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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

bedeutungsvoller zu werden,[1] während ziemlich gleichzeitig die verschiedenen, Jahrhunderte hindurch in Gebrauch gewesenen und für die Beurtheilung der Sitten ihrer Zeit wertvollen Bussordnungen oder Beicht-(Pönitential-)Bücher verschwinden. Seit der zweiten Hälfte des 11. bis zum 13. Jahrhundert, ja bis ins 14. hinein, kamen zwar – anscheinend indes nicht in den Rheinlanden – einige neue Beichtbücher zum Vorschein, damit ging aber die Zeit der Bussordnungen zu Ende.[2] Für die Rheinlande ist eine an den Namen des Bischofs Burkhard von Worms (1000–1025) sich knüpfende Bussordnung[3] vielleicht die letzte, jedenfalls aber nächst Regino die bedeutendste ihrer Art gewesen. Burkhard von Worms, in der Geschichte berühmt und bekannt als der grösste Kanonist seiner Zeit,[4] hat augenscheinlich die Mehrzahl seiner Fragen aus der Praxis des Lebens gegriffen. Vielfach hat ihm Reginos Werk über die Kirchenzucht zur Vorlage gedient, vielfach aber auch stossen wir auf bei Regino fehlende Einzelheiten. Das Zauberwesen und der Aberglaube kommen in Burkhards Bussordnung häufig vor; nachstehend einige Auszüge.[5]

Burkhard spricht bei der Verurteilung der abergläubischen Verehrung der Elemente, der Sonne und des Mondes besonders auch von der Sitte, bei Abnahme des Mondlichtes durch Geschrei oder andere Hilfe dem Monde seinen Glanz wieder verleihen zu wollen.[6] Um die Jahreswende wurde, wohl für Dämonen und Holden, der Tisch mit Lichtern und Speisen besetzt. Unterdessen starrte der Hausherr, mit dem Schwert umgürtet, vom Dache seines Hauses aus in das Dunkel, um etwas über sein Geschick im kommenden Jahre zu sehen oder zu erfahren; oder er sass statt dessen zu gleichem Zweck auf einer Stierhaut am Kreuzweg, oder in seinem Hause wurde


  1. Von ältern Kölner Diözesan-Verordnungen sind, soweit ich es übersehen kann, nur wenige Bruchstücke veröffentlicht.
  2. Vering, Archiv für katholisches Kirchenrecht, Bd. XXX, S. 220, woselbst auch Erörterung der Gründe des Eingehens.
  3. Bekannt unter dem Namen Corrector Burchardi, vgl. F. W. H. Wasserschleben, Die Bussordnungen der abendländischen Kirchen. Halle 1851, S. 89 ff.
  4. W. Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen. Berlin 1877, Bd. I, S. 314. Burkhard (vgl. Soldan-Heppe a. a. O. Bd. I, S. 130) ist vielleicht bei dem Text seines Corrector nicht mit der nötigen Genauigkeit zu Werke gegangen.
  5. Ich beschränke mich auf Angaben, die bei Regino fehlen und citiere nach der gen. Ausgabe von F. W. H. Wasserschleben.
  6. Cap. 53, S. 643. Ein auch für niederrheinische Gegenden nachweisbarer Aberglaube!
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/19&oldid=- (Version vom 1.8.2018)