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bekanntlich den einen Zug im Wesen des echten Professors am schärfsten ausgebildet, dass er nicht gewöhnt ist, Widerspruch zu ertragen, weil ihm ein solcher in seiner Lehrthätigkeit niemals widerfährt. Die andere bedingt eine sehr sorgfältige Präparation, welche bei dem Lehrer weniger nöthig ist, der nur zum Aufmerken spricht, wobei ein Theil des Vorgetragenen verloren zu gehen pflegt. In der Art des Vortrages selbst kann man zwei Richtungen unterscheiden, von denen die eine das grösste Gewicht auf den Fluss und die Eleganz des Vortrags legt, während die andere mehr das Material berücksichtigt und darin Vollständigkeit sucht, wodurch in der Regel die Schönheit des Vortrags Einbusse erleidet.

Es versteht sich von selbst, dass auch hier am besten ist, die goldene Mittelstrasse einzuhalten, bei welcher man eine solide Materialsammlung mit einem noch erträglichen Vortrag zu vereinen vermag. Indessen sind die Extreme heute besonders zahlreich vertreten. Manche Lehrer halten es für nothwendig, in ihren Vorlesungen das ganze Material mit allen Dissertationen und Aufsätzen in den Zeitschriften stundenlang zu dictiren, wobei nicht allein an einen berühmten Philologen der letzten Jahrzehnte erinnert zu werden braucht, während andere den Vortrag einer Stunde sich elegant ausbauen, auswendig lernen, womöglich vor dem Spiegel vorbereiten, um dann ihrer Wirkung und ihres Sieges gewiss zu sein. Es ist nicht nöthig,

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Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/010&oldid=- (Version vom 18.8.2016)