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Ich fand in seiner Bibliothek lauter Bücher, die das Pariser Parlament öffentlich verbrannte, und deren Verfasser durch königliche Order in der Bastille, in Vincennes, in Fort-l'Evêque für ihre aufrührerischen Reden büßen mußten. Ich las darin und entdeckte, daß es diese Bücher waren, aus denen Herr von Altenau all die Gedanken, all das Wissen geschöpft hatte, das er uns in seinem Unterricht übertrug.

O Delphine, ich kämpfte einen schweren Kampf mit mir selbst, aber der brennende Wunsch, Herrn von Altenau aus Ihrer Nähe zu entfernen, ließ die Stimme des Gewissens verstummen. Ich verriet dem Herzog meine Entdeckungen und mein Herr Hofmeister war noch am selben Tage entlassen. Er würdigte mich keines Blickes mehr und beschämt und zerschlagen wagte ich mein Zimmer nicht zu verlassen, solange ich ihn noch anwesend wußte. Nicht ich war Sieger geblieben –, das empfand ich tief, noch ehe ich wußte, daß Sie um meiner Tat willen leiden müssen. Mein halbes Leben gäbe ich darum, könnte ich sie ungeschehen machen!

„Die fromme Atmosphäre des Klosters wird den Höllenodem rasch verbannen, den unsere liebe Komtesse geatmet hat“, sagte salbungsvoll Ihre Gouvernannte, die alte Schlange, als sie uns von Ihrer Abreise nach L'Abbaye aux Bois Mitteilung machte. Als Guy uns aber das Leben in diesem

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/016&oldid=- (Version vom 31.7.2018)