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Mark Twain übersetzt von Wilhelm Lange: Zeitungsschreiberei in Tennessee In: Meisterbuch des Humors

Dann fuhr der Chefredakteur mit Ausstreichen und Dazwischenschreiben fort. Just als er damit zu Ende war, kam eine Handgranate durch die Ofenröhre herunter, und die Explosion zertrümmerte den Ofen in tausend Stücke. Doch richtete sie weiter keinen Schaden an, als daß ein herumirrender Splitter mir ein paar Zähne ausschlug.

„Dieser Ofen ist gänzlich ruiniert,“ sprach der Chefredakteur.

Ich bemerkte, daß ich derselben Ansicht sei.

„Na, gleichviel – brauchen ihn bei solchem Wetter ja doch nicht. Ich kenne den Menschen, der’s getan hat. Werd’ ihn schon kriegen. So, hier haben Sie die Methode, nach welcher solches Zeug geschrieben sein will.“

Ich nahm das Manuskript. Es war derart von Strichen und Einschachtelungen durchritzt, daß seine Mutter es nicht wieder erkannt haben würde, wenn es eine gehabt hätte. Es lautete jetzt wie folgt:

„Geist der Presse in Tennessee.“

„Die hartgesottenen Lügner vom ‚halbwöchentlichen Erdbeben‘ gehen augenscheinlich darauf aus, einem edlen und ritterlichen Volke wieder einmal eine ihrer nichtswürdigen und brutalen Lügen hinsichtlich jener glorreichsten Idee des neunzehnten Jahrhunderts, der Eisenbahn nach Ballyhack, aufzubinden. Der Einfall, Buzzardville solle links liegen bleiben, entsprang ihrem eignen ekelhaften Gehirn, – oder vielmehr jenem Bodensatz, den sie als Gehirn betrachten. Sie täten besser, diese Lüge zu verschlucken, wenn sie ihren verworfenen Reptilienleichnamen die Durchpeitschung ersparen wollen, die sie so reichlich verdienen.

Jener Esel, Blossom zubenamset, vom ‚Donnerkeil und Schlachtruf der Freiheit‘ in Higginsville, treibt sich hier wieder umher.

Wir bemerken, daß der einfältige Schafskopf vom ‚Morgengeheul‘ in Mud-Springs mit seiner gewöhnlichen Neigung zum Lügen die Nachricht in die Welt setzt, van Werter sei nicht gewählt. Die vom Himmel stammende Mission der Zeitungen besteht darin, den Samen der Wahrheit zu streuen, den Irrtum auszurotten, zu erziehen, zu veredeln, den Ton der öffentlichen Moral und Sitte zu heben, die gesamte Menschheit milder, tugendhafter, barmherziger und in jeder Weise besser, heiliger und glücklicher zu machen; und dennoch würdigt dieser schwarzherzige Schuft sein erhabenes Amt hartnäckig herab durch Verbreiten von Lügen, Verleumdungen, Beschimpfungen und gemeinen Schmähungen.

Blathersville braucht ein Nicholsonsches Pflaster – ein Gefängnis und ein Armenhaus braucht es noch dringender. Welch eine Idee, ein so miserables Oertchen mit einem Pflaster zu versehen, dessen sämtliche Merkwürdigkeiten zwei Branntweinbrennereien, eine Schmiede und jenes Senfpflaster von Zeitungsblättchen, das ‚tägliche Hurra‘, bilden! Warum borgt man sich kein Pflaster von Memphis? Dort ist dieser Artikel sehr wohlfeil. Jenes kriechende Insekt, Buckner mit Namen, welcher das ‚Hurra‘ redigiert, schreit wie ein Esel mit der ihm eignen Blödsinnigkeit in betreff dieser Sache allerlei Unsinn in die Welt und bildet sich ein, er rede Sinn.“

Empfohlene Zitierweise:
Mark Twain übersetzt von Wilhelm Lange: Zeitungsschreiberei in Tennessee In: Meisterbuch des Humors. Ullstein & Co., Berlin und Wien 1908, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Twain-Zeitungsschreiberei_in_Tennessee-1908.djvu/4&oldid=- (Version vom 1.8.2018)