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vor vierzig Jahren von den schleswigholsteinschen Märchen sagt: „So aber ist der Baum verdorret, der so lange grünte. Seine letzten Reiser und Blätter waren wir für unsern Theil bemüht zu sammeln“, so entspricht das selbst heute noch nicht der Wirklichkeit. Ich habe mehrfach schleswigholsteinsche Tagearbeiter und Landstreicher kennen zu lernen Gelegenheit gehabt, die ebenso erzählen konnten wie die Pommern und deren Märchen dieselben Schlüsse machen ließen, die ich aus meinen pommerschen Märchen gezogen und vor Ihnen entwickelt habe. Müllenhoff ist eben nicht genug in das Volk gekommen; das beweist schon, daß er das meiste aus dritter Hand von Kindermund sammelte. Zu der eigentlichen Quelle ist es garnicht durchgedrungen. Und ähnlich, wie ihm, ist es den meisten Forschern ergangen.

Der Baum ist in Niedersachsen noch nicht verdorret, er hat noch große, starke Aeste und dichtes grünes Laub, aber an seinen Wurzeln nagen verderbliche Würmer, der Haß und die Verkennung des Volksthümlichen, und das moderne Volksschulwesen. Es ist noch Mark genug in dem Stamme; man thue den Würmern Einhalt, und dem Volke wird sein schönstes Gut, die echte Volkspoesie erhalten bleiben, deren es sonst unfehlbar verlustig geht.

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Ulrich Jahn: Das Volksmärchen in Pommern. Hessenland, Stettin 1887, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahn_Das_Volksmaerchen_in_Pommern.djvu/18&oldid=- (Version vom 1.8.2018)