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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6
Ein Kunstprozeß vor dem Breslauer Schöffengericht. Böcklin–Muther

Hand meines Vaters, Prof. Dr. Arnold Böcklin, stammt. Gez.: Carlo Böcklin.“ Kurze Zeit nach dem Kaufabschluß kamen Herrn Haymann Bedenken bezüglich der Echtheit des Bildes. Professor Dr. Heinrich Wölfflin (Berlin), Maler Sandreuter, ein Schüler Böcklins, Laroche-Ringwald, der Direktor der National-Galerie, Prof. Hermann v. Tschudi (Berlin), der Direktor der „Kunsthalle“, Professor Lichtwark (Hamburg), Professor Dr. Heinrich Alfred Schmidt (Basel) und Professor Henry Thode in Heidelberg begutachteten übereinstimmend, daß das Bild nicht echt sei. Professor Wölfflin begutachtete: Das Bild sei stellenweise roh und dann wieder ängstlich. Professor Lichtwark meinte: Es sei möglich, daß Arnold Böcklin einzelnes gemalt habe, jedenfalls würde er das Gemälde, wenn es dem Museum zum Geschenk gemacht würde, nicht als echten Böcklin aufhängen. Haymann verlangte darauf von Hermes & Co. die Zurücknahme des Bildes. Da diese sich weigerten, drohte ihnen Haymann mit Klage. Hermes & Co. ersuchten um eine vierzehntägige Frist. Sie wollten innerhalb dieser Zeit den Beweis erbringen, daß das Gemälde ein echter Böcklin sei. Carlo Böcklin erklärte sich zunächst bereit, zu beschwören, daß das Bild von seinem Vater gemalt sei. Als er jedoch schwören sollte, lehnte er den Eid ab mit dem Bemerken, er müsse zugeben, daß er an der Herstellung des Bildes mittätig gewesen sei. Darauf nahmen Hermes & Co. das Bild zurück und zahlten an Haymann den Kaufpreis wieder heraus. – Am 26. September 1903 kam nun die Beleidigungsklage vor der fünfunddreißigsten Abteilung des Schöffengerichts am Amtsgericht Breslau zur Verhandlung. Den Gerichtshof bildeten: Amtsgerichtsrat Domanski (Vorsitzender), Kaufmann August Tietze und Architekt Heinrich Benedict (Schöffen), Vertreter des in Florenz lebenden Privatklägers Carlo Böcklin war Rechtsanwalt Dr. Jaffé (Breslau), Verteidiger des Angeklagten, Professors Dr. Muther (Breslau), Justizrat Max Bernstein (München). Von den

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/78&oldid=- (Version vom 1.8.2018)