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cine und Molière und holt sich nicht mehr die Schauspieler der königlichen Theater. Collés „Vérité dans le vin“ läßt uns plötzlich erinnern, daß wir, aller Etikette zum Trotz, noch herzhaft lachen können, und Larrinée, der Straßensänger, bringt uns mit seinen Kuplets dazu, uns selbst zu verhöhnen, während Audinot, der Gott der Crapule, uns mit seinen Verbrecherromanzen Schauer des Entsetzens über den Rücken jagt, – ein Gefühl das wir bisher nicht kannten.

Sie atmen rascher –, Sie klammern sich an mich. Jetzt sind Sie es, die nach mehr – noch mehr verlangen! Aber wir müssen gehen. Für die schwere Bronzetür dort hat, – wenigstens im Augenblick –, nur der König den Schlüssel!

Und nun ist es Abend geworden und das Feenreich von Louveciennes versinkt im Dunkel der Nacht.

Wie denken Sie jetzt über die „wohltuende Einsamkeit von Froberg“, über „die beste Geseilschaft der vornehmen, frommen Mutter“?! Schwarze Dominos stehen Ihnen nicht, Frau Marquise!

Ich möchte auch Ihre Seele in Sonnenfarben gekleidet wissen. Darum wird es mir schwer, den einzigen Wunsch zu erfüllen, den Sie meiner Schwester geäußert haben: den nach neuen Romanen. Unsere Schriftsteller sind heute nichts als Lumpensammler; sie wühlen im Schmutz des Leids und des Elends; und finden sie wirklich

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/054&oldid=- (Version vom 31.7.2018)