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wirtschaftliche Armut und die religiöse Demut und Aufgeschlossenheit (im Gegensatz zur sublimen „Tugendübung“ der Pharisäer und ihrer Routine in der „Gerechtigkeit“) in weitem Umfange zusammen. War dies aber der herrschende Zustand, dann ist deutlich, daß wir unsere heutigen Kategorien „arm und reich“ nicht ohne Umstände auf jene Zeit übertragen dürfen. Doch sollen wir nicht vergessen, daß in dem Wort „Arme“ in der Regel auch damals die wirtschaftliche Not miteingeschlossen war. Wir werden daher in der nächsten Vorlesung zu untersuchen haben, in welcher Richtung wir Unterscheidungen zu machen vermögen, bezw. ob es möglich ist, den Sinn der Worte Jesu zu treffen trotz der eigentümlichen Schwierigkeit, die in dem Begriff der „Armut“ liegt. Doch können wir im voraus die Hoffnung hegen, hier nicht im Dunklen bleiben zu müssen; denn das Evangelium in seinen Grundzügen wirft auch einen hellen Schein auf das Gebiet dieser Frage.




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Adolf von Harnack: Das Wesen des Christentums. J. C. Hinrichs, Leipzig 1900, Seite 059. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DasWesenDesChristentums.djvu/063&oldid=- (Version vom 30.6.2018)