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wo die Energie vorstellt, wenn das System ruht (im zweiten Fall, dem eines Bündels von Lichtstrahlen, ist ein solcher Ruhezustand nicht existenzfähig).

Angesichts dieser Ergebnisse drängt sich der Gedanke auf, daß vielleicht wohl ganz allgemein eine derartige Beziehung zwischen Energie und Masse bestehen könnte. Tatsächlich ist vieles dafür zu sagen. Um dies einzusehen, werden wir das Problem etwas allgemeiner behandeln.

Wir denken uns ein beliebiges System S von materiellen Punkten und Lichtstrahlen. Die materiellen Punkte machen allerhand Bewegungen, und die Lichtstrahlen pflanzen sich in beliebigen Richtungen fort.

Das System wird von einem Beobachter A betrachtet, der ein Koordinaten-Zeit-System x, y, z, t verwendet. Er wird bemerken, daß das System Energie hat, und er kann diese bis zu einer gewissen Höhe messen, entweder dadurch, daß er das System als Ganzes betrachtet, oder dadurch, daß er die verschiedenen Teile desselben ins Auge faßt, die Energie jedes dieser Teile bestimmt und schließlich diese Energien summiert. Dabei bleibt, weil er nur Energieunterschiede messen kann, in der Totalenergie eine Konstante unbestimmt. Mit dieser Beschränkung lernt der Beobachter aber die Energie kennen.

Er kann auch die Bewegungsgröße bemerken und messen, z. B. dadurch, daß er, wie bei der Betrachtung der Energie, auf die verschiedenen Teile des Systems achtet. In der Bewegungsgröße G tritt keine unbestimmte Konstante auf. Man muß nämlich für einen ruhenden Punkt ansetzen, weil die Bewegungsgröße ein Vektor sein muß, und man für einen ruhenden Punkt nicht wüßte, welche Richtung man diesem Vektor zuerkennen müßte. Wir werden also annehmen, daß für ein beliebiges System materieller Punkte, wenn alle ruhen, ist.

Welche Bewegung wird der Beobachter A dem System S, in dem wir nun auch Strahlung als anwesend uns denken können, als Ganzem zuschreiben? In der alten Mechanik achtete man auf das Massenzentrum des Systems, und setzte man definitionsgemäß die Bewegung des Systems gleich der des Massenzentrums. In der Relativitätstheorie ist kein Massenzentrum definiert, man kann aber in folgender Weise verfahren. Zunächst werden wir, wenn man als Summe der Bewegungsgrößen aller Bestandteile findet, sagen: das System als Ganzes hat keine Bewegung. Ist aber für den Beobachter A die resultierende Bewegungsgröße nicht 0, so führen wir, indem wir die Transformationsformeln verwenden, einen zweiten Beobachter B ein, nachdem wir einfachheitshalber die z-Achse in die Richtung von G gelegt haben.

Wir wählen nun die durch die Beziehung miteinander verknüpften Größen a und b so, daß für B das System keine resultierende Bewegungsgröße hat. Es liegt dann für A auf der Hand zu

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Hendrik Antoon Lorentz: Das Relativitätsprinzip. B.G. Teubner, Leipzig und Berlin 1914, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Relativitaetsprinzip_(Lorentz).djvu/28&oldid=- (Version vom 1.8.2018)