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Und da hörte sie halb die ironische Rede des Lucius:

»Schauen wir nicht auf sie! Sie übersehen ist noch ein Vergnügen. Aber sie verachten dürfen wir nicht. Verachten will rohes Angespanntsein und würde uns diesen unnatürlichen Fanatikern gleichmachen.«

In diesem Augenblick wankte unter der Wucht der Menge eine der Anubis’ Säulen, die den Platz schmückten, und stürzte hin - und ein Triumphgeschrei flatterte hoch, höher als die Staubmassen.

Athene wandte sich langsam um. Eine Hoheit ging aus von ihr, die die Wut eines Pöbels für nichts achtete, und sie stimmte eine heroische Hymne der Väter an und ihr Gesang über dem Sieggeschrei des Pöbels war wie ein königlicher Schwan auf bewegten Wogen.

Und da sie innehielt, die Kehle gebläht; keichend fast und unter dem Kuß des Gestirns, das fernhin in Gold und Purpur sich neigte, sehr verwandelt, erbebten die Jünglinge vor Liebe zu ihrer Schönheit. Ein majestätisches Schweigen trat hinter ihren Worten ein. Sie stimmte die schlaffen Saiten der Seelen hoch. Lucius, der am irdischen Abbild irgendeines Unsterblichen lehnte genoß eine tiefe und köstliche Wehmut.

Die Sonne sank an diesem Tag in einem großen Mal von Purpur und Blut, wie ein Sieger und

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Maurice Barrès, Übersetzung: Heinrich Lautensack: Der Mord an der Jungfrau. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1913, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Der_Mord_an_der_Jungfrau_Barres_Maurice.djvu/15&oldid=- (Version vom 31.7.2018)