachten Schriften. Die Zahl der Beweise für den bald nach dem Ausgang des Mittelaltres am Niederrhein verbreitet gewesenen Glauben an das bevorstehende Weltende liesse sich leicht vermehren.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/48&oldid=- (Version vom 1.8.2018)