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Wie ein Bann lag es auf den tüchtigen Leuten von Banausingen.

Was ging vor sich?

Schnödelkrum stand noch immer an der gleichen Stelle vor dem Baum. Hypnotisiert stierte er immer auf einen Punkt. Sein Gesicht war hektisch gerötet. Seine Brust hob und senkte sich in entsetzlicher Weise. Ein furchtbares Ringen in seinem Innern, und keuchend, ächzend stieß er hervor: „Weum, weum gehört düses Stöckerl? Weum, frage ich, weum?“ –

An dem dicken Kastanienbaum stand schlicht und bescheiden ein dünnes Spazierstöckchen, mutterseelenallein, als ob es jemand soeben dort hingestellt hätte, um es gleich wieder abzuholen.

„Weum gehört düses Stöckerl?“ schrie, stöhnte Schnödelkrum qualvoll. –

Der Besitzer des Stöckchens war nirgendwo zu sehen.

„Bubenspääähhße,“ quetschte jemand grimmig hervor.

„Weum, weum?“ Dringender, flehender klang des Rates Stimme, – „weum …“ Und plötzlich, mit einem gräßlichen Aufschrei, mit einem gigantischen Schwung stellte sich Schnödelkrum auf den Kopf und tanzte ruckweise emporschnellend in dieser unwürdigen Lage einen entsetzlichen Tanz; dröhnend schlug der Kopf auf dem Pflaster auf. Höher, höher flog die Gestalt. Ovaler, ovaler wurde der Kopf. Die ganze Gestalt nahm eine ovale Form an, drückte sich zusammen, sackte sich. Noch ein grandioser Sprung und Schnödelkrum hing mit einem Knie hoch oben in der Kastanie.

Bescheiden, schlicht lehnte das Stöckchen noch immer am Baum.

Empfohlene Zitierweise:
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/093&oldid=- (Version vom 1.8.2018)