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„Steigen wir hier ab?“ fragte Günther.

„Wie Sie wollen,“ erwiderte Mareile. Es lag ein demütiges Gehorchen in ihrem Ton, so daß Günther erstaunt aufblickte. Er half ihr vom Pferde, band die Tiere an einen Baum. Mareile starrte währenddessen gedankenlos auf den See, sah einer schwarzen Taucherente zu, die langsam, wie ein kleines, einsames Fahrzeug über das Wasser schiffte. Plötzlich stieß der Vogel seinen Ruf aus, so schrill und angstvoll, daß Mareile erschrocken fragte: „Was hat er?“

Günther stand neben ihr, sehr bleich, mit unruhig flimmernden Augen.

„Mareile,“ begann er leise, kummervoll, „wir können nicht mehr.“ Sie stand vor ihm, die Arme hingen schlaff an ihr nieder. Sie verstand ihn wohl! Sie wiederholte: „Nein, wir können nicht.“ Da nahm Günther sie in seine Arme …

Die Sonne schien schon schräg durch die Zweige, als Günther und Mareile noch am See beisammen waren. Er lehnte den Rücken gegen eine Tanne und rauchte eine Zigarette; sie lag in dem Moos und starrte zu den Baumwipfeln auf. „Also heruntergeholt!“ sagte sie klagend vor sich hin, „jetzt ist sie so ’n gewöhnliches Ding, wie – wie – wir’s überall finden – in allen Gesindestuben.“ Ungeduldig warf Günther die Zigarette fort und nahm Mareilens Hände, die schwer und heiß in den seinen lagen. „Sprichst du von unserer Liebe? Na, das verbitte ich mir. Erstens gleicht eine Liebe nie irgendeiner anderen Liebe. Und dann unsere! So was hat es noch nie gegeben; die ist einzig.“

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Eduard von Keyserling: Beate und Mareile. S. Fischer, Berlin [1903], Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Beate_und_Mareile.djvu/98&oldid=- (Version vom 1.8.2018)