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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

8 (2.) Zuerst haben wir über seine Befähigung zur Gesetzgebung zu sprechen. Zwar weiss ich wohl, dass, wer ein vorzüglicher Gesetzgeber werden soll, alle Tugenden in vollem Umfange und ganz besitzen muss. Aber wie auch in den Familien die einen dem Geschlechte ganz nahe, die andern etwas ferner stehen, aber doch alle miteinander verwandt sind, so müssen wir auch inbetreff der Tugenden annehmen, dass mit einigen Berufen die einen enger verwachsen sind, die anderen weniger zu ihnen gehören. 9 Mit der Fähigkeit zum Gesetzgeber ganz besonders eng verschwistert [p. 136 M.] und verwandt sind nun folgende vier Eigenschaften: Liebe zu den Menschen, zur Gerechtigkeit und zum Guten und Hass gegen das Schlechte. Von jeder dieser vier Tugenden erhält jeder, den der Eifer für den gesetzgeberischen Beruf erfasst, ermunternde Anregung: von der Menschenfreundlichkeit, die ihn lehrt gemeinnützige Ansichten der Oeffentlichkeit mitzuteilen, von der Gerechtigkeit, Gleichheit hochzuhalten und jedem das Seinige nach Verdienst zu gewähren, von der Liebe zum Guten, nur das von Natur Edle gutzuheissen und es allen, die es verdienen, uneingeschränkt zu reichem Gebrauche darzubieten, endlich von dem Hass gegen das Schlechte, die Verächter der Tugend zu verachten und als gemeinsame Feinde des Menschengeschlechts zu verabscheuen. 10 Grossen Wert hat es nun schon, wenn einer das Glück hat, auch nur eine der genannten Eigenschaften zu erlangen, bewundernswert aber ist natürlich die Fähigkeit sie alle insgesamt zu umfassen, wie sie allein Moses erlangt zu haben scheint, der die genannten Tugenden in seiner Gesetzgebung mit voller Deutlichkeit gezeigt hat. 11 Das wissen die Leser der heiligen Bücher, die er, wenn er diese Eigenschaften nicht besessen hätte, nicht unter Anleitung Gottes hätte schreiben und denen überliefern können, die ihrer wert sind, von allen Besitztümern das schönste, getreue Abbilder der in der Seele lebenden Urbilder, wie es auch die offenbarten Gesetze sind, die mit grösster Deutlichkeit die erwähnten Tugenden erkennen lassen.

12 (3.) Dass er selbst aber der beste von allen Gesetzgebern war, soviele es ihrer in allen Landen bei Hellenen oder Barbaren

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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos2GermanBadt.djvu/003&oldid=- (Version vom 1.8.2018)