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Ingenieur. Endlich glaubte man, einen solchen in der Person eines gewissen James Walker gefunden zu haben. Derselbe traf im Herbst 1835 in Leipzig ein und beging mit den Comitémitgliedern die beiden in Vorschlag gebrachten Strecken auf dem rechten und linken Elbufer. Walker entschied sich für die Linie über Riesa. Für diese Expedition und einige Correspondenz erhielt derselbe die unerhörte Summe von über 863 Pfund Sterling = 17 260 Mark.

Wie geringfügig erscheint im Vergleich zur Belohnung dieses Fremden, welcher, wie aus der mit dem Directorium geführten Correspondenz zu ersehen, mit seinem Spott die Unbeholfenheit desselben ausbeutete, die Entschädigung Friedrich List’s, dem man später zwei „Ehrengeschenke“ von je 2000 Thalern gemacht hat!

Wie wir gesehen haben, hatte List in Leipzig zwar das Bedürfniß nach besseren Verkehrsverbindungen schon vorgefunden, im Uebrigen war man sich aber auch noch nicht im Geringsten klar darüber gewesen, was zu thun sei. Man hatte zwischen Eisenbahn und Canal geschwankt, ohne irgend welchen Anhalt zu einer Entscheidung zu haben. Das war aber anders geworden nach der Ankunft List’s. Er hatte mit dem ihm eigenen Scharfsinn sehr bald das Richtige herausgefunden und war keinen Augenblick verlegen gewesen über den zum Endziele führenden Weg. Er machte die Verkehrsverhältnisse Sachsens und insbesondere Leipzig’s und Dresdens zu seinem besonderen Studium, und als er die Vorzüglichkeit derselben erkannt, ging er mit einer Begeisterung und mit einem Geschick an die Belebung der sächsischen Eisenbahnfrage, wie nur er es vermochte, der in der Einführung der Eisenbahnen zugleich die zukünftige Größe und stolze Unabhängigkeit seines deutschen Vaterlandes sah. Durch seine schwungvollen, allgemeinverständlichen und inhaltsreichen Aufklärungen hat er die breiten Schichten des Volkes für dieselben zu gewinnen verstanden. Es fehlte damals jedweder klare Begriff von dem Wesen der Eisenbahnen und ihrer erzeugenden Kraft. List aber hat seinen Zeitgenossen diesen Begriff beigebracht, er hat sie gelehrt, was sie von den Eisenbahnen zu erwarten haben und hat ihnen den Gesprächsstoff dazu geschaffen.“ Durch diese seine geniale Thätigkeit hat er das Zustandekommen der „ersten großen Verkehrsbahn Deutschlands“ um Jahre beschleunigt und dadurch insbesondere Sachsens und noch mehr Leipzigs wirthschaftlichen Aufschwung in unschätzbarer Weise gefördert.

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Robert Krause: Friedrich List und die erste große Eisenbahn Deutschlands. Leipzig 1887, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedrich_List_und_die_erste_grosse_Eisenbahn.djvu/28&oldid=- (Version vom 18.8.2016)