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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

Himmel behandelten, indem sie jene göttlicher Ehren für würdig erklärten, während sie diesem keine besonders hohe Verehrung zuteil werden liessen, als müsste man mehr als die Residenz die äusserste Grenze in Ehren halten; ist ja im Weltenbau der Himmel die hochheilige Residenz, der äusserste Rand aber die Erde, an sich zwar aller Ehren wert, aber im Vergleich mit der Region des Aethers so weit hinter ihm zurückbleibend wie die Finsternis hinter dem Licht, wie die Nacht hinter dem Tage, wie die Vergänglichkeit hinter der Unvergänglichkeit und der Sterbliche hinter Gott. 195 Da nämlich ihr Land nicht wie die anderen durch Regen befruchtet wird, sondern durch die Ueberschwemmungen des Stromes bewässert zu werden pflegt, so stellen die Aegypter in ihrer Lehre den Nil wie ein Abbild des Himmels als Gottheit dar und sprechen mit Stolz von ihrem Lande. 196 (25.) Jener Mischling nun verlor in einem Zank mit einem Manne aus dem Gott zu schauen befähigten[1] und nach Erkenntnis strebenden Volke vor Zorn die Herrschaft über sich, und da er zugleich ein Eiferer für die ägyptische Gottlosigkeit war, dehnte er seinen Frevel von der Erde bis zum Himmel aus: [p. 165 M.] mit fluchwürdiger, schuldbeladener, befleckter Seele und Zunge und allen andern Sprachwerkzeugen fluchte er in Ueberbietung aller Schlechtigkeit dem, den zu preisen nicht einmal allen, sondern allein den Edelsten gestattet ist, die in vollkommener Reinheit die Weihen empfangen haben. 197 Daher staunte Moses ob der Sinnesverblendung und des Uebermasses von Keckheit, aber obwohl er von edler Entschlossenheit erfüllt war und den Wunsch hatte, mit eigener Hand den Menschen aus dem Wege zu räumen, fürchtete er doch, die Strafe, die er vollziehen wollte, könnte zu leicht sein; denn eine Züchtigung, die einem solchen Frevel entspräche, zu ersinnen hätte ein Mensch nicht vermocht. 198 Denn hat schon die Versagung der Ehrfurcht gegen Gott die Folge, dass man weder Eltern noch Vaterland noch Wohltäter ehrt, welches Uebermass von Schlechtigkeit blieb für den noch


  1. Philo nennt das Volk hier ὁρατικόν entsprechend der Erklärung des Namens Israel, die er häufig anführt (ὁρῶν θεόν „Gott schauend“), Vgl. Ueber Abraham § 57.
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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 343. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos2GermanBadt.djvu/046&oldid=- (Version vom 1.8.2018)