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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

Des Verfassers übrige Angaben über Dämonismus sind wenig belangreich.

Aus den Lehren des hl. Thomas von Aquin sind zur Geschichte des Hexenwahns besonders drei Einzelheiten wichtig: Die Teufelsbuhlschaft, das Wettermachen und die Entstehung sogen. unvollkommener Tiere. Schon St. Augustin hatte über Buhlschaften, wobei der Teufel in Frauengestalt mit Männern, in Männergestalt mit Frauen einen geschlechtlichen Verkehr (Incubus et Succubus) anbahnt, zurückhaltend sich geäussert.[1] Wie bei so manchen Punkten des Hexenwahns sucht man auch hierbei nach einer bestimmten kirchlichen Entscheidung vergebens. Mehrere Gottesgelehrte haben schon in alter Zeit mit der Frage sich befasst, ob aus einer solchen Verbindung Kinder hervorgehen könnten. Thomas von Aquin bejaht diese Frage und auf seine Ausführungen berufen sich mit Vorliebe die Schriftsteller aus dem Zeitalter der Hexenprozesse.[2] Jedenfalls – nähere Erörterungen wären hier zwecklos – fusste der berühmte Kirchenlehrer auf den Angaben älterer Theologen, deren Ansichten er in nur wenig geänderter Form wiedergab.[3] Lässt sich bei seiner Incubus-Generations-Theorie der Einfluss naturwissenschaftlicher Anschauungen des Aristoteles[4] nicht nachweisen, so tritt dagegen dieser Einfluss


  1. Non hinc audeo aliquid definire.
  2. J. Nider Expos. Decalogi Cap. 1 ad 22 auf St. Augustin und Thomas von Aquin. J. Nider Formicarius lib. V cap. X auf Thomas von Aquin; Malleus maleficarum p. 46, 48 und 50 auf St. Augustin, Beda und besonders auf Thomas von Aquin; P. Binsfeld in Confession. Maleficorum (Köln 1623) S. 179 wirft dem berühmten Vorkämpfer gegen den Hexenwahn Dr. Joh. Weyer vor, dass nicht einzig Thomas von Aquin die Incubus-Generations-Theorie aufgestellt habe. Thomas von Aquin galt also vielfach im 16. Jahrhundert als Hauptvertreter dieser Theorie.
  3. Soldan-Heppe a. a. O. Bd. I, S. 181. – Kurz lautet die Theorie nach R. Jaquiers Flagellum haereticorum (Frankfurt 1581) S. 35: Potest igitur daemon in forma corporis muliebris se supponere viro lubrico, qui credit esse veraciter mulierem, et tunc daemon receptum semen viri illius in suo vigore aliquamdiu asservare potest; et post hoc potest daemon ipse formare et assumere corpus in forma corporis virilis et sic aliquam mulierem lubricam aptam conceptui sibi supponere, quae putat illum esse realiter virum et permittit se ab eo supponi; et tunc daemon acceptum et conservatum semen a viro infundit corpori mulieris suppositae, et fit conceptio et generatio hominis. Infans tamen sic generatus non est filius diaboli, qui fuit mediator generationis illius viri, a quo fuit semen decisum, ut dicit S. Thomas.
  4. Thomas von Aquin und Albertus Magnus waren bekanntlich zu ihrer Zeit die hervorragendsten Kenner der Philosophie und der Schriften von Aristoteles.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/28&oldid=- (Version vom 1.8.2018)